Kosten Informationsreise

  • Hallo Zusammen!

    Ich habe folgenden Fall, den ich noch nie hatte und zu dem ich über die Suchfunktion leider nichts passendes gefunden habe:

    Beklagter aus A mandatiert einen RA in B, Gerichtsort ist C. Die Entfernung A-B beträgt 25 km einfach, die Entfernung A-C beträgt 35 km einfach, die Entfernung B-C ebenfalls ca. 35 km einfach. Das Verfahren wird beendet durch eine Erledigterklärung und es erging ein Beschluss nach § 91 a ZPO (Kläger trägt Kosten des Verfahrens), ein Verhandlungstermin fand nicht statt.

    Der RA der Beklagten beantragt nun folgendes:
    1,3 Verfahrensgebühr
    Verdienstausfall/Zeitversäumnis Mandant (1 Stunde Besprechung, 1,5 Stunden Korrespondenz)
    Auslagenpauschale
    Fahrtkosten Mandant erstes Beratungsgespräch
    Mehrwertsteuer

    Laut Zöller sind die Fahrtkosten für ein erstes Beratungsgespräch zu einem RA am dritten Ort wohl erstattungsfähig. Oder versteh ich da was falsch? Mich wundert nur, warum diese Kosten nicht öfter geltend gemacht werden. Die geltend gemachten Fahrtkosten sind auch geringer als fiktive Infofahrtkosten zu einem RA am Gerichtsort.

    Zum Verdienstausfall für die Besprechung habe ich hier über die Suchfunktion verschiedene Meinungen gefunden. Gibts da irgendwas aktuelles? Ich würde diese Kosten geben, sofern sie tatsächlich nachgewiesen werden (Nachweis fehlt noch).

    Die Kosten für die 1,5 Stunden Korrespondenz würde ich als Vorbereitungszeit werten und als nicht erstattungsfähig streichen. Weiß da zufällig jemand eine Fundstelle, wie kann ich das begründen?

    Insgesamt sind diese Inforeisekosten doch dann Parteiauslagen nach JVEG, oder? Das heißt, es kann keine Mehrwertsteuer auf diese Kosten berechnet werden, richtig? Der RA macht nämlich für den kompletten Betrag Mehrwertsteuer geltend.

  • Laut Zöller sind die Fahrtkosten für ein erstes Beratungsgespräch zu einem RA am dritten Ort wohl erstattungsfähig. Oder versteh ich da was falsch? Mich wundert nur, warum diese Kosten nicht öfter geltend gemacht werden. Die geltend gemachten Fahrtkosten sind auch geringer als fiktive Infofahrtkosten zu einem RA am Gerichtsort.


    Die Kosten nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO werden meist einfach nicht bedacht (meine Vermutung).

    Zum Verdienstausfall für die Besprechung habe ich hier über die Suchfunktion verschiedene Meinungen gefunden. Gibts da irgendwas aktuelles? Ich würde diese Kosten geben, sofern sie tatsächlich nachgewiesen werden (Nachweis fehlt noch).


    Ob die Besprechung innerhalb der Arbeitszeit der Partei stattfinden mußte mit der Folge eines Verdienstausfalls, ist dann eine Frage der Notwendigkeit. Zumindest gäbe es aber die 3,50 € pro h Zeitversäumnis.

    Die Kosten für die 1,5 Stunden Korrespondenz würde ich als Vorbereitungszeit werten und als nicht erstattungsfähig streichen. Weiß da zufällig jemand eine Fundstelle, wie kann ich das begründen?


    Was ist denn mit "Korrespondenz" gemeint? Wenn damit der allgemeine Zeitaufwand für das Hin- und Herschreiben zwischen Partei und RA gemeint ist, dann ist dieser nicht erstattungsfähig, weil er zum allgemeinen Prozeßaufwand gehört (vgl. z. B. MK-ZPO/Schulz, § 91 Rn. 98).

    Insgesamt sind diese Inforeisekosten doch dann Parteiauslagen nach JVEG, oder? Das heißt, es kann keine Mehrwertsteuer auf diese Kosten berechnet werden, richtig? Der RA macht nämlich für den kompletten Betrag Mehrwertsteuer geltend.


