Rangwahrend oder nicht?

  • Habe es nicht nachgelesen. Ist das denn so gemeint? Es würde also trotz Rangkonkurrenz kein Antrag nach § 17 GBO vorliegen, aber einer nach § 18 GBO? Oder ist das die Diskussion, ob eine nicht rechtsmittelfähige Aufklärungsverfügung (§ 139 ZPO) einer Zurückweisung (§ 18 GBO) gleichsteht? Ursprünglich ging es dabei mal darum, dass ein mit einem vollstreckungsrechtlichen Mangel behafteter Antrag nicht sofort kostenpflichtig (!) zurückgewiesen, sondern zunächst schriftlich oder telefonisch (mit Aktenvermerk; vgl. Kommentierung zu § 139 ZPO) beanstandet werden soll. Aber spätestens wenn ein weiterer Antrag eingeht, wäre nach § 18 GBO zu entscheiden.

  • Genau, eben die fehlende Rechtsmittelfähigkeit der anderen Variante gefällt mir auch nicht. Und hinsichtlich eines evt. dritten Antrags dürfte auch keine Gefahr bestehen, da der Antrag sowieso keinen Rang wahrt und im Übrigen ja neu gestellt werden könnte.

  • Noch gefunden und im Sinne Hügels (Musielak/Becker ZPO § 867 Rn. 5):

    "Verstreicht die Frist fruchtlos, wird der Antrag zurückgewiesen. Andernfalls ist für die Reihenfolge der Eintragung (§ 17 GBO) der Eingang des mangelfreien Antrags beim GBA (§ 13 Abs. 1 GBO) maßgeblich. Zwischenzeitlich eingegangene mangelfreie Anträge werden vollzogen und gehen im Rang vor.

    Obwohl man demnach vor Erledigung des vollstreckungsrechtlichen Mangels und damit überhaupt bei einem vollstreckungrechtlichen Mangel keinen Antrag nach § 13 GBO hat, erfolgt die Zurückweisung dann aber doch nach § 18 GBO. :gruebel:

  • Der Umstand, dass sich der Rang aus dem mit Vollstreckungsmängeln behafteten Antrag nach dem Eingang eines mangelfreien Antrags richtet, bedeutet mE nicht, dass der Antrag solange als nicht gestellt behandelt werden kann. Der BGH führt im Beschluss vom 23. 5. 1958 - V ZB 12/58 = NJW 1958, 1090, aus (Hervorhebung durch mich):

    „Zur Vermeidung von Schwierigkeiten und Missverständnissen wird es sich in derartigen Fällen, wie auch Hoche (DNotZ 57, 3, 5) vorschlägt, empfehlen, den Gläubiger darauf hinzuweisen, dass bis zur Behebung des vollstreckungsrechtlichen Hindernisses ein Antrag eines Dritten im Range vorgeht und bei Eingang eines solchen neuen Antrages der unvollständige Antrag zurückgewiesen werden muss.“

    Zwar führt Zeiser im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg: Hügel, Stand: 01.01.2015, § 17 RN 5 aus:

    „Ein unbegründeter Antrag, der zurückzuweisen wäre, ist erst dann als eingegangen zu betrachten, wenn er begründet ist (KG JFG 14, 444, 446). Ein Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gilt erst dann im Sinne des § 17 GBO als eingegangen, wenn er mit keinen vollstreckungsrechtlichen Hindernissen (mehr) behaftet ist (KG JFG 14, 444; Bauer/v. Oefele/Wilke GBO § 17 Rn 8; Meikel/Bestelmeyer GBO § 17 Rn 7).“

    Vorliegend ist jedoch der Antrag nicht „unbegründet“, sondern in der geltend gemachten Weise nicht bzw. nur teilweise vollziehbar.

    Wie das OLG Hamm im Beschluss vom 7.2.2013, I-15 W 4/13; = FGPrax 2013, 149, ausführt, ist „der Antrag wie jeder Grundbuchantrag nur ein Vorschlag für die Fassung der Eintragung, an die das Grundbuchamt nicht gebunden ist (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 13 Rn. 4).“ Der Antrag könne bei verständiger Würdigung auch dahin ausgelegt werden, dass er auf die Eintragung (dort: die Säumniszuschläge, hier) der Zinsen als Nebenforderung gerichtet ist.

    Selbst wenn diese Auslegung vorliegend nicht in Betracht käme, erschiene mir jedoch auch dann eine Zwischenverfügung zulässig zu sein, wenn der Titel Zinsen in nicht kapitalisierter Form ausweist, diese jedoch im Antrag in kapitalisierter Form geltend gemacht wurden, es sei denn, mit der Kapitalisierung wird überhaupt erst der Mindestbetrag von 750,01 € erreicht.

