Postmortale Vollmacht trotz Voreintragung der Erben?

  • Hallo liebes Forum,

    ich bräuchte mal wieder eure Hilfe:

    Im Grundbuch war A eingetragen. Nach dessen Tod wurde die Erbengemeinschaft bestehend aus B und C eingetragen.

    Nun verkauft B das Grundstück aufgrund postmortaler Vollmacht von A. C hat beim Kaufvertrag nicht mitgewirkt.

    Kann ich die AV eintragen?? A ist ja nicht mehr als Eigentümer eingetragen. Daher bringt mir die von ihm erteilte Vollmacht doch nichts, oder??

    Vielen Dank für eure Hilfe.
    melanie

  • Ich verstehe nicht, wieso die Fragestellerin auf die Eintragung der Erben abstellt. Es kann doch für die Frage, ob die Vollmacht weiterhin gilt und somit entsprechend Verfügungsbefugnis besteht nicht darauf ankommen, ob das GB berichtigt wurde oder (noch) nicht.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Darauf kommt es auch nicht an.

    Entscheidend ist, ob die (wahrscheinlich) transmortale (und nicht postmortale) Vollmacht nur infolge Konfusion erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des vollmachtgebenden Erblassers wird (OLG Hamm FamRZ 2013, 1513) oder ob sie für die Person des Bevollmächtigen auch teilerlischt, wenn der Bevollmächtigte lediglich zum Miterben berufen ist.

    Diese Frage wird bekanntlich kontrovers beantwortet und ebenso bekanntlich von mir bejaht (Bestelmeyer notar 2013, 147, 161). Das OLG Schleswig vertritt demgegenüber neuerdings die verneinende Ansicht (Beschl. v. 15.07.2014, Az. 2 W 48/14). Die hierfür gegebene Begründung erscheint jedoch dogmatisch derart unhaltbar, dass ich hierzu demnächst im Rpfleger im Rahmen einer Entscheidungsanmerkung Stellung nehmen werde.

  • Eben: Sie ist nicht rechtsfähig und demzufolge wird auch nicht "die Erbengemeinschaft" vertreten, sondern es werden die aus ihr bestehenden Personen vertreten, weil es sich um deren persönliches Eigentum handelt. Damit handelt Bevollmächtigte insoweit für sich selbst und das ist rechtlich unmöglich (den anderen Miterben kann er natürlich vertreten).

    Wenn Eheleute in Gütergemeinschaft leben, handelt der gesamtgutsverwaltende Ehegatte dann für die (ebenfalls nicht rechtsfähige) Gütergemeinschaft oder handelt er für sich und seinen Ehegatten?

  • Das ist rechtlich unmöglich. Zugegeben. Für den vorliegenden Fall wird man aber wohl davon ausgehen müssen, dass der B bei Abschluss des Kaufvertrages insoweit dann auch im eigenen Namen gehandelt hat.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das sollte man so auslegen können.

    Und insoweit ist dann auch der nach § 35 GBO erforderliche Erbnachweis kein Problem, weil dieser Nachweis bereits geführt wurde und die Erbengemeinschaft bereits eingetragen ist.

    Damit kann im Ergebnis eingetragen werden. Ich wollte nur den Blick darauf lenken, dass hier im Rechtssinne eben kein ausschließliches Vollmachthandeln vorliegt.

  • Darauf kommt es auch nicht an.

    Entscheidend ist, ob die (wahrscheinlich) transmortale (und nicht postmortale) Vollmacht nur infolge Konfusion erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des vollmachtgebenden Erblassers wird (OLG Hamm FamRZ 2013, 1513) oder ob sie für die Person des Bevollmächtigen auch teilerlischt, wenn der Bevollmächtigte lediglich zum Miterben berufen ist.

    Diese Frage wird bekanntlich kontrovers beantwortet und ebenso bekanntlich von mir bejaht (Bestelmeyer notar 2013, 147, 161). Das OLG Schleswig vertritt demgegenüber neuerdings die verneinende Ansicht (Beschl. v. 15.07.2014, Az. 2 W 48/14). Die hierfür gegebene Begründung erscheint jedoch dogmatisch derart unhaltbar, dass ich hierzu demnächst im Rpfleger im Rahmen einer Entscheidungsanmerkung Stellung nehmen werde.

    Ist die Entscheidung des OLG Schleswig irgendwo veröffentlich ?

  • .

    Ist die Entscheidung des OLG Schleswig irgendwo veröffentlich ?

    s. hier, Leitsatz:

    Der grundbuchliche Vollzug eines Rechtsgeschäftes, das ein Bevollmächtigter aufgrund einer trans- oder postmortal wirkenden Vollmacht des verstorbenen eingetragenen Berechtigten vornimmt, ist auch dann nicht von einem Erbnachweis nach § 35 GBO abhängig, wenn der Bevollmächtigte Miterbe ist.

