Beendigung Vormundschaft Flüchtling

  • Brauche mal den Rat des Forums,

    ein großer Teil unserer umF ist nun zum 1.1. 18 Jahre alt geworden, nach deutschem Recht wären sie volljährig und die Vormundschaft damit beendet. Die Vormünder wollen sich der Sache nun (verständlicherweise) entledigen.

    Nach OLG München vom 08.06.2009, 31 Wx 62/09, und nach Staudinger, Jan von Hein (2014), EG BGB Art. 24, Rn. 26 und 34, gilt aber das Heimatrecht der Flüchtlinge betreffend die Frage Beendigung der Vormundschaft. Es ist also zu prüfen, wann die Flüchtlinge nach ihrem Heimatrecht volljährig werden. Das ist ja nicht immer mit 18.

    Meine Fragen daher:
    1. Hat noch jemand fundierte Gegenansichten?
    2. Hat jemand eine Liste betreffend die Voraussetzungen Beendigung Vormundschaft/Eintritt Volljährigkeit betreffend die Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge?

  • Im Zweifel ist das Standesamt immer tagesaktuell über das Heimatrecht informiert oder das BfJ.

    Knüpft man seine Frage an Artikel 7 EGBGB an, wird man im Internet eher fündig und erleichtert anderen die Antwort:

    "Geschäftsfähig in Guinea" zum Beispiel

  • Ich muss das Thema leider noch mal aus der Versenkung holen:

    Jetzt haben wir einige Ü18-Mündel, die nach Heimatrecht nicht volljährig sind. Nach unserem Recht sind sie aber voll geschäftsfähig. Dürfen sie nun alles selbst unterschreiben? Mietvertrag abschließen, Führerschein machen etc? Wie schaut es mit an sich genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften aus?

    Wenn ich die in #1 zitierte Entscheidung richtig lese, gilt auch bei der Frage der Volljährigkeit/Geschäftsfähigkeit das Heimatrecht des Mündels, d. h. überall müsste der Vormund mitwirken.


    Problem des (Vereins-)Vormunds: Er erhält nach dem Jugendhilfegesetz nur Erstattung für Mündel bis 18 Jahre.

    Kennt jemand andere Meinungen zum Thema Geschäftsfähgikeit ausländischer Mündel?

  • Ich kann mich der o.g. Auffassung des OLG München nicht anschließen. Bei Flüchtings- und Asylkindern ist m.E. Art 5 EGBGB in Verbindung mit dem Abkommen über die Rechtstellung von Flüchtlingen und dem Asylverfahrensgesetz zu beachten (zu finden im Palandt EGBGB 5 und Anhang zu EGBGB 5).

    Demnach gilt nach § 2 AsylVfG i.V.m. Art. 12 FlüchtlingsÜbk folgendes:

    Das Personalstatut jedes Flüchtlings bestimmt sich nach dem Recht des Landes seines Wohnsitzes oder, in Ermangelung eines Wohnsitzes, nach dem Recht seines Aufenthaltlandes.

    Damit ist mit dem Erwerb des Flüchtlingsstatus nach dem deutschen IPR ein Statutenwechsel verbundet.

    Das bedeutet m.E., dass sich für die Flüchtlingskinder (auch ab dem 18. Geburtstag) der Personalstatus nach deutschem Recht richtet - sie also mit 18 volljährig werden, die Vormundschaft endet.

    Wir erklären alle VM der Flüchtlingskinder mit Erreichen des 18. Geburtstags kraft Gesetzes als beendet.

  • Und siehe da: Das OLG Karlsruhe hat vor Kurzem gegen meine vorgenannte Meinung entschieden :( Nach deren Auslegung gehört die Volljährigkeit nicht zum Personalstatut!

    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laende…cht=bw&nr=19640

    Ich denke, wir werden das hausintern dringend nochmal besprechen müssen...

    Zur Folge hat das m.E., dass alle in Deutschland lebenden jungen Menschen, die nach Heimatrecht nicht mit 18 volljährig werden eben erst ab dem nach Heimatrecht gelltenden Alter volljährig und geschäftsfähig werden, d.h. bis dahin unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft stehen. Im täglichen Rechtsverkehr müsste daher jeder Vertragspartner bei Geschäften mit jungen Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen prüfen, ob derjenige nach Heimatrecht schon volljährig ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das in der Praxis beachtet wird....
    In der Konsequenz müssten wir dann z.B. auch Grundstückskufverträge für ggf. Ü18 Personen genehmigen, die z.B. die ägyptische Staatsangehörigkeit besitzen!?

    Ganz am Rande: Eigentlich betrifft dieses Problem ja auch Amtsvormundschaften, wo es auf die Minderjährigkeit der Kindesmutter ankommt :eek: Sollte die junge Mutter nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen kann ggf. die Amtsvormundschaft vor oder nach dem 18. Geburtstag enden...?
    Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht.

    Wie handhabt ihr das?

