Eintragung Erben in Bruchteile oder Erbengemeinschaft

  • Habe hier einen blöden Fall.

    Grundbuchberichtigung für zwei Grundbücher wird beantragt. Ein "normales", eins Bodenreformland.

    Der in beiden Grundbücher eingetragene Eigentümer ist 1959 verstorben und von seinen Kindern zu je 1/5 beerbt worden.
    Eins der Kinder ist vor 1990 nachverstorben, die anderen vier sind nach dem 3.10.1990 nachverstorben.

    Nun meine Frage, was trage ich in Bruchteilen ein, was in Erbengemeinschaft.

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • 1959 galt das Erbrecht des BGB. Im Falle der GB-berichtigung wären die fünf Kinder daher seinerzeit in Erbengemeinschaft eingetragen worden. Für das 1964 nachverstorbene Kind galt ebenfalls das Erbrecht des BGB. Desgleichen für die für die vier nach dem 2.10.1990 verstorbenen Miterben. Also sind insoweit die Erben dieser Kinder in ungeteilten Erbengemeinschaften einzutragen.


    Auch das Bodenreformland war vererblich. Den Erben des am 16.03. 1990 nicht mehr lebenden Bucheigentümers ist mit Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB das Grundvermögen zu Bruchteilen zugeteilt. Maßgebend ist, dass das betreffende Grundstück im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes v. 6. 3. 1990 (also am 16. 3. 1990) im Grundbuch als Grundstück aus der Bodenreform gekennzeichnet war (s. Böhringer, DNotZ 2004, 694/700). Stichtag für die Zusammensetzung desjenigen Personenkreises, dem das Eigentum zu Bruchteilen zugeteilt wurde, ist der 22.07.1992. Da auch Erbeserben in Betracht kommen (s. Böhringer, aaO, S. 701), müssten mithin alle Erben und Erbeserben des Bucheigentümers zu Bruchteilen eingetragen werden. Die Höhe der Bruchteile bestimmt sich dabei nach den Erbquoten (s. LG Leipzig 4. Zivilkammer, Beschluss vom 09.07.1993, 4 T 3232/93 = Rpfleger 1994, 16, ThürOLG Jena, Rpfleger 1995, 343))

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ich habe dazu folgendes praktisches Beispiel und wollte zuvor sicherheitshalber nachfragen bevor ich eine eventuell falsche Eintragung tätige.

    Bodenreformland (Bodenreformvermerk im Jahr 2000 von Amts wegen gelöscht). Zum Zeitpunkt des 16.03.1990 war es aber Bodenreformland.

    Eingetragene Alleineigentümerin verstirbt am 16.01.1991 und wird beerbt gemäß Erbschein von A zu 1/3 und B zu 2/3.

    Somit ist die Alleineigentümerin im Zeitraum zwischen dem 16.03.1990 und dem 22.07.1992 verstorben. Insoweit Anwendung des Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB und Eintragung von A und B in Bruchteilen zu 1/3 bzw. 2/3.


    A und B sind nachverstorben aber erst 1994 bzw. 2008. Sodass ich dann die Erben von A und B jeweils in Erbengemeinschaft zu 1/3 bzw. 2/3 eintragen kann, oder?

    Sind meine Gedanken richtig?

    Danke für die Hilfe

  • Stimme deinen Gedanken zu. Bei Erbfall nach 22.07.1992 kommt wieder alles in Erbengemeinschaft (hier den jeweiligen Miteigentumsanteilen zugeordnet).

  • Ich häng mich hier mal dran, weil ich mich gerade mit einem Notar streite.

    Bodenreformland, Sperrvermerk im Jahr 2000 gelöscht. Alleineigentümer 1981 verstorben. Wird beerbt von seiner Frau und 8 Kindern. Wegen Miteigentum des Ehegatten nach Art. 233 § 11 V EGBGB steht der Ehefrau 1/2 Anteil zu. Die andere Hälfte des Mannes wird gemäß Erbschein auf die Frau und die 8 Kinder in Bruchteilseigentum (Art. 233 § 11 II EGBGB) übertragen.
    Die Ehefrau und einige Kinder sind nach dem 22.07.1992 nachverstorben, also ganz normale Erbfolge in Erbengemeinschaft.
    Ein Kind ist 1991 nachverstorben. Und da bin ich der Meinung, dass hier die Erben in Bruchteilsgemeinschaft einzutragen sind.
    Dem widerspricht der Notar, mit der Begründung, dass nach dem BGH-Urteil vom 20.10.2000 (v ZR 194/99) und dem Beschluss des OLG Brandenburg vom 23.10.2007 (5Wx 35/07) Gesamthandseigentum auch dann entstanden ist, wenn der Erbe des am 15.03.1990 noch eingetragenen Bodenreformers nach dem 15.03.1990 verstorben, egal ob vor oder nach dem 22.07.1992.
    Nach Durchsicht der beiden Quellen, denke ich, dass diese meinen Fall gar nicht treffen ?!
    Kann mir jemand helfen ?

  • Ich stimme deiner Meinung voll und ganz zu. Dies ergibt sich eindeutig aus Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB. Sind aufgrund EGBGB enstandene Bruchteilseigentümer vor dem 22.07.1992 verstorben sind auch die Erbeserben in Bruchteilen einzutragen.

