Freigabe gepfändetes Arbeitseinkommen § 850 K Abs. 4 ZPO mit Auflage?

  • Hallo miteinander,
    wir haben aktuell einen Freigabebeschluß des hiesigen Amtsgerichtes erhalten, wonach nach Ziffer 1 der monatlich überwiesen Betrag des Arbeitgeber XY freigegeben wird.
    Insoweit kann ich das ja nachvollziehen, da bereits eine Lohnpfändung vorliegt. Die EDV gibt das inzwischen ja auch her.

    Aber jetzt kommts:

    Ziffer 3 des Beschlusses lautet:
    Bei Aufhebung oder Ruhendstellung der Lohnpfändung hat Ziffer 1 dieses Beschlusses keinen Bestand mehr.

    Das kann ja wohl nicht sein und entspricht m.E. auch nicht der BGH-Rechtssprechung. Hier müssten wir als Bank ja jeden Monat überprüfen, ob die Lohnpfändung noch beim Arbeitgeber vorliegt?

    Wie seht Ihr das? Ich überlege gerade hier Beschwerde einzulegen.

    Grüße MJ

  • Würde ich auch.

    Es kann nicht sein, dass die Wirksamkeit eines Beschlusses vom Bestand der Pfändung bei einem weiteren Drittschuldner abhängig sein soll.

  • Letztendlich ist die Entscheidung aber nur die (konsequente) Umsetzung des BGH-Beschlusses vom 10.11.2011 (BGH, VII ZB 64/10).

    Der BGH geht davon aus, dass der Arbeitgeber nur den pfandfreien Betrag überweist - und zwar in Fällen, in denen die Höhe des Lohnes ständig variiert.

    Woher soll aber das Kreditinstitut ohne Kommunikation mit dem Arbeitgeber wissen, dass diese Voraussetzung erfüllt wurde - nämlich dass nur der pfändungsfreie Betrag überwiesen wurde?

    P.S. @coverna und MJ: Bitte jetzt nicht schlagen, ich finde die Entscheidung des BGH für die tägliche Arbeit zwar sehr praktisch, dogmatisch allerdings fragwürdig.

  • Meiner Meinung nach muss der Drittschuldner nicht prüfen, ob die Pfändung des Arbeitseinkommes noch existiert. Dieses ist Aufgabe des Gläubigers. Der Beschluss kann dann auf Antrag des Gläubigers aufgehoben werden, sobald keine Lohnpfändung mehr vorliegt ...

  • Ich finde die Formulierung des Freigabebeschlusses ehrlich gesagt auch zumindest unglücklich und würde wissen wollen, wie das Beschwerdegericht das sieht.

    Im Unterschied zu den "normalen" Freigabebeschlüssen à la BGH ("freigegeben wird sämtliches Arbeitseinkommen vom Arbeitgeber XY"), bei denen m. E. kein Bedürfnis für eine Kontaktaufnahme Drittschuldner Bank - Drittschuldner Arbeitgeber besteht (Beschluss ergibt ja alle notwendigen Infos), wird hier noch eine weitere Prüfungspflicht in den Beschluss aufgenommen. Ich bin nicht der Meinung, dass die Drittschuldner die Verpflichtung haben, miteinander zu kommunizieren.

    Mittel zum Zweck könnte hier sein, dass der Schuldner sich monatlich von seinem Arbeitgeber eine schriftliche Bestätigung ausstellen lässt, die der Schuldner dann vor Auszahlung der Bank vorlegen muss (als Absicherung).

    Der Freigabebeschluss richtet sich (auch) an den Drittschuldner. Daher würde ich mich als Drittschuldner von der unter Ziffer 3 enthaltenen Einschränkung auch angesprochen fühlen und Bedenken haben, befreiend geleistet zu haben, wenn sich herausstellt, dass die Lohnpfändung beendet war und der gesamte Lohn an den Schuldner ausgekehrt wird. Ich verstehe die Formulierung in dem Beschluss auch eher so, dass die Freigabe ohne weiteren Beschluss ihre Gültigkeit verliert, sobald die Lohnpfändung aufgehoben/ruhendgestellt wird.

  • Letztendlich ist die Entscheidung aber nur die (konsequente) Umsetzung des BGH-Beschlusses vom 10.11.2011 (BGH, VII ZB 64/10).

    Der BGH geht davon aus, dass der Arbeitgeber nur den pfandfreien Betrag überweist - und zwar in Fällen, in denen die Höhe des Lohnes ständig variiert.