  • Vielen Dank für die Einstellung der Entscheidung des OLG Karlsruhe. Juristisch halte ich die Ausführungen in dieser Entscheidung für stimmig und logisch. Auch im Zusammenhang mit der bereits zitierten Entscheidung des OLG München aus 2009 muss ich der dortigen Linie leider folgen.

    Ich habe mir selbst auch schon einiges zur Frage der Anwendbarkeit der Genfer Flüchtlingskonvention auf unsere umF angeschaut und bin - je länger ich mich damit beschäftigt habe - umso mehr zur Auffassung gelangt, die nun letzlich auch das OLG Karlsruhe verfolgt. Leider muss man sagen, denn es macht es den Familiengerichten, den Vormündern und ich meine auch den umFs selbst nun schwerer.

    Hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit und der Frage der Wirksamkeit der von den umF abgeschlossenen Verträgen habe ich aber auch gelesen, dass sich der andere Teil auf Vertrauensschutz berufen kann, wenn ihm der Ü18-umF seine fehlende volle Geschäftsfähigkeit verschweigt.

    Hinsichtlich der Amtsvormundschaften minderjähriger Mütter kann mE nach nichts anderes gelten. Glücklicherweise haben wir zumindest in unserem Bezirk zahlenmäßig nicht sehr viele Ü18-umF und die Länder, in denen man erst mit 21 volljährig wird, stehen glücklicherweise auch nicht so sehr im Fokus wie die Hauptherkunftsländer.

    Bin mal gespannt, wie es mit den Ü-18-umF hier weitergeht, wenn weder unsere Vormundschaftsvereine noch unsere Jugendämter diese Vormundschaften weiterführen möchten und aus finanziellen Gründen auf Entlassung drängen werden.


  • Bin mal gespannt, wie es mit den Ü-18-umF hier weitergeht, wenn weder unsere Vormundschaftsvereine noch unsere Jugendämter diese Vormundschaften weiterführen möchten und aus finanziellen Gründen auf Entlassung drängen werden.


    Wie soll ein Jugendamt auf Entlassung drängen ( können ) , wenn es keine Alternativen für einen neuen Vormund bietet ?:gruebel:

  • Indem sie versuchen, das ganze auf Berufsvormünder oder Vereinsmitarbeiter abzudrücken.

    Das ist bei uns eh ein ganz heißes Eisen. Bislang haben wir uns in unserem kleinen Bezirk im Großen und Ganzen gegen die Bestellung von konkreten Vereinsmitarbeitern und gegen die Bestellung von Berufsvormündern wehren können. Aber zuerst wird uns der Verein abspringen wollen, weil er aus dem Jugendhilfetopf dann keine Erstattung mehr erhält. Das Jugendamt wird auch murren, weil sie eh schon stark ausgelastet (eigentlich überlastet) sind und keine neuen Leute erhalten.

    Dann wird es bei uns (wieder) losgehen mit der Frage von Berufsvormündern und Bestellung von Vereinsmitarbeitern. Das möchte ich aber hier verhindern, weil man diese Tür sonst nicht mehr zukriegt.

    Rechtlich ist es natürlich einfach: Bestellt ist bestellt und ein Vormundwechsel geht nur, wenn sich ein anderer geeigneter für übernahmebereit erklärt (und das Mündel einverstanden ist). Aber ich fürchte da wieder ein Lostreten von Diskussionen bei mir vor Ort - und von den Berufsvormündern hier im Forum :tomate

  • ........ Aber ich fürchte da wieder ein Lostreten von Diskussionen bei mir vor Ort - und von den Berufsvormündern hier im Forum :tomate

    Die Amtsvormünder nicht zu vergessen! Oder lassen die sich das etwa bieten?

    Keine Angst! Du wirst die Tür schon geschlossen halten. Unser Nachbar-AG hat inzwischen alle Berufsvormünder erfolgreich vergrault. Fiskalische (Schein-)argumente setzen sich halt immer mal wieder durch.


  • Keine Angst! Du wirst die Tür schon geschlossen halten. Unser Nachbar-AG hat inzwischen alle Berufsvormünder erfolgreich vergrault. Fiskalische (Schein-)argumente setzen sich halt immer mal wieder durch.


    Leider allzu oft wahr, zumal im Verhältnis der Auswahl zwischen Jugendamt zu Berufsvormund kein gesetzlicher Vorrang des Jugendamtes besteht.

  • Dem BREamten ist insoweit recht zu geben , als ein Richter weniger Interessen auf die Belange der Staatskasse nimmt, als leider zu viele Rechtspfleger .
    Bei manchen Kollegen meint man , sie müssten einen Berufsvormund aus der eigenen Tasche zahlen.
    Dabei gehts um das Kindeswohl und nicht um fiskalische Interessen.
    Auf ein paar Kröten mehr für einen Berufsvormund kommts bei der Flüchtlingswelle jetzert auch nicht mehr an.
    Frau Dr. Merkel und selbst Herr Schäuble machens vor bzw. möglich.
    Weiß außerdem nicht, wie die Mitarbeiter der JÄ sonst derzeit die Obergrenze von 50 Mündels einhalten sollen/können.

