Verwalterzustimmung bei Vermächtniserfüllung an verwandten Vermächtnisnehmer

  • Hallo,
    hab zwar einen ähnlichen, aber nicht diesen, Fall im Forum gefunden.

    Deshalb hier meine Frage.

    Erblasser war Eigentümer einer Eigentumswohnung. In der Teilungserklärung wurde eine Veräußerungszustimmung durch den Verwalter vorgesehen. Ausnahme u.a. Verwandte in gerader Linie.

    Der Erblasser wurde beerbt durch seine beiden Töchter. Eine der Töchter erhält vermächtnisweise die Eigentumswohnung. Sie ist Testamentsvollstreckerin mit der Aufgabe, das Vermächtnis zu erfüllen.

    Es wird ein Vermächtniserfüllungsvertrag beurkundet, durch den TV und den Vermächtnisnehmer. Die Eigentumswohnung wird aufgelassen. Die Vermächtnisnehmerin ist die Tochter des eingetragenen Eigentümers (=Erblasser).

    Nunmehr (vor Eigentumsumschreibung) möchte die Vermächtnisnehmerin die Eigentumswohnung ihrem Sohn schenken. Es wird ein Schenkungsvertrag zwischen der Vermächtnisnehmerin und dem Beschenkten (Sohn der Vermächtnisnehmerin) beurkundet. Die Eigentumswohnung wird aufgelassen.

    Es wird die Eintragung der Eigentumsänderung direkt vom eingetragenen Eigentümer auf den Beschenkten (Enkel des Erblassers) beantragt. Es wurden weder UB noch Verwalterzustimmung vorgelegt.

    Das Grundbuchamt beanstandet nun die Nichtvorlage der Verwalterzustimmung.

    Begründung:
    Der Erblasser hätte zwei Töchter zu Erben eingesetzt (Erbengemeinschaft). Die Erbengemeinschaft sei mit dem Tod Eigentümer geworden (außerhalb des Grundbuchs). Die Erbengemeinschaft sei eine "juristische Person" (vergleichbar mit einer OHG) und damit rechtsfähig. Weder der Vermächtnisnehmer noch der Beschenkte sei mit der Erbengemeinschaft "in gerader Linie verwandt", so dass die Verwalterzustimmung erforderlich sei. Das Fehlen der UB wird nicht beanstandet.

    M.E. ist weder UB noch Verwalterzustimmung erforderlich. Das Nichterfordernis der UB konnte im im Forum finden. Die Nichtvorlage der Verwalterzustimmung allerdings nicht. Bei den im Forum beschriebenen Fall ging es "nur" um die Erfüllung eines Vermächtnisses, aber hier ist der Vermächtnisnehmer ja mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt und auch der Beschenkte ist mit dem Vermächtnisnehmer und dem Erblasser in gerader Linie verwandt.

    Ist wirklich die Vorlage der Verwalterzustimmung erforderlich?

  • Anders als der (Außen-) GbR kommt der Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Sie bildet vielmehr nach § 2032 Abs. 1 BGB eine Gesamthandsgemeinschaft, d. h. der Nachlass steht den Miterben gemeinschaftlich zur gesamten Hand zu (s. statt aller s. z.B. Hessisches Finanzgericht 8. Senat, Urteil vom 07.05.2012, 8 K 2580/11).

    Aber auch bei voreingetragener Erbengemeinschaft wäre im vorliegenden Fall (Veräußerung an Enkel des eingetragenen Eigentümers) die Verwalterzustimmung nicht erforderlich. Das KG Berlin 1. Zivilsenat, führt dazu im Beschluss vom 28.02.2012, 1 W 43/12,

    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…ts=1&fromdoctod

    aus (Hervorhebung durch mich):

    „Die ausnahmsweise Befreiung vom Zustimmungserfordernis bei Veräußerung an nahe Angehörige stellt eine Vergünstigung im Interesse des jeweils veräußernden Wohnungseigentümers dar, der insoweit in seiner Entscheidungsfreiheit nicht beschränkt werden soll (OLG Schleswig, NJW-RR 1993, 1103, 1104). Im Hinblick auf diese beiderseitigen Interessen ist es aber unerheblich, ob der Eigentümer selbst oder die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an seine Stelle tretenden Mitglieder einer Erbengemeinschaft, §§ 1922 Abs. 1, 2040 Abs. 1 BGB, den Eigentumsübergang an einen seiner Abkömmlinge bewirken. Das Eigentum geht in jedem Fall auf eine Person über, die von der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits im Vorhinein akzeptiert worden ist.“…

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • s. Gutachten des DNotI, Abrufnummer 136206, vom 12.08.2014 zu folgenden Fragen:

    1. Bedarf die Erfüllung eines Vermächtnisses betreffend die Übertragung einer Wohnungs- bzw.
    Teileigentumseinheit an einen Miterben der Zustimmung des Verwalters nach dem WEG?

