kalte Zwangsverwaltung

  • Ich habe in letzter Zeit ein-, zweimal etwas über "kalte Zwangsverwaltung" gelesen. Dabei wird im Insolvenzverfahren auf Wunsch von Grundpfandrechtsgläubigern das Grundstück durch den Insolvenzverwalter verwaltet. Die Erlöse führt dieser nach Abzug der Kosten an die Grundpfandrechtsgläubiger ab. Es wird dabei kein gerichtliches Zwangsverwaltungsverfahren angeordnet.
    Kann mir jemand von den Inso-KollegInnen sagen, ob soetwas vorkommt oder bekannt ist und ob das irgendwo geregelt ist?
    Danke

  • Von einer kalten Zwangsverwaltung habe ich noch nichts gehört, ist mir bislang auch nicht zu Gesicht gekommen. Wenn der Insolvenzverwalter mitmacht ist das die kostengünstigere Variante für den Grundpfandrechtsgläubiger. Ausser einer Pauschale für die "Verwertung" bei der Absonderung fallen keine Kosten an.

    Wie schon gesagt, in eigenen Verfahren habe ich damit noch nicht zu tun gehabt.

  • Aus Depré/Mayer "Die Praxis der Zwangsverwaltung", 2. Aufl. Rdnr 100:

    Mit dem Insolvenzverfahren kann auch eine Zwangsverwaltung zusammentreffen oder auch eine sog. "kalte Zwangsverwaltung" durchgeführt werden, in deren Rahmen der Insolvenzverwalter wie ein gerichtlich bestellter Zwangsverwalter für das dinglich gesicherte Kreditinstitut tätig wird. Er erhält entweder analog den §§ 18 bis 21 ZwVwV für seine quasi Zwangsverwaltertätigkeit eine entsprechende gesonderte Vergütung aus der "Zwangsverwaltungsmasse" oder als Insolvenzverwalter für den mit der kalten Zwangsverwaltung verbundenen Mehraufwand im Rahmen seiner Vergütungsfestsetzung eine gesodnerte Vergütung.

    Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Fall der "kalten Institutsverwaltung erwähnt. Hier räumt der Insolvenzverwalter dem dinglich berechtigten Institut alle Rechte ein, die es hätte, wenn eine gerichtliche Zwangsverwaltung angeordnet wäre.

  • Kai:

    Ist schon klar, mich würde aber interessieren, ob das Insolvenzgericht davon etwas mitkriegt und wenn ja, in welcher Form oder ob das eine bloße Vereinbarungssache zwischen Gläubiger und Insolvenzverwalter ist.

  • Brauchst Dich nicht schämen, bis vor einer Woche wußte ich davon auch noch nichts. Jetzt interessiert mich aber, ob das Gericht dabei irgendwie involviert ist oder ob das nur der Inso-Verwalter macht und was er davon hat pp. Im Internet bieten auch Rechtsanwälte ihre Dienste als "kalte Zwangsverwalter" an. Mir kommt das alles ein bißchen spanisch vor, deshalb dieser thread.

  • Wenn das Insolvenzgericht dem Verwalter eine gesonderte Vergütung für die kalte Zwangsverwaltung zubilligen soll, müsste es davon doch auch Kenntnis bekommen oder?

    Hier ist bislang noch kein solcher Fall aufgetreten.

  • Hallöchen,

    das Insolvenzgericht wird von derartigen Verwaltertätigkeiten sehr wohl Kenntnis erlangen, schließlich obliegt ihm eine erste Berichterstattung gem. §§ 156 Abs. 1 sowie (üblicherweise) jährliche Berichterstattung nach § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da muss der Gute dann schon ein paar Wörtchen darüber verlieren was er mit dem Beschlag unterliegenden Immobilien so macht.

    Vergütungstechnisch hat sich derartige Praxis bisher bei mir als vergütungserhöhender Zuschlag nach § 3 Abs. 1 lit. b) der InsVV niedergeschlagen.

    Dass die "Fachwelt" dies als "kalte Zwangsverwaltung" bezeichnet war mir bis zum Lesen dieses Threads zugegebenermaßen auch unbekannt. Man lernt halt nie aus. Auswirkungen auf die Vergütungsfestsetzungspraxis wird dieser Wissenszuwachs allerdings nicht haben. ;)

    Gruß

    HuBo

  • @HuBo:

    Wenn ich das richtig verstanden habe, erfährst Du davon durch die Berichte des IV und gewährst eine erhöhte Vergütung, obwohl die Mieteinnahmen nicht der Insolvenzmasse, sondern dem absonderungsberechtigten Gläubiger zufließen.

