Zwangsvollstreckung aus GS ohne 800 ZPO Klausel

  • Liebe Leute,

    ich bin neu hier im Forum und habe natürlich auch eine Frage, die mich drückt. Eigentlich bin ich anwaltlich im Marken- und Urheberrecht tätig, habe nun aber durch einen Mandanten vermehrt ZV Sachen und arbeite mich deshalb ein.

    Konkret geht es um eine Grundschuld im 1. Rang, aus der wir gegen den Schuldner durch Zwangsversteigerung vorgehen wollen. Diese ist über eine übliche Zweckerklärung mit einem Darlehen verknüpft, welches fällig gestellt ist. Die GS ist aber ohne 800-ZPO Klausel eingetragen und ohne persönliche Unterwerfung vereinbart und diesen Fall hatte ich so noch nie.

    Ich könnte mir aus dem fälligen Darlehen nun natürlich einen Titel über Mahnbescheid, Urteil, etc besorgen aber dann hätte ich ja einen Anspruch aus einem schuldrechtlichen Titel und keinen dinglichen. Ein Kollege hat die Ansicht vertreten, dass ich aus diesem schukdrechtlichen Titel eine Sicherungsgrundschuld eintragen lassen könnte und aus der vorgehen könnte, ich könnte aber nie aus der nackt eingetragenen GS vorgehen, was ich nicht so richtig glauben kann.

    Nach seinem Beispiel müßte die ursprünglich GS dann ja im Rang 1 stehen bleiben und die Sicherungsgrundschuld würde dann aus Rang 2 die ZV betreiben. Und dann? Was habe ich dann davon, dass die GS den 1. Rang wahrt wenn ich sie nie verwerten kann?

    Oder kann ich aus dem Schuldrechtlichen Titel über die Zweckerklärung doch irgendwie aus der GS im 1. Rang vollstrecken?

    Danke an die Mehrwissenden!

    Einmal editiert, zuletzt von m.meissner (14. Januar 2015 um 18:48)

  • ... Ein Notar hat die Ansicht vertreten, dass ich aus diesem schukdrechtlichen Titel eine Sicherungsgrundschuld eintragen lassen könnte und aus der vorgehen könnte, ich könnte aber nie aus der nackt eingetragenen GS vorgehen, ...

    Unsinn!

    Die Grundschuld ist zu kündigen und der Eigentümer auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld in Anspruch zu nehmen.

  • Macht für mich auch Sinn und ergibt sich ja irgendwo auch als logische Folge aus § 1193 BGB....

    Ich habe ja nun mangels Unterwerfung keinen Titel nach § 794 I, Nr. 5 ZPO.

    Die 6 Monate Kündigungsfrist sind aber kein Problem, ich denke auch die Zustellungen werden klappen.

    Warum könnte es hier also ein Problem geben?

    Was habt Ihr für Fälle in der Parxis, wo die Vollstreckung aus nackten GS schief läuft und welche Fehler werden da typischer Weise gemacht?

  • Für die von Dir beabsichtigte Zwangsversteigerung genügt die "nackte GS" gerade nicht, sondern es bedarf des dinglichen Titels. Falls sich der Eigentümer nicht freiwillig in der Form des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Zwangsvollstreckung in sein Grundstück unterwirft, wirst Du um eine Duldungsklage nicht herumkommen.

    Der vom Notar vorgeschlagene Weg eines schuldrechtlichen Titels (Vollstreckungsbescheid) nebst Sicherungshypothek ist nicht nur wegen der Rangfrage problematisch. Denn Du würdest Deinen Mandanten zusätzlich dem Vorwurf einer Übersicherung (Doppelsicherung derselben Forderung) aussetzen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ist der Schuldner, gegen den vorgegangen werden soll, auch derjenige, der die GS bestellt hat? Wenn ja, ist die Eintragung im GB nicht so wichtig. Der Schuldner muss sich in der Urkunde der dinglichen Vollstreckung unterworfen haben. Hat er das getan, kannst du gegen ihn die Zwangsversteigerung betreiben. (natürlich unter Einhaltung der anderen Voraussetzungen) Nur wenn der Besteller der GS und der Schuldner nicht identisch sind, benötigst du noch einen Duldungstitel gegen ihn.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Ist der Schuldner, gegen den vorgegangen werden soll, auch derjenige, der die GS bestellt hat? Wenn ja, ist die Eintragung im GB nicht so wichtig. Der Schuldner muss sich in der Urkunde der dinglichen Vollstreckung unterworfen haben. Hat er das getan, kannst du gegen ihn die Zwangsversteigerung betreiben. (natürlich unter Einhaltung der anderen Voraussetzungen) Nur wenn der Besteller der GS und der Schuldner nicht identisch sind, benötigst du noch einen Duldungstitel gegen ihn.

