Fortwirkung Beiordnung bei Verbindung

  • Mal wieder ein Problem mit der Beiordnungswirkung bei erfolgter Verfahrensverbindung :oops:


    RA X vertritt den Angeklagten in einer Sache vor dem Amtsgericht A und in einer anderen Sache vor dem Amtsgericht B. Im Verfahren vor dem Amtsgericht B wurde X als Pflichtverteidiger beigeordnet, im Verfahren vor dem Amtsgericht A nicht.

    In beiden Verfahren ergingen Urteile, die jeweils durch RA X angefochten wurden. Das für beide Rechtsmittelverfahren zuständige Berufungsgericht erlies einen Beschluss, durch den

    1.) die beiden Verfahren verbunden wurden. Das Verfahren, das erstinstanzlich vor dem Amtsgericht A geführt wurde, wurde als führendes Verfahren bestimmt

    und

    2.) RA X "für das Berufungsverfahren" zum notwendigen Verteidiger bestellt wurde.

    Gegen das Berufungsurteil wurde durch RA X sodann Revision eingelegt. Diese wurde durch das OLG verworfen.

    RA X rechnet jetzt Pflichtverteidigervergütung für das Revisionsverfahren ab.
    Besteht hierfür überhaupt eine Beirodnungswirkung?? Die Beirodnung durch das Landgericht wurde explizit auf das Berufungsverfahren beschränkt und die erstinstanzliche Beiordnung durch das Amtsgericht B dürfte doch auch nicht fortwirken, da das Verfahren mit der Verbindung als eigene Sache erledigt war und eine Erstreckung auf das führende Verfahren nicht stattfand??

  • Gem. § 48 Abs. 1 RVG gilt zunächst erst mal das, was im Bewilligungsbeschluss steht. Insoweit könnt man tatsächlich überlegen, ob die Beiordnung auf das Berufungsverfahren beschränkt war. (Ob so eine Beschränkung zulässig wäre, wäre ja ggfs. im Beschwerdeverfahren gegen den Beiordnungsbeschluss zu klären gewesen.)

    Grundsätzlich gilt allerdings, dass es keine Vorschrift wie den § 119 ZPO, der die PKH auf die Instanz beschränkt, für den Pflichtverteidiger gibt, so dass die Beiordnung für das Verfahren alle Rechtszüge meint. Da im Verfahren B bereits eine erstinstanzliche Beiordnung erfolgt ist, die auch für die folgenden Instanzen gilt, kommt es auf die Beiordnung im Berufungsverfahren für die Revison nicht an.

    Durch die Verbindung endet ja nicht das Bedürfnis nach einem Pflichtverteidiger gem. §§ 140, 141 StPO im hinzuverbundenen Verfahren. Und welches Verfahren das führende ist, hängt letzlich vom Zufall ab. Insofern ist es ja nicht so, dass das hinzuverbundene Verfahren endet und das führende weiter betrieben wird. Vielmehr werden die Verfahren zusammengeführt. Die Beschlüsse aus dem hinzuverbundenen Verfahren gelten daher weiter.

  • Nicht ganz der Fall, aber irgendwie ähnlich, weshalb ich mich dranhänge.

    RA vertritt Angeklagten. Beiordnung erfolgt in I. Instanz. Nach Beiordnung werden Adhäsionsanträge vom Geschädigten gestellt. Keine Erstreckung der Beiordnung.
    Angeklagter wird verurteilt,über Adhäsionsanträge wird auch entschieden.

    RA des Angeklagten legt für diesen Berufung ein. In späterem Schriftsatz wird beantragt, BeiO auf Adhäsionsverfahren zu erstrecken. Per Verfügung in der mV wird dem Antrag stattgegeben.

    Nun die Frage des Anfängers... Wirkt diese Erstreckung auf die I. Instanz zurück?

  • Nein. Rückwirkung gibt es nur innerhalb des Rechtszuges, bzw. in erster Instanz auch fürs Vorverfahren, s. §48 Abs.6 Sätze 1 und 2.

    Ob die Beiordnung sich ohne weiteres auch auf die Adhäsion erstreckt, wird wohl durchaus unterschiedlich gesehen. Hier ist ein Aufsatz von Burhoff aus 2008, dort wird noch überwiegend davon ausgegangen, dass die PV-Beiordnung auch die Adhäsion umfasst. Wenn aber bei Euch das Gericht später auf ausdrücklichen Antrag erstreckt bzw auch für die Adhäsion beigeordnet hat, spricht das gegen eine stillschweigende Erstreckung in der früheren Instanz. Das müsste man ggf noch klären.

  • Der Anwalt hatte die Erstreckung unter ausdrücklichem Verweis auf eine Entscheidung unseres OLG beantragt, wonach die Beiordnung sich nach dortiger Auffassung nicht ohne Weiteres auf das Adhäsionsverfahren erstreckt.

    Danke für die Hilfe. :)

  • Ich häng mich mal kurz an, weil die Überschrift passt:

    Ich habe zwei verschiedene Verfahren, in denen jeweils zwei verschiedene RAs als Pflichtverteidiger bestellt werden.

    Danach werden die beiden Verfahren verbunden. Zur Pflichtverteidigung wird nichts mehr gesagt. Beide Rechtsanwälte vertreten ganz normal weiter.

    Können jetzt beide Rechtsanwälte auch für die Zeit nach Verbindung volle Gebühren gegenüber der Staatskasse abrechnen?

  • Das eine Verfahren gibt es nicht mehr, es gibt nur noch das führende Verfahren, zu dem hinzuverbunden wurde. Schon kurios, wenn da niemand über die Vertretungssituation spricht. Allerdings denke ich, dass beide ihren Gebührenanspruch behalten, wenn sie unbeanstandet für den Mandanten weiterhin tätig waren. Die eine Beiordnung hätte wohl aufgehoben werden müssen, um zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Es ist ja nicht unmöglich, und auch nicht so absolut unüblich, dass zwei Verteidiger beigeordnet werden.

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