Macht eine Versagung für den Schuldner evtl. Sinn?

  • Hallo zusammen,

    ich hatte gerade einen Schuldner (schonj in der Wohlfühlphase) hier, der selbständig war und auch nach Eröffnung mit Freigabe weiterhin ist. Nun haben sich Neuverbindlichkeiten angesammelt, dumm das.

    Meine Überlegung (die sich mir aufdrängte, ohne dass ich hier eine Beratung mache gegenüber dem Schuldner):

    Wenn der Schuldner sein jetziges Verfahren normal durchläuft, bekommt er in ca. 2 Jahren RSB und hat dann eine 10-Jahres-Sperre (§ 287a Abs. 2 Nr. 1 InsO) für einen Neuantrag.

    Würde der Schuldner einfach untertauchen, neue Arbeit aufnehmen ohne uns was zu sagen, wäre eine Versagung möglich sein, die dann für einen Neuantrag nach § 287a Abs. 2 Nr. 2 InsO nur eine Dreijahressperre bedeutet.

    Im Hinblick auf ein neues Insolvenzverfahren: Macht hier für den Schuldner Sinn, auf eine Versagung hinzuarbeiten oder übersehe ich da etwas??

  • Auf eine Versagung der RSB braucht der Schuldner gar nicht hinzuarbeiten. Naheliegender und einfacher wäre es, wenn er den Antrag auf Erteilung der RSB zurücknimmt.

    Ob hier dann nach neuer Rechtslage ab 01.07.2014 eine Sperrfrist (3 Jahre) für einen neuen Antrag auf RSB bzw. Verfahrenskostenstundung eintritt, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden.

    Je nach Meinung des zuständigen Amtsgerichts hierzu, wäre ggf. sogar ein sofortiger neuer InsO-Antrag möglich.

  • hier wird möglicherweise mit IX ZB 22/13 gegengehalten werden können.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ...wäre aber bei einem solchen Verhalten nicht ein Rechtsmissbrauch zu verzeichnen?

    Die Fortsetzung des ersten Verfahrens ist wenig sinnvoll, wenn das vom Schuldner (und vom Gesetzgeber) angestrebte Ziel der Entschuldung ("fresh start") nicht mehr erreicht werden kann.

    Den Gläubigern des ersten Verfahrens entsteht dadurch, dass Ihre Forderungen erhalten bleiben kein Schaden.

    Die Neugläubiger werden wohl kaum behaupten wollen, dass sie nur deshalb in Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner getreten sind, weil sie darauf vertrauten, dass er wegen des bereits laufenden Verfahrens für mind. 10 Jahre keinen neuen RSB-Antrag stellen kann.

    Man sollte bedenken, dass eine Verschuldung nicht zwangsläufig im Fehlverhalten oder Leichtsinn des Schuldners begründet sein muss. Gerade im IN-Bereich kann es etliche weitere Gründe geben.

    Hat der Schuldner dagegen tatsächlich gemurkst, kann er natürlich Probleme bekommen (Stichworte: Insolvenzstraftaten, vbuH etc.).

  • Naturalmente würde den Gläubigern des bisherigen Verfahrens ein Schaden entstehen, da sich die Gläubigerkonkurenz in einem neuen Verfahren vermehren würde.
    Den Rechtsgedanken der von mir genannten Entscheidung aufgreifend wäre das "RSB-Hopping" rechtsmissbräuchlich.


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  • Naturalmente würde den Gläubigern des bisherigen Verfahrens ein Schaden entstehen, da sich die Gläubigerkonkurenz in einem neuen Verfahren vermehren würde.
    Den Rechtsgedanken der von mir genannten Entscheidung aufgreifend wäre das "RSB-Hopping" rechtsmissbräuchlich.

    Andererseits partizipieren sie an der Insolvenzmasse der im Erstverfahren freigegebenen selbständigen Tätigkeit.

