Gesamtberechtigung 428 BGB

  • Kommt drauf an!

    Grundsätzlich ist die Grundschuld ein vererbliches Recht. Wenn zur Vererblichkeit in der GS-Urkunde nix weiter geregelt ist, tritt der Erbe an Stelle des Berechtigten. § 428 BGB bedeutet ja nur, dass einer allein die ganze Leistung fordern kann, nicht dass eine Vererblichkeit ausgeschlossen ist.

    Ich würd mir zunächst die NL-Akten beiziehen. Wenn die Witwe Alleinerbin ist, dann kannst Du löschen.

  • Hallo
    habe hier eine Grundschuld an der Eheleute nach 428 BGB berechtigt sind
    Ehemann ist gestorben, ehefrau legt Sterbeurkunde und Ihre Löschungsbewilligung vor
    Zusätzlich liegt noch die Zustimmung des Eigentümers vor
    Löschen?


    s. dazu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4.9.2013 - 3 W 52/13, Leitsatz:

    Aus der materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis eines Gesamtgläubigers folgt auch seine Befugnis, die Löschung des in Gesamtgläubigerschaft bestehenden Rechts im Grundbuch zu bewilligen.

    Gründe:

    …“Mit dem angegriffenen Beschluss hat die Rechtspflegerin bei dem AG den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es nach §19 GBO der Bewilligung der Erben des miteingetragenen Gesamtgläubigers bedürfe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bet. zu 1….“

    „..In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Es entspricht der in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung, dass aus der alleinigen materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis eines Gesamtgläubigers (§ 428 BGB) folgt, dass er auch ohne Mitwirkung der anderen Gesamtgläubiger die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Pfandrechts bewilligen kann (KG JW 1937, 3158; OLG Bremen OLGZ 1987, 29; BayObLG Rpfleger 1996, 21; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 19 Rn. 57). In einer weiteren Entscheidung (OLGZ 1965, 92) hat das Kammergericht Zweifel hieran nur für den Fall geäußert, dass eine Hypothek auch nur für einen von mehreren Gesamtgläubigern eingetragen sein könne, so dass einem anderen, durch die Hypothek nicht berechtigten Gesamtgläubiger die Bewilligungsbefugnis fehlen und es auf die Erteilung einer löschungsfähigen Quittung ankommen könnte. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.

    Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Bewilligungsbefugnis des einzelnen Gesamtgläubigers beruht unmittelbar auf seiner sich aus dem Gesetz ergebenden materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis….“

    Ferner: Holzer im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg: Hügel, Stand: 01.10.2014, § 19 RN 77:

    ..“Können mehrere Personen die Bewilligung abgeben, wie dies bei Gesamtgläubigern von Grundpfandrechten der Fall ist, so steht die Bewilligungsbefugnis jedem Gläubiger alleine ohne die Mitwirkung der anderen zu, weil dies auch nach materiellem Recht der Fall ist (BayObLG Rpfleger 1996, 21; OLG Zweibrücken FGPrax 2014, 59, 60)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zitat

    ... einer weiteren Entscheidung (OLGZ 1965, 92) hat das Kammergericht Zweifel hieran nur für den Fall geäußert, dass eine Hypothek auch nur für einen von mehreren Gesamtgläubigern eingetragen sein könne, so dass einem anderen, durch die Hypothek nicht berechtigten Gesamtgläubiger die Bewilligungsbefugnis fehlen und es auf die Erteilung einer löschungsfähigen Quittung ankommen könnte. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.


    Auch. Im Kern ging es aber um etwas anderes: "Die Erfüllung an einen der Gesamtgläubiger wirkt gemäß den §§ 429 Abs. 3, 429 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem anderen Gesamtgläubiger und bringt mithin auch dessen Forderungsrecht zum Erlöschen. Hiernach wird durch die löschungsfähige Quittung der Gesamtgläubigerin W. W. der Nachweis in der Form des § 29 GBO erbracht, daß eine Forderung auch des anderen Gesamtgläubigers oder seiner Erben nicht mehr besteht. Der Nachweis der Erbfolge nach diesem kann daher nicht verlangt werden."

    Und auch das "Es entspricht der in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung ..." mag ich so nicht recht glauben (vgl. Schöner/Stöber Rn 2734; Staudinger/Gursky § 875 Rn 65 m.w.N.; Palandt/Bassenge § 875 Rn 5 m.w.N.).

