Masseverbindlichkeiten

  • Hallo,
    ich habe eine Frage zu Masseverbindlichkeiten, d.h. Forderungen, welche nach der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind (Bsp. Abfallgebühren). Die Bescheide sind adressiert an den IV als Zustellbevollmächtigten und Vertreter für den Schuldner im Inso-verfahren. Die Forderungen werden dem IV angezeigt, gemahnt und es erfolgt eine Ankündigung der Zwangsvollstreckung an den IV. Eine Freigabe des Grundstückes oder des Fahrzeuges (bei Geb. der Zul.stelle) erfolgte nicht. Der IV reagiert überhaupt nicht. Wie handle ich nun weiter. Bei Masseverbindlichkeiten haftet die Inso.masse. Wie kann ich weiter vorgehen?
    Vielen Dank schon einmal im voraus!! :gruebel:

  • Ich würde vielleicht mal höflich ans Insolvenzgericht schreiben. Wirkt oft Wunder :teufel:

    Sicher richtig. Bestätigt aber die Strategie des unaufmerksamen Verwalters, sich um nichts zu kümmern, weil die Leute, die wirklich etwas wollen, ja nochmal ans Gericht schreiben und er dann von dort zur Stellungnahme aufgefordert wird. Also kann er auch weiterhin seine Post unbearbeitet lassen. Wäre wirksam, wenn es wegen wiederholter solcher Anschreiben zum Delisting käme, aber das bezweifle ich jetzt mal.

    Wird dagegen gleich gepfändet, dann hat er selbst das Problem und den Lerneffekt, dass es sich lohnt, die eigene Post auch ohne zusätzlichen Anstoß durch das Insolvenzgericht zu bearbeiten.

    Je nachdem, worauf es einem mehr ankommt ...


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (5. Mai 2015 um 20:14) aus folgendem Grund: Schreibfehler ...

  • Lieber Andreas H.

    ganz schön harsch Dein Posting, aber von so ganz ungefähr wird Deine Einschätzung ja nicht kommen, dass es eines "Lernefekts" bedürfe. Das "Delisting" ist ja schon die ganz harte Linie, sie korrespondiert m.E. bereits mit dem "Listing-problem", so wenn mnn ein Listing schon als Problem betrachten mag.
    Dein "je nachdem, worauf es einem mehr ankommt" sagt viel aus: m.E.hm, Bereinigung oder Ruhe haben... ja ja... ein weites Feld (ich wähne mich da noch auf der Insel der Glückseeligen, ob sie es wirklich ist, werd ich wohl auch erst nach einigen Jahren feststellen).
    Hm, warum schreib ich nun dazu, vlt. sollte Bestellungspraxis einen eigen Thread erfordern. Hierbei ist es natürlich so, auch ich als Rpfl. da ganz ganz viel zu schreiben kann, nur die konkrete Entscheidung zur Bestellung / Nichtbestellung hab ich natürlich nicht zu verantworten. Denke aber, es wäre mal gut, die unterschiedlichen Erfahrungen mit der Bestellungspraxis und der Entwicklung - auch hinsichtlich der weiteren "Entwicklung" der Neubestellten hier auszutauschen.
    Vlt. findet sich ja ein Richter (oki, Du bist gemeint) als Themenstarter, um das Thema sauber anzureißen ....
    herzlichen Gruss
    Def

    Nachbemerkung: das sollte keine "Provokation" sein, sondern wirklich nur ein Wunsch, das Thema einmal anzureißen, fände es nur klasse, wenn dies einmal richterseitig geschehen würde.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ...

    ganz schön harsch Dein Posting ...,


    Dabei hatte ich es schon nach dem ersten Schreiben in der Entwurfsphase entschärft. Könnte daher kommen, dass ich zur Zeit mit einigen Verfahren zu tun habe, bei denen man nur wegen des damit verbundenen Folgeaufwands dem Insolvenzverwalter nicht ins Urteil schreibt, dass er hier völlig an den Haaren herbeigezogene Klagen erhebt in der erkennbaren Absicht, die vorhandene Masse um die Rechtsanwaltskosten für "seine" Anwaltskanzlei in zwei Instanzen zu melken. (Daneben gibt es natürlich die diskutablen, gut diskutablen oder ganz klar begründeten Anfechtungsklagen, nur scheint sich das Verhältnis dieser einzelnen Gruppen in letzter Zeit etwas zu verschieben)

