Große Vormundschaftsreform

  • Ich mache hier mal ein Fass auf für das nächste - diesmal weit größere - Reformwerk ( nach 2011 ) :

    http://www.bmjv.de/SharedDocs/Dow…html?nn=1461706

    Die Eckpunkte für diese Reform sollten dort zu finden sein; außerdem in der FamRZ 2015, S. 303 ff.
    Diskutiert haben einige hier das ganze schon letzten Herbst in Bad Boll.

    Wegen der geplanten Umbauarbeiten im Gesetzeswerk wird die Reform natürlich massiv auch Auswirkungen auf das Betreuungsrecht haben.

  • Nachzutragen bleibt , dass ich das Projekt in meiner bekannt charmanten Art:) - aber weiterhin kritisch - begleiten werde.

    Aufzupassen wird insbes. auch darauf sein, dass Verfahrensrecht entspr. angepasst bzw. verbessert wird.
    Ich denke da z.B. an die Beteiligung des Kindes ( < > 14 Jahre ) im Genehmigungsverfahren , welche uns seit Jahren unnötig beschäftigt.

  • Danke, dass Du das Thema hier zur Sprache bringst. Ich warte schon mit Spannung darauf, wann das BMJV wohl den Referentenentwurf zur Stellungnahme an die Berufsverbände übersenden wird.
    Hier ist es besonders wichtig, dass erfahrene Familien- bzw. Betreuungsrechtspfleger die Auswirkungen der geplanten Änderungen kritisch und gründlich abwägen.

    Der BDR hat beim Rechtspflegertag 2012 eine Entschließung zu FamFG-Änderungen verabschiedet. Die Reformideen sind nachzulesen: Vorschläge der Kommission. In Bad Boll wurden diese Ideen diskutiert, teils auch vertieft (ein Bericht vom entsprechenden Arbeitskreis befindet sich im Rechtspflegerblatt 2/2015, in Kürze HIER nachzulesen).

  • Aufzupassen wird insbes. auch darauf sein, dass Verfahrensrecht entspr. angepasst bzw. verbessert wird.
    Ich denke da z.B. an die Beteiligung des Kindes ( < > 14 Jahre ) im Genehmigungsverfahren , welche uns seit Jahren unnötig beschäftigt.


    Angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben sehe ich da weniger Spielraum als etwa der BGH. Was aber nicht bedeutet, dass sich das Ganze nicht vereinfachen ließe. Ich denke mir (Gesetzesanpassung vorausgesetzt), ein Verfahrensbeistand wie im Betreuungsrecht könnte das Problem doch deutlich einfacher lösen. Allerdings: nur ein Gedanke; ich bin nicht so firm im Betreuungsrecht, dass ich das wirklich sagen könnte.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Na, dann warten wir mal ab, so richtig interessant wurde es erst auf den letzten 2-3 Seiten.

    Ich persönlich war ja auch schon immer der Meinung, dass ich keinen Grund erkennen kann, dem Kind im Genehmigungsverfahren noch einen Ergänzungspfleger zu bestellen (der BGH hat das ja bislang nur für die Erbausschlagung bestätigt). Es sollte ausreichen, dass das Handeln des Vormunds oder der Eltern, so eine Genehmigung für das betreffende Rechtsgeschäft gesetzlich vorgesehen ist, vom Gericht überprüft wird (dann gibt es bereits einen vermeintlich gewissenhaft Handelnden und einen Überprüfenden), das dann nicht nochmals von einer weiteren Institution überprüft wird. Dem Gericht steht sollte es zur Herbeiführung einer Entscheidungsreife freistehen, in komplexen und schwierigen Angelegenheiten einen "Verfahrenspfleger" (warum gibt es diesen im Betreuungsverfahren, nicht aber in gleichartigen Familienverfahren?) oder Sachverständige zu bestellen. Kindern ab 14 Jahren sollten die bestehenden Rechte jedoch erhalten bleiben.
    Aber insoweit wird mein Wunsch aber sicher nicht in Erfüllung gehen.