    OLG Schleswig, Beschluss vom 15.7.2014 - 2 W 48/14 = FGPrax 2014, 206

    Aus den Gründen:
    ..“Das OLG Hamm hat dazu ausgeführt, eine Vollmacht erlösche durch Konfusion, wenn der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber allein beerbe, da § 164 BGB eine Personenverschiedenheit zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen voraussetze (so auch OLG Stuttgart NJW 1947/48, 627; Huber BWNotZ 2013, 91). Mit dem Erbfall sei der Nachlass mit dem Eigenvermögen des Erben zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen, so dass die Annahme des Fortbestehens der Vollmacht für den Alleinerben auf eine Fiktion hinauslaufe, für die es im Gesetz keine Grundlage gebe und für deren Einführung auch kein zwingendes Bedürfnis bestehe.
    Diese Auffassung ist schon für den entschiedenen Fall, dass der Bevollmächtigte zur positiven Kenntnis des Grundbuchamts Alleinerbe geworden ist, nicht unumstritten. Nach der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Gegenauffassung wird die durch die wirksam erteilte transmortale Vollmacht geschaffene Legitimationswirkung auch durch das Zusammenfallen der Positionen des Bevollmächtigten und des Alleinerben nicht beseitigt (LG Bremen Rpfleger 1993, 235, mit zustimmender Anmerkung Meyer-Stolte; BeckOK GBO/Wilsch, § 35 Rn. 69; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. § 168 Rn. 4; Mensch BWNotZ 2013, 91; Keim DNotZ 2013, 692; Dutta FamRZ 2013, 1513; Lange ZEV 2013, 343). Für den konkreten Fall bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die dogmatischen Erwägungen des OLG Hamm durchgreifen oder ob der an den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs in Bezug auf die Legitimationswirkung einer Vollmacht orientierten Gegenauffassung der Vorzug zu geben ist. Jedenfalls ist der Bet. nach seinen Angaben nicht etwa Alleinerbe geworden, sondern Miterbe neben seiner Tochter. Es liegt also auch unter Zugrundelegung der Auffassung des OLG Hamm kein Fall vor, in dem die transmortale Vollmacht erloschen ist…“

    Im Übrigen s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post956442


    s. a. diesen Thread:
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1067550

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (20. Mai 2016 um 08:59) aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • HILFE!

    Ich möchte an dieser Stelle nochmal auf meine Problemstellung unter "Vollmacht über den Tod hinaus" vom 09.12.2014 zurückkommen:

    Transmortale Vollmacht + Erbauseinandersetzung; ist hier nicht die ganze Debatte über Bestehen oder Teil/Erlöschen der Vollmacht hinfällig,
    weil es um Erbenhandeln geht und deshalb der Erbnachweis zwingend erforderlich ist? (§§ 20, 35 GBO)

    Sorry für die Nachfrage; (Anmerkung e) zu RPfleger 1/2015, S. 9 ff. ist gelesen.

    Danke, Blücher

  • s. zu diesem Thema und die Verwendungsfähigkeit von trans- oder postmortalen Vollmachten bei Alleinerbenstellung auch:

    a) Wendt, „Stolpersteine auf dem langen Weg der Grundbucheintragung via trans- oder postmortaler Vollmacht – zugleich Anmerkung zum Beschluss des Schleswig-Holsteinischen OLG in Schleswig vom 15.07.2014 – 2 W 48/14, ErbR 2016, 86“, ErbR 2016, 74 ff

    b) Mensch, Aktuelle Entwicklungen bei Vollmacht und Betreuung“, ZEV 2016, 423

    c) OLG München, Leitsätze:

    1. Zur Verwendung transmortaler Vollmachten durch einen potenziellen Erben. (amtlicher Leitsatz)

    2. Der grundbuchliche Vollzug einer Eigentumsübertragung durch zugelassenes Insichgeschäft, das der Bevollmächtigte aufgrund einer transmortalen Vollmacht des verstorbenen eingetragenen Berechtigten sowie in eigenem Namen an sich vornimmt, ist nicht zwingend von einem Erbennachweis nach § 35 GBO abhängig, auch wenn der Bevollmächtigte als potenzieller Alleinerbe in Betracht kommt (Ergänzung zu OLG Schleswig vom 15.7.2014, 2 W 48/14; Abgrenzung zu OLG Hamm vom 10.1.2013, I-15 W 79/12). (amtlicher Leitsatz)