    In den ganz krassen - seltenen - Fällen (also z.B. bei mutmaßlich versuchten Prozessbetrug durch Sachvortrag, der gegen die eigenen Erkenntnisse aus dem Insolvenzverfahren erfolgte - weil dann auf entsprechende Nachfrage sich eben doch ein ganz anderer Sachverhalt als zunächst vorgetragen herausstellt, dieser andere Sachverhalt aber eine Anfechtung in weite Ferne rückt - oder in sonst vergleichbaren Problemfällen) sind wir im Senat mittlerweile dazu übergegangen, eine Abschrift des Urteils mit dem Zusatz "Richtervorlage" an das zuständige Insolvenzgericht mit der Bitte um Kenntnisnahme zu übermitteln, in der Hoffnung, dass dort dazu Nachdenken einsetzt (angefangen von der Frage des Sonder-IV bis zu Auswirkungen auf künftige Bestellungsfragen)


    ...

    Hm, warum schreib ich nun dazu, vlt. sollte Bestellungspraxis einen eigen Thread erfordern. Hierbei ist es natürlich so, auch ich als Rpfl. da ganz ganz viel zu schreiben kann, nur die konkrete Entscheidung zur Bestellung / Nichtbestellung hab ich natürlich nicht zu verantworten. Denke aber, es wäre mal gut, die unterschiedlichen Erfahrungen mit der Bestellungspraxis und der Entwicklung - auch hinsichtlich der weiteren "Entwicklung" der Neubestellten hier auszutauschen.
    Vlt. findet sich ja ein Richter (oki, Du bist gemeint) als Themenstarter, um das Thema sauber anzureißen ....
    herzlichen Gruss
    Def
    ...


    Da gebe ich Dir recht, und ich hatte schon einige Male überlegt, einen solchen Thread aufzumachen. Ansatzweise habe ich es ja mal versucht, mit der Frage, ob Rückmeldungen über aufgefallenes unsauberes oder gar rechtswidriges Verhalten von Euch Rechtspflegern an die Insolvenzrichter weitergegeben werden, ob ihr Urteilsabschriften in den Insolvenzakten habt und ggf. auswertet ...

    Bisher habe ich von einem "Bestellungsthread" deswegen abgesehen, weil ich selbst mit dieser Frage nichts zu tun habe. Ich bin ja nur Sachrichter, nicht "Bestellungsrichter" und kann daher in der Sache selbst wahrscheinlich zu wenig beitragen (die einschlägige Rechtsprechung zur Auswahl des IV ist den meisten hier ja bekannt). Aber ich überlege es mir nochmal.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Andreas H.
    Da gebe ich Dir recht, und ich hatte schon einige Male überlegt, einen solchen Thread aufzumachen. Ansatzweise habe ich es ja mal versucht, mit der Frage, ob Rückmeldungen über aufgefallenes unsauberes oder gar rechtswidriges Verhalten von Euch Rechtspflegern an die Insolvenzrichter weitergegeben werden, ob ihr Urteilsabschriften in den Insolvenzakten habt und ggf. auswertet ...

    Bisher habe ich von einem "Bestellungsthread" deswegen abgesehen, weil ich selbst mit dieser Frage nichts zu tun habe. Ich bin ja nur Sachrichter, nicht "Bestellungsrichter" und kann daher in der Sache selbst wahrscheinlich zu wenig beitragen (die einschlägige Rechtsprechung zur Auswahl des IV ist den meisten hier ja bekannt). Aber ich überlege es mir nochmal.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH[/QUOTE]
    -----------

    Ende Zitat Andreas H.

