Von der Notwendigkeit eines Verfahrenspflegers und dessen Pflichten

  • Es macht aus verschiedenen Gründen Sinn, die Wohnung zu verkaufen (keine Nutzung, anfallende Kosten usw.). Das kann der Betreute durchaus nachvollziehen und auch die Werte korrekt beurteilen. Diesbezüglich äußert er ja klar seinen Willen.
    Da der Gegenwert jedoch sinnvoll verwendet werden soll (Verbesserung der Lebenssituation) ist der Betreuer gefragt, denn sonst bestünde die Gefahr, dass das Geld gerade nicht dem Betreuten zugute kommt - umsonst besteht die Betreuung ja nicht.


    Nochmal (obwohl ich mich des Eindrucks nciht erwehren kann, dass Du die Problematik nicht verstehen willst):

    • Es ist Einwilligungsvorbehalt angeordnet - das bedeutet, dass das Gericht mindestens der Meinung war, dass der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (BayObLG, Beschluss vom 4. Februar 1993, 3 Z BR 11/93) und dass ohne Einwilligungsvorbehalt eine erhebliche Gefahr für Person oder Vermögen des Betreuten droht. Was der Betreute äußert, ist daher möglicherweise Ausdruck seiner Krankheit und damit für das Gericht weder bindend noch massgeblich.
    • Wenn die Situation sich gegenüber den Umständen, die zur Anordnung des Einwilligungsvorbehalts geführt haben, geändert hat, möge man die Aufhebung des Einwilligungsvorbehalts betreiben. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn der Betreute von dem schönen Geld, was er aus dem Wohnungsverkauf ggf. bekommt, Ausgaben tätigt, die objektiv nicht notwendig sind und seine finanziellen Verhältnisse übersteigen.
    • Der Verfahrenspfleger hat die Interessen des Betroffenen zu vertreten, und zwar so, wie sie sich nach Lage des Sachverhalts für den Verfahrenspfleger darstellt, nicht zwingend so, wie sie der Betroffene selbst - möglicherweise als Ausdruck seiner Krankheit - sieht.
    • Das Gericht ist an die Ansicht des Verfahrenspflegers nicht gebunden. Sprich doch endlich mal mit dem Rechtspfleger über die Sache, auch über den Umstand, dass keine Anhörung des Betroffenen durch den Verfahrenspfleger stattgefunden hat. Das ist wichtiger, als ständig aus Prizip mit dem Kopf gegen sehr stabile und typischerweise auch sehr sinnvolle Mauern anzurennen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub


  • Sprich doch endlich mal mit dem Rechtspfleger über die Sache, auch über den Umstand, dass keine Anhörung des Betroffenen durch den Verfahrenspfleger stattgefunden hat.


    Ja, das habe ich natürlich schon gemacht - ist doch eine Selbstverständlichkeit. Nur, dem Rechtspfleger ist dieser Punkt egal - das sagt er mir auch so!

  • Der Wunsch des Betreuten ist zu beachten.
    --> Stimmt.

    Der Wille Kosten einzusparen und sinnvollerweise die Lebensqualität zu erhöhen ist nicht irrational.
    --> Stimmt.

    Trotz Verkaufs der Wohnung bleibt der Lebensunterhalt auf Jahre hinaus gesichert.
    --> Na dann passt's doch!

    Der Wert der Wohnung beträgt weniger als 5% des Gesamtvermögens und bleibt ja als Barvermögen vorhanden - über kurz oder lang müßte die Wohnung ohnehin verkauft werden..
    Meiner Meinung nach stellt der Kaufpreis den aktuellen Marktwert dar - dies habe ich auch für Außenstehende nachvollziehbar dargestellt.
    --> Tja, wenn das schriftlich zu den Akten gelangt ist....

    Ob ein Verfahrenspfleger bestellt werden mußte ist für mich fraglich, da der Betreute seinen Willen klar kund tat. Der Verfahrenspfleger geht allerdings mit keiner Silbe auf diesen Wunsch ein.
    --> Grundstücksgeschäfte ohne Verfahrenspfleger genehmigen traut sich fast keiner, ist ja auch schwer zu begründen, § 276 Abs. 2 FamFG.
    --> Wozu auch wenn der Betreutenwille ohnehin bekannt ist?

    Da der Rechtsanwalt (VP) irgendwann sicher eine Rechnung stellt - wer muss die bezahlen? Aus dem Vermögen des Betreuten kann ich sie - in Kenntnis der Nichtnotwendigkeit der Bestellung - ja nicht guten Gewissens begleichen.
    --> Dann wird eben mit schlechtem Gewissen bezahlt.

