Anhörung unbekannter Nacherben

  • Guten Morgen, ich hänge mich mit meinem Fall mal an.
    Die Eigentümerin des Hofes ist nicht befreite Vorerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Lt. NEV sind Nacherben die „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“, Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben entspr. gesetzlicher Erbfolge. Weiterhin ist Testamentsvollstreckung angeordnet und der TVV eingetragen.
    Nun treten in der Urkunde die Vorerbin, der TV sowie der Sohn A als „Erwerber“ und der Sohn B auf und übertragen unentgeltlich den Hof auf Sohn A. Es wird allseits bewilligt und beantragt den NEV zu löschen.
    Es wird an keiner Stelle der Urkunde gesagt, dass A und B gemeinschaftliche Abkömmlinge von Voreigentümer und Vorerbin sind und auch nicht, ob sie die einzigen „gemeinschaftlichen Abkömmlinge" sind, es wird nur darauf hingewiesen, dass B keine Abkömmlinge hat.
    Ich hab nun nach dem Beschluss des OLG Frankfurt vom 13.09.2018 (20 W 197/18) vor dem Notar im Rahmen der ZwVfg Folgendes aufzugeben:

    1. Vorerbin hat eidesstattlich zu versichern, dass A und B die einzigen gemeinschaftlichen Abkömmlinge sind.
    2. B hat eidesstattlich zu versichern, dass er keine Abkömmlinge hat.
    3. Für die Anhörung etwaiger weitere unbekannter gemeinschaftlicher Abkömmlinge ist ein Pfleger nach § 1913 BGB zu bestellen, der den Inhalt des Übertragsvertrags genehmigt und dies betreuungsgerichtlich zu genehmigen ist.


    Korrekt?
    Ich danke Euch!

  • Lt. NEV sind Nacherben die „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“, Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben entspr. gesetzlicher Erbfolge.


    Wahrscheinlich liegt der Fahler schon hier.

    Es muss durch Auslegung der letztwilligen Verfügung entschieden werden, ob gemeint war

    • die "gemeinschaftlichen Abkömmlinge im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls leben, diese unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge" gemeint sind (dann gibt es gar keine Ersatznacherben)
    • oder ob "unsere gemeinsamen Kinder, ersatzweise für jeden dessen Abkömmlinge unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, ersatzweise... äh... der andere Nacherbe?".

    Nur im zweiten Fall funktioniert Deine Konstruktion.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Also im notariellen Testament steht: "Als Vorerbin bestimme ich meine Ehefrau. Sie ist von den gesetzlichen Beschränkungen nicht befreit. Als Nacherben setze ich meine gemeinschaftlichen Abkömmlinge ein, und zwar zu gleichen Anteilen. Dies sind zur Zeit: Sohn A und Sohn B. Die Nacherbfolge tritt beim Tode der Vorerbin ein. Stirbt ein Nacherbe vor dem Eintritt des Nacherbfalls oder wird er aus einem sonstigen Grunde nicht Nacherbe, so treten seine Abkömmlinge entsprechend den Regeln über die gesetzliche Erbfolge an seine Stelle (Ersatznacherben)."
    Dann müsste doch mein Vorhaben ok sein, oder?

  • Also im notariellen Testament steht: "Als Vorerbin bestimme ich meine Ehefrau. Sie ist von den gesetzlichen Beschränkungen nicht befreit. Als Nacherben setze ich meine gemeinschaftlichen Abkömmlinge ein, und zwar zu gleichen Anteilen. Dies sind zur Zeit: Sohn A und Sohn B. Die Nacherbfolge tritt beim Tode der Vorerbin ein. Stirbt ein Nacherbe vor dem Eintritt des Nacherbfalls oder wird er aus einem sonstigen Grunde nicht Nacherbe, so treten seine Abkömmlinge entsprechend den Regeln über die gesetzliche Erbfolge an seine Stelle (Ersatznacherben)."
    Dann müsste doch mein Vorhaben ok sein, oder?

    Nein, ist es nicht, weil "meine gemeinschaftlichen" (hä? Ist das wenigstens ein Erbvertrag, onder sind einfach "die Abkömmlinge, die von mir und meiner Ehefrau abstammen" gemeint?) Abkömmlinge Nacherben sind. Die Nacherben sind also derzeit (insgesamt!) unbekannt.

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  • Ja, ich finde die gewählte Formulierung auch unglücklich. Ich würde dahin gehend ausdeuten, dass die Abkömmlinge vom Verstorbenen und der seinerzeitigen Ehefrau gemeint sind.
    Nein, es ist kein Erbvertrag.
    Der Nacherbenvermerk im Grundbuch ist übrigens von der Wortwahl her identisch mit dem entsprechenden Inhalt des not. Testaments.

    Ok, dann will ich keine eidesstattlichen Versicherungen von Vorerbin und Sohn B, sondern nur den § 1913 BGB-Pfleger nebst gerichtlicher Genehmigung.

  • Ok, dann will ich keine eidesstattlichen Versicherungen von Vorerbin und Sohn B, sondern nur den § 1913 BGB-Pfleger nebst gerichtlicher Genehmigung.