    Antwort Def:
    Ich war mir nicht im Klaren darüber, dass Du nicht auch Bestellungsrichter bist, sorry. Deine Frage zum Weitergeben von Infos seitens der Rechtspflegerschaft an die Richerschaft wäre vlt. in dem noch zu bauenden Thread einzubauen.

    Was die von Dir angesprochenen Konstellationen betrifft, wähnen wir uns noch auf einer Insel der Glückseligkeiten. In rechtlich brisanten Fällen bekommen wir Urteile von den Verwaltern übermittelt und z.T. auch mit ausgefeilter Begründung, warum bspw. im Unterliegensfalle eine Berufung /Revision nicht erfolgt.

    Wohin allerdings ein gewisser Trend hinzugehen scheint (ich formuliere hier ganz bewusst sehr vorsichtig), ist, dass zu schnell die Abgabe an die "Prozessanwälte" erfolgt (z.B. kein Bonitätscheck). Sind aber bisher nur ganz ganz wenige Einzelfälle, wobei da nicht wirklich Masse "verbrannt" wird.
    Zum Thema Kommunikation Richter-Rechtspfleger: Ich denke folgendes: grds. haben die betr. RechtspflegeRinnen das im jeweiligen Verfahren mit den Verwaltern abzuklären, wenn irgendwas nicht so gradeaus gelaufen ist. Sofern sich aber Zweifel an der Geeignetheit herausstellen, wäre die Richterschaft darüber zu informieren (gab es bei uns noch nicht !). Wir haben aber auch hier - Insel der Glückseeligen - stets den Ausstausch zwischen den Berufsgruppen. Insbesondere bei "Neubestellungen" wird auch richterseitig erwartet, dass sich ausgetauscht wird. Aber das ist alles eine andere Geschichte.

    ups, ist das lang geworden.... aber es ist ja auch ein weites Feld.

    Bin noch am überlegen, den o.g. Thread aufzumachen (da wäre auch das Thema "Delisting" unterzubringen; ein Thread zum Thema "Bestellungspraxis" und "Listenschließung" wäre auch nicht schlecht, aber wäre in der Tat federführend ein Besteller-Thema....

    herzlichen Gruß
    Def

    PS: das mit dem Auswählen der Zitate des Beitrags will mir nicht so recht gelingen, sorry, liebe LeserInnen

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Lieber Defaitist, lieber AndreaH,

    warum fragt ihr nicht einfach einen der Mods, eure - im Übrigen hochinteressanten - Beiträge abzutrennen und in dem noch im Überlegungsstadium befindlichen eigenen Thread als Eröffnungsbeiträge zu bringen?

    Diese bieten eine wunderbare Diskussionsgrundlage und eine Abtrennung würde es euch ersparen, euch im Zweifel wiederholen zu müssen.

  • Wenn ich zum Anfang zurückkehren darf und die Situation richtig verstanden habe, so würde ich, falls ich freundlich bin, das Schreiben nicht in die Rundablage werfen, sondern ablegen.

    Der Verwalter ist nicht Zustellbevollmächtiger des Schuldners und gegen diesen gerichtete Bescheide wird ein Verwalter nicht interessieren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wenn ich zum Anfang zurückkehren darf und die Situation richtig verstanden habe, so würde ich, falls ich freundlich bin, das Schreiben nicht in die Rundablage werfen, sondern ablegen.

    Der Verwalter ist nicht Zustellbevollmächtiger des Schuldners und gegen diesen gerichtete Bescheide wird ein Verwalter nicht interessieren.


