Vernichtung Lose-Blatt-Grundbücher § 10 a GBO

  • Das JM möchte Kosten sparen und drängt deshalb auf Vernichtung der eingelagerten Lose-Blatt-Grundbücher.
    Es müsste lediglich sicher gestellt werden, dass alle (auch die geschlossenen) Blätter seinerzeit eingescannt wurden (d.h. bei der Digitalisierung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erfasst).

    Hat schon jemand Erfahrung mit dieser Geschichte? Guten Gewissens könnte man ja nur vernichten, wenn man vorher alle Bände durchschaut... Offenbar haben schon 2 bay. GBA s vernichtet - und auch andere Bundesländer.
    Kann die IT-Stelle feststellen, ob alle eingescannt wurden?

    Außerdem meint der beck OHK hierzu:

    "...Diese Neuregelung geht auf eine Anregung der Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz zurück, die sich für die Vernichtung geschlossener und nach § 10a Abs 1 GBO erfasster Grundbücher ausgesprochen hat (BT-Drs 16/12319). Eine Aussonderung durch Vernichtung ist jedoch als massivste Form des Eingriffs in den Buchapparat abzulehnen (vgl auch generell BeckOK Hügel/Wilsch GBO § 128 Rn 10;"

  • Wenn ich überlege, wie oft ich schon in alten Büchern Rötungen gefunden habe, die auf Grund eines schwachen Stiftabdrucks im gescannten Grundbuch nicht zu sehen waren, möchte ich auf diese Kontrollmöglichkeit eigentlich nicht gerne verzichten.

  • Wenn ich überlege, wie oft ich schon in alten Büchern Rötungen gefunden habe, die auf Grund eines schwachen Stiftabdrucks im gescannten Grundbuch nicht zu sehen waren, möchte ich auf diese Kontrollmöglichkeit eigentlich nicht gerne verzichten.

    :meinung:

    Und noch schlimmer: Ich hatte mal ein Grundbuchblatt, da war beim Scannen eine Seite der Abt. II vergessen worden, so dass mal schlappe vier (!) Rechte fehlten. Da war ich froh, dass die alten Grundbücher noch da waren. Und wer kann garantieren, dass so etwas nicht öfters vorgekommen ist? Deshalb: Vernichtung nur dann, wenn alle Grundbücher einhundertprozentig auf Vollständigkeit und Lesbarkeit kontrolliert wurden!!! Und da dies mit unserem Personalbestand nicht machbar ist, gibt es halt keine Vernichtung von Grundbüchern!!!

    Wir sind zu allem bereit, aber zu nichts zu gebrauchen.

  • Ja, aber das Staatsarchiv will nur "eine kleine Auswahl an Bänden" übernehmen. Die Generaldirektion der staatlichen Archive hat eine generelle Übernahme abgelehnt. Klar, die haben auch keinen Platz und kein Geld.
    Es geht dem JM nur um s Geld. Das ist klar. Die Lagerung kostet halt einiges.

  • Dem Staatsarchiv braucht man die Grundbücher nicht anzubieten. Da allenfalls einzelne Grundbücher nicht oder nicht vollständig eingescannt sind, lehnen die das ab. Sie haben nämlich selbst keinen Platz. Redundante Datenhaltung machen die nicht.

    Die Gerichte, die die Grundbücher mal ausgelagert haben, werden jetzt vor die Wahl gestellt, sie zurückzunehmen (was i.d.R. aus Platzgründen nicht geht) oder sie vernichten zu lassen.

    Soviel zum Thema, das liege in der Entscheidungsgewalt der jeweiligen Behörde.

    Wie Martin schon sagt, müsste man die Grundbücher vor der Vernichtung noch mal durchsehen. Wer soll das wann machen? Wenn man schnell arbeitet, braucht man für einen Grundbuchband 15 - 20 Minuten. Den Rest kann man sich in etwa ausreechnen.

    Da unsere Grundbücher seit einigen Jahren fort sind und kein Platz für die Rückführung vorhanden ist, werden sie halt vernichtet. Ungefähr 1 1/2 Dutzend verlangen wir vorher zurück, weil wir von denen wissen, dass sie nicht vernichtet werden dürfen. Bei den übrigen wird der Geschäftsleiter hoffentlich im eigenen Interesse auf seine Formulierung achten. Ich halte es ja nicht für ausgeschlossen, dass nochmal Thema wird, wer wann wo (angeblich) zugestimmt hat. Deswegen sage ich dazu gar nichts außer, dass die Vernichtung meiner Meinung nach falsch ist.

    Ganz besonders lustig wird das bei den Gerichten, die zuvor bereits die Handblätter aussortiert und vernichtet haben.

