Nachlassinsolvenz und Krankenhauskosten

  • IN-Verfahren natürliche Person. Schuldner stirbt im eröffneten Verfahren und befand sich zum Schluss längere Zeit im Krankenhaus. Damit haben wir ein Nachlassinsolvenzverfahren. Insolvenzverwalter reicht nun Schlussbericht und nachträgliche Forderungsanmeldungen ein. Aus der Schlussrechnung ergibt sich eine hohe Erstattung seitens der Krankenversicherung. Bei näherem Hinsehen stelle ich fest, dass es sich um die Rechnung des Krankenhauses handelt, die gleichzeitig von der Klinik nachträglich zur Insolvenztabelle angemeldet wird. Kann das so richtig sein? Letztlich hat der Insolvenzverwalter einen Betrag zu Masse gezogen, der unzweifelhaft der Klinik zusteht :gruebel:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich lege den Sachverhalt so aus, dass der Schuldner privat krankenvollversichert war und es sich also um eine Erstattungsleistung einer privaten Krankenvollversicherung handelt?

    An sich wäre eine solche Erstattung wohl als Neuerwerb anzusehen. Ob man das als "Bezug aus Krankenkassen" gem. § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO ansehen kann wage ich eher zu bezweifeln. Ev. hat der Schuldner ja im Rahmen des Behandlungsvertrags mit dem Krankenhaus ja seinen Erstattungsanspruch an dieses abgetreten, wobei dann aber § 81 InsO zu bedenken wäre.

  • Müsste nicht der Teil der Krankenhauskosten, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallen ist, Masseverbindlichkeit sein? Dann wäre es nämlich auch konsequent, die Erstattungsleistung der Krankenkasse zur Masse zu ziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich muss meine Aussage wohl korrigieren. Scheinbar fallen Erstattungsleistungen privater Krankenversicherungen doch unter § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. So jedenfalls LG Dortmund Urteil vom 19.01.2012, AZ. 2 O 449/10 unter Hinweisen auf Zöller, § 850b RdNr. 9, VVG Kommentare und BGH Beschluss vom 4.7.2007, AZ. VII ZB 68/06.

    Edit: Siehe auch BGH 19.2.14, IV ZR 163/13.

    Mist, meine Tatstatur zickt rum. Ist wohl auch urlaubsreif.

  • Die Krankenhauskosten dürften keine Masseverbindlichkeiten darstellen, da es an Tatbständen des § 55 InsO mangelt.

    Liegt eine private Krankenversicherung vor, sind die hieraus resultierenden Ansprüche nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst, IV ZR 163/13.

    Jetzt stirbt aber der Schuldner, so dass sich die Frage stellt, was unter den Normen der §§ 811, 850 usw ZPO noch schutzwürdig ist, hier also mind. die Sterbegeldversicherung, IX ZA 2/09. Den Angehörigen fallen aber im Gegensatz hierzu die Krankenhauskosten nicht zur Last, da sie das Erbe ja ausschlagen könnten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Krankenhauskosten dürften keine Masseverbindlichkeiten darstellen, da es an Tatbständen des § 55 InsO mangelt.

    Liegt eine private Krankenversicherung vor, sind die hieraus resultierenden Ansprüche nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst, IV ZR 163/13.

    Jetzt stirbt aber der Schuldner, so dass sich die Frage stellt, was unter den Normen der §§ 811, 850 usw ZPO noch schutzwürdig ist, hier also mind. die Sterbegeldversicherung, IX ZA 2/09. Den Angehörigen fallen aber im Gegensatz hierzu die Krankenhauskosten nicht zur Last, da sie das Erbe ja ausschlagen könnten.

    Erbausschlagung ist natürlich grds. denkbar. Wenn der Schuldner aber verheiratet war, wäre unabhängig hiervon noch eine Mithaftung des Ehegatten gem. § 1357 BGB für die Behandlungskosten zu prüfen. In so einem Fall würde ich daher auch nach dem Tod des Schuldners weiterhin von einer Unpfändbarkeit gem. § 850b ausgehen.

  • Der Ehegatte ist vorverstorben. Die Kinder haben das Erbe ausgeschlagen. Die Anwendung von 850b ZPO finde ich in diesem Zusammenhang merkwürdig, denn ein schutzwürdiger Schuldner ist ja nicht mehr da.
    Andererseits finde ich die Einordnung als Insolvenzforderung auch seltsam. Die Klinik behandelt, die Krankenkasse erstattet und der IV freut sich über die plötzliche Masse und seine deutlich erhöhte Vergütung!

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich muss jetzt noch mal nachhaken: Die Forderung des KH ist also aus eurer Sicht eine Insolvenzforderung, die zur Tabelle anzumelden ist? Will heißen, hätte die Schuldnerin überlebt, wäre der Zahlbetrag der Versicherung geschützt gewesen und hätte an das Krankenhaus ausgezahlt werden dürfen. Da die Schuldnerin aber verstorben ist, hat das Krankenhaus Pech gehabt? Irgendwie erscheint mir das nicht richtig.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Krankenhauskosten sind Neuverbindlichkeiten, da erst nach Eröffnung entstanden und dürften nicht anzumelden sein.