    Der Verfahrenspfleger hat weder mit dem Betreuten oder mit mir Kontakt aufgenommen. Der Wille des Betreuten ist ihm völlig egal und er fokussiert alleine auf den seiner Meinung nach zu geringen Kaufpreis.
    --> Das ist ja auch nach Sachverhaltsdarstellung auch der einzige Punkt an dem es hackt.

    Darf sich denn das Gericht bei seiner Entscheidung zur Genehmigung des Kaufvertrages vom Verfahrenspfleger unter den geschilderten Prämissen leiten lassen?
    --> Das Gericht möcht ich sehen, das sich vom Verfahrenspfleger leiten lässt :cool:

    Ich würde ersteinmal die Entscheidung abwarten, dann kann man sich immer noch beschweren.

    Von der Anhörung des Betreuten wurde scheinbar abgesehen, weil's eben nicht zwingend vorgeschrieben ist, §§ 34 und 299 FamFG und der Betreutenwille ohenhin bekannt ist.
    Verfahrenspfleger wurde bestellt, weil die Nichtbestellung praktisch nicht zu begründen ist, § 276 FamFG.
    Verfahrenspfleger hat Stellung genommen.
    Betreuer hat sich über Verfahrenspflegerstellungnahme und Gericht aufgeregt.
    Nun steht die Entscheidung aus.
    Ein vollkommen normaler Verfahrensgang bisher, absolut Standard.
    Üngewöhnlich wäre vielleicht wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt wird :D

  • Nur am Rande:

    Wenn die Wohnung nur 5% des Vermögens des Betreuten ausmacht, dann ist die Behauptung, dass sie über kurz oder lang doch verkauft werden müsste, etwas gewagt. Schließlich könnten, wenn es darauf ankäme, vorher noch die anderen 95% des Vermögens versilbert und verbraucht werden.
    Und selbst bei einer billigen Wohnung (setzen wir mal eine Wohnung im Osten mit schlechtem Pflegezustand im Wert von 10.000,- Euro an) wäre das andere Vermögen ganz erheblich (im Beispiel: 200.000,- Euro). Da aber nach dem Ausgangsposting alleine mehrere Tausend Euro pro Jahr für Unterhalt und Pflege der Wohnung draufgehen sollen, dürfte es sich nicht um eine ganz billige Wohnung handeln, sondern eher eine in mindestens mittlerere Preislage, d.h. eher 100.000,- Euro statt 10.000,- Euro, der Rest des Vermögens wären demnach eher 2 Mio. Euro als 200 T€. Das zu verbrauchen ist gar nicht so leicht, wenn man vernünftig lebt. Und selbst in einem Pflegeheim der Extraklasse dauert das mehrere Jahre.

    Damit möchte ich nichts dazu gesagt haben, ob der Wille des Betroffenen zu beachten ist etc. Ich wollte nur die wirtschaftlichen Relationen etwas ausleuchten.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Nur am Rande:

    ...Da aber nach dem Ausgangsposting alleine mehrere Tausend Euro pro Jahr für Unterhalt und Pflege der Wohnung draufgehen sollen, dürfte es sich nicht um eine ganz billige Wohnung handeln, sondern eher eine in mindestens mittlerere Preislage...

    Hmmm...? Grundsätzlich ist an der Überlegung ja nix falsch, allerdings kann auch das Gegenteil richtig sein. :gruebel:

    Gegend wo man im Winter heizen muss, marode Ölheizung, grundsätzlicher Renovierungsbedarf und dann wird immer nur das nötigste provisorisch gemacht, der Mensch der ab und an mal nach der Wohnung guckt und lüftet, etc. will auch Geld, Wohngeld, etc. ...das läppert sich bei einer wertlosen Bruchbude dann erst recht.
    Allerdings würde eine eher höhere Summe das Verhalten von Gericht und Pfleger ein wenig sympatischer wirken lassen, als der Betreuer das hier darstellt :cool:

  • Ich bezog meine Aussage darauf, dass jemand, der über einen Hausverkauf wirksam entscheiden kann, wohl auch kleinere Geschäfte tätigen kann!

    Das ändert aber ja nichts an der Tatsache, dass jeder durch den Betreuer vorgenomme Verkauf einer ETW - z.B. weil der Betreute den Verkauf nicht mehr selbst abwikeln kann - genehmigungspflichtig ist.

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