    Ich denke auch etwas skeptisch, wenn ich lese, dass der Wille des Mündels (noch) stärker zu berücksichtigen ist. Dann kommt es am Ende noch so weit, dass zu jeder Berichtsprüfung das Kind mit am Tisch sitzt und mit ihm alles zu besprechen ist. Meine Erfahrung unter Bekannten und vor allem auf der Rechtsantragstelle hat gezeigt, dass der Wille der Kinder bereits in vielen Elternhäusern viel zu stark Bedeutung hat - irgendwann sitzen die Eltern dann bei mir und beantragen die Genehmigung der Unterbringung des Kindes, weil sie mit ihren erzieherischen Möglichkeiten völlig am Ende sind, eben, weil zuvor in Schule und Elternhaus viel zu viel geduldet wurde. Dem Willen eines Kindes ständig nachzugeben und die Liebe zu einem Kind (mit Weitsicht zu dessen Wohl) sind eben nicht identisch.

    Andere Vorschläge, wie etwas nicht das Jugendamt zu bestellen, sondern (alternativ) einen bestimmten Mitarbeiter des Jugendamtes, sehe ich hinsichtlich der Umsetzbarkeit auch eher skeptisch. z.B.: Die JA-Mitarbeiter sind in ihrer Tätigkeit voll ausgelastet, sie müssen sich aber nicht um Ersatz kümmern, wenn sie mal ausfallen.
    Ich habe mit unserem Jugendamt, seit sie personell besser ausgestattet sind, durchweg gute Erfahrungen gemacht. Sofern ein ehrenamtlicher Vormund vorhanden und geeignet ist, wird selbstverständlich dieser bestellt, Vereine und Berufsvormünder gibt es hier sowieso nicht, darum spielen Vergütungsfragen bei mir auch keine Rolle.

    Wo es für mich Regelungsbedarf gäbe, weil so manches ungerecht ist, das wäre das pauschalierte Vergütungssystem bei (derzeit nur) Betreuern, jedenfalls was ihre Eingruppierung in die jeweilige Stufe angeht. Wir haben Betreuer, die in Stufe 1 eine bessere Arbeit für 27 €/h leisten als andere für 44 €/h. Es wird stur an beruflichen Qualifikationen teilweise aus Urzeiten festgehalten. Es gibt LG-Entscheidungen, wonach einerseits ein Dipl-Betriebswirt 27 €/h erhält, andere wieder mit 44 €/h. Wir haben Betreuer, die nur 27 €/h die Stunde bekommen, an deren Abrechnungen und Berichten nichts auszusetzen ist, die sich für ihre Betreuten auch einsetzen. Sämtliche Versuche am Landgericht, eine bereits 15-jährige Berufserfahrung und die Bewertung des Betreuungsgerichts in die Einstufung einfließen zu lassen, sind gescheitert. Das alles ist nicht gerade motivierend. Hier ist Handlungsbedarf angezeigt. Bei manchen Betreuern (mit irgendeiner pädagogischen Ausbildung im Zusammenhang mit Kindern) ist wiederum die höhere Einstufung nicht nachvollziehbar, nur einen äußerst kleinen Teil ihrer durch Ausbildung/Studium erworbenen Kenntnisse können sie hierfür einbringen.
    Erstaunlich nur, dass dieses gesamte System bislang noch nicht auf den Prüfstand gebracht wurde, da hat so manches in dem vorliegenden "Diskussionspapier" weniger Bedeutung. Ich habe das jetzt nur mal erwähnt, weil man ja offenbar auch das Vergütungssystem für Berufsvormünder dem der Betreuer anpassen möchte. Insoweit kann ich glücklich sein, dass ich bislang mit Berufsvormündern nichts zu tun hatte und dass hinsichtlich der Betreuer, wenn ich mal vertretend in der Betreuungsabteilung arbeite, das meiste bereits geklärt ist.