    Woher soll aber das Kreditinstitut ohne Kommunikation mit dem Arbeitgeber wissen, dass diese Voraussetzung erfüllt wurde - nämlich dass nur der pfändungsfreie Betrag überwiesen wurde?

    P.S. @coverna und MJ: Bitte jetzt nicht schlagen, ich finde die Entscheidung des BGH für die tägliche Arbeit zwar sehr praktisch, dogmatisch allerdings fragwürdig.

    Ich schlage niemanden, solange ich zwei gesunde Füße habe :strecker

    Die Entscheidung des BGH betraf, soweit ich mich erinnere ein und dieselbe Pfändung, also eines Gläubigers.

    Außerdem kann der Gläubiger, der nur das Kontoguthaben gepfändet hat ja ohne weiteres auch das AE pfänden und so wäre er zumindest bis zur Befriedigung seines Anspruchs sicher, dass auf das Konto nur unpfändbares Geld überwiesen wird.

    Mir hatte mal ein Rechtspfleger gesagt, dass er ja nicht wissen könne, ob dem so sei. Der Arbeitgeber könne ja auch falsch rechnen.

    Auf jeden Fall erspart Euch die Entscheidung des BGH viel Rechnerei. Wollt Ihr denn wirklich die unpfändbaren Beträge ermitteln, die Ihr frei geben müsst. Und wenn der Schuldner auch noch unpfändbare Teile ausgezahlt bekommt, müsstet Ihr die sogenannte Nettomethode (lt. BAG-Entscheidung vom 17.04.2013) beachten. Das wird aber lustig..... (für Euch)....

    Ich hätte auch noch datenschutzrechtliche Bedenken, weil der AG aufgrund eines PfÜB bei der Bank nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet ist und somit die Klappe zu halten hat.

  • Auch wenn Covernas Füße nicht der Grund waren:

    Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil! :oops:

    In Rn 12 der Einschlägigen BGH-Entscheidung heißt es:

    "Diese Erwägungen greifen nicht, wenn durch gerichtlichen Beschluss angeordnet wird, dass der Freibetrag sich nach dem eingehenden Arbeitseinkommen richtet. Das Kreditinstitut muss dann eine Prüfung, ob das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, nicht mehr vornehmen."
    Im Umkehrschluss heißt dies zumindest, dass die "Erwägungen" (Einwendung der Bank bzgl. Prüfungspflicht) neu zu berücksichtigen wären und ggf. greifen würden.

  • Ich kann dem Urteil nicht entnehmen, dass es sich bei der Lohn und Kontopfändung um ein und denselben
    Gläubiger handeln muss. Kundengespräche zeigen auch eher das Gegenteil.

    Im Übrigen fragen wir nicht beim AG nach, ob der Lohnpfüb noch existiert. Die würden uns aufgrund des Daten-
    schutzes doch auch gar keine Auskunft erteilen. Die Freigabe gilt zunächst ohne zeitliche Beschränkung, muss sich halt der Gläubíger kümmern.

    Ich stelle in der Praxis nur fest, das sich diese Beschlüsse stark häufen, obwohl die wenigsten die Vorrausetzungen
    der BGH Rechtssprechung erfüllen.

    Der BGH hatte ausdrücklich gefordert, dass das Gehalt ständig schwankt. es reicht nicht aus, wenn einmal im jahr durch Weihnachtsgeld ein erhöhtes Arbeitseinkommen bezogen wird.

    Im Moment häufen sich Fälle, in denen gar keine Kontopfändung vorliegt, sondern das Einkommen des Schuldners durch die Abtretungserklärung des Insolvenzverwalters "abgeschöpft" wird und das Insolvenzgericht einen solchen Beschluss erlässt.

  • Ich kann dem Urteil nicht entnehmen, dass es sich bei der Lohn und Kontopfändung um ein und denselben
    Gläubiger handeln muss. Kundengespräche zeigen auch eher das Gegenteil.

    Das wollte ich damit auch nicht gesagt haben. Ich habe nur -irrtümlicherweise- angenommen, dass es sich bei dem Fall des BGH um einen solchen Fall handelte. Sorry!

    Im Übrigen fragen wir nicht beim AG nach, ob der Lohnpfüb noch existiert. Die würden uns aufgrund des Daten-
    schutzes doch auch gar keine Auskunft erteilen. Die Freigabe gilt zunächst ohne zeitliche Beschränkung, muss sich halt der Gläubíger kümmern.