    Genau, § 91 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO -> JVEG. USt gibt es darauf nicht (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 7 Rn. 11; OLG Koblenz, MDR 1994, 1152 - noch ergangen zum ZSEG)

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  • Verdienstausfall für die Besprechung hatte ich noch nie. Würde ich aber auch nicht geben, da diese auch außerhalb der Arbeitszeit möglich ist. Parteireisekosten zum RA nur dann, wenn der RA keine RK zum Termin beantragt.

  • Verdienstausfall für die Besprechung hatte ich noch nie. Würde ich aber auch nicht geben, da diese auch außerhalb der Arbeitszeit möglich ist.


    Dann gibst Du aber die Entscheidung für Zeitversäumnis, nicht?

    Parteireisekosten zum RA nur dann, wenn der RA keine RK zum Termin beantragt.


    Wie meinen? Wenn der RA und die Partei für dieselbe Besprechung Reisekosten geltend machen?

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  • @ P.:
    Ein Termin hat nicht stattgefunden, der RA beantragt daher keine Reisekosten. Würdest Du dann nicht mal die 3,50 € pro Stunden Zeitversäumnis geben?

  • Da muss ich aber stutzen:
    Kosten einer Info-Reise zu einem RA am dritten Ort gibt es bei mir überhaupt nicht. Die macht hier auch niemand geltend.

  • wie 13. Ich würde keine Kosten für Zeitversäumnis geben. Sämtliche Reisekosten würde ich auf die eines RA am Sitz der Partei beschränken. Nimmt die Partei sich einen RA an ihrem Sitz, fallen keine Reisekosten an. Nimmt sie sich einen RA am Sitz des PG, erstatte ich einmal Inforeisekosten, sofern dadurch RK des Anwalts für einen Termin eingespart werden.

  • Ich würde keine Kosten für Zeitversäumnis geben.


    Wieso nicht?

    Sämtliche Reisekosten würde ich auf die eines RA am Sitz der Partei beschränken. Nimmt die Partei sich einen RA an ihrem Sitz, fallen keine Reisekosten an.


    :confused: Wie kommst Du darauf? Wenn ich hier in Berlin einen RA aufsuche und wegen einer sog. Informationsreise diesen aufsuche, dann fallen dafür Reisekosten an. Das Verlassen der politischen Gemeinde ist im Rahmen des JVEG (anders als beim RVG) nicht notwendig.

    Nimmt sie sich einen RA am Sitz des PG, erstatte ich einmal Inforeisekosten, sofern dadurch RK des Anwalts für einen Termin eingespart werden.


    Und wieso sollten dann die Reisekosten zum RA im dritten Ort nicht im Rahmen dieser fiktiven Berechnung erstattbar sein? Denn nichts anderes hat der BGH letztlich bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Kosten eines RA am sog. dritten Ort gemacht.

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  • Hallo, ich hänge mich hier mal ran:

    Kläger A wohnt ca. 30 km vom Prozessgericht entfernt. Er beauftragt RA B mit der Klage, dieser sitzt ca. 70 km vom Kläger und ca. 40 km vom Prozessgericht entfernt. Es findet ein Termin statt, im Urteil werden die Kosten gequotelt. Der Kläger ist eine GmbH und wird im Termin vom GF vertreten.

    Der RA B macht sowohl eigene Fahrtkosten zum Termin geltend als auch Parteireisekosten für A und zwar a) Kosten der ersten Informationsreise 2 x 70 km x 0,25 €/km und Verdienstausfall 4 Stunden und b) Kosten der Teilnahme am Gerichtstermin, nämlich Fahrtkosten 2 x 30 km x 0,25 €/km und Verdienstausfall 3 Stunden.

    Bei den Kosten der Informationsreise bin ich mir nicht schlüssig, grundsätzlich sind diese ja erstattungsfähig, aber doch wohl nicht in voller Höhe, wenn er sich einen RA sucht, der so weit weg sitzt? :confused: Anderenfalls hat der BGH durch seine Entscheidungen vom 04.12.2018 und 09.05.2018 ja deutlich gemacht, dass die Partei grundsätzlich einen RA innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragen kann und die Kosten erstattungsfähig wären. Die größtmögliche Entfernung vom Prozessgericht hier ist 80 km, diese Grenze ist für den RA nicht überschritten.

    Ich wäre auch dankbar, wenn jemand Rechtsprechung zu den Informationsreisekosten parat hat.

