Vollstreckung Deliktforderung nach RSB

  • Hallo liebe Forengemeinde,

    ich befürchte, ich kriege jetzt bestimmt Schelte, aber ich muss trotzdem mal eine ganz blöde Frage stellen, die ich mir selbst nicht beantworten kann (nur durch Durchsicht meiner InsO...so ganz ohne Kommentar und gesunden Menschenverstand).

    Wenn eine Krankenkasse im Insolvenzverfahren eine Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung deklariert und der Schuldner dagegen Widerspruch einlegt, was passiert dann?
    Ein Bekannter der Familie hat vor kurzem die RSB erreicht und jetzt will die Krankenkasse weiter vollstrecken...und er kann sich das so gar nicht erklären, weil er damals ja Widerspruch eingelegt hat, dann aber nie wieder was zu dieser Forderung gehört hat.
    Und ich mit meinem spärlichen Studienwissen (in der Stunde, in der das behandelt wurde, muss ich wohl gefehlt haben) konnte ihm da leider überhaupt nichts über die weitere Vorgehensweise erklären. Ich werde aus den Paragrafen der InsO diesbezüglich leider so gar nicht schlau.

    Würde mir das bitte jemand nur mal ganz kurz und grob erklären?

    Vielen Dank schonmal im Voraus.

    Freundliche Grüße
    Efeu

    "Setz Dich, nimm dir 'n Keks, mach es Dir schön bequem ... Du Arsch!"

    Das Leben des Brian

  • Vorab: Hat er denn den Widerspruch auch wirklich rechtzeitig beim Insolvenzgericht eingelegt? Ich habe es hier auch schon erlebt, dass die Schuldner einen solchen Widerspruch beim IV oder sogar beim Gläubiger selbst (möglichst noch mit empörten Unterton) eingelegt haben.

  • Der Schuldner muss Vollstreckungsgegenklage erheben. Dann kommt es zum Schwur, was hier vbuH ist und was nicht.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • vielleicht hilft das:
    Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (Klarstellung zu BGH, WM 2003, 2342, 2343; WM 2007, 659 Rn. 8).
    BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZB 93/13

    wenn aber die Forderung mit dem Attribut nicht zur Tabelle angemeldet worden ist, geht das 'türlich nicht. Dann greift die RSB, Folge Vollstreckungsklage (jedenfalls Stand bis heute, wer weiß, was der BGH morgen aus dem Hut zaubert).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Kommt drauf an:

    a) Ist die Forderung bereits tituliert (ist natürlich auch wieder vom Titel abhängig), dann muss der Schuldner diesen Widerspruch binnen 1 Monats verfolgen, § 185 Abs. 2 S. 1 InsO.

    b) Ist die Forderung nicht tituliert, dann muss der Gläubiger diesen Widerspruch mittels Feststellungsklage beseitigen lassen, § 184 Abs. 1 S. 1 InsO. Hier gibt es für den Gläubiger keine Frist. Im Fall der Krankenkasse kann diese selber einen Feststellungsbescheid erlassen.

  • Aber die Eigentitulierung durch die Krankenkasse kann doch nicht den Rechtsgrund "vbuH" beinhalten.

    Zum Beschluss vom 03.04.2014 (IX ZB 93/13) eine gute Kritik von Henning in der NZI 2014, 570. Auch mit Handlungsanweisungen für den betroffenen Schuldner...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Habt vielen Dank für die zahlreichen Antworten.

    Leider wurde ich nur äußerst dürftig mit Informationen durch den Bekannten ausgestattet, sodass ich gar nicht auf die Gegenfragen antworten und mehr Ueberlegungsfutter bieten kann. Ich frag jetzt erstmal bei ihm nach dem genauen Vorgang nach und schau mal, wie ich eure Antworten anbringen kann.

    Danke danke.

    Ich wünsche einen schönen Feierabend.

    "Setz Dich, nimm dir 'n Keks, mach es Dir schön bequem ... Du Arsch!"