    2 Mal editiert, zuletzt von Steinkauz (28. September 2015 um 07:43) aus folgendem Grund: SF

  • Dem BREamten ist insoweit recht zu geben , als ein Richter weniger Interessen auf die Belange der Staatskasse nimmt, als leider zu viele Rechtspfleger .
    Bei manchen Kollegen meint man , sie müssten einen Berufsvormund aus der eigenen Tasche zahlen.
    Dabei gehts um das Kindeswohl und nicht um fiskalische Interessen.
    Auf ein paar Kröten mehr für einen Berufsvormund kommts bei der Flüchtligswelle jetzert auch nicht mehr an.
    Frau Dr. Merkel und selbst Herr Schäuble machens vor bzw. möglich.
    Weiß außerdem nicht, wie die Mitarbeiter der JÄ sonst derzeit die Obergrenze von 50 Mündels einhalten sollen/können.


    Ach je, das nun wieder. Der Rechtspfleger als beamtentypisch-fiskusorientiertes Mängelwesen auf der einen und der Richter als in sich ruhendes fiskalisch-unabhängiges Überwesen auf der anderen Seite. Ich dachte, solche Vorwürfe seien das Privileg vereinzelter frustrierter Anwälte.
    Ich kenne mehr Richter als Rechtspfleger, deren Fokus wesentlich mehr auf die Finanzen gerichtet ist. Wer fiskalische Grundsätze über rechtliche Notwendigkeiten stellt, hat ein grundsätzliches Problem, egal ober Richter, oder Rechtspfleger.

  • Wer fiskalische Grundsätze über rechtliche Notwendigkeiten stellt, hat ein grundsätzliches Problem, egal ober Richter, oder Rechtspfleger.

    Bezogen auf § 1697 a BGB nicht nachvollziehbar diese Argumentation. Und das nenn ich jetzt mal milde ausgedrückt.
    Fiskalische Grundsätze stehen eben nicht über dem Kindeswohl.
    Bezogen auf Kinder, ziehe ich ein Überwesen einem Mängelwesen allemal vor.
    Wieso sollte die von Dir und mir postulierte Denkweise außerdem nur auf Rechtsanwaltsseite vorhanden sein und nicht auch in unserer Binnensicht ?

    Es ist mir im übrigen völlig egal, wie viele knauserige Richter Du kennst, wenn ich noch mehr fiskusorientierte Mängelwesen kenne.:strecker
    Das ist doch kein Argument , wer wie viele kennt.

  • Bei manchen Kollegen meint man , sie müssten einen Berufsvormund aus der eigenen Tasche zahlen.
    Dabei gehts ..... nicht um fiskalische Interessen.

    Es geht auch nicht um fiskalische Interessen, wenn die Jugendämter bestellt werden, denn sehr häufig stehen halt einfach keine ehrenamtlichen und Berufsvormünder zur Verfügung. Im hat noch niemand schlüssig dargelegt, dass ein Berufsvormund den Steuerzahler wesentlich mehr kostet als ein neu eingestellter Mitarbeiter beim Jugendamt, insoweit ist der Vorwurf auch eine Unterstellung. Wir haben im noch relativ kleinen Landkreis/Jugendamt jetzt 4 Vormünder, sie haben alle etwas mehr als 50 Vormundschaften. Nun sollen in ein Dorf 75 umF kommen, da muss natürlich mindestens ein Vormund neu eingestellt werden, besser wären wohl (ggf. befristet) 2, denn ich denke mal nicht, dass man es gleichsetzen kann, ob man 50 minderjährige deutsche Kinder hat oder 50, die zunächst noch kein Wort der deutschen Sprache beherrschen.

    Frau Dr. Merkel und selbst Herr Schäuble machens vor bzw. möglich.

    Ja vorher war kaum Geld da, die Büros mal mit einem (notwendigen) neuen Farbanstrich zu versehen, jetzt berichten die bewirtschaftenden Stellen davon, dass praktisch unbegrenzt Geld vorhanden ist, wenn es um Unterkünfte für die Flüchtlinge geht. Das kann nur so erklärbar sein, dass man sich plötzlich vom dem selbst gesteckten Ziel einer schwarzen Haushalts-Null einfach mal über Nacht verabschiedet hat, insoweit muss man das "Möglich-Machen" wohl verstehen. Nunja, das wollen wir hier lieber nicht weiter diskutieren.
    Oder mal anders ausgedrückt: Geld anderer Leute (Steuern) auszugeben oder Schulden zu machen, ist wahrlich keine besondere Leistung. Von denen die das machen, gibt es wahrlich genug.

    Einmal editiert, zuletzt von Andy.K (28. September 2015 um 09:34)

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