Erstattungen und Teilungsmasse

  • Da ich in letzter Zeit häufig mit dem Problem von Erstattungen und der Frage, wie sind die bei der Vergütungsberechnung zu berücksichtigen, konfrontiert werde, stelle ich es mal hier ein. Aktuelles Beispiel: In der Insolvenzmasse befindet sich ein Grundstück, welches durch den IV verwertet wird. Zur Veräußerung benötigt der IV einen Energieausweis, der angefertigt und aus der Masse bezahlt wird. Weiterhin werden Grundsteuern weiter bezahlt. Nach Veräußerung rechnet der IV mit dem Absonderungsgläubiger ab. Dabei behält er zusätzlich zum vereinbarten Massekostenbeitrag noch den bereits verauslagten Betrag für den Energieausweis sowie den Gesamtbetrag der gezahlten Grundsteuern ein und führt nur den Restbetrag an den Gläubiger ab. Soweit so schön.
    Buchungstechnisch sieht das dann so aus: Kaufpreis von 200.000,- € gebucht als Einnahme (logisch). Vereinbarter Massekostenbeitrag inkl. Mwst. 10.000,- €, bereits gezahlte Grundsteuern 10.000,- €, Kosten Energiepass 2.500,- €. Auf dem Konto Absonderungsrechte wird nun ein Betrag von 175.000,- € gebucht. In die Berechnungsgrundlage würde damit ein Betrag von 25.000,- € fließen. Genau genommen ist doch jetzt die Erstattung für den Energiepass und die Erstattung der Grundsteuern als Einnahme in die Berechnungsgrundlage geflossen. Ich finde das nicht richtig. Das ist doch keine wirkliche Einnahme. Wie handhabt ihr das in solchen Fällen? Ich bin schon ganz wirr vom vielen Überlegen :gruebel:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich muss meinen ursprünglichen Post revidieren, die 175.000,- passen nicht. Ich komme auf 177.500,-.

    Ergänzend evtl. noch die Anmerkung, dass es auf den Inhalt der Vereinbarung ankommt, ob jetzt die 12.500,- für Energiepass und Grundsteuer als Absonderung oder Masseverbindlichkeit zu sehen sind.

    OT: Anders sähe es bei Einnahmen aus, denen unmittelbar Ausgaben (Investitionen) gegenüberstehen. Z.B. Kauf einer Maschine, die 14 Tage später im Rahmen des Asset-Deals mutveräußert wird.

  • Das ist eine ungeklärte Kardinalfrage:

    einerseits wird argumentiert, dass sog. durchlaufende Posten nicht in die Berechnungsgrundlage mit einzubeziehen sind, vergl. nur G/G, § 1 Rn. 8ff, u.a. auch mit dem Hinweis auf die amtliche Begründung zu § 1 und dem Wegfall einer Regelung wie in § 2 Nr. 3 Abs. 2 VergVO, dass verauslagte Kosten die Berechnungsmasse nicht erhöhen würden, weil dies eine Selbstverständlichkeit sei;

    andererseits wird angeführt, dass es in der Insolvenzbuchhaltung so etwas wie durchlaufende Posten nicht gibt, Förster, ZInsO 2000, 553f. Dies bedeutet, dass entgegen G/G, § 1 Rn 14ff, auch die ungerechtfertigte Bereicherung, wegen § 1 II Nr. 4 InsVV nicht abgesetzt werden, so wie der BGH dies einmal in einem Nebensatz auch erwähnt hat, was wohl keiner der Protagonisten zur Kenntnis nehmen will, IX ZR 22/05 Rn. 28.

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  • ...
    andererseits wird angeführt, dass es in der Insolvenzbuchhaltung so etwas wie durchlaufende Posten nicht gibt ...


    Nur am Rande:
    Eine Aussage, die mich schon immer skeptisch gemacht hat. Dazu folgender Fall:

    Insolvenzverwalter schließt mit einem Prozessfinanzierer eine Vereinbarung zur Finanzierung eines Rechtsstreits. Der Finanzierer überweist nach Klageerhebung die Gerichtskosten an den Insolvenzverwalter, dieser überweist sie weiter an die Gerichtskasse.

