Tod des Schuldners nach Ende Abtretungszeit aber vor RSB-Erteilung.

  • Hallo Ihr Lieben,

    meine Kollegin hat folgende Konstellation. Anhörung zur RSB-Erteilung eingeleitet. Kurz vor WV und damit vor Erlass des Beschlusses zur Erteilung der RSB (natürlich erst ein paar Tage nach Ablauf der Stellungnahmefrist) wird bekannt, dass der Schuldner 5 Tage nach Ablauf der Abtretungszeit verstorben ist. Ihre (und nunmehr auch meine) Frage: Kann die RSB-Erteilung noch erfolgen oder nicht? Wäre nämlich für die Erben wichtig.


    Hat den Fall schonmal jemand gehabt und gibt es Rechtsprechung dazu? Vielen Dank.

  • Heyrath, ZInsO 2007, 1202
    Thema: Der Tod des Schuldners im Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren

    Zitat
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    [h=1]VIII. Tod des Schuldners nach Erteilung der RSB[/h]Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode schließt sich die Entscheidung über die Erteilung der RSB nach § 300 InsO an. Für diese Entscheidung ist ein Richtervorbehalt nur gem. § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG gegeben, sodass in der Praxis die RSB durch den Rechtspfleger erteilt wird. Die Obliegenheiten aus den§§ 295 ff. InsO konnten vom Schuldner noch persönlich erfüllt werden. Verstirbt dieser nunmehr in diesem Verfahrensstadium, kann der persönliche Charakter dieser bereits erfüllten Obliegenheiten nicht mehr entscheidend sein für eine Vererblichkeit oder Unvererblichkeit dieser Rechtsposition. Denn es lassen sich hieraus keine höchstpersönlichen Rechte für den verstorbenen Schuldner mehr herleiten, die einen Ausschluss einer Vererblichkeit auf der Grundlage des§ 1922 BGB nach sich ziehen könnten.Die Rechtsposition des Schuldners geht somit bei dessen Tod vollumfänglich auf den Erben als Rechtsnachfolger über.63 Der Tod des Schuldners in diesem Verfahrensstadium beeinträchtigt somit nicht die zu treffende Entscheidung über die Erteilung der RSB i.S.d.§ 300 InsO.
    Fraglich ist, ob nach erfolgter positiver Entscheidung über den RSB-Antrag, die damit erteilte RSB nach dem Tod des Schuldners i.S.d. § 303 InsOwiderrufen werden kann. Das Gesetz regelt diesen Fall wiederum nicht. Zwar ist in § 303 Abs. 3 InsO allein vom Schuldner die Rede, jedoch ist auch hierunter der Erbe als Schuldner im Nachlassinsolvenzverfahren anzusehen. Da der Erbe, wie im vorausgegangenen Fall, nie Verfahrensbeteiligter war, war er somit auch zu keinem Zeitpunkt Schuldner. Trotzdem ist die Frage zu bejahen. Ein Widerruf der RSB innerhalb dieser kurzen Frist des § 303 Abs. 2 InsO und unter den vorgegebenen strengen Voraussetzungen des § 303 Abs. 1 InsO wirkt sich nämlich im Ergebnis aus wie die Ausübung eines Gestaltungsrechts, weil mit einem Widerruf aus unvollkommenen (§ 301 Abs. 3 InsO) wieder vollkommene Verbindlichkeiten erwachsen. Gestaltungsrechte setzen sich i.d.R. gegen den Erben durch.64 Mit dem Widerruf tritt jedoch freilich keine unbeschränkte Nachhaftung des Erben ein. Diesem verbleiben die Möglichkeiten einer etwaigen Haftungsbeschränkung auf den Nachlass. Das muss jedoch für die Insolvenzgläubiger, insbesondere im Fall der Verheimlichung der Annahme einer Erbschaft während der Wohlverhaltensperiode (Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO), nicht von Nachteil sein.65

  • Ohne den von La Flor de Cano genannten Aufsatz gelesen zu haben: M.E. kann man guten Gewissens vertreten, dass keine RSB mehr eintreten kann.

    Die RSB ist eine Erfindung des "sozialen" Teils des Rechtsstaats, weil man verhindern will, dass verschuldete Personen sich ein Leben lang in (ich überspitze jetzt mal) Schuldknechtschaft befinden. Sie sollen nach einigen Jahren wieder eine neue Perspektive finden können.