    Wie in der Überschrift genannt hat er sich ja gerade nicht in der Urkunde unterworfen.

    Ja, Besteller und Schuldner sind auch heute noch identisch.

    Mir ist auch klar: Ohne Duldungstitel oder Unterwerfung keine Zwangsversteigerung.

    Ich bin mir aber bezüglich der Duldungsklage noch nicht ganz im Klaren, woraus genau der Anspruch auf Duldung folgt. Was ist die Anspruchsgrundlage?

    Auch hier wird es diskutiert aber nicht wirklich aufgelöst: https://www.rechtspflegerforum.de/archive/index.php/t-17444.html

  • Ist der Schuldner, gegen den vorgegangen werden soll, auch derjenige, der die GS bestellt hat? Wenn ja, ist die Eintragung im GB nicht so wichtig. Der Schuldner muss sich in der Urkunde der dinglichen Vollstreckung unterworfen haben. Hat er das getan, kannst du gegen ihn die Zwangsversteigerung betreiben. (natürlich unter Einhaltung der anderen Voraussetzungen) Nur wenn der Besteller der GS und der Schuldner nicht identisch sind, benötigst du noch einen Duldungstitel gegen ihn.

    Das muss er nicht. Für die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch ist die (dingliche) Vollstreckungsunterwerfung nicht erforderlich.

    @ m.meissner: Anspruchsgrundlage für die Duldung der ZV ist §§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • [quote='Annett','RE: Zwangsvollstreckung aus GS ohne 800 ZPO Klausel']

    @ m.meissner: Anspruchsgrundlage für die Duldung der ZV ist §§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB.

    Ok, also über 1147......ich dachte, es könnte noch eine speziellere Vorschrift für den Anspruch auf Duldung geben.

    Wenn wir schon dabei sind:

    Spannend finde ich ja auch die Frage, wer die Kündigung der Grundschuld eigentlich prüft und ob 1193 II 2 nicht leer läuft:

    Eines sachenrechtlichen Kündigungsgrundes bedarf es nicht.
    Ob ein schuldrechtlicher Kündigungsgrund erforderlich ist, ist mangels Regelung des Sicherungsvertrages umstritten.
    Die Kündigung der Grundschuld wird regelmäßig nicht geprüft:
    Der Notar überprüft die Kündigung nicht (vgl. Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008).
    Das Vollstreckungsorgan überprüft die Kündigung ebenfalls nicht. Ihm wird die Fälligkeit mit Erteilung der Vollstreckungsklausel bindend bescheinigt.
    Der Gläubiger erhält regelmäßig eine vollstreckbare Ausfertigung unmittelbar nach der Beurkungung aufgrund einer entsprechenden (formularmäßigen) Anweisung in der Grundschuldbestellungsurkunde.
    Die Fälligkeit der dinglichen Zinsen und sonstigen Nebenleistungen bedarf keiner Kündigung.

  • Der Gläubiger erhält regelmäßig eine vollstreckbare Ausfertigung unmittelbar nach der Beurkundung aufgrund einer entsprechenden (formularmäßigen) Anweisung in der Grundschuldbestellungsurkunde.

    Genau das ist aber inzwischen streitig, eben seit der Änderung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB. Denn dieser sofort erteilten Klausel ist die Unrichtigkeit auf die Stirn geschrieben, es ist denknotwendig ausgeschlossen, dass die Kündigung bereits 6 Monate zurückliegt.

    Aber dazu findest Du andernorts Näheres. Z.B. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post389404

  • Das Vollstreckungsorgan überprüft die Kündigung ebenfalls nicht. Ihm wird die Fälligkeit mit Erteilung der Vollstreckungsklausel bindend bescheinigt.


    Die Vollstreckungsklausel bescheinigt die Fälligkeit nicht. Der Schuldner verzichtet für die Erteilung der Klausel auf den Nachweis der Fälligkeit, daher kann sie erteilt werden (str.), aber als Nachweis für die Fälligkeit taugt die Klausel gerade nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich bleibe dabei, dass der Notar allenfalls vom Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 726 ZPO befreit ist - wo das Nichtvorliegen aber evident ist, steht der Klauselerteilung m.E. ein Hindernis entgegen. Aber nun, das gehört in den anderen Thread.


  • Das muss er nicht. Für die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch ist die (dingliche) Vollstreckungsunterwerfung nicht erforderlich.

