Aufrechnung zulässig?

  • Ich habe ein IN-Verfahren, natürliche Person. Schuldnerische selbstständige Tätigkeit wurde nach Eröffnung freigegeben. Es wurden fiktive pfändbare Beträge vereinbart, die der Schuldner anfangs auch leistete. Ende 2012 stellte der Schuldner die Zahlungen ein. Auf Schreiben des IV reagierte er nicht. Nach Aufforderung durch das Gericht teilte er mit, dass die Umsätze stark gesunken seien und er deshalb die Zahlungen eingestellt habe. In der Folge gab es ein Telefonat zwischen Schuldner und IV, Unterlagen hat der Schuldner bis heute nicht übersandt. Nun ist es so, dass die kontoführende Bank des Schuldners nicht genau trennen konnte zwischen Zahlungen aus Aufträgen betreffend den Zeitraum vor Freigabe und danach. Daher sind auf dem Konto des IV diverse Überweisungen der Bank eingegangen, die aber eigentlich dem Schuldner zustehen, da sie Aufträge und Rechnungen nach Freigabe betreffen. Der IV hat nun die rückständigen pfändbaren Beträge errechnet und mit den fehlerhaft eingegangenen Zahlungen verrechnet. Den verbleibenden Rest hat er auch noch behalten, da der Schuldner weiterhin nicht mitwirkt.
    Meine Frage: Ist diese Aufrechnung einfach so zulässig? Und wenn ja, muss er dann nicht wenigstens jetzt den Rest an den Schuldner auskehren? Denn rückständig ist ja erst mal nichts mehr.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Aufrechnungen sind nur insoweit zulässig, wie die aufgerechneten Forderungen pfändbar sind, d.h. keinem Pfändungsschutz unterliegen. Allerdings dürfte für Forderungen aus selbständiger Tätigkeit wohl ein sehr eingeschränkter Pfändungsschutz bestehen. M.M. Einbehalt für rückständige pfändbare Beiträge (+); darüber hinaus muss, sofern keine Masseunzulänglichkeit besteht, Auskehr erfolgen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich denke nicht. Normales Geschäftskonto des Schuldners.

    Erfasst denn überhaupt die Freigabe der selbst. Tätigkeit § 35 InsO ohne weiteres auch ein "dazugehöriges Geschäftskonto" ?


    Ohne weiteres vielleicht nicht, aber ich nehme an, dass die entsprechende Kontofreigabe erklärt wurde.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich denke nicht. Normales Geschäftskonto des Schuldners.

    Erfasst denn überhaupt die Freigabe der selbst. Tätigkeit § 35 InsO ohne weiteres auch ein "dazugehöriges Geschäftskonto" ?


    Ohne weiteres vielleicht nicht, aber ich nehme an, dass die entsprechende Kontofreigabe erklärt wurde.

    Dann hätte er danach doch ohnehin nichts mehr bekommen dürfen.
    Mit was will er jetzt noch mal aufrechnen?

    :confused:

  • Der IV hat das schuldnerische Unternehmen im vorläufigen Verfahren fortgeführt. Aus dieser Zeit resultieren noch Rechnungen mit entsprechenden Zahlungen, die der Masse zustehen, aber auf das (freigegebene) Geschäftskonto des Schuldners fließen. Vielleicht ist es auch das ehemalige Geschäftskonto, da müsste ich noch mal nachsehen, aber auf jeden Fall existiert es noch. Die Bank hat nun in der Annahme es handele sich um der Masse zustehende Beträge (weil das am Anfang des Verfahrens auch so war) an den IV ausgekehrt. Dem ist aber gerade nicht so. Es handelt sich um Einnahmen, die eigentlich ausschließlich dem Schuldner zustehen würden.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich denke nicht. Normales Geschäftskonto des Schuldners.

    Erfasst denn überhaupt die Freigabe der selbst. Tätigkeit § 35 InsO ohne weiteres auch ein "dazugehöriges Geschäftskonto" ?


    Ohne weiteres vielleicht nicht, aber ich nehme an, dass die entsprechende Kontofreigabe erklärt wurde.

    Dann hätte er danach doch ohnehin nichts mehr bekommen dürfen.
    Mit was will er jetzt noch mal aufrechnen?

    :confused:

    Um hier nochmal anzusetzen: eine Aufrechnung würde ja bedeuten, dass es einen Auszahlungsanspruch gäbe. Ob es den gibt ist jedoch, soweit ich das sehe, bislang noch nicht so richtig geklärt. Vom Gesetz her gibt § 295 Abs. 2 InsO lediglich eine Obliegenheit her, die ja gerade nicht einklagbar ist...

  • Um hier nochmal anzusetzen: eine Aufrechnung würde ja bedeuten, dass es einen Auszahlungsanspruch gäbe. Ob es den gibt ist jedoch, soweit ich das sehe, bislang noch nicht so richtig geklärt. Vom Gesetz her gibt § 295 Abs. 2 InsO lediglich eine Obliegenheit her, die ja gerade nicht einklagbar ist...