    Dies deshalb, weil sich an dem Umfang des geltend gemachten Anspruchs zunächst einmal nichts ändert. Um mit dem B. OLG München 34. Zivilsenat, vom 26.01.2012, 34 Wx 433/11, zu formulieren:

    „In Frage steht nur, wie die Nebenforderungen im Grundbuch zu verlautbaren sind, mit anderen Worten, ob sie - wie von den Antragstellern verlangt - für den Zeitraum bis zur Antragstellung kapitalisiert werden können.“ Daher könnten nicht kapitalisiert im Titel ausgewiesene Säumniszuschläge jedenfalls nicht als Teil der Hauptsache eingetragen werden.

    Auch im B. v. 30.09.2011, 34 Wx 356/11, sieht das OLG München bei den in kapitalisierter Form geltend gemachten Zinsen nur deshalb ein Hindernis, weil dann aus der Eintragung nicht selbst ersichtlich ist, ob sie eine Nebenforderung oder eine Hauptforderung ausweist und der Titel, aus dem sich dies ergäbe, nicht bei der Grundakte verbliebe. Dem ließe sich im Übrigen schon dadurch begegnen, dass zum einen eine beglaubigte Abschrift des Titels zurückbehalten wird und zum anderen in der Eintragung formuliert wird…“darin enthalten….€ (ggf. noch: für den Zeitraum vom..bis…) kapitalisierte Zinsen..“.

    Und im B. vom 30.09.2011, 34 Wx 418/11 werden verschiedene grundbuchrechtliche und vollstreckungsrechtliche Hindernisse mit der Bemerkung erwähnt, dass vollstreckungsrechtlich (lediglich) zu beanstanden ist, dass im Antrag kapitalisierte Zinsen eingerechnet wurden.

    Das ist jedoch eine Frage der Fassung der Grundbucheintragung.

    Bevor der Gläubiger durch die Zurückweisung seines Antrags einen Rangverlust in Kauf nimmt, wird er sicherlich die Eintragung so wünschen, wie es nach der (derzeit) aktuellen Rechtsprechung möglich ist, also mit den Zinsen in der Form, wie sie im Vollstreckungstitel ausgewiesen sind. So wäre jedenfalls meiner Ansicht nach der Eintragungsantrag auszulegen. Dieses Auslegungsergebnis könnte der Gläubiger oder -Vertreter ggf. bestätigen.

    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Eintragung auf einem erst noch zu bildenden Teilgrundstück gewollt ist, wenn zu dessen Bildung erst noch die Mitwirkung des Vollstreckungsschuldners erforderlich ist (Schöner/Stöber, RN 671; Kral im Beck-OK, GBO, § 7 RN 35). Der Gläubiger (oder Gläubigervertreter) müsste ja mit dem Klammerbeutel gepudert sein wenn er nicht die Eintragung an dem ungeteilten Grundstück wünschen würde. Bei dessen späterer Teilung würde ihm dann ein Gesamtrecht zustehen, das er ansonsten wegen § 867 II ZPO nicht erhalten könnte.

    Ich kann mir daher eigentlich nur vorstellen, dass der Eintragungsantrag eine unschädliche Falschbezeichnung enthält.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich kann mir daher eigentlich nur vorstellen, dass der Eintragungsantrag eine unschädliche Falschbezeichnung enthält.

    Um den Antrag insoweit auszulegen, müßte der Antrag mehrdeutig sein. Wenn bei einem Grundstück, bestehend aus Flst. 1 und Flst. 2, das Flst. 1 belastet werden soll, fehlt es gerade daran. Ich vermute mal eher, dass der Antragsteller den Grundstücksbegriff mißversteht und (aus seiner Sicht) lieber Flst. 1 belastet statt zu verteilen.

  • Wenn der Antragsteller den Grundstücksbegriff missverstanden hat, würde es sich bei der Grundstücksbezeichnung aber ebenfalls um eine offensichtliche und damit nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der „falsa demonstratio non nocet" rechtlich unschädliche Falschbezeichnung handelt, die der nachträglichen Klarstellung zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2013 , 7 C 22/11 - NVwZ-RR 2013, 593, Rz. 18). Zwar lässt sich der Grundsatz der „falsa demonstratio“ im GB-Verfahren nur eingeschränkt anwenden; Willenserklärungen, die einen zwingenden und eindeutigen Schluss zulassen, können aber auch im GB-Verfahren Berücksichtigung finden (OLG München, Beschluss vom 23. 9. 2008 - 34 Wx 76/08, Rz. 17). Und wie gesagt: Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, dass der Gläubiger die Belastung eines Objektes wünscht, zu dessen rechtlicher Existenz er auf die Mitwirkung seines Vollstreckungsschuldners angewiesen ist. Ich werde allerdings erst wieder gegen Ende kommender Woche im Rechtspflegerforum aktiv sein, so dass ich leider an einer möglichen Diskussion zu dieser Frage nicht teilnehmen kann:diskussio

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • :diskussio

    Meistens aber doch so: :einermein

    ... Falschbezeichnung ...



