Ausschlagung der Erbschaft für Minderjährigen mit Vollmacht des Ehemannes

  • Die Erbin X möchte eine ihr angefallene Erbschaft ausschlagen. Aufgrund ihrer Ausschlagung erbt ihr minderjähriger Sohn S, für den sie - in Ausübung der elterlichen Sorge - ebenfalls ausschlagen möchte.

    Soweit kein Problem.

    X hat aber das gemeinsame Sorgerecht für S mit Ihrem Ehemann E zusammen, der für einen längeren Zeitraum abwesend ist. E hat X eine notariell beurkundete oder begaubigte (Näheres ist derzeit noch nicht bekannt) General- und Vorsorgevollmacht erteilt, die X zum Termin mitbringen würde.


    Dass eine Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten erfolgen kann ergibt sich aus § 1945 Abs. 3 BGB und ist unstreitig.

    Davon ausgehend, dass X die Vollmacht im Original zum Termin mitbringt, würde ich das Vorliegen der Originalvollmacht in der Niederschrift aufführen und eine von mir selbst erstellte beglaubigte Abschrift zur Akte nehmen.

    Ist die vorliegende Konselalltion aber überhaupt grundsätzlich möglich; kann also X selbst und in Ausübung der Volmacht ihres Ehemannes für S ausschlagen? Wenn ja, muss etwas beachtet werden?

  • S muss ausschlagen, nicht X.

    Die General- und Vorsorgevollmacht des E dürfte hier nicht ausreichen.

    Ähnliche Fälle haben wir doch auch, wenn ein Elternteil betreuungsbedürftig wird und einen Betreuer bekommt oder eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt hat.

    Die elterliche Sorge wird in diesen Fällen doch auch nicht durch den Betreuer bzw. den Bevollmächtigten wahrgenommen. Es ist in diesen Fällen doch das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen.

    Ich glaube nicht, dass die General- und Vorsorgevollmacht des E die Vertretung in der elterlichen Sorge für S umfasst.

  • S muss ausschlagen, nicht X.

    Die General- und Vorsorgevollmacht des E dürfte hier nicht ausreichen.

    Ähnliche Fälle haben wir doch auch, wenn ein Elternteil betreuungsbedürftig wird und einen Betreuer bekommt oder eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt hat.

    Die elterliche Sorge wird in diesen Fällen doch auch nicht durch den Betreuer bzw. den Bevollmächtigten wahrgenommen. Es ist in diesen Fällen doch das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen.

    Ich glaube nicht, dass die General- und Vorsorgevollmacht des E die Vertretung in der elterlichen Sorge für S umfasst.


    E befindet sich in Afghanistan (evtl. als Soldat bei einem Einsatz der Bundeswehr).

    1) Ist das Ruhen der elterlichen Sorge aber nicht für den Fall vorgesehen, in dem ein Elternteil wirklich verhindert ist (z.B. Anordnung einer Betreuung über einen Elternteil, Inhaftierung)?

    Das Ruhen der elterliche Sorge muss gem. § 1674 Abs. 1 BGB vom Familiengericht festgestellt werden. Ich denke nicht, dass dies im vorliegenden Fall geschehen ist.

    2) Wie soll ein Problem vorliegender Art denn von den Eltern gelöst werden?


    3) Wenn die Vollmacht ausreicht: Kannn für S dann mit dieser Vollmacht ausgeschlagen werden?

  • Wenn der Ehemann sich im Ausland aufhält, dürfte die Ausschlagungsfrist auch 6 Monate betragen. Zudem hindert ihn ja keiner daran die Ausschlagung bei seinem Kommandeur zu machen und diese dann an das Nachlassgericht weiterzuleiten. Immer vorausgesetzt, er ist bei der Bundeswehr. Nur weil jemand etwas weiter entfernt ist, muss man doch nicht gleich das Ruhen der elterlichen Sorge feststellen.

  • Ob die EAS-Frist für den sorgeberechtigten Vater tatsächlich 6 Monate beträgt, ist - wie immer - davon abhängig, wo er sich aufgehalten hat, als er vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Nehmen Kommandeure öffentliche Beglaubigungen oder Beurkundungen nach dem BeurkG vor?

  • Wenn der Ehemann sich im Ausland aufhält, dürfte die Ausschlagungsfrist auch 6 Monate betragen.

