• Ich verzweifele hier an einem Rechtspflegerkollegen, dem ich bisher mit guten Argumenten nicht beikommen konnte. In der Hoffnung, dass hier eine Diskussion entsteht und der Besagte das hier mitliest, möchte ich mal einen Fall einstellen. Ich bedauere, dass sowas wohl der Rechtspflegerschaft insgesamt keinen Ruhm einbringt - und das sage ich als Angehöriger dieser Zunft, der sich dafür einsetzt, dass Rechtspfleger als hoch qualifizierte Juristen angesehen werden:

    Nachlasspflegschaft war angeordnet. Erben in der Linie mütterlicherseits sind nun ermittelt und durch Teilerbschein ausgewiesen. Diese bekannten Erben machen gegenüber dem NLP den Anspruch aus § 2042 BGB geltend und schließen mit ihm einen Auseinandersetzungsvertrag, der letztlich nur sagt, dass eben die Hälfte des Nachlasses vom NLP an die durch TeilES ausgewiesenen Erben auszuzahlen ist.

    Problem (angebliches Problem!): Die Erben haben den Vertrag nicht selbst unterschrieben sondern wurden in Vollmacht von einer juristischen Person vertreten.


    Das NLG hat nun über den NLP den Vertrag zur Genehmigung zugeschickt bekommen und erwidert jetzt letztlich wie folgt:

    "De
    r wirtschaftlichen Auseinandersetzung vorgeschaltet, ist das (gerichtliche) Verfahren der nachlassgerichtlichen Genehmigung. Der Antrag auf Genehmigung wurde durch den Nachlasspfleger gestellt.

    Im Genehmigungsverfahren ist der Nachlasspfleger gehalten, den rechtskräftigen Genehmigungsbeschluss dem anderen Vertragsteil gegenüber mitzuteilen. Eine Mitteilung des Teilnachlasspflegers gegenüber einem nichtvertretungsberechtigten Bevollmächtigten hätte Nichtigkeit des Vertrages zur Folge.

    Der Erbverteilungsvertrag muss somit zwischen den bereits durch Teilerbschein ausgewiesenen Erben direkt und dem Nachlasspfleger geschlossen werden. Die Erben können sich in diesem Vertrag gemäß § 10 FamFG nicht von einem Dritten vertreten lassen.

    Darüber hinaus ist der Vertrag deswegen nicht genehmigungsfähig, weil die Beträge hinsichtlich derer eine anteilige Auszahlung an die durch Teilerbschein ausgewiesenen Erben erfolgen soll, ausdrücklich bezeichnet sein müssen. Die Angabe einer Quote bezüglich des vom Nachlasspfleger verwalteten Vermögens ist nicht ausreichend. Die aktuellen Beträge wären daher rechtzeitig mit dem Nachlasspfleger abzustimmen und in den Vertrag mit aufzunehmen." (Hervorhebungen diesseits erfolgt)

    Ich habe ehrlich gesagt so einen Salat selten gelesen. Das sage ich deswegen so offen, weil ich den RPfl bereits darauf hingewiesen habe, dass er zwischen dem materiellen Vertragsgeschäft und dem FamFG-Verfahren unterscheiden muss. Er versteht es aber nicht sondern verweist stur auf den § 10 FamFG der eine Bevollmächtigung von Beteiligten (für Verfahren des FamFG) nur zu Gunsten von Mitbeteiligten oder Anwälten zulässt.

    Der § 10 FamFG gilt aber ja nur für das Genehmigungsverfahren und nicht für den zu genehmigenden Tatbestand. Der Vertrag kann selbstverständlich von einem Vertreter der Erben mit dem NLP geschlossen werden. Nur der NLP stellt den Antrag auf Genehmigung. Der durch die Erben zum Vertragsabschluss Bevollmächigte hat mit dem Genehmigungsverfahren nichts zu tun.

    Weshalb ist das Genehmigungsverfahren der Auseinandersetzung vorgeschaltet? Es ist doch eine Genehmigung die erst nach den von den Beteiligten abgegebenen Willenserklärungen erteilt wird.

    Warum ein bis zum Vollzug der Genehmigung schwebend unwirksamer Vertrag nichtig werden soll, kann mir wohl keiner erklären. Was § 10 (der für das NLG gilt) damit zu tun haben soll, dass zu allem Überfluss auch der NLP seine Genehmigung nicht einem Bevollmächtigten der Erben gegenüber erklären kann, ist auch unverständlich.

    Hier wird verkannt, dass die durch Bevollmächtigten vertretenen Erben keinerlei Handlungen ggü. dem NLG vornehmen, die unter § 10 fallen könnten.