    OLG München, Beschluss vom 04.08.2016, 34 Wx 110/16
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-14500?hl=true

    s. dazu (und zum Beschluss des OLG München vom 31.08.2016, 34 Wx 273/16) die Anmerkungen von Litzenburger, FD-ErbR 2016, 381468, Bestelmeyer, FGPrax 2016, 205, 208 ff, die Abhandlung von Zimmer, „Die postmortale (Vorsorge-) Vollmacht als Ersatz für den Erbschein im Grundbuchrecht“, NJW 2016, 3341 ff, die Anm. von Reimann, ZEV 2016, 659, 661 ff. sowie Demharter, GBO, 30. Auflage 2016, § 19 Rdn. 81.2

    sowie die Anmerkung von Volmer in der ZfIR 2017, 70, 72/73: „Richtig erscheint mir hingegen die klare Verwerfung der Ansicht, dass die dem (Allein-)Erben erteilte Vollmacht erlösche"….(folgt Begründung)

    und Anm. Wendt in ErbR 1/2017, 40 ff.

    und die weitere Entscheidung des OLG München:

    1. Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis bei Konkurrenz von transmortaler Vollmacht mit Alleinerbenstellung. (amtlicher Leitsatz)

    2. Ist die Erbfolge in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen, verliert eine zugleich vorgelegte transmortale Vollmacht ihre Wirksamkeit. Eine Auflassungsurkunde, die die Verfügungsbefugnis des Veräußerers in der Schwebe gehalten hat, ist nicht deshalb wegen fehlender Eindeutigkeit unvollziehbar (im Anschluss an Senat vom 31.8.2016, 34 Wx 273/16). (amtlicher Leitsatz)

    3. Notarielle Eigenurkunden können auch für materiell-rechtliche Erklärungen im Zusammenhang mit der eigentlichen Beurkundungstätigkeit in Betracht kommen. Das gilt allerdings nicht dort, wo das Gesetz zwingend eine Zeugnisurkunde verlangt; in diesen Fällen sind die Regeln des Zweiten Abschnitts des BeurkG (§§ 6 ff.) einzuhalten. (amtlicher Leitsatz)

    OLG München, Beschluss v. 04.01.2017, 34 Wx 382/16, 34 Wx 383/16
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…-100033?hl=true


    s. dazu auch die Anmerkung von Bestelmeyer in der FGPrax 2017, 65/66 ff.

    s. die Anmerkung von Reimann zum Beschluss des OLG München vom 04.01.2017, 34 Wx 382/16, 34 Wx 383/16 zur Fortgeltung trans- oder postmortaler Vollmachten auch bei Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten in der ZEV 2017, 280, 283 ff.

    s. dazu auch Herrler, „Wertlosigkeit einer trans- bzw. postmortalen Vollmacht für den Alleinerben?“, DNotZ 2017, 508 ff.. (Anmerkung: Der Autor hat die gestellte Frage verneint)


    s. auch Joachim/Lange, „Trans- und postmortale Vollmachten als Mittel der Nachlassabwicklung“, ZEV 2019, 62 ff. mit den Untergliederungen: 3.2 Grundbuchrechtliche Berücksichtigung im Fall der Alleinerbschaft und 4. Entbehrlichkeit der Voreintragung bei Finanzierungsvollmachten


    s. auch den Beschluss des OLG Celle vom 16.08.2019, 18 W 33/19 = BeckRS 2019, 21711 = DNotI, letzte Aktualisierung vom 06.09.2019
    https://www.dnoti.de/entscheidungen…9f5adc8a3a873c4

    Leitsätze:

    1. Verkaufen die Erben ein Grundstück mittels transmortaler Vollmacht, so ist bei der späteren Bestellung einer Grundschuld aufgrund der im Kaufvertrag vorgesehenen Belastungsvollmacht keine Voreintragung der Erben erforderlich.

    2. Eine widerrufliche General- und Vorsorgevollmacht ist auch dann nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn sie u. a. zur Veräußerung von Grundbesitz ermächtigt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    11 Mal editiert, zuletzt von Prinz (1. Oktober 2019 um 10:47) aus folgendem Grund: Anm. ergänzt

  • s. dazu auch die weitere Entscheidung des OLG München:

    Grundbuchverfahrensrechtlich ist der Nachweis der Verfügungsbefugnis durch öffentliche Urkunden positiv und vollständig zu erbringen. Wird der der transmortalen Vollmacht innewohnende Rechtsschein dadurch zerstört, dass der Bevollmächtigte zugleich erklärt, Alleinerbe der Vollmachtgeberin zu sein und als solcher zu handeln, ist die Verfügungsbefugnis ohne den Erbennachweis gemäß § 35 GBO nicht belegt (insoweit Anschluss an OLG Hamm vom 10.1.2013, I-15 W 79/12). (amtlicher Leitsatz)

    OLG München, Beschluss v. 31.08.2016, 34 Wx 273/16
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-15621?hl=true

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