    Wie willst Du denn eine gerichtliche Genehmigung für eine unentgeltliche Verfügung bekommen?!

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  • Naja. Mal unjuristisch gesprochen: Der Hof gehörte früher dem Vater, der "zu früh" verstorben ist, aber offenbar wollte, dass der Hof in der Familie bleibt. Da ist die Übertragung auf den Sohn, welcher nun lt. Urkundsinhalt die Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen hat, schon irgendwie die logische Konsequenz. Aus Sicht der Beteiligten erfolgt das "natürlich" auch unentgeltlich.
    Klar, für etwaige weitere, bislang unbekannte Nacherben wäre das nicht "schön"...
    Aber die Frage der Genehmigungsfähigkeit habe ich ja nicht schon im Rahmen meiner Zwischenverfügung zu klären, kann allerhöchstens darauf hinweisen. Ich benenne die Mängel und wie sie behoben werden können.

    Ach. Was ich grad noch festgestellt habe: Es wird beim Nachbargericht weiterer Hofes-Grundbesitz von der nicht befreiten Vorerbin auf den Sohn A übertragen. GB-Einsicht hat ergeben, dass dort auch zunächst der Verstorbene eingetragen war und nun die Witwe als nicht befreite Vorerbin. Der NEV wurde zunächst eingetragen mit: "Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben sind die gemeinschaftlichen Kinder des Erblassers mit der Vorerbin. Bedingte Ersatzerbfolge ist angeordnet. Ersatznacherben sind die Abkömmlinge des weggefallenen Nacherben nach den Regeln über die gesetzliche Erbfolge." In der Folgezeit wurde der von mir unterstrichene Teil des NEV gerötet und eingetragen: "Als Nacherben sind festgestellt: Sohn A und Sohn B. Bezug: Erbschein des AG Pussemuckel vom..."
    Dann sollte ich mir doch zunächst eben jenen Erbschein kommen lassen...

  • In der Folgezeit wurde der von mir unterstrichene Teil des NEV gerötet und eingetragen: "Als Nacherben sind festgestellt: Sohn A und Sohn B. Bezug: Erbschein des AG Pussemuckel vom..."
    Dann sollte ich mir doch zunächst eben jenen Erbschein kommen lassen...

    In der Tat.

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  • In der Folgezeit wurde der von mir unterstrichene Teil des NEV gerötet und eingetragen: "Als Nacherben sind festgestellt: Sohn A und Sohn B. Bezug: Erbschein des AG Pussemuckel vom..."
    Dann sollte ich mir doch zunächst eben jenen Erbschein kommen lassen...

    In der Tat.

    :daumenrau Danke tom fürs Mitdenken und sorry fürs zunächst unvollständige Einstellen des Sachverhalts...

  • Man kann glaub ich schon einen Familienangehörigen bestellen, wenn Vor- und Nacherben in einem "Familienverbund" sind. Und ein Steuerberater gehört ja quasi zur Familie (jedenfalls bei bestimmten Leuten).

  • Muss Dir als Grundbuchamt egal sein, auch wenn diese Verfahrensweise des Betreuungsgerichts natürlich unsinnig ist, weil der Pfleger der Steuerberater des Vorerben ist, dessen Rechtsgeschäft überprüft werden soll.

    Wenn es nicht nur um eine bloße Anhörung, sondern um eine materielle Zustimmung der unbekannten Nacherben gehen sollte, hat sich das Betreuungsgericht allerdings selbst ein Ei ins Nest gelegt, weil es im Genehmigungsverfahren prüfen muss, ob die von einem offensichtlich nicht neutralen Pfleger erklärte Zustimmung auch genehmigungsfähig ist.

    Ich frage mich manchmal, was sich die Leute bei der Pflegerauswahl denken. Es gibt genügend Rechtsprechung, wonach die Beteiligten bei der Auswahl eines neutralen Pflegers keine Chance mit einer Beschwerde gegen die Pflegerauswahl haben. Die Kosten, die in Form der Pflegervergütung für die Bestellung eines neutralen Pflegers anfallen, fallen dann halt an.

  • Ich fürchte ja, daß bei dieser Pflegerauswahl die Genehmigung kein Problem mehr darstellt.:mad:

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Nun ja, die Anhörung soll ja erst der Klärung dienen, ob eine voll entgeltliche Verfügung des Vorerben vorliegt.

    Aber wie mein Vorredner schon sagte: Das Ergebnis der Anhörung ist aufgrund der sachwidrigen Pflegerauswahl des Betreuungsgerichts bereits vorprogrammiert, weil der ausgewählte Pfleger der Steuerberater des Vorerben und dieser daher nicht neutral ist.

    Wenn dann auch noch darauf verzichtet wird, den Kaufpreis als Surrogat in irgendeiner Weise für die Nacherben zu sichern, ist der bislang durch den Nacherbenvermerk gewährleistete Schutz der Nacherben in praxi nicht mehr vorhanden.

    Kann ggf. ein schöner Haftungsfall für den Kollegen beim Betreuungsgericht werden.