  • Ich persönlich bin ganz gegen diese Einstufung bei der Vergütung. Wer was taugt, bleibt, die anderen nimmt man eh bald nicht mehr. Beides völlig unabhängig von irgendwelchen Abschlüssen. Bei dem nicht selten Nerven kostenden Job sind 33,50 Euro m. E. nicht zuviel. Aber immerhin, das BMJV hat auch schon überlegt, ob man nicht gleich mit Pauschbeträgen arbeiten könnte (wie bei den Betreuern). Das Institut "Umgangspflegschaft" könnten wir dann allerdings vergessen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Für das Betreuungsrecht sind einige Punkte ebenfalls interessant:

    Regelungen zu versperrten Anlagen sollen überprüft werden. Auch in der Betreuung ist der Sperrvermerk auf Anlagekonten ein großes Thema. Ich fände es gar nicht schlecht, wenn man bei Kleinstvermögen in der Zukunft auf das ganze Sperrgedöns verzichten könnte.

    Regelungen zur mündelsicheren Anlage und zur betreuungsrechtlichen Genehmigung sollen zwar nicht entfallen, jedoch modernisiert werden.

    Freistellungsmöglichkeiten (§§ 1817, 1825) sollen flexibler werden, da in der Praxis davon bisher kaum Gebrauch gemacht wird.

    Der Gegenbetreuer soll abgeschafft werden. Löblich, dass die Einführung eines "besonderen Kontrollinstruments zur Entlastung der Gerichte" geprüft werden soll.

    Außerdem soll die Gliederung des Gesetzes überarbeitet werden. Auch das ein guter Gedanke, hoffen wir mal, dass es wirklich verbessert und nicht verkompliziert wird.

    Alles in allem könnten für die Betreuung einige Änderungen anfallen, die aber den allgemeinen Ablauf des Betreuungsverfahrens nicht maßgeblich verändern.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Sinnvoll wäre m.E. (mache allerdings keine Betreuungssachen, sondern hauptsächlich GB) eine Abschaffung des § 1829 Abs. 1 S.2 BGB. Die Annahme, ein Betreuer, der ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, werde sich dies nach rechtskräftiger Genehmigung desselben nochmal anders überlegen, ist m.E. weltfremd. In der Grundbuchpraxis wird dieses Erfordernis durch die Erteilung einer Doppelvollmacht an den Notar eh ausgehebelt.

  • Nicht ganz, weil die Doppelvollmacht u. U. im Innenverhältnis an das Einverständnis des Pflegers/Betreuers/etc. gekoppelt ist. Das Doppelvollmachtskonstrukt dient vor allem der Nachweisbarkeit im Grundbuchverfahren, die sonst bescheiden wäre.

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  • Na, dann warten wir mal ab, so richtig interessant wurde es erst auf den letzten 2-3 Seiten.

    Ich persönlich war ja auch schon immer der Meinung, dass ich keinen Grund erkennen kann, dem Kind im Genehmigungsverfahren noch einen Ergänzungspfleger zu bestellen (der BGH hat das ja bislang nur für die Erbausschlagung bestätigt). Es sollte ausreichen, dass das Handeln des Vormunds oder der Eltern, so eine Genehmigung für das betreffende Rechtsgeschäft gesetzlich vorgesehen ist, vom Gericht überprüft wird (dann gibt es bereits einen vermeintlich gewissenhaft Handelnden und einen Überprüfenden), das dann nicht nochmals von einer weiteren Institution überprüft wird. Dem Gericht steht sollte es zur Herbeiführung einer Entscheidungsreife freistehen, in komplexen und schwierigen Angelegenheiten einen "Verfahrenspfleger" (warum gibt es diesen im Betreuungsverfahren, nicht aber in gleichartigen Familienverfahren?) oder Sachverständige zu bestellen. Kindern ab 14 Jahren sollten die bestehenden Rechte jedoch erhalten bleiben.

    Im Rahmen meiner in diesen Tagen erscheinenden Kritik an einem Beitrag von Nedden-Boeger werde ich auch zu eben dieser Frage ausführlich Stellung nehmen (FamRZ 2015, 550). Man kann dies durchaus als Zusammenfassung meiner bisherigen Forumsbeiträge zu diesem Thema verstehen.