    Das Leben des Brian

  • wbobei im Falle des (nicht durch Titulierung der vbuh möglicherweise gegenstandslos werdenden Schuldnerwidersprüche) der vollstreckbare Tabellenauszug nur auf die nichtdeliktische Forderung verhalten darf.
    Der Joke der BGH-Entscheidung liegt aber darin, dass dann, wenn der Anspruch nicht auf Anspruchsgrundlagenkonkurrenz gestützten - auf Deutsch: ausschließlich deliktischen Anspruch - gestützt wird, ist ein isolierter Widerspruch des Schuldners nicht möglich, sondern als "Gesamtwiderspruch" aufzufassen. Dies hat zur Folge, dass die Klauselsperre komplett eintritt.
    Hab grad so einen komischen Fall, wo es nicht eindeut war (scheiß-anmeldung) habe die Vollstreckung für unzulässig erklärt - warte grad die Rechtskraft ab -.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • wbobei im Falle des (nicht durch Titulierung der vbuh möglicherweise gegenstandslos werdenden Schuldnerwidersprüche) der vollstreckbare Tabellenauszug nur auf die nichtdeliktische Forderung verhalten darf.
    Der Joke der BGH-Entscheidung liegt aber darin, dass dann, wenn der Anspruch nicht auf Anspruchsgrundlagenkonkurrenz gestützten - auf Deutsch: ausschließlich deliktischen Anspruch - gestützt wird, ist ein isolierter Widerspruch des Schuldners nicht möglich, sondern als "Gesamtwiderspruch" aufzufassen. Dies hat zur Folge, dass die Klauselsperre komplett eintritt.
    Hab grad so einen komischen Fall, wo es nicht eindeut war (scheiß-anmeldung) habe die Vollstreckung für unzulässig erklärt - warte grad die Rechtskraft ab -.

    Das lesen ich aber nicht mal im Ansatz aus dem BGH-Beschluss heraus...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • nö, steht da auch nicht so drin im BHG-Beschluss.

    Fakt ist: sofern eine Forderung - insolvenzwirksam - festgestellt ist, kann sich der betreffende Gläubiger nach Abschluss des Verfahrens einen vollstreckbaren Auszug aus der Tabelle erteilen lassen.
    Hindernis: (Klauselsperre) wenn der Gemeinschuldner der Forderung widersprochen hat.

    Das ist die Normalstruktur. In Fällen, in denen eine RSB beantragt wurde, ändert sich an der Normalstruktur nix.
    Versucht der Insolvenzgläubiger nach Aufhebung zu vollstrecken, kann der Schuldner die Perpetuierung des Singularvollstreckungsverbotes erinnerungsweise einweden. Ist die RSB erteilt, ist er auf die Vollstreckungsabwehrklage angewiesen. So weit so gut, juristisches Allgemeingut.

    Bei der Forderung aus vbuh wird es komplex.

    Forderungen beruhen auf einem Lebenssachverhalt (sog.Tatbestand i.S.d. Lehre von der entgegenstehenden Rechtskraft). Der Lebenssachverhalt gibt die Anspruchsgrundlage, wenn das Gesetz eine Anspruchsgrundlage vorsieht.
    Bsp: Bewusst und zielgerichtet Faust auf Nase, Schmerzensgeld und Reinigungskosten wg. blutigen Hemdes. Das ist der Lebenssachverhalt. Juristisch gewendet: 823 II BGB i.V.m. mit Körperverletzung und Sachbeschädigung.
    Die Forderung wird als vbuH angemeldet. Der Schuldner widerspricht dem charakter der vbuh. Was nun: die Forderung besteht laut (mißverstandener) BGH Entscheidung ohne Anspruchsgrundlage ? Also die anspruchsgrundlagenentkleideter Forderungen, die irgendwie bestehen aber doch nicht,weil ihre existenz bestritten ist ?
    Fallvariante: nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge: Anmeldung aus Sozialversicherungsleistungen und hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge zusätzlich ! 823 II BGBi.V.m. § 266 StGB. Hier liegt hinsichtlich der AN-Beiträge eine sog. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz vor. Der Gemeinschuldner bestreitet nur den deliktischen Charakter.