     Der Anspruch ist nicht nur einklagbar, sondern muss vom IV sogar geltend gemacht werden:

    BGH, 13.03.2014, IX ZR 43/12:

    a) Der Schuldner ist nach Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren verpflichtet, aus einem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn dem Insolvenzverwalter den pfändbaren Betrag nach dem fiktiven Maßstab des § 295 Abs. 2 InsO abzuführen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 13. Juni 2013 - IX ZB 38/10, WM 2013, 1612).

    b) Der wegen der Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners von diesem an die Masse abzuführende Betrag ist vom Insolvenzverwalter auf dem Prozessweg geltend zu machen.

  • Um hier nochmal anzusetzen: eine Aufrechnung würde ja bedeuten, dass es einen Auszahlungsanspruch gäbe. Ob es den gibt ist jedoch, soweit ich das sehe, bislang noch nicht so richtig geklärt. Vom Gesetz her gibt § 295 Abs. 2 InsO lediglich eine Obliegenheit her, die ja gerade nicht einklagbar ist...


     Der Anspruch ist nicht nur einklagbar, sondern muss vom IV sogar geltend gemacht werden:

    BGH, 13.03.2014, IX ZR 43/12:

    a) Der Schuldner ist nach Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren verpflichtet, aus einem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn dem Insolvenzverwalter den pfändbaren Betrag nach dem fiktiven Maßstab des § 295 Abs. 2 InsO abzuführen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 13. Juni 2013 - IX ZB 38/10, WM 2013, 1612).

    b) Der wegen der Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners von diesem an die Masse abzuführende Betrag ist vom Insolvenzverwalter auf dem Prozessweg geltend zu machen.


    Die Entscheidung hatte ich auch auf dem Schirm, aber da geht das Problem ja schon los. Einklagbar ist ein pfändbarer Betrag nur aus dem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn. Genau den bestreitet der Schuldner ja, nur belegt er es nicht. Für den IV durchaus eine bescheidene Situation, aber die durch Aufrechnung zu lösen? Ich bin noch skeptisch.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Um hier nochmal anzusetzen: eine Aufrechnung würde ja bedeuten, dass es einen Auszahlungsanspruch gäbe. Ob es den gibt ist jedoch, soweit ich das sehe, bislang noch nicht so richtig geklärt. Vom Gesetz her gibt § 295 Abs. 2 InsO lediglich eine Obliegenheit her, die ja gerade nicht einklagbar ist...


     Der Anspruch ist nicht nur einklagbar, sondern muss vom IV sogar geltend gemacht werden:

    BGH, 13.03.2014, IX ZR 43/12:

    a) Der Schuldner ist nach Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren verpflichtet, aus einem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn dem Insolvenzverwalter den pfändbaren Betrag nach dem fiktiven Maßstab des § 295 Abs. 2 InsO abzuführen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 13. Juni 2013 - IX ZB 38/10, WM 2013, 1612).

    b) Der wegen der Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners von diesem an die Masse abzuführende Betrag ist vom Insolvenzverwalter auf dem Prozessweg geltend zu machen.


    Die Entscheidung hatte ich auch auf dem Schirm, aber da geht das Problem ja schon los. Einklagbar ist ein pfändbarer Betrag nur aus dem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn. Genau den bestreitet der Schuldner ja, nur belegt er es nicht. Für den IV durchaus eine bescheidene Situation, aber die durch Aufrechnung zu lösen? Ich bin noch skeptisch.

    [FONT=&amp]
    [/FONT][FONT=&amp]Aber der Schuldner ist doch dem IV auch hinsichtlich der Gewinnermittlung auskunftspflichtig:

    BGH, 13.06.2013, IX ZB 38/10, Rn. 21: [/FONT]

    [FONT=&amp]Liegt der Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit unterhalb des pfändbaren Betrages bei abhängiger Tätigkeit, besteht keine Abführungspflicht. Der Schuldner hat aber im Rahmen seiner Auskunftspflicht umfassend über seine Einnahmen Mitteilung zu geben. Insbesondere ist er gehalten, gegenüber dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht überprüfbare Angaben zur Gewinnermittlung aus seiner selbständigen Tätigkeit zu machen, damit festgestellt werden kann, ob der Schuldner tatsächlich nicht in der Lage ist, ganz oder teilweise hieraus abführungspflichtige Beträge nach § 295 Abs. 2 InsO aufzubringen. [/FONT]


    Also müsste es sich doch auch hier um einen - zur Not einklagbaren - Anspruch des IV handeln. Ob sich das dann wieder lohnt, steht sicher auf einem ganz anderen Blatt. Aber vielleicht kann der Schuldner so dazu gebracht werden, Nachweise vorzulegen. Eigentlich bleibt dem IV ja gar nichts anderes übrig, als den Schuldner durch Aufrechnungserklärung zum Tätig-werden zu zwingen... :D

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