  • Soweit ich Deinen Beitrag richtig lese, bist Du auf der Suche nach Rechtsprechung, die Dein Thema (Umfang der Erstattbarkeit einer Informationsreise) behandelt. Die wirst Du m. E. derzeit nicht finden, da die Rspr. des BGH zur Notwendigkeit der RA-Reisekosten ja noch recht jung ist.

    M. E. hast Du Dir Deine Frage aber schon richtig beantwortet: Wenn der RA innerhalb des Gerichtsbezirks liegt, dann dürfte hinsichtlich der Notwendigkeit i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO bei der Erstattbarkeit von Informationsreisekosten der Partei grds. nichts anderes gelten.

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  • Soweit ich Deinen Beitrag richtig lese, bist Du auf der Suche nach Rechtsprechung, die Dein Thema (Umfang der Erstattbarkeit einer Informationsreise) behandelt. Die wirst Du m. E. derzeit nicht finden, da die Rspr. des BGH zur Notwendigkeit der RA-Reisekosten ja noch recht jung ist.

    M. E. hast Du Dir Deine Frage aber schon richtig beantwortet: Wenn der RA innerhalb des Gerichtsbezirks liegt, dann dürfte hinsichtlich der Notwendigkeit i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO bei der Erstattbarkeit von Informationsreisekosten der Partei grds. nichts anderes gelten.


    Das kann allerdings zu sehr unbilligen Ergebnissen führen.

    Beispiel 1: Partei beauftragt RA, der 20 km vom Wohnort entfernt seine Kanzlei hat, allerdings im benachbarten Gerichtsbezirk

    Beispiel 2: Partei beauftragt RA, der 40 km vom Wohnort entfernt seine Kanzlei hat, im Bezirk des Prozessgerichts


    Folglich ist in Beispiel 1 eine Erstattung der Informationsreisekosten nicht möglich, in Beispiel 2 trotz der größeren Entfernung zum Prozessgericht aber doch (da Kanzlei des RA im gleichen Bezirk)? :gruebel:

  • Das kann allerdings zu sehr unbilligen Ergebnissen führen.

    Beispiel 1: Partei beauftragt RA, der 20 km vom Wohnort entfernt seine Kanzlei hat, allerdings im benachbarten Gerichtsbezirk

    Beispiel 2: Partei beauftragt RA, der 40 km vom Wohnort entfernt seine Kanzlei hat, im Bezirk des Prozessgerichts


    Folglich ist in Beispiel 1 eine Erstattung der Informationsreisekosten nicht möglich, in Beispiel 2 trotz der größeren Entfernung zum Prozessgericht aber doch (da Kanzlei des RA im gleichen Bezirk)? :gruebel:


    Der BGH hat die Erstattbarkeit nach Deinem Beispiel 1 dann ja nicht grds. ausgeschlossen. Er hat vielmehr nur entschieden, daß sich bis zur Bezirksgrenze nur die Frage der Notwendigkeit nicht ergibt, sondern entsprechende Reisekosten grds. als notwendig anzusehen sind. Also kann man eine Erstattbarkeit in Beispiel 1 damit begründen, daß diese ggf. nicht notwendigen Kosten (da außerhalb des Gerichtsbezirks) deshalb erstattbar sind, weil durch sie anderenfalls notwendige (höher) Kosten (Beispiel 2) erspart wurden. So kommst Du dann zu angemessenen Ergebnissen. ;)

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  • Die Annahme fiktiver höherer Kosten ist aber m. E. nicht zwingend, wenn die Partei z. B. nur 10 km vom Prozessgericht entfernt wohnt. Dann hätte es auch (fiktiv) sein können, dass die Partei einen RA am Sitz des PG beauftragt hätte und entsprechend geringere Kosten für die Informationsreise angefallen wären. ;)

  • Die Annahme fiktiver höherer Kosten ist aber m. E. nicht zwingend, wenn die Partei z. B. nur 10 km vom Prozessgericht entfernt wohnt. Dann hätte es auch (fiktiv) sein können, dass die Partei einen RA am Sitz des PG beauftragt hätte und entsprechend geringere Kosten für die Informationsreise angefallen wären. ;)


    Die fiktive Berechnung wird doch nur deshalb aufgemacht, um den Umfang der Erstattbarkeit abzustecken. Solange sich die tatsächlichen (ggf. nicht notwendigen) Kosten innerhalb dieses Rahmens bewegen, sind sie erstattbar (soweit dadurch anderweitig als notwendig anzuerkennende Kosten zu erstatten wären, diese also erspart wurden). Das kann also zur Folge haben, daß die tatsächlich entstandenen Kosten voll erstattbar sind, muß es aber nicht. Wenn Du also jetzt konstruierst, daß die Vergleichsberechnung geringere Kosten als die tatsächlichen auswirft, dann ist auch nur in dieser Höhe eine Erstattung grds. (weil grds. notwendig) gegeben. Soweit die Kosten darüber hinausgehen, müßten etwaige Gründe vorliegen, die die Kosten dennoch erstattbar erscheinen lassen.