    Wenn das keine durchlaufenden Posten sind, dann falle ich vom Glauben ab. Oder soll allen Ernstes der Zahlungsweg (denkbar gewesen wäre ja auch eine Direktzahlung des Prozessfinanzierers an die Gerichtskasse) zu einer Masseerhöhung führen?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Würde die Erstattung als negativer Betrag auf der Ausgabenseite (oder die Zahlung entsprechend neg. auf der Einnahmenseite) gebucht, hätte das keine Auswirkungen auf die vergütungsrelevante Masse. Ähnliche Dinge sieht man auch oft als 'Geldtransit'.

    Die insolvenzrechtliche Buchhaltung hat als pagatorische Buchhaltung alle Zahlungsströme zu erfassen.

  • Gegen die Erfassung aller Geldströme spricht ja nichts, im Gegenteil, das entspricht einer normalen kaufmännischen Buchhaltung. Aber diese Art der Erfassung schließt gerade nicht aus, dass es durchlaufende Posten gibt, siehe

    http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dur…nde-posten.html

    Die Begründung, es könne in der Insolvenzbuchhaltung keine durchlaufenden Posten geben, findet daher alleine mit deren Charakter als pagatorischer oder kaufmännischer Buchhaltung (siehe auch hierzu Gabler)

    http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/fin…che+Buchhaltung


    keine Begründung.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wie sieht denn die Zeitschiene aus, wann wurden Energiepass und Grundsteuer gezahlt und wann der Kaufvertrag geschlossen?


    Kaufvertrag wurde im November geschlossen. Daraus ergibt sich, dass der Käufer die rückständigen Grundsteuern zahlt. Zum Energieausweis habe ich nichts gefunden. Der Energieausweis wurde rund 1 Monat vor Beurkundung angefertigt und aus der Masse gezahlt. Die Grundsteuern 2 Monate nach Beurkundung.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Richtig, die pagatorische Buha stellt keinen Widerspruch zu durchlaufenden Posten dar. Allerdings finden sich in einer kaufmännischen Buchhaltung auch Werteveränderungen ohne Zahlungsströme (z.B. Forderungen, Abschreibungen). Die beiden sehe ich nicht als identisch an. Eine pagatorische Buchhaltung ist auch eine kaufmännische, aber nicht zwingend umgekehrt.

  • Wie sieht denn die Zeitschiene aus, wann wurden Energiepass und Grundsteuer gezahlt und wann der Kaufvertrag geschlossen?


    Kaufvertrag wurde im November geschlossen. Daraus ergibt sich, dass der Käufer die rückständigen Grundsteuern zahlt. Zum Energieausweis habe ich nichts gefunden. Der Energieausweis wurde rund 1 Monat vor Beurkundung angefertigt und aus der Masse gezahlt. Die Grundsteuern 2 Monate nach Beurkundung.

    Es werden 190.000,- abgesondert. Die Zahlung der Grundsteuern durch die Masse würde ich als neg. Betrag auf dem Aufwandskonto buchen und die Erstattung der Kosten des Ernergieausweises als neg. Betrag auf dem Erlöskonto (wegen zeitlicher Abfolge). Damit gehen lediglich die 10.000,- in die Berechnungsgrundlage für die Verwaltervergütung ein.

    Alternativ können die Zahlungen für Ernergieausweis und Grundsteuern auch auf Geldtransit gebucht werden. Hauptsache, das Konto ist nachher glatt (leider nicht immer der Fall).

  • Gebucht werden lediglich die 177.500,- € (sorry für meinen Rechenfehler am Anfang :oops:). Und ich hab grad gesehen, dass die Zahlung der Grundsteuern an die Stadt auch auf das Konto Aus- und Absonderungsrechte gebucht wurde. Dann passt das ja, denn so werden sie nachher wieder abgezogen. Bliebe noch der Energieausweis.

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  • Es gibt keine dP, weil alles Berechnungsgrundlage ist, mit Ausnahme der in § 1 InsVV genannten Positionen bzw. der durch den BGH eingeführten Wahlmöglichkeiten bei der Einbeziehung in die Grundlage oder in die Vergleichsrechnung bei ImmobilienVerwertung.

