Insolvenzverfahren und Mindestlohn

  • Drei Schuldner führen mittlerweile auf Grund 40-Stunden-Woche und 0 Unterhaltspflichten pfändbare Beträge an die Masse ab - dank Mindestlohn.

    Jetzt hab ich einen Schuldner, bei dem ich meine, dass er zu wenig bekommt. Bei 40 Stunden pro Woche - 1260 € brutto im Januar. Kann bei 22 Arbeitstagen á 8 Stunden á acht-fuffzig schlicht nicht passen.

    Unter die Ausnahmeregelungen kann ich ihn auch nach mehrmaligem Durchgehen der Vorschrift nicht "subsumieren". Sind wir als Verwalterbüro jetzt irgendwie in der Pflicht, den Arbeitgeber um Überprüfung zu ersuchen oder gar das Hauptzollamt mal dezent hinzuweisen?

  • Ich würde den pfändbaren Betrag, welcher sich unter Beachtung des Mindestlohnes ergibt, ausrechnen und vom Arbeitgeber fordern. Alles andere liegt dann in der Hand des Insolvenzschuldners.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • gelten arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen?

    Laut Vertrag 3 Monate. Ich denke aber, dass diese vereinbarte Frist hinter das MiLoG zurücktritt. Muss ich aber noch mal recherchieren.

    Ob es Tarifverträge gibt, konnte mir der leicht phlegmatisch veranlagte Schuldner nicht sagen. Er arbeitet als Aushilfe in einem Reha-Technik-Geschäft (Lager und so). Der Job ist über das JobCenter vermittelt worden, Arbeitsaufnahme war der 01.07.2014.

    Ob der Arbeitgeber vielleicht davon ausgeht, dass die Ausnahme für Langzeitarbeitslose ab dem 01.01.15 für ihn "neu" anfängt zu laufen? Der Schuldner hat mehrere Jahre in Haft verbracht und war wohl auch schwer vermittelbar. Ich will ihm ja auch den Job jetzt nicht versauen.

  • Hinsichtlich Tarifverträgen verstehe ich § 24 Abs. 1 MiLoG so, dass damit nur für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge gemeint sind. Liste hier (Link auf der rechten Seite): http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbe…fvertraege.html.

    Zur Beschäftigung zuvor Arbeitsloser:

    Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen zudem nach Nummer 4 Praktikantinnen und Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach §54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen. Es ist entbehrlich, berufspraktische Phasen im Rahmen von Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und im Rahmen von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in den Katalog des Satzes 2 aufzunehmen. Denn es handelt sich bei ihnen um Maßnahmenbestandteile, bei denen die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt im Vordergrund steht.

    Quelle: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2014/0147-14.pdf

    Insofern sehe ich da keinen Stichtag für altes/neues Recht.

  • Insofern sehe ich da keinen Stichtag für altes/neues Recht.

    Ich auch nicht... :D Es könnte aber sein, dass der Arbeitgeber das so sieht und nun bis 30.06.15 noch an dem geringeren Lohn festhält.

    Langzeitarbeitslose können ja in den ersten 6 Monaten für weniger als ML beschäftigt werden. Aber da der Schuldner ja nun schon 6 Monate da arbeitet, ist er ja mit Start des MiLoGs nicht mehr Langzeitarbeitsloser und dürfte seit dem 01.01.15 Anspruch auf vollen Lohn haben.

    Ich hab mich zwar schon tiefergehend mit dem Thema befasst, aber noch nichts Griffiges dazu gefunden, ob das halbe Jahr jetzt neu berechnet werden darf oder ob möglicherweise vorangegangene Monate schon zu den 6 Monaten dazu gerechnet werden müssen. Mein Basiskommentar äußert sich dazu nicht so konkret....

  • Ich hab mich zwar schon tiefergehend mit dem Thema befasst, aber noch nichts Griffiges dazu gefunden, ob das halbe Jahr jetzt neu berechnet werden darf oder ob möglicherweise vorangegangene Monate schon zu den 6 Monaten dazu gerechnet werden müssen. Mein Basiskommentar äußert sich dazu nicht so konkret....

    Ah, ich hatte mich gerade vertan. Wenn hier keine Eingliederungsmaßnahme o.ä. gemeint ist, gilt dies:

    Satz 1 regelt, dass der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gilt, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren. [...]

    Also m.E. eindeutig kein Neubeginn des 6-Monats-Zeitraums.

  • Also m.E. eindeutig kein Neubeginn des 6-Monats-Zeitraums.

    Jo, sehe ich auch so. Mal sehen, ob ich noch mehr Infos vom Schuldner bekomme über die Förderung, die da vom Arbeitsamt hinterstecken soll. Der Chef kriegt da wohl i-wie was. Aber ich hab ihm das nicht alles aus der Nase popeln können. Vielleicht krieg ich ihm noch die eine oder andere Unterlage aus den Rippen geleiert.

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