    Und was die "Fiktion" der Kosten angeht: Es kommt auf das Maximum an, welches man der Partei zubilligt (Bezirksgrenze = keine Notwendigkeitsprüfung) und nicht darauf an, was man evtl. für "optimaler" gehalten hätte. Du kannst also bei der Vergleichsberechnung nicht unterstellen, die Partei hätte auch einen RA am Sitz des PG beauftragen können, so daß die fiktiven Kosten für die Vergleichsberechnung geringer auszufallen haben.

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  • Ich verstehe nicht, warum immer auf den Ort der Partei bzw. Des RA abgestellt wird. Der BGH stellt immer auf den Gerichtsbezirk ab und dennoch wird das immer wieder hier und in der Praxis diskutiert... :gruebel:

  • Der BGH stellt immer auf den Gerichtsbezirk ab und dennoch wird das immer wieder hier und in der Praxis diskutiert... :gruebel:


    Ne, "immer" war das nicht der Fall. Der BGH hat vielmehr "immer" auf den Wohn-/Geschäftssitz der Partei abgestellt bei der Frage, ob die Reisekosten des RA erstattbar sind. Sein zentrales Argument dabei war, daß der Mandant ein eingehendes persönliches Gespräch immer in der Nähe seines Wohn-/Geschäftssitzes suchen wird und diesen RA daher mit der Vertretung beauftragt (weshalb dann die Reisekosten erstattbar seien) - in dieser Konstellation also die Beauftragung des RA und damit dessen Reisekosten immer als notwendig anzusehen sind. Ausnahmefälle zu diesem Grundsatz hat er auch entschieden (z. B. rechtskundige Partei sei in der Lage gewesen, direkt am Prozeßort einen RA zu beauftragen).

    Das Novum war jetzt im vergangenen Jahr, daß der BGH die bislang streitige Frage entschieden hat, inwieweit die Reisekosten des auswärtigen RA einer innerhalb des Gerichtsbezirk ansässigen Partei überhaupt einer Notwendigkeitsprüfung unterliegen (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Und hier hat er die Streitfrage eben dahingehend entschieden, daß sie jedenfalls im Rahmen der Reisekosten eines fiktiven RA am weitentferntesten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks grundsätzlich als notwendig anzuerkennen sind. Daher ist das nun der "höchstrichterlich abgesegnete" Maßstab, an dem sich die fiktiven Vergleichsberechnungen orientieren.

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  • Wow, da nimmt man mal einen Tag frei und schon hat man Antworten, hätte ich das vorher gewusst ;). Danke

    Ich habe aber am Mittwoch bereits den RA in der Zwischenverfügung mitgeteilt, dass ich die Informationsreisekosten nicht als erstattbar ansehe. Mal gucken, was kommt. Habe eine BGH Entscheidung gefunden, aus der andeutungsweise zu entnehmen ist, dass die kostenbewusste Partei sich entweder für RA am Sitz des Prozessgerichtes (dann Kosten der Informationsreise erstattungsfähig) oder für RA am Wohn/Geschäftssitz (dann Reisekosten des PBV in der Regel erstattungsfähig) entscheidet. Habe die Akte aber nicht mehr hier.


  • :confused: Wie kommst Du darauf? Wenn ich hier in Berlin einen RA aufsuche und wegen einer sog. Informationsreise diesen aufsuche, dann fallen dafür Reisekosten an. Das Verlassen der politischen Gemeinde ist im Rahmen des JVEG (anders als beim RVG) nicht notwendig.

    Kennst du, Bolleff, oder jemand anderes hierzu Rechtsprechung? Ich habe bisher nur die Entscheidung des Amtsgerichts Limburg vom 16.09.2010 Az: 4 C 304/09 - juris- finden können...

    ORBIS NON SVFFICIT

    Einmal editiert, zuletzt von Quantum (17. April 2019 um 16:59)

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