    Der Erstattungsanspruch gg. die Versicherung fällt in den Nachlass und damit als Neuerwerb in die Masse.

    Fraglich wäre also nur ob eine Abtretung vorher vorlag oder irgendeine Pfändungsschutzvorschrift greift. Und das ist wohl eher nicht der Fall. Auch § 850 b ZPO wäre nur auf Antrag zu prüfen.

  • § 850b ZPO dürfte ja rausfallen, da ja kein Schuldner mehr da ist, der einen entsprechenden Antrag stellen dürfte.
    Ich frage mich: Hätte man hier nach dem Tod der Schuldnerin das Verfahren quasi neu starten lassen müssen? Also noch mal zur Forderungsanmeldung auffordern bezüglich der Verbindlichkeiten, die aus dem Tod der Schuldnerin resultieren, aber keine Masseverbindlichkeiten sind? Nur dann könnten die Kosten des Krankenhauses offenbar zu Insolvenzforderungen werden oder?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • was eine Insolvenzforderung ist, bestimmt doch § 38 InsO. Daran ändert auch eine nochmalige Aufforderung zur Anmeldung nichts.


    Das ist schon richtig, aber zum Nachlassinsolvenzverfahren ist es ja erst "nachträglich" geworden. Da bin ich immer etwas unsicher, ob hier nicht neue Insolvenzforderungen entstehen könnten.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • was eine Insolvenzforderung ist, bestimmt doch § 38 InsO. Daran ändert auch eine nochmalige Aufforderung zur Anmeldung nichts.


    Das ist schon richtig, aber zum Nachlassinsolvenzverfahren ist es ja erst "nachträglich" geworden. Da bin ich immer etwas unsicher, ob hier nicht neue Insolvenzforderungen entstehen könnten.

    Dann wären aber nach diesem Ansatz auch die Masseverbindlichkeiten neu zu definieren. Viel Spaß

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich leg da keinen Wert drauf :D
    Also bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass das Krankenhaus hier trotz Krankenversicherung der Schuldnerin auf seinen Kosten sitzen bleibt und auch nicht als Insolvenzforderung anmelden kann.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich wärme das Thema noch mal auf, weil mir die Entscheidung des BGH vom 26.09.2013, IX ZR 3/13 um die Ohren gehauen wurde :D
    Danach würde wie hier auch schon besprochen, die Forderung des Krankenhauses keine Insolvenzforderung sein. Aber aus der Entscheidung ergibt sich auch, dass der Neuerwerb in Form von Erstattung der Krankenkasse nicht in die Masse fallen würde, sondern den Neugläubigern zur Verfügung stehen müsste (Rnr. 13). Was heißt das nun für meinen Fall? Die Erben haben ausgeschlagen, müsste dann hier eine Nachlasspflegschaft angeregt werden?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich wärme das Thema noch mal auf, weil mir die Entscheidung des BGH vom 26.09.2013, IX ZR 3/13 um die Ohren gehauen wurde :D
    Danach würde wie hier auch schon besprochen, die Forderung des Krankenhauses keine Insolvenzforderung sein. Aber aus der Entscheidung ergibt sich auch, dass der Neuerwerb *in Form von Erstattung der Krankenkasse nicht in die Masse fallen würde, sondern den Neugläubigern zur Verfügung stehen müsste (Rnr. 13). Was heißt das nun für meinen Fall? Die Erben haben ausgeschlagen, müsste dann hier eine Nachlasspflegschaft angeregt werden?

    * soweit unpfändbar

    Unter Berücksichtigung der in #5,6 genannten BGH-Entscheidung, wäre das, was aus einer privaten KV stammt, gerade keine Masse und stände dem Krankenhaus und evtl. weiteren Neugläubigern zur Verfügung.

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  • Wobei bei einer Nachlassinsolvenz § 850b ZPO ja rausfällt. Es handelt sich ja hier auch nicht um bisher unpfändbares Vermögen. Das Vermögen ist ja überhaupt erst durch den Todesfall entstanden.
    Ich verstehe die BGH-Entscheidung so, dass für die Insolvenzgläubiger nur das zwischen Insolvenzeröffnung und dem Erbfall erworbene Vermögen Masse ist. Bedeutet doch aber im Umkehrschluss, dass Vermögen was nach dem Erbfall erworben wird (hier Krankenkassenerstattung) keine Masse ist (das ist meine Interpretation von Rdnr. 13 der Entscheidung). Im übrigen fände ich diese Sichtweise auch fair für die Neugläubiger.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Begrifflichkeit "erwerben" ist mE hier mehr als unglücklich, weil die für die InsO nicht tauglich ist. Überwiegend wird ja auf "begründet" abgestellt, sei es bei § 38 InsO, sei es bei Steuererstattungsansprüchen, die der NTV unterfallen sollen. Da der Schuldner unbestritten wohl vor seinem Tod im Krankenhaus war, sind die Ansprüche gegen die KK sicherlich auch zu diesem Zeitpunkt begründet.

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