• Ich habe eine (zumindest für mich) komplizierte Strafzeitberechnung zu machen:

    Urteilstenor:
    Unter Einbeziehung des Urteils A, B und C und unter Auflösung der dortigen Einheitsstrafen wird der Angeklage zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt.

    Die Jugendstrafe wurde am 06.10.2014 angetreten.

    zu den einbezogenen Verfahren
    :
    Urteil A 9 Monate, dann Einbeziehung in Urteil B Einheitsstrafe 11 Monate, dann Einbeziehung von A und B in C, Einheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monate
    Zuerst wurde ein Strafrest von 198 Tagen zur Bewährung ausgesetzt, diese dann widerrufen. Der Strafrest wurde bis auf 1 Tag ebenfalls vollstreckt. Dieser eine Tag wurde dann ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt und diese widerrufen.

    Ich weiß nun nicht, was hier mein Strafbeginn ist und was alles aus der Vollstreckung der Urteile A-C anzurechnen ist.

    Ich würde mich über Hilfe sehr freuen, da ich hier Einzelkämpfer bin und natürlich liefere ich gerne noch Infos nach, wenn der Sachverhalt nicht klar genug geschildert wurde.

  • Meiner Meinung nach (ich habe allerdings Jugendstrafrecht nur im Ausnahmefall gemacht) müsste das Problem bei Jugendstrafe eigentlich beherrschbar bleiben, da ja alles einheitlich zählt und keine Zäsuren etc. eintreten.

    Anzurechnen ist schlicht alles, was auf die bisherigen Strafen bisher abgesessen wurde, egal aus welchem Grund (Bewährungswiderruf etc.). Meiner Meinung nach könntest Du Dich also einfach darauf beschränken zu rechnen:

    2 Jahre 10 Monate, Beginn ab 06.10.2014
    Auf die 2 Jahre 10 Monate anzurechnen: Alles was bisher gesessen wurde (egal ob als U-Haft, als Strafhaft vor Restaussetzung, als Strafhaft nach Restwiderruf etc.). Dürfte nicht mehr allzuviel übrig bleiben, wenn ich Deinem Posting richtig entnehme, dass ein Teil der bisherigen Strafe schon als Strafhaft vor Strafrestbewährungsaussetzung und ein Teil nach Strafrestbewährungswiderruf verbüßt wurde. Wenn ich alles richtig verstanden habe, sind die 1 Jahr 4 Monate im Ergebnis insgesamt bereits abgesessen (da ja auch der Strafrest insoweit vollstreckt wurde).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die Lösung steht in § 41 StVollstrO. Strafbeginn ist der älteste Strafbeginn in einem der einbezogenen Verfahren. Alle U-Haftzeiten sind vom Ende abzuziehen. Die Haftentlassungen in den einbez. Verfahren führen zu einer Unterbrechung in der Berechnung.

  • Jetzt muss ich mich als unwissend outen:

    Setzt § 41 StVollStrO nicht die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht voraus? Dort ist doch die Rede von § 55 StGB und 460 StPO, beides liegt bei einheitlicher Jugendstrafe eigentlich nicht vor, hier wird nach § 31 Abs. 2 JGG eben gerade keine Gesamtstrafe (oder nachträgliche Gesamtstrafe), sondern eine einheitliche Jugendstrafe festgesetzt. Oder liege ich falsch?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (28. Oktober 2014 um 13:50) aus folgendem Grund: Schreibfehler korrigiert

  • Jetzt muss ich mich als unwissen outen: Setzt § 41 StVollStrO nicht die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht voraus? Dort ist doch die Rede von § 55 StGB und 460 StPO, beides liegt bei einheitlicher Jugendstrafe eigentlich nicht vor, hier wird nach § 31 Abs. 2 JGG eben gerade keine Gesamtstrafe (oder nachträgliche Gesamtstrafe), sondern eine einheitliche Jugendstrafe festgesetzt. Oder liege ich falsch? Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Du liegst falsch! Das JGG enthält keine eigenen Regeln zur Strafzeitberechnung, so dass gem. § 2 II JGG die StVollstrO greift. Wenn auch die Voraussetzungen der einheitlichen Jugendstrafe allgemeiner sind als bei der Gesamtstrafe, so sind bei der Vollstreckung die Vorschriften für die Gesamtstrafe zu beachten. Ähnlich ist die Situation bei der Führungsaufsicht gem. § 68f StGB. Dort ist als Gesamtstrafe auch die einheitliche Jugendstrafe zu sehen.