    Richtig ist natürlich, dass der Verwalter nicht Zustellungsbevollmächtigter ist.
    Die Rundablage dürfte allerdings auch dann nicht in Frage kommen, wenn Du nicht freundlicher Stimmung bist. Vielmehr dürfte eine Rücksendung an den Adressaten zu erfolgen haben, mit dem Hinweis, dass der Verwalter nicht Zustellungsbevollmächtigter ist. Alternative wäre m.E. allenfalls die Weiterleitung an den Schuldner (ggf. mit einem entsprechenden Hinweis auch an den Absender)

    Die Rundablage halte ich für einen Pflichtenverstoß. Denn entweder die Post ist an Dich als Verwalter gerichtet, dann musst Du Sie zur Kenntnis nehmen und bearbeiten.* Oder die Post ist an den Insolvenzschuldner gerichtet, dann kannst Du über diese nicht einfach durch Vernichtung verfügen. Das dürfte sonst ziemlich klar in den Schutzbereich des § 303 StGB fallen.
    Eine dritte Möglichkeit sehe ich nicht, insbesondere kannst Du diese Behördenpost nicht als unerlaubt zugesandte Werbepost behandeln, die man ohne weiteres vernichten kann.


    *Wenn Du die Post bearbeitest, dann passiert folgendes:
    a) Du bemerkst, dass es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt und begleichst diese aus der vorhandenen Masse, bevor es zu weiterem Aufstand kommt.
    b) Du bist der Ansicht, dass es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit handelt, sondern den Schuldner persönlich betrifft. Dann scheint es mir mindestens höflich, wenn nicht sogar verpflichtend (siehe oben), entweder den Absender zu informieren oder die Post an den Schuldner weiterzuleiten.
    c) Alternativ zu a kannst Du Dich allenfalls auf den Standpunkt stellen, dass etwaige Bescheide der Behörde fehlerhaft sind, z.B. wegen des falschen Adressaten, und daher noch keine Leistungspflicht der Masse entstanden ist. Dann ist es Frage der Taktik, wie Du weiter vorgehst. Sollten aus der Nichtbegleichung der Masse Zinsnachteile entstehen, lande ich bei der Haftung nach § 60 InsO.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • d) Der Behördenbescheid könnte aber auch wegen Bekanntgabefehler nichtig sein und keine Rechtsfolgen auslösen. Da keine Verpflichtung zu erkennen ist, Behörden bei dem Erlass wirksamer Bescheide proaktiv zu unterstützen, wird das bedruckte Papier schlicht abgelegt --> #9.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich sage ja: Lösung c)

    Mit welcher rechtlichen Begründung auch immer man sich auf den Standpunkt stellen mag, dass noch keine Leistungspflicht der Masse besteht: Das setzt voraus, dass man das Schreiben als an den richtigen Empfänger gelangt betrachtet und bearbeitet. Und dann nach Bearbeitung zum Ergebnis kommt, dass hier nichts veranlasst ist, z.B. weil eine Leistungspflicht noch nicht wirksam festgesetzt ist, weil ein Bekanntgabefehler vorliegt ...

    Das Risiko, dass der Insolvenzverwalter dabei bewusst eingeht, besteht darin, dass ihm irgendein Gericht später bescheinigt, dass doch eine Leistungspflicht bestanden hat. Und dann sind wir im Bereich des § 60 InsO für einen etwaig entstandenen Zinsschaden. Soweit kein Zinsschaden entstanden ist, fehlt es schon an der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals.

    Erweist sich die Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters als von vorne herein unvertretbar, sind ggf. auch die dann entstandenen und von der Masse bezahlten Gerichts- und Anwaltskosten der Masse zu ersetzen. Unvertretbare Rechtspositionen einzunehmen steht dem Insolvenzverwalter nicht zu. Die Frage der Vertretbarkeit ist weit und aus der ex ante Sicht zu beurteilen.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Lieber Defaitist, lieber AndreaH,

    warum fragt ihr nicht einfach einen der Mods, eure - im Übrigen hochinteressanten - Beiträge abzutrennen und in dem noch im Überlegungsstadium befindlichen eigenen Thread als Eröffnungsbeiträge zu bringen?

    Diese bieten eine wunderbare Diskussionsgrundlage und eine Abtrennung würde es euch ersparen, euch im Zweifel wiederholen zu müssen.

    Klasse Anregung, AndreasH hat das gut erledigt.
    Danke !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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