Rückwirkende Erhöhung Sockelfreibetrag

  • ein selbstständiger Schuldner hat, über seinen Anwalt, mit Schreiben (und Eingang) vom 01.09.2014 die Erhöhung des Sockelfreibetrages seines P-Kontos
    (ohne Angabe eines bestimmten Zeitpunktes) auf 4.100 € beantragt.
    In der Begründung gibt er an, dass der Schuldner in den Monaten Mai bis Juli 2014 einen monatlichen Umsatz von durchschnittlich 5.468 € hatte.
    Er legt sodann die finanzielle Lage ab den Monaten Mai 2014 dar.
    Ein Sockelfreibetrag in Höhe von 3.203,67 € war im Mai 2014 freigestellt.

    Am 04.09.2014 wurde ein Betrag in Höhe von monatlich 4.100 € freigestellt. Eine zeitliche Einordnung fand nicht statt.

    Die Bank behält nun einen Guthaben-Betrag in Höhe von 899,02 € ein und gibt an, dass es sich bei diesem Betrag um Gelder aus Mai 2014 handelt, für die der Beschluss vom 04.09.2014 noch nicht greift.

    Der RA hat nun die Bank verklagt (Zivilklage bei uns) und gleichzeitig bei mir den Antrag auf rückwirkende Freigabe dieses Betrages gestellt.

    Kann ich die Rückwirkung beschließen?

    Der Schuldner hat im April/Mai 2014 sein Gewerbe wieder angemeldet.

  • Bei Fehlen einer zeitlichen Einordnung in dem Beschluss vom 04.09.2014 (und auch im Antrag; wenn eine Rückwirkung gewollt war, hätte das eindeutig zum Ausdruck gebracht werden können, wenn schon auch auf die Situation ab Mai 2014 abgehoben wurde) würde ich das schon aus diesem Grund nicht anfassen.

    Ferner kann meines Erachtens das Vollstreckungsgericht nicht für einen zeitlich abgeschlossenen Sachverhalt in der Vergangenheit darüber befinden, welche Ansprüche dem Schuldner gegen die Bank zustehen. Das halte ich für eine materiellrechtliche Frage, die im Verhältnis Schuldner - Bank prozessgerichtlich zu klären ist.

  • Könnte ich den Antrag des RA dahingehend auslegen, dass er die Freistellung ab Mai beantragt hat.
    Schließlich hat sich der Schuldner ab dem Zeitpunkt selbstständig gemacht
    und in der Begründung gibt der RA auch diesen Zeitraum an.
    Den Antrag stellte er evtl. zu spät - nämlich erst am 1.9. ...Das Geld war aber tatsächlich noch auf dem Konto und somit
    könnte er noch den Antrag auf Erhöhung des Sockelfreibetrages (rückwirkend) stellen....falls das überhaupt geht...

    Die Bank kann natürlich erst ab dem Zeitpunkt der Freigabe auch tatsächlich freigeben.

  • Mir fehlt es hier an Anhaltspunkten anhand derer der Antrag dahingehend ausgelegt werden könnte, dass der Freibetrag ab Mai festgesetzt werden sollte. Allein, dass er zur Begründung auf seine Einnahmen seit Mai verweißt würde mir nicht ausreichen.

    Weiterhin sehe ich keine gesetzliche Grundlage, die eine rückwirkende Festsetzung des erhöhten Freibetrages zulässt. Ich setze erst ab Antragstellung fest.

    Eine rückwirkende Festsetzung macht m.E. auch nicht wirklich Sinn. Wenn der Drittschuldner immer sofort die pfändbaren Beträge abführt, nachdem sie abgeführt werden können, bleibt kaum Raum für eine Rückwirkung, da das Geld idR schon an den Gläubiger abgeführt ist.

  • Das Geld war aber tatsächlich noch auf dem Konto und somit
    könnte er noch den Antrag auf Erhöhung des Sockelfreibetrages (rückwirkend) stellen....falls das überhaupt geht...

    Warum soll der Gläubiger dadurch benachteiligt werden, dass die Bank das Geld gehortet und nicht ausgekehrt hat?

  • Ich hänge mich mal hier dran und bin mir gerade nicht sicher, ob ich einen Fehler gemacht habe:

    Schuldner stellt Mitte Oktober 2021 einen Erhöhungsantrag für das P-Konto und beantragt die einstweilige Einstellung der ZV.