    Hier wäre eine Vollstreckungsklausel zu erteilen, aber nicht !!! hinsichtlich des Deliktscharakters. Der Schuldner hat die Forderung aus Sozialversicherung nicht bestritten, aber die Deliktseigenschaft. Hinsichtlich der Deliktseigenschaft muss die Klauselsperre eintreten. Wäre dies anders, dann wäre der Widerspruch gegen eine von2 Ansruchsgrundlagen sinnlos und der betr. Gläuber hätte auch garkeinen Feststellungsanspruch hinsichtlich der Deliktseigenschaft. Ob der BGH das wirklich so sieht, da bin ich doch wirklich im Zweifel.
    Allerdings wird das belehrungstechnisch spannend ! Oki, ich hab nach der 2001-erÄnderung ja dahin plädiert,dass der Schuldner stets einen Komplett-widersruch eingelgen solltte. Ich hab diesen mist kommen sehen, dass Tatbestandswirkungen von Anmeldungen, Feststellungswirkungen und die Konsequenzen für die ZV irgendwann heillos durcheinander geworfen werden. Wen wundert es, ist passiert !

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  • nach erteilter RSB darf aber mangels Rechtsschutzinteresse keine Klausel erteilt werden, wenn nicht Deliktforderung und fehlender Widersopruch gegen die Forderung als solche, s. Rdnr. 18 ee der BGH-Entscheidung.

  • ...möchte mal an der Rn. 18 der besprochenen BGH Entscheidung ansetzen und eine Frage weiterleiten, die mir heut gestellt wurde.

    Gläubiger hat 2012 Forderung aus vbuH mit Nachweis Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung für betreffenden Zeitraum angemeldet.

    Im Schlussbericht ist zu lesen "Forderungen aus vbuH sind nicht vorhanden" und betreffende Forderung ist als "normale" Forderung festgestellt.

    Was dazwischen geschah, weiß niemand mehr (außer vielleicht die Akten, die der Gläubiger jetzt nochmal anfordert / durchforstet).


    Frage aber: Was wäre wenn der Gläubiger die Forderung korrekt als vbuH angemeldet hatte aber diese fehlerhaft nicht so in Tabelle aufgenommen wurde. Also auch keine Belehrung, Möglichkeit WIderspruch u.ä.

    Genügt die ursprüngliche "Anmeldung" um jetzt nach Erteilung der RSB einen vollstreckbaren Tabellenauszug zu erhalten und die ZV wegen § 302 InsO zu betreiben ? Oder muss nochmal auf Feststellung geklagt werden ? Oder ist es zu spät, da Gläubiger bereits gegen das fehlerhafte Schlussverzeichnis hätte vorgehen müssen ?

  • Oki, es sind einige Variablen im Spiel.

    Ich gehe einmal davon aus, das Insolvenzverfahren ist aufgehoben.
    Taucht die Forderung nicht als deliktische Forderung im Tabellenauszug auf, dürfte der Schuldner kein Problem haben. Der Insolvenzverwalter hingegen schon.
    Begründung: die Wirkungen der Restschuldbefreiungsfestigkeit treten nur ein, wenn die Forderung als solche angemeldet wurde - so der Gesetzestext - und so die Logik: die Forderung als solche festgestellt wurde und der Schuldner einen Widerspruch nicht erhoben hat. Ist die - deliktische - Forderung tituliert, msus der Schuldner aber den Widerspruch beseitigen (Achtung: hier gilt altes Recht).
    Ist die Aufnahme der entsprechend angemeldeten Forderung in die Insolvenztabelle seitens des Insolvenzverwalters versemmelt worden (ja sowas kommt vor), könnte sich für diesen ein Haftungsproblem ergeben.

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