  • Schöner/Stöber verweisen in der Neuauflage 2020 unter RN 260 in Fußnote 901
    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath…s=on#FNID0EZ26O
    auch lediglich auf den Beschluss des OLG Zweibrücken FGPrax 2014, 59 und die früheren Entscheidungen des BayObLG Rpfleger 1996, 21 und des ; KG JW 1937, 3158
    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath…s=on#FNID0EZ26O
    wonach zur Löschung des Rechts die Löschungsbewilligung eines Gesamtgläubigers genüge, und zwar ohne Mitwirkung der anderen Gesamtgläubiger.

    Das wundert mich, denn inzwischen hat das OLG München den gegensätzlichen Standpunkt eingenommen. Der Leitsatz aus dem Beschluss vom 02.10.2019, 34 Wx 316/19
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-23871?hl=true
    lautet:
    „Im Falle der Gesamtberechtigung an einer Grundschuld ist jeder Gläubiger nur zusammen mit den anderen verfügungsbefugt nach § 875 Abs. 1 BGB und damit auch bewilligungsbefugt nach § 19 GBO“.

    In Rz. 19 führt das OLG München aus:
    „Konsequenz der Gesamtgläubigerschaft ist, dass, wie sich aus § 429 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt, jeder Gläubiger nur zusammen mit den anderen verfügungsbefugt nach § 875 Abs. 1 BGB und damit auch bewilligungsbefugt nach § 19 GBO ist (BGH FGPrax 2017, 54; Demharter § 19 Rn. 44; Palandt/Herrler BGB 78. Aufl. § 875 Rn. 5; ebenso bereits OLG Brandenburg FGPrax 2015, 196; Schöner/Stöber GBR 15. Aufl. Rn. 2734; a.A. - überholt - BayObLG Rpfleger 1996, 21; OLG Zweibrücken FGPrax 2014, 59; Hügel/Holzer § 19 Rn. 77)“.

    Lt. Vorwort soll die die Neuauflage von Schöner/Stöber den Anwender auf den Stand vom Frühjahr 2020 bringen. Das ist leider bei der o.a. Kommentierung nicht der Fall.

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  • Im Ausgangsfall hätte man noch Vererblichkeit und Befristung klären sollen. Die Frage ist zwar von Marcus77 aufgeworfen, aber nie beantwortet worden. Der vorstehende Beitrag hätte zu einem anderen Thread besser gepasst.

  • Auch der BGH (Rpfleger 2017, 326 = FGPrax 2017, 54) hatte dies bereits i. S. des OLG München entschieden (womit die Gegenauffassung "überholt" war).

    Mir liegt die Neuauflage noch nicht vor. Es dürfte aber wohl dabei geblieben sein, dass nicht kenntlich gemacht ist, welcher Autor welche Abschnitte bearbeitet hat. Das halte ich grundsätzlich für etwas unglücklich, zumal es bei anderen HRP-Rechtsgebieten anders gehandhabt wird.

  • Schönes Beispiel dafür, wie sich Meinungen - manchmal auch schnell - ändern.

    Wenn das OLG München meint, die Gegenauffassung sei mittlerweile überholt, so dürfte damit gemeint sein, dass sie angesichts der BGH-Rechtsprechung jedenfalls faktisch überholt ist.

    Vertreten darf man die Gegenauffassung natürlich schon noch.;) Man dringt mir ihr halt nur nicht mehr durch.

  • Ich hänge mich hier mit meinem Fall mal dran:

    In Abteilung III wurde eine originäre Eigentümergrundschuld eingetragen für den Ehemann X und die Ehefrau Y je zur Hälfte.
    Zum Zeitpunkt der Eintragung waren die beiden Miteigentümer des belasteten Grundbesitzes zu je 1/2.

    In der Grundschuldbestellungsurkunde hieß es wörtlich: "Wir bewilligen und beantragen die Grundschuld für uns beide als Gesamtberechtigte einzutragen".

    Warum die Kollegen damals die Eigentümergrundschuld "je zur Hälfte" eingetragen haben, ergibt sich aus der Akte nicht.

    Mittlerweile ist die Ehefrau Y vor einigen Jahren verstorben. Die Erben (Ehegatte X, Kinder, Enkel, Geschwister) haben allesamt die Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen und das Nachlassverfahren wurde ohne Feststellung eines Erben eingestellt.

    Nun möchte der aktuelle Eigentümer die Grundschuld löschen lassen.