    (Und dass die Lagerung einen so sehr hohen Betrag kostet, glaube ich ja nicht wirklich ...)

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Interessant. Dass betrifft doch die Justiz desjenigen Bundeslandes, die aus Platz- bzw. Kostengründen die Asservate zum Oktoberfestattentat ausgesondert hat, nicht wahr?

  • Wenn ich darüber nachdenke wie oft wir in die ganz alten von Hand geschriebenen Schinken geschaut haben (und auch jetzt noch ab und an schauen) als die losen Blätter angelegt wurden, weil dort Übertragungsfehler waren (z.T eben nicht lesbar) und wie oft Rechte vergessen wurden bei Umstellung auf die elektronische Akte....
    immer weg, was weg ist brennt nicht mehr... besser ist man nimmt sich seins zur Sicherheit mit nach Hause, falls alle BL auf die Idee kommen...:eek:

  • Da liegt wohl ein Irrtum vor. Es geht ausschließlich um die Loseblattgrundbücher. Diese sollten (theoretisch) sämtlich eingescannt sein. (Und wenn sie sämtlich eingescannt wären, wäre gegen das Vorhaben auch kaum etwas einzuwenden.)

    Es geht nicht um andere Grundbücher aus der Zeit vor den Loseblattgrundbüchern.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hab ich schon verstanden. Aber die Fehlerkette geht weiter zurück als nur von lose Blatt auf Elektronik.
    Bei uns wurde in beiden Fällen alles! mit der Hand abgeschrieben, von uralt auf lose Blatt und von lose Blatt auf Elektronik.
    Ich denke dort ist die Fehlerrate wegen der "Unvollkommenheit" der Menschen noch viel größer. Ich kann nicht sagen wie oft in den Akten steht: Eintragung berichtigt... wegen Fehler bei Umstellung.... oft...
    Mann braucht im Zweifel alles an Papier um lückenlos alles nachvollziehen zu können.

  • Wenn von Loseblatt auf Elektronik nicht eingescannt, sondern anderweitig umgeschrieben/umgestellt wurde, darf das Loseblattgrundbuch nicht vernichtet werden. So zumindest die gesetzgeberische Vorgabe und Intention.

    Ob das real nun wen interessiert, ist eine andere Frage.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Also wir waren ja beim Einscannen schon pingelig nach Meinung einiger betroffener Grundbuchämter, aber selbst uns sind einige Dinger durchgerutscht. Nicht so furchtbar viele bisher, aber alle sind jetzt zufrieden, daß die Loseblattgrundbücher im alten Knast in Prenzlau liegen. Ich selbst weiß schon von mindestens sechs GB, die schon abgefordert wurden... Ich habe mich von Anfang an gegen die Vernichtung ausgesprochen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Weiß jemand, wer die Vernichtung anordnen kann, bzw. angeordnet hat (bei den Gerichten, die es schon gemacht haben)?

    Eigentlich ist das doch Rechtspflegersache, d.h. jeder Rpfl. müsste für seine Gemarkungen die Vernichtung anordnen?

  • Das zu klären blieb keine Zeit. Wie ist das gelaufen: Die Grundbücher wurden woanders hin übernommen, der Platz würde später wieder gebarucht (daran war die Politik schuld), der darauf folgende Lagerplatz kostete reales Geld, und dann wurden die Geschäftsleiter vor die Wahl gestellt, gefühlt von heute auf morgen die Grundbücher wieder zurückzunehmen oder eben sich mit der Vernichtung einverstanden zu erklären. Ich bin mir nicht sicher, ob jeder Geschäftsleiter gemerkt hat, dass durch diese Hintertür letztlich er die Vernichtung angeordnet hat. Denn die (sehr theoretische) Möglichkeit der Rück-Übernahme der Grundbücher hätte er ja gehabt.

    Mich als Rechtspfleger trifft das jedenfalls nicht, weil die Grundbücher meinem Zugriff real entzogen waren und ich keine Zuständigkeit habe, über Transporte und Lagerung und deren Kosten zu entscheiden.

    Nur was wir beim nächsten entdeckten Einscannfehler machen werden, weiß ich noch nicht. Eine Anlegung ist das ja nicht. Aber wie ist das Grundbuch dann zu rekonstruieren, zumal wenn das Handblatt ausgesondert ist?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das sind ja hochinteressante Neuigkeiten aus den anderen BL. Hier in MV wurde vor Kurzem erst ein Zentralarchiv für die gescannten Loseblattbücher eingerichtet. Die Bedingungen für die befristete Rückgabe einzelner Grundbücher sind so restriktiv, dass man glaubt, dort sind auch die Originalrezepte von Coca-Cola mit abgelegt worden. :D

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