    2. Bedarf die Schenkung einer vermächtnisweisen zugewandten Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit an den Sohn des Vermächtnisnehmers der Zustimmung des Verwalters nach dem WEG?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich möchte unter Berufung auf die zitierte Entscheidung einen Erbteilungsvertrag dem GBA vorlegen. Erwerber ist in gerader Linie mit Erblasser verwandt, nicht jedoch im Verhältnis zum Miterben. Kann ich davon ausgehen, dass keine Verwalterzustimmung erforderlich ist?

  • Ja. Siehe Lafontaine im jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, Stand 01.07.2020, § 12 WEG RN 18, Grziwotz in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 6. Auflage 2019, § 12 WEG RN 14, Hogenschurz im BeckOK WEG, Stand 01.08.2020, § 12 WEG RN 24, Basty in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Auflage 2017, § 12 WEG RN 24; Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage 2018, § 12 WEG RN 32, jeweils unter Hinweis auf den Beschluss des KG v. 28.2.2012 - 1 W 43/12. Das OLG Nürnberg stellt allerdings im Beschluss vom 31.8.2015, 15 W 788/15 = ZWE 2016, 20 auf die Verwandtschaft zwischen den Mitgliedern der Erbengemeinschaft und dem Miterben ab.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo,

    in meinem Fall soll das Wohnungseigentum von den Erben an die nicht mit den Erben verwandte Ehefrau des Verstorbenen überlassen werden. Als Ausnahme von der Zustimmung war u.a. die Veräußerung an Ehegatten vereinbart. (Im Verhältnis der Erben zur Ehefrau greift mangels Verwandtschaft keine der weiteren vereinbarten Ausnahmen.)

    Meine Meinung:
    Die Ausnahme aus dem Verhältnis zwischen Erblasser und Ehefrau greift auch nicht mehr, denn die Ehe ist durch den Tod aufgelöst und somit eine Zustimmung erforderlich. Vergleiche für die Scheidung:
    "Ist als Ausnahme von einem Zustimmungserfordernis gemäß § 12 WEG die „Veräußerung an Ehegatten” vereinbart, so gilt diese nicht für eine Veräußerung an den geschiedenen Ehegatten, die erst nach Rechtskraft der Scheidung schuldrechtlich vereinbart wird." KG, Beschluss vom 1. 3. 2011 - 1 W 57/11 (ZWE 2011, 220, beck-online)

    Abweichende Meinungen?

    LG

  • Hallo,

    in meinem Fall soll das Wohnungseigentum von den Erben an die nicht mit den Erben verwandte Ehefrau des Verstorbenen überlassen werden. Als Ausnahme von der Zustimmung war u.a. die Veräußerung an Ehegatten vereinbart. (Im Verhältnis der Erben zur Ehefrau greift mangels Verwandtschaft keine der weiteren vereinbarten Ausnahmen.)

    Meine Meinung:
    Die Ausnahme aus dem Verhältnis zwischen Erblasser und Ehefrau greift auch nicht mehr, denn die Ehe ist durch den Tod aufgelöst und somit eine Zustimmung erforderlich. Vergleiche für die Scheidung:
    "Ist als Ausnahme von einem Zustimmungserfordernis gemäß § 12 WEG die „Veräußerung an Ehegatten” vereinbart, so gilt diese nicht für eine Veräußerung an den geschiedenen Ehegatten, die erst nach Rechtskraft der Scheidung schuldrechtlich vereinbart wird." KG, Beschluss vom 1. 3. 2011 - 1 W 57/11 (ZWE 2011, 220, beck-online)

    Abweichende Meinungen?

    LG

    Ist eine Auslegungsfrage, was die WEG im konkreten Fall gewollt hat. Der Wortlaut passt nicht (mehr). Für eine teleologische Extension spricht, dass man bei Veräußerung an Ehegatten ja normalerweise keine neuen Leute ins Haus kriegt. So wäre es auch hier, weil der Erwerber ja ein Ehegatte ist. Für die WEG ändert sich also nichts.

    Aber man kann die teleologische Extension sicher ebenso auch ablehnen, wenn man Vorsicht walten lassen möchte. Als Notar hätte ich jedenfalls vorsorglich die Zustimmung eingeholt.

  • Danke für Eure Meinungen, ich habe aus Gründen der Vorsicht eine nicht-förmliche Hinweisverfügung erlassen (machen wir immer vor einer ZV) und die Verw.-Zust. erbeten.

  • Da die Umschreibung auf Grund eines Vermächtnisses erfolgen soll, somit die schuldrechtliche Grundlage noch vor dem Todesfall getroffen wurde, habe ich die Zustimmung nun doch als entbehrlich angesehen.

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