  • So jetzt hab ich die Beschwerde auf dem Tisch.
    Der Notar argumentiert folgendermaßen: Zudem betrifft entgegen früherer Auffassungen (BGH VIZ 1993, Böhringer, VIZ 1993 ...) für die Fälle des Art. 233 § 11 Abs. 2 Zi. 2 1. Alt. EGBGB die vom Gesetzgeber vorgenommene Zuweisung von Bruchteilen nicht die am 22.07.1992 lebenden Erben oder Erbeserben des mit Ablauf des 15.03.1990 im Grundbuch eingetragenen Eigentümers, sondern seine am 15.03.1990 lebenden Erben oder Erbeserben (vgl. Nr. 1.2 der Anmerkung von Salzig zu Beschluss des OLG Brandenburg vom 23.10.2007 -5Wx 35/08 in NotBZ 4/2008, S. 159). Stirbt nach dem 15.09.1990 einer dieser durch Gesetz berufenen Bruchteilseigentümer (ob vor oder nach dem 22.07.1992 ist irrelevant), sieht dass Gesetz nicht vor, dass wiederum dieser Bruchteil aus seinem Nachlass ausscheidet und seinen Erben erneut Bruchteile an diesem Bruchteil zugewendet werden.
    Ich bin jetzt unsicher, was richtig ist ? Vielleicht hat ja noch jemand eine Meinung dazu ?

  • Da der eingetragene Eigentümer 1981 verstorben ist, wird die Ehefrau nicht nach Art. 233 § 11 (5) Miteigentümerin zu 1/2. Hierfür hätte die Ehe am 15.3.1990 noch bestehen müssen (so auch Böhringer MittBay Not 1992 Heft 6 Seite 371, VIZ 5/1993, S. 195)
    Nach dem Eigentümer erben daher die Ehefrau und die 8 Kinder je zu 1/9, also zu gleichen Anteilen, auf die Erbscheinsquoten kommt es nicht an (VIZ 5/1993). Erben sind auch die Erbeserben.

    In Bezug auf Deinen Fall mit dem 1991 nachverstorbenen Kind passt folgendes Beispiel in VIZ Heft 5/93:
    Eingetragener Alleineigentümer stirbt vor dem 16.3.1990 und wird beerbt von F zu 1/4, und von G und H zu je 3/8.
    F stirbt am 7.5.91 und wird beerbt von x, Y zu je 1/2.
    Grundbucheintrag: G, H, X, Y zu je 1/4 Anteil.

    In Deinem Fall wären somit die Ehefrau und die 7 Kinder und die Erben nach dem 1991 verstorbenen Kind zu gleichen Bruchteilen einzutragen.
    Die Erben der nach dem 22.7.92 verstorbenen Ehefrau und Kinder sind bezüglich des (vorher entstandenen) Bruchteils in Erbengemeinschaft einzutragen.

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Hm, aber nach meiner Liste ist Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB anwendbar und Ehefrau hat zu 1/2 Eigentum erworben.
    Erben des Mannes in Bruchteile zu 1/2, Erben der Frau in Erbengemeinschaft zu 1/2.:gruebel:

    (ich hätte die Erben des 1991 verstorbenen Kindes im übrigen auch in Bruchteile eingetragen, aber weiß auch nicht ob das richtig ist.)

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

    2 Mal editiert, zuletzt von Jana08 (2. Dezember 2016 um 12:46) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Aber für Art. 233 § 11 (5) kommt es immer darauf an, dass die Ehe am 15.9.1990 noch bestand - bei Todesfall des eingetragenen Eigentümers im Jahr 1981 scheidet daher Miterwerb der Ehefrau zu 1/2 aus (Rpfl. 1993 Heft 3, Seite 91).

    Hätte der Eigentümer am 15.9.90 noch gelebt und wäre am 16.9.90 verstorben, wäre die Ehefrau nach § 11 (5) Eigentümerin zur Hälfte geworden. - Das ist wahrscheinlich der verwirrende Punkt 8 in Deiner Liste oder dem Schaubild aus dem Böhringer-Hefter von 1996.

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Nein Grundbuchmaus: Nach Böhringer heißt es m.E. immer, wenn der Neubauer bis zum 15.03.1990 verstorben ist und der Ehegatte den 22.07.1992 erlebt hat. Sofern der Ehegatte zwischen dem 15.03.1990 und 22.07.1992 verstorben ist und der Neubauer den 15.03.1990 nicht erlebt hat, liegt kein Fall des Art. 233 § 11 Abs. 5 vor!

    Ich kaufe ein "A" (wie der am 1981 verstorbene Neubauer) und "E" (Ehegatte des Neubauers) und möchte lösen:

    Folgende Situation ergibt sich zunächst im Jahre 1981 bei Betrachtung nach dem 21.07.1992:

    War der eingetragene Neubauer vor dem 16.03.1990 gestorben, wird sein Ehegatte zur Hälfte Miteigentümer am Grundstück, wenn er den 22.07.1992 erlebt hat (liegt hier vor). Zur anderen Hälfte ist Eigentümer die Gemeinschaft der Erben nach Bruchteilen gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB (also hier die Ehefrau und die 8 Kinder).

    Nun stirbt ein Kind nach dem 15.03.1990, aber vor dem 22.07.1992, geht ebenso m.E. der Anteil am Bruchteilseigentum des Kindes wiederum an die Gemeinschaft der Erben nach Bruchteilen gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB über, weil das Gesetz nur nach den zuletzt eingetragenen Eigentümer unterscheidet, nicht aber nach dem jeweiligen Ursprungsneubauer (so Böhringer in Grundbuchrecht-Ost Rn. 449). Interessanter wirds, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Todes noch verheiratet war, aber darüber wird nix gesagt.

    In der Summe also teile ich Deine Ansicht Heidi und die Beschwerde des Notars dürfte ins Leere gehen.

  • Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung. :)
    Und Sersch - das Kind war zum Zeitpunkt seines Todes (1991) nicht mehr verheiratet (Scheidung 1984).
    Also ich denke, ich bleibe bei meiner Meinung : Auch Erbeserben werden Bruchteilseigentümer, wenn der aufgrund EGBGB entstandene Bruchteilseigentümer vor dem 22.07.1992 verstorben ist.

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