    Bei meinen bisherigen Ausführungen habe ich unterstellt, dass es sich tatsächlich um unbekannte Nacherben handelt. Sind die Nacherben der Persönlichkeit nach bestimmt, wäre für minderjährige Nacherben ggf. vom Familiengericht ein Ergänzungspfleger und nicht vom Betreuungsgericht ein Pfleger nach § 1913 BGB zu bestellen gewesen.

  • Konkret geht es um die Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks (dessen Eintragung bei der AV samt Eintragung AV und Grundschuld vom Vorerben bewilligt und beantragt wird).
    Der Notar hat dann auch noch eine e.V. des Vorerben hinsichtlich fehlender Verwandschaft etc. und Vollentgeltlichkeit aufgenommen.....und wenn das GBA wirklich meine, solle man beim Nachlassgericht eine Pflegerbestellung veranlassen......

    OLG München, Beschluss v. 02.03.2016 - 34 Wx 408/15 hab ich u.a. dazu gefunden.

  • Eigentümer A ist verstorben und aufgrund Erbschein von B(männlich Gebursjahr 1982) als Vorerbe beerbt worden. DEr Erbschein hat folgenden Inhalt:
    Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben sind die Abkömmlinge des Vorerben. Ersatznacherbfolge ist angeordnet. Ersatznacherbe ist die Stiftung C. Der Vorerbe ist von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen befreit.
    Das handschrifltiche Testament lautet: Alleinerbe ist B. Soweit er das erworbene Vermögen nicht für sich verwendet, soll er alle Bestrebungen fördern, die mir Zeitlebens wichtig waren.
    Soweit bei seinem Tod Kinder leben, sind diese Nacherbe, andernfalls die Stiftung C.

    Nun veräußert B den hiesigen Grundbesitz an D und E (die Mieter des Hauses). In der Urkunde ist folgendes vereinbart:
    B ist nur Vorerbe, aber von den Beschränkungen befreit, kann also ohne Zustimmung der Nacherben entgeltlich veräußern. B und der Erweber bestätigen, dass der vereinbarte Kaufpreis wie unter fremden Dritten ausgehandelt wurde und nach Überzeugung beider dem Verkehrswert entspricht, es sich also um ein vollentgeltliches Geschäft handelt.
    Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts steht fest, dass der Nacherbefall bzgl. des Vertragsobjekts wegen endgültigen Ausscheidens aus dem Nachlass nicht mehr eintreten kann. Daher wird die Löschung des NE-Vermerks beantragt.

    Beim heisigen AG hat der Erblasser 2 Grundbücher. Auch das 2. Grundbuch ist nun verkauft worden, aber hier soll erst nur AV und GS eingetragen werden, enthält aber den gleichen Passus bzgl. der Entgeltlichkeit.
    Es gibt laut Eröffnungsprotokoll noch mindestens 6 weitere Grundbücher in München. Erbschein ist von einem anderen bay. AG erteilt worden.

    Nun ist Antrag im 1. Grundbuch auf Auflassung und Löschung NE-Vermerk gestellt.

    Ich habe nun folgende Fragen:
    1. Da ja die Nacherben insgesamt unbekannt sind, ist doch gem. § 1913 BGB ein Pfleger für die Anhörung bzgl. der Entgeltlichkeit zu bestellen?
    2. Braucht der Pfleger eine betr. Genehmigung für die Anhörung?
    3. Muss ist den Ersatznacherben auch anhören?
    4. Wer ist für die Pflegerbestellung zuständig?
    5. Muss ich als GBA diese beim zust.Betreuungsgericht beantragen?
    6. Macht es Sinn vorher beim Nachlassgericht bzw. beim AG München anzufragen, ob dort auch schon der Grundbesitz veräußert wurde udn es evtl. schon einen Pfleger gibt?

  • 1. Ja
    2. Nein
    3. Nein, der Pfleger repräsentiert den wahren Nacherben, ganz gleich, wer es ist.
    4. Betreuungsgericht
    5. Kann man anregen
    6. Wohl nicht. Wenn es schon einen Pfleger gäbe, würde es der Vorerbe wissen.

    Zu 3: Anhörung wie gesagt nicht notwendig, aber im Fall unbekannter Nacherben Geschmacksache, wenn jedenfalls der Ersatznacherbe bekannt ist.

    Ist bekannt, ob der Vorerbe überhaupt Abkömmlinge hat?

    Falls ja, muss es sich nicht zwingend insgesamt um unbekannte Nacherben handeln. Es könnten auch die im Zeitpunkt des Vorerbfalls vorhandenen bekannten Abkömmlinge (jeweils samt Ersatznacherbenregelung i. S. des § 2069) sein und die Ersatznacherbfolge zugunsten der Stiftung käme nur beim Ausfall sämtlicher Abkömmlinge zum Zuge. Allerdings wäre der erteilte Erbschein mit seiner aktuellen Formulierung dann falsch.

    Ich würde stets die Nachlassakte anfordern (Abkömmlinge?). Aus dieser ergibt sich dann wohl auch, dass das "für sich verwenden" als Befreiung ausgelegt wurde.

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