    Nach § 1944 Abs. 3 BGB beträgt die Frist 6 Monate, wenn sich der Erbe im Ausland aufhält. Erbe ist hier der minderjährige S. Beträgt die Frist auch 6 Monate, wenn sich ein gesetzlicher Vertreter im Ausland aufhält? Wenn ja, gibt es hier vielleicht eine Fundstelle?


    Angenommen die Vollmacht würde die Ausübung der elterlichen Sorge beinhalten: kann dann mit dieser ausgeschlagen werden?

  • Der minderjährige Erbe wird von den Eltern gesetzlich vertreten, die Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung kann der minderjährige Erbe also nur über die Eltern erlangen. Es kommt deshalb auf den Aufenthalt der Eltern bei Fristbeginn an.

    Zu deiner letzten Frage: ja.

    Einmal editiert, zuletzt von Alterfalter (23. Oktober 2014 um 11:50) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Der minderjährige Erbe wird von den Eltern gesetzlich vertreten, die Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung kann der minderjährige Erbe also nur über die Eltern erlangen. Es kommt deshalb auf den Aufenthalt der Eltern bei Fristbeginn an.

    Zu deiner letzten Frage: ja.


    OK, das leuchtet ein.

    Dann wäre also zunächst der Inhalt der Vollmacht zu prüfen. Nachdem diese als General- und Vorsorgevollmacht "angekündigt" wurde, gehe ich davon aus, dass nur der allgemeine Wortlaut "...Vertretung bei sämtlichen Rechtsgeschäften..." beinhaltet ist. Wenn ich Dich richtig verstehe, müsste die Vetretung in Sorgerechtsangelegenheiten ausdrücklich genannt sein.

    1) Liege ich hier richtig?


    Angenommen die Vollmacht reciht doch aus: Ich bin vorliegend das Nachlassgericht am Wohnsitz der ausschlagenden X, muss den Vorgang also an das zuständige Nachlassgericht weiterleiten.

    2) Wie und was ist bezüglich der Vollmacht hier weiterzuleiten?

    3) Wenn die Vollmacht nicht ausreicht: Ausschlagungserklärung für S durch X aufnehmen und bezüglich Ehemann auf die Abgabe der Erkärung bei der zuständigen Stelle verweisen?

  • 3) Wenn die Vollmacht nicht ausreicht: Ausschlagungserklärung für S durch X aufnehmen und bezüglich Ehemann auf die Abgabe der Erkärung bei der zuständigen Stelle verweisen?

    Rechts- und Konsularabteilung der Deutschen Botschaft in Kabul, in der Hoffnung, dass dort ein zur Aufnahme der Ausschlagungserklärung bzw. zur Beglaubigung der Unterschrift befähigter Konsularbeamter sitzt.

    Ansonsten hat der E so seine Probleme.

    Oder weis jemand, wie die Ortsform für eine Ausschlagung in Afghanistan ist?

    :ironie:

  • Ob die EAS-Frist für den sorgeberechtigten Vater tatsächlich 6 Monate beträgt, ist - wie immer - davon abhängig, wo er sich aufgehalten hat, als er vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat.


    Nach #1 ist sie dem Minderjährigen noch nicht angefallen, da die Mutter noch nicht ausgeschlagen hat. Folglich kann auch noch keine Frist laufen.

  • Stimmt, Uschi - das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Ich ändere meinen Beitrag wie folgt teilweise ab:

    "wo er (der KV) sich aufhält, wenn er Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung erlangt" :)

    Zu den Fragen

    1) Ja (wobei aber auch eine Vollmacht der Auslegung zugänglich sein kann - es kommt also darauf an ...)

    2) Aus kollegialen Gründen würde ich ein Kopie der Vollmacht herstellen und an das NLG übersenden.

    3) Ja

  • Mittlerweile habe ich die Erbin X telefonisch erreicht.

    Die Vollmacht ist nur formlos und privatschriftlich. Sie ist somit gem. § 1945 Abs 3 Satz 1 BGB nicht ausreichend.

    X wird also bei mir für sich und ihren Sohn S ausschlagen, ihr Ehemann E für seinen Sohn in Afghanistan.