    Und: Es ist genauso Unsinn, den Betrag der Auszahlung exakt in den Vertrag aufzunehmen, wenn doch eine Teilung von Bankguthaben nach Quoten erfolgen kann. Jeder im Vertrag stehende Betrag stimmt am darauffolgenden Tag schon nicht mehr, so dass die exakte Auszahlungssumme sich nur bei der tatsächlich erfolgten Teilung (dann taggenau) ermitteln läßt.

    Also: Was mache ich nun mit der Sache? An den Rpfl. ist mit guten Argumenten nicht ranzukommen und ein Verfahren beim OLG dauert zu lange. Aber ich kann doch so einen juristischen Matsch nicht an die Erben weitergeben und insbesondere den Vertrag nicht nochmals von allen Erben (viele und teilw. im Ausland wohnhaft) zeichnen lassen? Ich bin sprach- und ratlos....und unser Anwalt auch.


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    4 Mal editiert, zuletzt von TL (9. Juni 2015 um 14:16)

  • Sprach- und ratlos scheinen bislang alle hier zu sein.
    Ich selbst kann Dir in Deiner Argumentation auch nur zustimmen. Wenn Sachargumente aber zu nichts führen und Euch das OLG zu lange dauert, weiß ich leider auch keine bessere Lösung. Warten, bis ein verständiger Urlaubs- oder Krankheitsvertreter zuständig wird, dürfte auch wenig Aussicht auf Erfolg haben (zumal der sich dann auch rantrauen müßte).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen.

    Im Einzelnen:

    a) Das Vertretungsverbot des § 10 FamFG gilt natürlich nur im gerichtlichen Verfahren. Der Vertragsschluss als solcher hat aber nichts mit dem Verfahren zu tun, sondern er bildet lediglich den Gegenstand des Verfahrens. Wäre die Ansicht des Kollegen zutreffend, wäre jedwede Vertretung beim Abschluss von Grundstücksverträgen unzulässig und das Grundbuchamt dürfte demzufolge nicht eintragen. Natürlich ist das völlig abwegig.

    Mit anderen Worten: Die durch Teilerbschein ausgewiesenen bekannten Erben geben keinerlei Verfahrenserklärung ab, sondern sie handeln lediglich beim materiellen Rechtsgeschäft und werden dort - ohne weiteres zulässig - von einem beliebigen Dritten vertreten.

    Im Übrigen ist die Ansicht des Kollegen auch inkonsequent. Denn selbst wenn das Vertretungsverbot des § 10 FamFG - wie nicht - zuträfe, könnte er allenfalls den Bevollmächtigten zurückweisen (§ 10 Abs. 3 S. 1 FamFG). Die bereits vom Bevollmächtigen abgegebenen Erklärungen - und im vorliegenden Fall wären sie bereits abgegeben - bleiben aber wirksam (§ 10 Abs. 3 S. 2 FamFG).

    b) Aus dem in vorstehender lit. a) Gesagten folgt ohne Weiteres, dass die Ansicht des Kollegen, die bekannten Erben müssten den Auseinandersetzungsvertrag in persona selbst schließen und sie könnten beim Vertragsschluss demzufolge nicht vertreten werden, jeder rechtlichen Grundlage entbehrt.

    c) Aus dem Vorstehenden folgt des Weiteren, dass das Vertretungsverbot des § 10 FamFG auch bei der Empfangnahme der Mitteilung nach § 1829 BGB nicht greift, weil es sich bei dieser Empfangnahme nicht um eine Verfahrenserklärung handelt. Es stellt ja nicht einmal diese Mitteilung des Nachlasspflegers selbst eine solche Verfahrenserklärung dar, sondern der Nachlasspfleger handelt bei dieser Mitteilung außerhalb des Verfahrens im Außenverhältnis zum Vertragspartner. Wenn schon die Mitteilung als solche keine Verfahrenshandlung ist, wie könnte also dann ihre Entgegennahme eine dem Vertretungsverbot des § 10 FamFG unterliegende Verfahrenshandlung sein?

    d) Beteiligt am Genehmigungsverfahren sind lediglich der Nachlasspfleger und die von diesem vertretenen unbekannten Erben, nicht aber die bereits durch Teilerbschein ausgewiesenen bekannten Erben oder deren beim materiellen Rechtsgeschäft handelnder rechtsgeschäftlicher Vertreter.

    e) Die im Erbauseinandersetzungsvertrag vereinbarte Art und Weise der Auseinandersetzung entspricht der üblichen Verfahrensweise. Bei der Auseinandersetzung von Geldnachlass wird nämlich wegen der durch das Genehmigungserfordernis eintretenden unvermeidlichen zeitlichen Verzögerung nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Aufteilung abgestellt. Dies hat den Vorteil, dass der Anspruch der Höhe nach sozusagen mit allen Änderungen "mitläuft" und im Ergebnis die Kontostände entscheiden, wie sie sich im Zeitpunkt der Aufteilung darstellen. Dementsprechend stellt es auch die übliche Verfahrensweise dar, nicht die Auskehrung bestimmter Beträge, sondern die quotale Aufteilung der Nachlassgelder zu vereinbaren und ich bin während meiner langjährigen Tätigkeit als Rechtspfleger in Nachlasssachen mit meinen Genehmigungen daher auch stets in dieser Weise verfahren.