  • Man kann deinem Beitrag nun folgen oder auch nicht (ich hatte mit Inkrafttreten des FamFG beispielsweise auch zunächst keinen Ergänzungspfleger für ein mdj Kind bestellt, wenn es etwa um die familiengerichtliche Genehmigung einer Erbausschlagung ging, dann mich allerdings überzeugen lassen, dass es entsprechend der gesetzlichen Regelungen im FamFG wohl doch notwendig sei ... bis dann diese BGH-Entscheidung kam, die auch Gegenstand von Fortbildungsveranstaltungen war ... nunmehr wird wiederum in diesen Fällen von einer Pflegerbestellung abgesehen),

    aber worin du dich ganz gewiss täuschst, ist: "und deshalb werden weite Teile der Rechtspflegerschaft dem vorliegenden rechtlichen Irrweg des BGH dem Vernehmen nach in allen betroffenen Rechtsgebieten (namentlich im Bereich der Nachlasspflegschaft) nicht folgen" - das Gegenteil ist eher der Fall. Ein Großteil der Rechtspfleger hat zu keinem Zeitpunkt in derartigen Verfahren einen Ergänzungspfleger bestellt, und durch die Existenz dieser Entscheidung sind weitere hinzugekommen. Lediglich ein fast vernachlässigbarer Teil wird die Entscheidung als Irrweg qualifizieren (obwohl es ein solcher wenigstens insoweit ist, als zwischen ein- und zweiseitigen Rechtsgeschäften unterschieden wird, ein plausible Begründung schuldig bleibend). Wir waren 30 Teilnehmer an einer Fortbildungsveranstaltung und ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass nicht einer/ eine überhaupt oder weiterhin die Bestellung eines Ergänzungspflegers ins Auge fasst.

    Wenn man nun schon einmal eine neue Reform beabsichtigt, sollte man doch nun die seit mittlerweile 6 Jahren bestehende Diskussion, so sie denn überhaupt bis ganz nach oben durchgedrungen ist oder man sie dort überhaupt zur Kenntnis nehmen will, aufnehmen und eine klare gesetzliche Regelung formulieren. Dann soll man doch bitte gesetzlich regeln und sich nicht weiter davor drücken, dass auch in Familiensachen in derartigen Fällen dem minderjährigen Kind ein Verfahrenspfleger mit gesetzlichem Vertretungsrecht zu bestellen ist (oder eben die Bestellung eines Vertreters nur bei im Einzelfall konkreten Interessengegensätzen geboten ist), so wie das in Betreuungssachen der Fall ist. Es ist doch ein Unding, dass man in solchen nicht seltenen Verfahren noch auf das BGB (Ergänzungspfleger) zurückgreifen muss, weil die Verfahrensvorschrift, das FamFG, einfach mal keine Regelung enthält, sodass über Jahre hinweg Streit darüber besteht und Obergerichte beschäftigt werden. :D

  • Wir waren 30 Teilnehmer an einer Fortbildungsveranstaltung und ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass nicht einer/ eine überhaupt oder weiterhin die Bestellung eines Ergänzungspflegers ins Auge fasst.

    Unabhängig von Deinem letzten Absatz , dem ich mich anschließe , bin ich hierüber baff erstaunt.:eek:
    Ich kenne keinen Kollegen , der bei Verträgen ( ! ) einen Ergänzungspfleger - trotz BGH - nicht bestellt !

  • Du hast da was missverstanden oder ich habe es etwas unglücklich formuliert: Ich sprach ausschließlich von familiengerichtlichen Genehmigungen von Erbausschlagungen, was auch in etwa gefühlt 80% unserer Fälle entspricht.

    Was zweiseitige Verträge angeht, werden die meisten es in der Tat tun, wobei zu der Unterscheidung des BGH zwischen ein- und zweiseitigen Verträgen/ Erklärungen nach wie vor keine schlüssige Begründung vorliegt.

  • Nach einigen Monaten Ruhe würde mich interessieren, wie weit die Reform inzwischen vorangekommen ist. Hat jemand von Euch neue Infos zum Sachstand? Vielleicht gibt´s schon einen Entwurf und zu uns ist nur noch nichts durchgedrungen :gruebel:.

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Mir wurde vorsichtig angedeutet, dass im Laufe dieses Jahres ein neuer Zwischenstand nach außen gelangen könnte.
    Einstweilen bleiben die Reformarbeiten also hinter verschlossenen Türen ...

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