    Nochmals wegen der Frist: Vorliegend befindet sich nur ein Elternteil des minderjährigen Erben im Ausland. Beträgt die Frist im Sinne von § 1944 Abs. 3 trotzdem 6 Monate? Oder beträgt sie nur für den abwesenden Elternteil 6 Monate?

  • Die Frist beträgt für die KM 6 Wochen und für den KV 6 Monate.

    Die EAS ist von beiden ges. Vertretern frist- und formgerecht zu erklären. D. h., wenn bereits ein Elternteil die (individuell in Gang gesetzte) EAS-Frist verstreichen lässt, kommt es auf die fristgerechte EAS des anderen Elternteils nicht mehr an, da die Erklärung - in der Gesamtbetrachtung - nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann.

  • Mein Fall liegt ein wenig anders, passt aber zur Überschrift.

    Tochter des Erblassers schlägt in notarieller Urkunde für sich und ihre minderjährige Tochter M aus.
    Im Anschreiben teilt der Notar mit, dass kein Kontakt zum Kindesvater bestehen würde.

    10 Tage später reicht der Notar eine Kopie des Protokolls des AG aus dem Jahr 2009 ein, worin die Eltern u.a. folgende Vereinbarungen treffen:
    "1. Die gemeinsame elterliche Sorge soll beibehalten werden.
    2. Ich, der Kindesvater, erteile meiner Ehefrau, der Kindesmutter, die Vollmacht, im Außenverhältnis unsere gemeinsame Tochter M. allein zu vertreten.
    ..."

    Meine Fragen dazu:

    a) reicht das als Vollmacht im Sinne des § 1945 Abs. 3 S. 1 BGB aus ?

    und

    b) hätte mir nicht die Ausfertigung des Protokolls innerhalb der Ausschlagungsfrist vorgelegt werden müssen - § 1945 Abs. 3 S. 2 BGB ?

    und schließlich

    c) hätte die Kindesmutter in der Erklärung nicht auch ausdrücklich in Ausübung der Vollmacht des Kindesvaters ausschlagen müssen ?

    Da mir ein Erbscheinsantrag ohne Berücksichtigung von M. vorliegt, muss ich über die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung entscheiden.

  • @ Mata: Ja, es ist ein gerichtlich protokollierter Vergleich. Danke - sowas wie den § 127a BGB hab ich gesucht.

    @ AKoehler: Für M war die Frist noch nicht abgelaufen - sie wurde ja erst durch die Ausschlagung ihrer Mutter Erbin. Die Kopie der Abschrift des Vergleichs wurde demnach innerhalb der Frist vorgelegt.

    Wenn ich wegen § 127a BGB dazu komme, dass die Kindesmutter aufgrund dieser Vollmacht alleine für ihr Kind ausschlagen konnte, bleibt die Frage, ob eben ausdrücklich in der Ausschlagungserklärung auf die Vollmacht Bezug genommen werden muss und ob die Vorlage einer Kopie der einfachen Abschrift des Vergleichs ausreicht.

  • ...
    bleibt die Frage, ob eben ausdrücklich in der Ausschlagungserklärung auf die Vollmacht Bezug genommen werden muss ...

    M.E. wegen § 164 I 2 BGB nicht

    M.E. doch!
    Das Recht der Stellvertretung beruht auf dem Offenheitsgrundsatz, d.h. der Wille, in fremdem Namen zu handeln, muss offen hervor treten. Dies kann zwar auch durch schlüssiges Handeln erfolgen, aber gerade im vorliegenden Fall tut die Kindesmutter dies nicht. Ansonsten hätte sie nicht mitteilen lassen, dass kein Kontakt zum Kindesvater besteht.

    Eine Erklärung des Kindesvaters, die natürlich aufgrund des gerichtlichen Vergleichs auch durch die Kindesmutter abgegeben werden kann, fehlt daher also noch!

  • Danke, zum gleichen Ergebnis komme ich auch.

    Ich hatte den Kindesvater bei Eingang der Ausschlagungserklärung informiert, dass auch er eine Ausschlagungserklärung für seine Tochter abgeben muss. Erst danach kam die Abschrift der "Vollmacht" zur Akte. Der Vater hat sich nicht gerührt, so dass hier meines Erachtens die Minderjährige Miterbin geworden ist.

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