    Sehe ich nicht so. Das Grundstück ist nicht nur falsch bezeichnet worden, sondern der Gläubiger wollte meiner Meinung nach tatsächlich nur das Flst. 1 mit der Hypothek belasten. Aus den falschen Gründen zwar, aber ein Erklärungsirrtum wird, falls auf Verfahrenserklärungen überhaupt anwendbar, unbeachtlich sein. Wenn er jetzt, wo man ihn über seinen Irrtum aufklärt, natürlich lieber das ganze Grundstück belasten möchte, stellt das einen neuen Antrag dar.

    Noch als Anmerkung zu den Zinsen: Dabei ging es mal darum, dass sie in kapitalisierter Form in die Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG, sonst in Nr. 8 fallen. Der Gläubiger beantragt vorliegend somit mehr als tituliert wurde. Schränkt der Gläubiger den Antrag nicht ein, könnte dieser m.E. insoweit zurückgewiesen und als „Weniger“ (vgl. Beschluss des OLG München vom 20.05.2010; 34 Wx 55/10: „Schon um den dem Gläubiger gebührenden Rang zu wahren, ist indes zu beachten, dass das Grundbuchamt dem Antrag für denjenigen Teil der Forderung zu entsprechen hat, für den die Vollstreckungs- und Eintragungsvoraussetzungen vorliegen. Insoweit hat es die Eintragung unabhängig vom zu beanstandenden Teil der Forderung vorzunehmen (Schuschke/Walker § 867 Rn. 8; Hintzen Rpfleger 1991, f.; Münzberg in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 867 Rn. 26)“; zu Zinsen ab „Rechtskraft“) in der titulierten Weise eingetragen werden.

    Das ist aber halt nur meine Ansicht, während sich der nachfolgende Grundschuldgläubiger auf die oben bereits genannten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen berufen kann, wonach die Hypothek bei Kapitalisierung der Zinsen insgesamt zurückzuweisen ist.

  • Ich habe hier gerade einen ähnlichen Fall auf dem Tisch, folgender Sachverhalt:

    Im Februar ging hier ein Antrag auf Eintragung einer ZwaSi ein. Im Grundbuch ist ein vereinigtes Grundstück eingetragen, bestehend aus den Flurstücken 100/1 (Hauptstraße 10) und 100/2 (Hauptstraßenmähder, riesige Landwirtschaftsfläche). (Namen und Flurstücksnummern sind natürlich von mir geändert). Der Antrag lautete dahingehend, eine ZwaSi am Grundstück Gemarkung XY, Blatt 2000, Hauptstraße 10 einzutragen. Zudem war im Antrag das übliche Problem mit den kapitalisierten Zinsen enthalten.
    Ich habe eine Aufklärungsverfügung erlassen. Zum einen habe ich die Eintragung kapitalisierter Zinsen abgelehnt, zum anderen war mir nicht bestimmt genug, ob die ZwaSi am vereinigten Grundstück eingetragen werden sollte oder nur am bezeichneten Grundstück Hauptstraße 10, denn dann hätte es mir an einem Teilungsantrag gefehlt.
    Ich habe mittlerweile auch einen geänderten Antrag des Gläubigervertreters, in dem die kapitalisierten Zinsen nichtmehr enthalten sind, erhalten, sowie eine Erklärung dahingehend, dass die ZwaSi am gesamten vereinigten Grundstück eingetragen werden soll.
    Jetzt habe ich allerdings das Problem, dass in der Zwischenzeit, sprich vor Eingang des neuen Antrags, eine Teilungserklärung nach § 8 WEG des Schuldners hier auf dem Tisch liegen habe, in dem die Vereinigung der beiden Grundstücke aufgehoben werden und an Flst. 100/1 (Hauptstraße 10) eine Wohnungseigentumsanlage gebildet werden soll.

    Ich hab jetzt einen Knoten im Hirn und frage mich, wie nun weiter zu verfahren ist. Meines Erachtens fand hier keine Rangwahrung durch den ersten mangelhaften Antrag statt. Der korrigierte Antrag wäre nun wohl aber ebenfalls nichtmehr vollzugsfähig, da der Belastungsgegenstand so nicht mehr besteht nach Vollzug der Teilungserklärung.
    Liege ich soweit richtig ? Wie würdet ihr in der Sache nun weiter vorgehen?

  • Oh Mann, die Sache hat mir damals schlaflose Nächte beschert.

    Wenn der erste Antrag nicht vollzugsfähig war und nicht rangwahrend geheilt werden konnte, muss er jetzt zurückgewiesen werden.
    Nach Vollzug des weiteren Antrags wäre der erste wegen der Zurückweisung sowieso nicht mehr zu vollziehen, daher ist es auch egal, dass er faktisch nicht mehr vollzogen werden könnte.

    Wenn du noch mehr Infos (von damals...ich habe den Beschluss BESTIMMT gespeichert) brauchst, gern per PN.

  • ...

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