    Da stellt sich natürlich für mich die Frage, warum drängt der IV nicht auf eine gerichtliche Zwangsverwaltung oder auch Zwangsversteigerung, in der er alle Rechte eines Beteiligten wahrnehmen kann, z.B. auch die Einstellung erwirken um einen eventuell auch für die Masse günstigen Verkauf zu veranlassen.

    Wie häufig ist bei Euch, die sog. kalte Zwangsverwaltung? Oder sind die gerichtlichen Zwangsverwaltungen von absonderungsberechtigten Gläubigern bei angeordneter Insolvenz die Regel?

  • @ stefan,

    komme erst jetzt zum Antworten - sorry.

    Die "kalte Zwangsverwaltung" ist eigentlich keine ganz richtige. Nur ein Verwalter (aus unserem "Verwalterpool") hat das bis dato zwei oder drei Mal praktiziert. Der alte Fuchs meidet ganz einfach vorschriftenbehaftete Verfahren wo auch immer. Deshalb sein Bogen um § 165 InsO obgleich dies sicherlich der richtige - allerdings nicht der optimalste Weg - wäre. Denn dank seines Verhandlungsgeschicks agiert er nicht als reiner Vollstrecker für die absonderungsberechtigte Gläubigerin, vielmehr zieht er auch Beträge zur Masse. Und dafür bekommt er von mir - auch wenn er darauf bestimmt nicht mehr angewiesen ist - seine beantragte Vergütungserhöhung.

    Wie gesagt - es ist ein einziger InsVerw. Die übrigen Herrschaften haben mich mit einer derartigen Vorgehensweise noch nicht konfrontiert.

    Gruß

    HuBo

  • Hallo,

    nur eine kleine doofe Frage, wenn mit dem absonderungsberechtigten Gläubiger keine Vereinbarung zur kalten Zwangsverwaltung getroffen wurde und das Grundstück mittlerweile aus der Masse freigegeben wurde, besteht doch keine Möglichkeit mehr, die zwischenzeitlichen Mietzahlungen im Nachhinein an den Gläubiger aus der Masse abzuführen - quasi später noch eine rückwirkende Abrede á la kalter Zwangsverwaltung zu treffen, oder?

  • warum sollte man dies machen?

    Die Vereinbarung einer kalten ZV geschieht in der Regel deshalb, um die Zwangsverwaltung zu vermeiden und den freihändigen Verkauf weiterhin möglich zu machen.

    Ein Absonderungsrecht an den Mieten nach IE besteht nicht. Warum sollte man, insbesondere wenn die Immobilie freigeben ist, da noch etwas vereinbaren ??

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  • Es geht mir im Moment erst einmal nur darum, zu klären, welche Ansprüche an Mietzahlungen die Masse hat, den konkreten Fall will ich nicht näher ausleuchten, ich kenne den vollständigen Sachverhalt auch noch nicht, es laufen noch Zwischenverfügungen.

    Danke für die Antworten :)

  • sna es gitl der alte spruch "getauscht ist getauscht, wiederholen ist gestohlen"!

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

    Einmal editiert, zuletzt von Defaitist (11. Dezember 2011 um 21:51)