    Ich stelle in der Praxis nur fest, das sich diese Beschlüsse stark häufen, obwohl die wenigsten die Vorrausetzungen
    der BGH Rechtssprechung erfüllen.

    Der BGH hatte ausdrücklich gefordert, dass das Gehalt ständig schwankt. es reicht nicht aus, wenn einmal im jahr durch Weihnachtsgeld ein erhöhtes Arbeitseinkommen bezogen wird.

    Im Moment häufen sich Fälle, in denen gar keine Kontopfändung vorliegt, sondern das Einkommen des Schuldners durch die Abtretungserklärung des Insolvenzverwalters "abgeschöpft" wird und das Insolvenzgericht einen solchen Beschluss erlässt.

    Ob die ständige Schwankung des Gehalts eine Voraussetzung ist, vermag ich jedoch nicht zu erkennen.

    Der BGH führt in der Begründung aus:

    "Aufgrund der von der Höhe des Einkommens abhängigen unterschiedlichen Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO werde dieser vom Arbeitgeber auszuzahlende pfändungsfreie Betrag jeden Monat unterschiedlich hoch sein, da das Arbeitseinkommen schwanken könne, z.B. durch Zahlung von Weihnachtsgeld, Zulagen oder ähnlichem."

    "Denn wenn der Betrag anhand des Einkommens zur Zeit der Antragstellung festgesetzt würde, könne es passieren, dass bei einem z.B.durch Weihnachtsgeld erhöhten Einkommen im Monat Dezember gemäß § 850c ZPO unpfändbare Beträge gleichwohl an den Gläubiger ausgezahlt würden."

    So sehe ich also keinen Grund die Entscheidung nur für die Fälle anzuwenden, in denen das Einkommen ständig wechselt. Wie häufig müsste sich das dann ändern? Drei Mal, vier Mal, fünf Mal oder mehr????

  • Frage an die Drittschuldner-Banken:

    Bei uns häufen sich in letzter Zeit etwas derartige Fälle. Entgegen der Meinung des Senats, daß das für die Banken edv-technisch ganz easy umzusetzen ist, das Arbeitseinkommen beim P-Konto als komplett pfandfrei zu berücksichtigen, geht das bei uns eben gerade nicht. Sprich: wir müssen jeden Monat das Arbeitseinkommen prüfen... Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie größere Banken mit wesentlich mehr Fällen das machen...

    Wie habt Ihr das gelöst? Gerne auch per PN.

  • Frage an die Drittschuldner-Banken: Bei uns häufen sich in letzter Zeit etwas derartige Fälle. Entgegen der Meinung des Senats, daß das für die Banken edv-technisch ganz easy umzusetzen ist, das Arbeitseinkommen beim P-Konto als komplett pfandfrei zu berücksichtigen, geht das bei uns eben gerade nicht. Sprich: wir müssen jeden Monat das Arbeitseinkommen prüfen... Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie größere Banken mit wesentlich mehr Fällen das machen... Wie habt Ihr das gelöst? Gerne auch per PN.

    Es gibt in den meisten gängigen Systemen eine gewisse technische Unterstützung, aber letztlich bleibt es ein manueller Vorgang. Das liegt vor allem an 2 grundsätzlichen
    Überlegungen:

    1. Technisch automatisch könnte ein solcher Vorgang nur laufen, wenn man die IBAN der Quelle (Arbeitgebers) fix speichern würde und man alle Zahlungen dieser Quelle
    als frei deklarieren würde. Falls aber - gerade bei kleinen Arbeitsgebern - das Gehalt von verschiedenen Konten/Banken kommt oder der Arbeitgeber seine Kontoverbindung
    wechselt, klappt es nicht

    2. Nach der DSGVO darf ich die Daten vom Arbeitgeber gerade nicht speichern, weil ich im Zweifel gar keine Geschäftsverbindung zum Arbeitsgeber unterhalte

    Fazit:Um die Gerichte zu entlasten hat das BGH diese Entscheidung getroffen und schreibt dann noch frech , dass "Banken sehr wohl in der Lage sein werden, diese
    Regelung EDV-technisch umzusetzen"

  • Nach der DSGVO darf doch gespeichert werden, wenn es einen Grund gibt und der liegt doch hier eindeutig darin eine gerichtliche Entscheidung umsetzen zu müssen.

    Kann man nicht auch ausgehend vom Betreff oder Zahler Routinen programmieren.?

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