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  • Und es gibt sie doch, z.B. LG Münster - Beschluss vom 27.04.2012 · Az. 5 T 159/11, allerdings etwas unglücklich hinsichtlich Fehlzahlungen. Da wird es dann nämlich richtig interessant: Vollrechtstreuhand oder Ermächtigungstreuhand?

    Woraus soll sich ableiten lassen, dass es keine durchlaufenden Posten geben darf?

  • Also ich persönlich - mag mich La Flor auch virtuell hängen;) - halte das wie bei Graeber beschrieben als "durchlaufende Posten" oder als sonst was. Ist mir eigentlich egal, wie das genannt wird. Ich finde gerade das Beispiel von AndreasH bezeichnend und passend. Da mögen dann meine Verwalter Beschwerde einlegen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Also ich persönlich - mag mich La Flor auch virtuell hängen;) -

    Klar, wo ist die Laterne?

    A.a. Amberger in Leonhardt/Smid/Zeuner: InsVV, § 1 Rn. 79, weil die Erstattung nicht ohne weiteres erfolge, sondern eine Handlung des IV voraussetze.

    Davon wird man abgrenzen müssen die vom Gericht zurückfließenden, nicht verbrauchten Gerichtskosten.

    Pivot dürfte der Vermögensbegriff nach § 35 InsO sein. Das Beispiel von AndreasH aufgreifend, wäre der an den Verwalter gezahlte Gerichtskostenvorschuss Insolvenzmasse (mal von Treuhandvereinbarungen abgesehen), wobei man sich die Frage stellen müsste, warum man das den unbedingt auf das Massekonto überweisen muss. Der Vorschuss ist im Sinne des § 35 InsO Vermögen der Insolvenzmasse, weil "Vermögen" nicht zwingend voraussetzt, dass man Eigentümer ist, so OLG Frankfurt vom 13.08.2013, 15 U 8/12. Rn. 49ff.

    Wenn man sich überlegt, was dies für einen Staub aufwirbelt, zumal man hier eine Regelung explizit nicht verfasst hat. Die alleinige Begründung, dass etwas selbstverständlich sei, ist mir da ein wenig dünn. Schaut man sich hingegen die Abzugspostion des § 1 II Nr. 4. lit. a InsVV an, beziehungsweise, was hiervon eigentlich noch verbleiben ist, ist dies für mich noch weniger nachvollziehbar.

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  • Zum Glück haben die Gemeinden die meisten Straßenlaternen aus Geldmangel abgebaut ;).

    Naja, man wird sich wohl an dem alten Beckenbauer-Motto halten müssen ("was interessiert mich mein Geschwätz von gestern") und von Fall zu Fall entscheiden. Womit man/wir dann wieder am Anfang sind und Maus so schlau wie vorher ist...

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  • Der Vorschuss ist im Sinne des § 35 InsO Vermögen der Insolvenzmasse, weil "Vermögen" nicht zwingend voraussetzt, dass man Eigentümer ist, so OLG Frankfurt vom 13.08.2013, 15 U 8/12. Rn. 49ff.

    Das will mir noch nicht einleuchten. Ein nach IE vom Schuldner erschwindelter Bagger mag analog dann Masse sein, aber was soll der wirtschaftliche Wert einer weitergeleiteten Zahlung sein?

    Womit man/wir dann wieder am Anfang sind und Maus so schlau wie vorher ist...

    Das hoffe ich doch nicht. Von Grundsatzfragen mal abgesehen ...

  • Der Vorschuss ist im Sinne des § 35 InsO Vermögen der Insolvenzmasse, weil "Vermögen" nicht zwingend voraussetzt, dass man Eigentümer ist, so OLG Frankfurt vom 13.08.2013, 15 U 8/12. Rn. 49ff.

    Das will mir noch nicht einleuchten. Ein nach IE vom Schuldner erschwindelter Bagger mag analog dann Masse sein, aber was soll der wirtschaftliche Wert einer weitergeleiteten Zahlung sein?


    Das ist keine "weitergeleitete" Zahlung sondern die Begleichung einer Masseverbindlichkeit..

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