    Für die Eintragung der GS muss er das nicht. Aber um dinglich aus dieser Urkunde vollstrecken zu können, müsste er das. Ansonsten muss man den Schuldner auf Duldung der dinglichen Vollstreckung verklagen.

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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • ich möchte kurz in den Raum werfen, dass der Threaderöffner sich (ein bisschen) missverständlich ausgedrückt hat

    "Zwangsvollstreckung aus GS ohne 800 ZPO Klausel"

    und
    "ohne 800-ZPO Klausel eingetragen und ohne persönliche Unterwerfung"

    impliziert nicht zwingend, dass es keine dingliche Unterwerfung gibt.

    Man kann sich schließlich auch dinglich der Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz unterwerfen, ohne dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sein soll

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • ich möchte kurz in den Raum werfen, dass der Threaderöffner sich (ein bisschen) missverständlich ausgedrückt hat

    "Zwangsvollstreckung aus GS ohne 800 ZPO Klausel"

    und
    "ohne 800-ZPO Klausel eingetragen und ohne persönliche Unterwerfung"

    impliziert nicht zwingend, dass es keine dingliche Unterwerfung gibt.

    Man kann sich schließlich auch dinglich der Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz unterwerfen, ohne dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sein soll

    Nein, das kann man nicht! :teufel:
    Wie sich aus dem Wortlaut des § 800 ZPO ergibt, kann ich mich wegen einer "... nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgenommenen Urkunde..." auch der dinglichen Zwangsvollstreckung, also der Vollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer unterwerfen. Voraussetzung ist aber die nach § 794 ZPO aufgenommene Urkunde und diese hat zwingend eine (persönliche) Vollstreckungsunterwerfung zu enthalten. :eek:;);)
    Die dingliche Unterwerfung ist quasi nur eine Erweiterung der persönlichen Unterwerfung.

  • Es war früher gar nicht so selten, dass nur die Eintragung der Grundschuld/Hypothek bewilligt wurde. Hierfür braucht es keine Urkunde im Sinne des § 794 ZPO, sondern nur eine Unterschriftsbeglaubigung, war also erheblich billiger. Wurde hauptsächlich für Angestelle von Banken/Sparkassen oder von ganz milden Bausparkassen gemacht.

  • Es war früher gar nicht so selten, dass nur die Eintragung der Grundschuld/Hypothek bewilligt wurde. Hierfür braucht es keine Urkunde im Sinne des § 794 ZPO, sondern nur eine Unterschriftsbeglaubigung, war also erheblich billiger. Wurde hauptsächlich für Angestelle von Banken/Sparkassen oder von ganz milden Bausparkassen gemacht.


    Die S.......... H.... B........... d.. V.......... u... R............... macht das bei kleineren Beträgen immer noch so. Zum Glück sind sie meist nicht in der Lage, das Formular auszufüllen (Name des Bestellers, Betrag, belastete Grundstücke), sondern überlassen das dem Notar, so dass es immerhin die Gebühr für die Entwurfserstellung (statt nur für die Unterschriftsbeglaubigung) gibt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • :eek::eek::eek:
    woooooooot...das ist mir ja ganz und gar neu.
    war ich da mein ganzes (Berufs-)Leben auf dem Holzweg? (könnte sein)

    Aber aus dem Wortlaut allein ist das M.E. nicht zu ziehen.

    §800 I
    "Der Eigentümer kann sich in einer nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde in Ansehung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterwerfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll. Die Unterwerfung bedarf in diesem Fall der Eintragung in das Grundbuch."
    Hieraus lese ich, dass sich der Eigentümer dinglich (auch) so unterwerfen kann, dass die Vollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sein soll.
    mit anderen Worten: Ich denke (bisher), dass sich der Eigentümer (auch) so unterwerfen kann, dass die Vollstreckung nicht gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sein soll.

    und nicht, dass der Eigentümer sich (auch) dinglich unterwerfen kann, wenn er sich persönlich unterworfen hat

    aus §800 ergibt sich m.E. lediglich eine mögliche Weiterfassung der dinglichen Unterwerfung und nicht, dass man sich persönlich unterworfen haben muss

    Wiso muss eine Urkunde gem. §794 Nr. 5 ZPO zwingend eine persönliche Unterwerfung beinhalten?

    in §794 Nr. 5 ZPO steht, "und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat"

    der bezeichnete Anspruch ist der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung

    Woher ziehst du deine Weisheit? gibt's dazu Literatur, oder Entscheidungen


    Edith hatte einen fiesen Denkfehler gefunden
    Edith hat auch einen verwirrenden Schreibfehler aufgetrieben

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von JoansDong (16. Januar 2015 um 10:28)

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