  • Die Lösung steht in § 41 StVollstrO. Strafbeginn ist der älteste Strafbeginn in einem der einbezogenen Verfahren.

    Und wenn in einem oder mehreren Verfahren die Vollstreckung bislang gar nicht stattgefunden hat?

    Alle U-Haftzeiten sind vom Ende abzuziehen.

    Von welchem Ende?

    Die Haftentlassungen in den einbez. Verfahren führen zu einer Unterbrechung in der Berechnung.


    Ich stimme AndreasH zu.

    Meiner Ansicht nach scheitert die Anwendung von § 41 StVollStrO an der fehlenden Gesamtstrafe nach Erwachsenenstrafrecht. Stattdessen liegt hier eine Einheitsjugendstrafe vor, die mit einer Gesamtstrafe nicht wirklich vergleichbar ist. Auf irgendwelche Tatzeitpunkte kommt es bei der Bildung einer Einheitsjugendstrafe z. B. nicht an. Es reicht, dass eine noch nicht (vollständig) vollstreckte Verurteilung vorliegt, egal ob der (letzte) Tatzeitpunkt früher oder später als die jetzt zu entscheidende Tat(en) war.

    Daher würde ich ab Inhaftierung ganz normal mit der Einheitsjugendstrafe rechnen und schon verbüßte Tage (U-Haft, teilweise abgesessene Strafhaft) von deren Ende abziehen.

  • [quote='Dirk','RE: Jugendstrafe Lösung steht in § 41 StVollstrO. Strafbeginn ist der älteste Strafbeginn in einem der einbezogenen Verfahren. Und wenn in einem oder mehreren Verfahren die Vollstreckung bislang gar nicht stattgefunden hat? Alle U-Haftzeiten sind vom Ende abzuziehen. Von welchem Ende?

    Wenn in den einbezogenen Verfahren die Vollstreckung noch gar nicht begonnen wurde, ist Strafbeginn natürlich Beginn der Vollstreckung der Gesamtstrafe bzw. der Einheitsjugendstrafe.
    U-Haftzeiten sind vom Ende der jetzigen Strafe abzuziehen.

  • Jetzt muss ich mich als unwissen outen: Setzt § 41 StVollStrO nicht die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht voraus? Dort ist doch die Rede von § 55 StGB und 460 StPO, beides liegt bei einheitlicher Jugendstrafe eigentlich nicht vor, hier wird nach § 31 Abs. 2 JGG eben gerade keine Gesamtstrafe (oder nachträgliche Gesamtstrafe), sondern eine einheitliche Jugendstrafe festgesetzt. Oder liege ich falsch? Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Du liegst falsch! Das JGG enthält keine eigenen Regeln zur Strafzeitberechnung, so dass gem. § 2 II JGG die StVollstrO greift. Wenn auch die Voraussetzungen der einheitlichen Jugendstrafe allgemeiner sind als bei der Gesamtstrafe, so sind bei der Vollstreckung die Vorschriften für die Gesamtstrafe zu beachten. Ähnlich ist die Situation bei der Führungsaufsicht gem. § 68f StGB. Dort ist als Gesamtstrafe auch die einheitliche Jugendstrafe zu sehen.

    Genau so ist es. § 41 StVollstrO gilt auch bei Jugendstrafen.

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Für die Strafzeitberechnung in Jugendstrafen geht man folgendermaßen vor:

    Beginn der jetzt erkannten Jugendstrafe : erster Strafantritt in den einbezogenen Sachen; davon sind die verbüßten U-Haft-Tage abzuziehen. Bei erster Entlassung aus dem Vollzug ergibt sich eine ausgesetzte Jugendstrafe in Tagen. Bei erneutem Vollzugsbeginn werden die Strafzeit nach den zu verbüßenden Tagen berechnet u.s.w..
    Da keine weiteren Daten, Strafbeginn, Unterbrechungsdatum, Anzahl der U-Haft-Tage bekannt sind, kann ich die Strafzeitberechnung leider nicht vornehmen. Wenn sie mir vorlägen, kann ich es machen.


  • Dann hilft mir die Antwort nicht, da wie gesagt das genannte Buch hier nicht zur Verfügung steht.

  • [quote='Dirk','RE: Jugendstrafe Lösung steht in § 41 StVollstrO. Strafbeginn ist der älteste Strafbeginn in einem der einbezogenen Verfahren. Und wenn in einem oder mehreren Verfahren die Vollstreckung bislang gar nicht stattgefunden hat? Alle U-Haftzeiten sind vom Ende abzuziehen. Von welchem Ende?