    Die von dir zitierte BGH-Entscheidung bezieht sich auf altes Recht. Der Gesetzgeber hat im Wissen um die diversen Analogie-Entscheidungen des BGH die Sperrfristen abschließend regeln wollen. Man kann also durchaus diskutieren, ob die nicht aufgenommene Regelung für eine Sperrfrist bei Rücknahme eines RSB-Antrags Absicht oder (erneut) Regelungslücke ist.

    Man kann kann auch zu unterschiedlicher Bewertungen kommen für die Rücknahme eines RSB-Antrags wg. Neuverschuldung oder wg. drohender Versagung der RSB im Erstverfahren. Der BGH wird hier mit Sicherheit in seiner gewohnten Weisheit Klarheit schafffen :D

    Bejaht man die Rechtsmissbräuchlichkeit eines sofortigen neuen RSB-Antrags, stünde jedenfalls m.E. unstreitig maximal eine 3-Jahres-Sperre im Raum. (Und ob ein dreijähriger Einzelzwangsvollstreckungswettlauf im Interesse der Gläubiger ist...:gruebel:)

  • Naturalmente würde den Gläubigern des bisherigen Verfahrens ein Schaden entstehen, da sich die Gläubigerkonkurenz in einem neuen Verfahren vermehren würde.
    Den Rechtsgedanken der von mir genannten Entscheidung aufgreifend wäre das "RSB-Hopping" rechtsmissbräuchlich.

    Andererseits partizipieren sie an der Insolvenzmasse der im Erstverfahren freigegebenen selbständigen Tätigkeit.

    Die von dir zitierte BGH-Entscheidung bezieht sich auf altes Recht. Der Gesetzgeber hat im Wissen um die diversen Analogie-Entscheidungen des BGH die Sperrfristen abschließend regeln wollen. Man kann also durchaus diskutieren, ob die nicht aufgenommene Regelung für eine Sperrfrist bei Rücknahme eines RSB-Antrags Absicht oder (erneut) Regelungslücke ist.

    Man kann kann auch zu unterschiedlicher Bewertungen kommen für die Rücknahme eines RSB-Antrags wg. Neuverschuldung oder wg. drohender Versagung der RSB im Erstverfahren. Der BGH wird hier mit Sicherheit in seiner gewohnten Weisheit Klarheit schafffen :D

    Bejaht man die Rechtsmissbräuchlichkeit eines sofortigen neuen RSB-Antrags, stünde jedenfalls m.E. unstreitig maximal eine 3-Jahres-Sperre im Raum. (Und ob ein dreijähriger Einzelzwangsvollstreckungswettlauf im Interesse der Gläubiger ist...:gruebel:)

    Zum ersten Punkt: wenn es da was so dolle partiipieren gelte, gäbe es keine Folgeinsolvenz. I.Ü. zugestanden, denke auch, dass der BGH da mal wieder ranmuss. Der Gesetzgeber hat da auch mal wieder "lücken" gelassen oder nicht regeln wollen, oder alles geregelt, sodass kein Lückenproblem gegeben ist. Da wäre in einer Hausarbeit so ziemlich alles vertretbar.
    Was ich nicht verstanden habe: bei aller InsO-Dauerbaustellen-Bearbeitung sind die Länder bis jetzt nicht aufgewacht. Aufgewacht in folgender Hinsicht:
    (1) kein Inkasso-Deluxe mehr durch die Insolvenzgerichte (juristisch gewendet: warum gibt es bei § 91a ZPO keine Zweitschuldnerhaftung für die Gutachterkosten) - kostet den Justizfiskus Millionen, das Problem ist seit Jahren bekannt

    (2) warum findet sich in § 4a ff. keine Regelung zur Mutwilligkeit ?

    Aber die Länderregierungen machen sich auch nur dann Gedanken um die Knete, wenn es um die Bezahlung der Landesbediensteten geht. Ergo: Verweigerungshaltung generell, aber sonst das Hirn nicht einschalten.
    Mich macht sowas nur noch kotzesauer: alle Macht den Räten :D

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