    Was im vorliegenden Fall an Auseinandersetzungsmodalitäten vereinbart wurde, ist daher ohne weiteres genehmigungsfähig. Das Gericht hat den Beteiligten nicht vorzuschreiben, welche diesbezüglichen Modalitäten sie vereinbaren, so lange diese - wie hier - sachgerecht und für jeden objektiven Betrachter ohne weiteres nachvollziehbar sind. Was der Kollege beanstandet, läuft daher im Ergebnis darauf hinaus, eine sachgerechte durch eine unangemessene Regelung zu ersetzen, so dass das Vereinbarte genehmigungsfähig und das vom Kollegen Gewünschte in Wahrheit nicht genehmigungsfähig wäre!

    Ergebnis:

    Der Kollege hat sich hier offenbar völlig verrannt und er tut demzufolge gut daran, seine unhaltbaren Rechtsstandpunkte umgehend aufzugeben. Im Übrigen sollte er angesichts seiner unhaltbaren Rechtsauffassungen auch die Amtshaftungsfrage nicht aus dem Auge verlieren.

  • So ist es.

    Im Prozess geht es um die Bestimmtheit der Klageanträge, bei der rechtsgeschäftlichen Auseinandersetzung demgegenüber lediglich um die Bestimmbarkeit und Bezifferbarkeit der betreffenden Beträge. Und letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei erfüllt.

  • Die Argumentation, dass das dem Genehmigungsverfahren zugrundeliegende Rechtsgeschäft zwar den Grund für die nachlassgerichtliche Genehmigung gibt, aber nicht damit auch alle Verfahrensvorschriften des FamFG auf das Rechtsgeschäft anzuwenden sind, hatte man dem Kollegen schon geschrieben.

    Er ist aber wohl leider der Annahme, dass dem nicht so ist, sondern das Vertretungsverbot des § 10 FamFG auch auf das Grundgeschäft (den Vertrag selbst) anzuwenden ist....dass das Unfug ist wird tatsächlich deutlich, wenn man sich den von Cromwell genannten Fall mit dem Grundstückskaufvertrag anschaut.

    Nehmen wir den Fall, der NLP verkauft eine Nachlassimmobilie. Der Käufer handelt aber nicht selbst sondern durch einen generalbevollmächtigten Dritten. Da kommt doch iemand auf die Idee, die Genehmigung des NLG deswegen zu verweigern, weil der Generalbevollmächtigte nach § 10 FamFG den Käufer nicht vertreten dürfte. Genau so aber argumentiert der Kollege. Wahnsinn.


    Der Passus mit der quotenmäßigen Aufteilung, die er nur dann akzeptieren will, wenn die Beträge auf den Cent genau im Vertrag stehen ist ebenso natürlich ein Unfug. Alleine in der Zeit vom Abschluss des Vertrages bis zum Vorliegen der Rechtskraft der Genehmigung vergehen regelmäßig Wochen. Bis dahin hat sich der Gesamtbestand des Nachlasses und damit der Auseinandersetzungsanspruch der Erben täglich verändert.

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  • Ich denke, es ist alles gesagt und es bleibt zu hoffen, dass der betreffende Kollege mitliest, auch wenn das, was er liest, vielleicht wenig schmeichelhaft ist. Aber es kann sich jeder einmal vergaloppieren und es ist keine Niederlage, sondern es zeugt von Kritikfähigkeit, wenn man (auch sich selbst) eingestehen kann, einmal einen ziemlichen Schmarrn" gemacht zu haben.

  • ....d es bleibt zu hoffen, dass der betreffende Kollege mitliest, auch wenn das, was er liest, vielleicht wenig schmeichelhaft ist.

    Die Hoffnung teile ich nicht. Aus welchen Gründen auch immer, scheint mir der Südwesten forenmäßig unterrepräsentiert zu sein.

  • Es ist ein Gericht in den neuen Bundesländern...

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  • Wo das zuständige Nachlassgericht belegen ist, sollte in der Sache und von Rechts wegen gleichgültig sein. Denn gerüchteweise gilt das BGB und das FamFG - von hier nicht einschlägigen landesrechtlichen Besonderheiten abgesehen - im gesamten Bundesgebiet.

  • Mir gings darum , dass Du die Hoffnung hattest, der betroffene Kollege würde hier mitlesen.
    Sofern er sich jetzt nun in den neuen BL befindet , scheint diese Hoffnung berechtigter zu sein , als in meinem BL.

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