    Wenn in den einbezogenen Verfahren die Vollstreckung noch gar nicht begonnen wurde, ist Strafbeginn natürlich Beginn der Vollstreckung der Gesamtstrafe bzw. der Einheitsjugendstrafe.
    U-Haftzeiten sind vom Ende der jetzigen Strafe abzuziehen.


    danke

  • Für die Strafzeitberechnung in Jugendstrafen geht man folgendermaßen vor: Beginn der jetzt erkannten Jugendstrafe : erster Strafantritt in den einbezogenen Sachen; davon sind die verbüßten U-Haft-Tage abzuziehen. Bei erster Entlassung aus dem Vollzug ergibt sich eine ausgesetzte Jugendstrafe in Tagen. Bei erneutem Vollzugsbeginn werden die Strafzeit nach den zu verbüßenden Tagen berechnet u.s.w.. Da keine weiteren Daten, Strafbeginn, Unterbrechungsdatum, Anzahl der U-Haft-Tage bekannt sind, kann ich die Strafzeitberechnung leider nicht vornehmen. Wenn sie mir vorlägen, kann ich es machen.


    Vielleicht kann Gina noch die entsprechenden Daten liefern?


    Dann würde ich auch mal eine Berechnung erstellen.

  • Danke erstmal für die Antworten. Ich liefere hier mal gerne noch genauere Daten nach:

    1) 1 Jahr 4 Monate
    Strafbeginn 25.05.2011 TB
    Anzurechnen 1 Tag U-Haft am 21.07.2010
    Aussetzung zur Bewährung Strafrest von 198 Tagen
    Entlassung am 09.03.2012 TE

    Widerruf der Bewährung
    Strafbeginn 01.10.2012 TB
    Entlassung am 15.04.2014 TE
    Aussetzung zur Bewährung Strafrest von 1 Tag
    Widerruf der Bewährung

    Einbeziehung in neues Urteil: 2 Jahre 10 Monate Strafantritt 06.10.2014
    anzurechnende Zeiten?
    Hier ergibt sich ein weiteres Problem:
    Gegen das Urteil war Berufung eingelegt, so dass es erst am 21.05.2014 rechtskräftig wurde.
    In der Zwischenzeit war er wegen eines anderen Vergehens in Hauptverhandlungshaft vom 22.05.2014-28.05.2014. Dieses weitere Verfahren ist nicht einbezogen, sondern wurde in Hinblick auf die bei der Entscheidung nunmehr rechtskräftige Verurteilung zu 2 Jahren 10 Monaten eingestellt (154 StPO). Ich würde hier zum Anrechnen tendieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Gina (29. Oktober 2014 um 10:39)

  • Meine Berechnung sieht wie folgt aus:

    Strafbeginn in einbezogener Sache: 25.05.2011 TB
    zu verbüßen 2 J 10 Mon
    vorl. Strafende: 24.03.2014 TE
    abzgl. 1 Tag U-Haft
    Strafende 23.03.2014 TE.

    Unterbrochen am 09.03.2014 TE
    Restjugendstrafe: 744 Tage

    Wiederantritt 01.10.2012 TB
    zuzgl. 744 Tage
    vorl. Strafende 14.10.2014 TE

    Unterbrochen am 15.04.2014 TE
    Restjugendstrafe: 128 Tage

    Wiederantritt 06.10.2014 TB
    zuzgl. 128 Tage
    Strafende 05.04.2015 TE.

    Eine in anderer Sache verbüßte Freiheitsentziehung kann nie nicht in dieser Sache angerechnet werden.

    Ich hoffe, ich konnte helfen.

  • Das klingt schon mal sehr gut, vielen Dank. Ich werde später mal mein Programm zu füttern versuchen.

    Diese Zeit mit der Hauptverhandlungshaft kann dann aber nirgends mehr angerechnet werden, da das Verfahren eingestellt ist und somit auch nirgends mehr einbezogen werden kann. Ich dachte man könnte hier evtl. anrechnen, wenn in Hinblick auf diese Verurteilung eingestellt wurde, da die zu erwartende Ahndung neben der rechtskräftigen Verurteilung nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Somit liegt ja eine Verbindung zu diesem Verfahren vor.

  • Strafende 05.04.2015 TE. Kommt Frog auf dasselbe Ergebnis?


  • Mit meiner Berechnung (Strafbeginn 06.10.2014 mit 2 Jahren 10 Monaten) und Abzug der bereits verbüßten Tage und der U-Haft (insgesamt 853 Tage) vom Ende komme ich auf das gleiche Strafende.

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