    25.10. - einstweilige Einstellung der Überweisung bis zur Entscheidung über den Antrag (ZU an Drittschuldner erfolgt)
    23.11. - dem Erhöhungsantrag wird stattgegeben und ein neuer Betrag festgesetzt, einstweilige Einstellung bis zur Rechtskraft aufrechterhalten (ZU an DS erfolgt)
    08.12. - Zustellung rechtskräftiger Erhöhungsbeschluss an Drittschuldner

    Der Drittschuldner ist nun der Auffassung, dass die Erhöhung erst ab ZU der rk Entscheidung am 08.12. greift. Ich bin bzw. war seit jeher der Auffassung, dass die Freigabe auf die Zustellung des Einstellungsbeschlusses (25.10.) zurückwirkt. Andernfalls würde die Einstellung der Vollstreckung ja keinen Sinn ergeben. Einen entsprechenden Passus in den Freigabebeschluss habe ich jedoch nicht aufgenommen (weil es für mich logisch ist/war).

    Liege ich falsch? Kennt jemand Rechtsprechung dazu evtl.?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Nach m.E. liegst du mit deiner Auffassung richtig, ansonsten wäre die einstweilige Einstellung obsolet und man könnte sie sich schenken. Bisher kam das Problem hier noch nicht auf. Explizit im Beschluss erwähnt habe ich die Rückwirkung bisher ebenfalls nicht.

  • Ich schreibe in meine Beschlüsse immer rein ab welchen Monat ich den Freibetrag neu fest setze. Sonst müsste der drittschuldner ja raten

    Der Drittschuldner hat den Einstellungsbeschluss vorliegen - raten müsste er demnach m. E. nicht.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich schreibe in meine Beschlüsse immer rein ab welchen Monat ich den Freibetrag neu fest setze. Sonst müsste der drittschuldner ja raten


    Der Drittschuldner kennt ja auch im Normalfall nicht, welchen konkreten Antrag der Schuldner bei Gericht gemacht hat.
    Insbesondere dann, wenn der DS nicht weiß - weil aus dem Einstellungsbeschluss nicht hervorgehend -, was das Gericht denn zur einstweiligen Einstellung überhaupt bewegte.

  • Ich schreibe in meine Beschlüsse immer rein ab welchen Monat ich den Freibetrag neu fest setze. Sonst müsste der drittschuldner ja raten


    Der Drittschuldner kennt ja auch im Normalfall nicht, welchen konkreten Antrag der Schuldner bei Gericht gemacht hat.
    Insbesondere dann, wenn der DS nicht weiß - weil aus dem Einstellungsbeschluss nicht hervorgehend -, was das Gericht denn zur einstweiligen Einstellung überhaupt bewegte.

    Das sehe ich auch so.

    Probleme bei dieser Vorgehensweise gab es am hiesigen Gericht noch nie.

  • Ich schreibe in meine Beschlüsse immer rein ab welchen Monat ich den Freibetrag neu fest setze. Sonst müsste der drittschuldner ja raten


    Der Drittschuldner kennt ja auch im Normalfall nicht, welchen konkreten Antrag der Schuldner bei Gericht gemacht hat.
    Insbesondere dann, wenn der DS nicht weiß - weil aus dem Einstellungsbeschluss nicht hervorgehend -, was das Gericht denn zur einstweiligen Einstellung überhaupt bewegte.

    In hiesigen Einstellungsbeschlüssen kann man das den Gründen entnehmen, z. B. wegen Nachzahlung von ALG usw.

  • Ich schreibe in meine Beschlüsse immer rein ab welchen Monat ich den Freibetrag neu fest setze. Sonst müsste der drittschuldner ja raten


    Der Drittschuldner kennt ja auch im Normalfall nicht, welchen konkreten Antrag der Schuldner bei Gericht gemacht hat.
    Insbesondere dann, wenn der DS nicht weiß - weil aus dem Einstellungsbeschluss nicht hervorgehend -, was das Gericht denn zur einstweiligen Einstellung überhaupt bewegte.

    In hiesigen Einstellungsbeschlüssen kann man das den Gründen entnehmen, z. B. wegen Nachzahlung von ALG usw.

    Hier auch. Deswegen habe ich ja damit bislang auch nie Probleme gesehen...

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich würde darüber nachdenken, wenn sich der DS weiter querstellt, ob ich es über § 319 ZPO wieder glattziehe. Für den konkreten Fall könnte man die Berichtigung über Sender-/Empfängerhorizont vlt argumentieren.
    Aber nachgeschaut habe ich jetzt nicht in der Kommentierung, ob das doch zu dünnes Eis ist. War nur eine Idee.

    Ich fürchte, dass das ein Fall ist von "Lernen durch Schmerz". Passiert.

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