  • Bei uns praktizieren die Verwalter die " kalte Zwangsverwaltung " recht häufig.
    Wenn die Insolvenzmasse ein Grundstück aufweist besteht für den Verwalter zunächst die Pflicht das Grundstück für die Insolvenzmasse zu verwalten und ggf. die Mieten zur Masse zu ziehen.
    Die anfallenden Betriebskosten stellen dann Masseverbindlichkeiten dar.
    Wenn die Verwaltung des Grundstückes für die Masse dauerhaft defizitär ist sollte der Verwalter das Grundstück aus dem Insolvenzbeschlag freigeben.
    Dann fällt es wieder dem Schuldner zu, der die Mieten insolvenzfrei vereinnahmt und die Betriebskosten zu leisten hat.
    Leistet er die Kosten nicht handelt es sich um Neuverbindlichkeiten.
    Die dingliche Gläubigerin wägt jeweils ab ob sie ein förmliches Zwangsverwaltungsverfahren beantragt.
    Tut sie dass dann geht der Besitz und sämtliche Einnahmen mit Rechtskraft des Anordnungsbeschlusses auf den / die Zwangsverwalter/in über.
    Meistens geben die Verwalter spätestens dann das Grundstück aus dem Beschlag frei.
    Vorteil für die dingliche Gläubigerin im Rahmen der Zwangsverwaltung ist, dass sie die anfallenden Kosten im Rahmen der Zwangsversteigerung nach dem ZVG anmelden kann.
    Ohne förmliches Zwangsverwaltungsverfahren hat die dingliche Gläubigerin kein gesetzlich normiertes Zugriffsrecht auf die Mietzinseinnahmen, da auch die Zwangsvollstreckung ( Pfändung ) nach Eröffnung nicht mehr möglich ist.
    Nachteil der Gläubigerin ist in der Regel, dass ein Zwangsverwaltungsverfahren durch die geänderte Vergütungspraxis innerhalb der ZwVwV sehr teuer ist.
    Daneben muss die Gläubigerin nach Freigabe des Grundstückes aus dem Insolvenzbeschlag den ( Insolvenz ) Schuldner zur Unterschrift bewegen wenn sie einen freihändigen Käufer gefunden hat.
    Der Insolvenzverwalter ist dann nicht mehr zum Verkauf legitimiert.

    Vorstehende Überlegungen führen oft dazu dass die dingliche Gläubigerin Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter dahingehend aufnimmt, dass diese die " kalte Zwangsverwaltung " des Grundstückes übernimmt.
    Hierbei übt der Insolvenzverwalter auf vertraglicher Grundlage das Absonderungsrecht der dinglichen Gläubigerin aus und erhält für die Insolvenzmasse aus den Einnahmen Gelder die zwischen 10 und 15 vom Hundert der gezogenen Einnahmen betragen.
    Im Gegenzug verpflichtet sich in der Regel die Gläubigerin die anfallenden Kosten zu übernehmen, so dass keine Gefahr der Masseunzulänglichkeit aus Gründen der Grundstücksverwaltung besteht.
    Ferner werden in der Regel noch Massebeteiligungen für den Fall der freihändigen Verkaufs oder des Zuschlages im Zwangsversteigerungstermines kontrahiert.

    Dieses Verträge zwischen dem Verwalter als Vertreter der Insolvenzmasse ( nicht als eigene Person ) und der i.d.Regel erstrangigen Absonderungsgläubigerin geschlossen.
    Demzufolge fließen die vertraglichen Erträge dann auch der Insolvenzmasse zu und nicht dem Verwalter persönlich.
    Der Verwalter erhält dann aus der gebildeten Masse seine Vergütung nach der InsVV analog den Vorschriften zur Betriebsfortführung.

    Wir handeln solche Verträge stets schriftlich aus um die entsprechenden Einnahmen im Rahmen der Rechnungslegung gegenüber dem Insolvenzgericht dokumentieren zu können.
    Ferner kann dann auch der Beginn der kalten Verwaltung dokumentiert werden.
    Wenn der Insolvenzmasse Mieten oder sonstige Erträge aus dem grundstück zufließen ohne dass eine entsprechende Vereinbarung mit der Gläubigerin getroffen wurde, stehen diese selbstreden in voller Höhe der Masse zu.

    M.E. liegt die Abfassung dieser Verträge im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Verwalters.
    Eine gegenteilige Weisung kann lediglich die Gläubigerversammlung treffen.
    Aber warum sollte sie, da die Mieten ohnehin absonderungsrechtsbehaftet sind.

    Wie gesagt, die " kalte Verwaltung " ist hier bei allen Verwaltern gängige Praxis.

  • @heinzel
    1. An den Mieten nach IE besteht erst einmal kein Absonderungsrecht per se.

    2. Mit Freigabe einer Immobilie kann der Verwalter zwar die Masse vor den grundstücksbezogenen Kosten bewahren,aA AG Mannheim, aus den mietvertraglichen kommt er aber nicht raus.

    3. Gibt der Verwalter die Immobilie frei, so kann der Grundpfandrechtsgläubiger die Mieten pfänden, insoweit ist § 89 I InsO nur Schutz der Masse, nicht Schutz des Schuldners.

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