    Dieser Schutz ist für den Erben schlicht nicht erforderlich, weil er sich von den Folgen der Entscheidungen des Erblassers auch so befreien kann, sogar auf mehrfache Art: Er kann ausschlagen und sogar wenn er annimmt kann er die Haftung auf den Nachlass beschränken.
    Das Problem der lebenslangen Schuldknechtschaft stellt sich also nicht. Daher könnte man es m.E. gut vertreten, den ganzen Zinnober des noch laufenden Verfahrens einfach abzublasen und keine RSB mehr zu erteilen. Würde zumindest Justizkosten sparen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wenn die RSB erteilt wird, könnten die Erben gefahrlos das Erbe - sofern denn was da ist - jetzt annehmen. Ich denke schon, dass zumindest ein Interesse an der Erteilung bestehen könnte.

  • Zur Erteilung der RSB trotz Tod des Schuldners kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, insbesondere, wenn man dann noch auf das Verfahrensstadium abstellt.

    Wenn aber die Laufzeit der Abtretungserklärung verstrichen ist und eine Erteilung der RSB lediglich ein Terminierungsproblem darstellt, der Ablauf der sechs Jahre kommt ja genauso überraschend wie Weihnachten, kann man, auch zum Schutz (und Wohl) der Erben schon von einem Bedürfnis sprechen. Wird die RSB erteilt, fällt das nicht befasste Neuvermögen den Erben zu, ansonsten können sich die Gläubiger darum prügeln.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Man kann das sicher mit guten Gründen in beide Richtungen sehen, da gehe ich mit Euch völlig konform. Wird RSB erteilt, dann werden eben die Erben zu Lasten der Gläubiger bevorzugt. Ich frage mich nur, ob es dafür eigentlich eine Notwendigkeit gibt, denn der eigentliche Grund der RSB, siehe oben, ist ja entfallen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Man kann das sicher mit guten Gründen in beide Richtungen sehen, da gehe ich mit Euch völlig konform. Wird RSB erteilt, dann werden eben die Erben zu Lasten der Gläubiger bevorzugt. Ich frage mich nur, ob es dafür eigentlich eine Notwendigkeit gibt, denn der eigentliche Grund der RSB, siehe oben, ist ja entfallen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Man erspart sich die eventuelle Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

  • Man kann das sicher mit guten Gründen in beide Richtungen sehen, da gehe ich mit Euch völlig konform. Wird RSB erteilt, dann werden eben die Erben zu Lasten der Gläubiger bevorzugt. Ich frage mich nur, ob es dafür eigentlich eine Notwendigkeit gibt, denn der eigentliche Grund der RSB, siehe oben, ist ja entfallen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Man erspart sich die eventuelle Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

    Geht das überhaupt noch? Ein Insolvenzverfahren wegen der Insolvenzforderungen ist ja schon durch. Hatte ich erst auch gemeint, aber liegen die Voraussetzungen für ein Nachlassinsolvenzverfahren überhaupt vor, wenn schon die Abtretungserklärung abgelaufen ist? Die persönlichen Voraussetzung für die RSB hat der Schuldner ja erfüllt.

  • habe sie in vergleichbarer Situ erteilt, da vor dem Zeitpunkt des Ablebens die Voraussetzungen vorlagen und gut ist.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Man kann das sicher mit guten Gründen in beide Richtungen sehen, da gehe ich mit Euch völlig konform. Wird RSB erteilt, dann werden eben die Erben zu Lasten der Gläubiger bevorzugt. Ich frage mich nur, ob es dafür eigentlich eine Notwendigkeit gibt, denn der eigentliche Grund der RSB, siehe oben, ist ja entfallen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Man erspart sich die eventuelle Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

    Geht das überhaupt noch? Ein Insolvenzverfahren wegen der Insolvenzforderungen ist ja schon durch. Hatte ich erst auch gemeint, aber liegen die Voraussetzungen für ein Nachlassinsolvenzverfahren überhaupt vor, wenn schon die Abtretungserklärung abgelaufen ist? Die persönlichen Voraussetzung für die RSB hat der Schuldner ja erfüllt.


    Ein Nachlassinsolvenzverfahren kann bei der Überschuldung des Nachlasses doch jederzeit von den Erben beantragt werden (ob nun hinsichtlich des Erblassers ein Inso-Verfahren lief oder auch nicht). :gruebel:

  • Für Neuforderungen möglicherweise. Alle anderen Insolvenzforderungen haben bereits am normalen Insolvenzverfahren teilgenommen, für die der leider Verstorbene ja nun eigentlich schon alles durchgestanden hatte, um nun RSB zu bekommen. Sollen die Gläubiger jetzt nochmal alles anmelden müssen?

    Wenn er während des Inso-Verfahrens verstorben wäre, sähe ich auch kein Problem für ein Nachlassinsolvenzverfahren. Stirbt der Schuldner in der WVP, geht´s ja auch nicht einfach rüber in die Nachlassinsolvenz, sondern die WVP endet und gut.

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