    Wenn ich Schöner/Stöber in Rn. 2734 richtig verstehe, dann würde bei Gesamtgläubigern die Vorlage einer löschungsfähigen Quittung von einem der Gesamtgläubiger
    ausreichen.

    Aber, habe ich überhaupt Gesamtgläubiger? Meine Eintragung lautet ja "je zur Hälfte".

    Bisher liegt mir nur ein schriftlicher Antrag des Eigentümers vor und eine formlose Zustimmung des Ehemannes X.

    Oder soll man (wegen der in den oben genannten Beiträgen zitierten OLG München Entscheidung) darauf bestehen, dass beide Gläubiger eine löschungsfähige Quittung abgeben. Dann müsste man im Nachlassverfahren einen Erben ermitteln.

    :gruebel:

  • Was steht IN Deiner „löschungsfähigen Quittung“ ? Mit einer löschungsfähigen Quittung soll das Entstehen einer Eigentümergrundschuld dokumentiert werden. In Deinem Fall ist aber doch bereits eine Eigentümergrundschuld eingetragen. Also wird Dir ja wohl eine Löschungsbewilligung vorliegen. Und wie sich aus dem in #7 zitierten Beschluss des OLG München vom 02.10.2019, 34 Wx 316/19
    https://www.gesetze-bayern.de/Conten...-23871?hl=true
    und dem hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1103529
    zitierten Beschluss des BGH vom 13. Oktober 2016 - V ZB 98/15
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…540&Blank=1.pdf
    ergibt, müssen bei einer Gesamtgläubigerschaft alle Berechtigten die Löschung bewilligen. Nichts anderes ergibt sich aus der von Dir zitierten Fundstelle.

    Ohnehin ist keine Gesamtgläubigerschaft eingetragen.

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  • Warum die Kollegen damals die Eigentümergrundschuld "je zur Hälfte" eingetragen haben, ergibt sich aus der Akte nicht.

    Man hat wegen der Teilbarkeit der Leistung beim Begriff "Gesamtberechtigung" einfach auf den § 420 BGB abgestellt und wegen der Bruchteilsgemeinschaft beim Eigentum auch auf die bei der Grundschuld geschlossen (BayObLG, Beschl. v. 12.7.1955, BReg. 2 Z 16, 20, 21/1955 (BayObLGZ 1955, 155, beck-online) -> mehrdeutig und auslegungsfähig, aber für das Grundbuchverfahren zu unbestimmt; siehe auch: BGH, Beschl. v. 9.7.1980, V ZB 5/80 (BGH NJW 1981, 176) -> zu unbestimmt).

    .

    4 Mal editiert, zuletzt von 45 (20. September 2021 um 09:23)

  • Was steht IN Deiner „löschungsfähigen Quittung“ ? Mit einer löschungsfähigen Quittung soll das Entstehen einer Eigentümergrundschuld dokumentiert werden. In Deinem Fall ist aber doch bereits eine Eigentümergrundschuld eingetragen. Also wird Dir ja wohl eine Löschungsbewilligung vorliegen.


    Mir liegt in diesem Fall bisher nur ein Löschungsantrag des Eigentümers nebst formloser Zustimmungserklärung des Ehemannes vor.
    Ich wollte mich hier vorab vergewissern, wie ihr das seht. Bevor ich den Beteiligten mitteile, wie sie weiter vorgehen müssen.

  • Das BayObLG (a.a.O.) kommt zu dem Schluss, dass ein für die Übergeber "als Gesamtberechtigte" bestellter Nießbrauch als teilbares Recht beiden Ehegatten je hälftig zustehe. Laut BayObLG und BGH (a.a.O.) hätte das Grundbuchamt sich das Gemeinschaftsverhältnis aber wegen § 47 GBO dennoch ergänzen lassen müssen. Hat es die Eintragung gleichwohl ohne Weiteres vorgenommen, führt das Ergebnis nicht zu einem materiell-rechtlich abwegigen Ergebnis. Bislang hatte sich offenbar auch keiner der Beteiligten an der eingetragenen Bruchteilsgemeinschaft gehört. Die Richtigkeit des Grundbuchs ist daher nicht widerlegt. Weil die Grundschuld im Gegensatz zum Nießbrauch nicht (gesetzlich) auf die Lebenszeit befristet ist, müssen also auch die Erben der Ehefrau die Löschung bewilligen.

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