Wiederverheiratungsklausel

  • Hallo liebe Leute,

    ich hätte eine Frage zu einer Wiederverheiratungsklausel in einem gemeinschaftlichen Testament.
    Wenn die Ehegatten in ihrem Testament schreiben: "Im Falle einer Wiederheirat des überlebenden Ehepartners, sollen die Verfügungen in unserem Testment weiterhin bestehen.", gilt dies als Wiederverheiratungsklausel?

    Ich denke eigentlich nicht, da eine Klausel ja in einer bestimmten Situation irgendeine Wirkung entfallten müsste.
    Dieser Satz an sich entfalltet doch aber keinerlei Wirkung, da das Testament auch ohne diesen so bestehen würde.

    Es wäre toll, wenn mir einige erfahrene Kollegen ihre Ansicht dazu mitteilen könnten.

    Liebe Grüße


  • Evtl. Eine Aussage zur Wechselbezüglichkeit und zum Ausschluss des Anfechtungsrechts eines neuen Ehegatten (als neuem Pflichtteilsberechtigten). Wir nennen deshalb eine evtl. Solche neue Ehe eine "Liebesehe", außer Liebe gibt es nichts zu holen bzw. erben.

  • Danke für die Antwort, Professor. :)

    Aber gilt diese Verfügung dann auch als Klausel bzw. wäre die Ansicht, dass es keine Klausel ist vertretbar?

  • Es wäre schön, wenn man wüsste, worauf Du überhaupt hinaus willst.

    Es handelt sich natürlich nicht um eine Klausel in dem Sinne, dass die Anordnung einer bedingten Nacherbfolge in Betracht käme (es ist ja exakt das Gegenteil verfügt). Und wenn das Testament ohnehin eine Schlusserbeneinsetzung enthält, ist die weitere verfahrensrechtliche Handhabung ebenfalls unproblematisch (Wiederverwahrung etc.). Im letztgenannten Sinne könnte man allenfalls fragen, wie es sich verhalten würden, wenn die betreffende Bestimmung in einem eigenen Nachtrag enthalten wäre. Hier muss man dann natürlich in gleicher Weise verfahren (Wiederverwahrung etc.), weil das Testament auch Bedeutung für den zweiten Sterbefall entfalten kann.

  • Also um mal noch etwas Kontext zu liefern:

    Es handelt sich um einen Klausurfall.
    Ich und einige andere verwiesen eben darauf, dass diese Formulierung keine Wiederverheiratungsklausel sein kann, da sie keine Wirkung entfalltet.
    Mittlerweile scheint es ja so, dass sie zumindest in bestimmten Fällen doch einen Effekt haben kann.

    Es wurde uns dann eben angekreidet, dass wir die Wiederverheiratungsklausel nicht erkannt hätten und der erstellte Erbschein falsch wäre, da nicht (wegen Einheitslösung) auf Voll- und Schlusserbschaft im Erbschein hingewiesen wurde.
    Die Folge waren massive Punktverluste.
    Und mit dieser Argumentation sind wir halt nicht wirklich einverstanden, wollen aber erstmal sicher gehen, dass wir nicht wirklich eine Klausel übersehen haben, da der Dozent auf Kritik leicht negativ reagiert. ;)

  • Im Testament war folgendes festgelegt:

    "Unser Testament: Wir, Eheleute F und M, setzen uns gegenseitig als Erben ein.
    Nach Tod desjenigen von uns, der den anderen überlebt, soll unser Vermögen zu gleichen Teilen an S (Schwester des M) und K (Sohn der F) fallen.
    Im Falle einer Wiederheirat des überlebenden Ehepartners, sollen die Verfügungen in unserem Testment weiterhin so bestehen bleiben.
    Alsfeld, 14.2.1995"

    Die F unterzeichnet das Testament im Jahr '95, der M im Jahr 2000.
    M verstirbt 2006.

    Die F ist dann natürlich kurz vor ihrem Tode verärgert über S und K und will ihr vermögen der guten Freundin zu sprechen.
    2015 verstirbt sie dann, nachdem sie ihre gute Freundin als Alleinerbin eingesetzt hat und alle drei wollen jetzt einen Erbschein.

    Laut Dozent ist hier keine Wechselbezüglichkeit gegeben und es besteht eine Wiederverheiratungsklausel.

    Die Frage ist nun, gilt dies als Wiederverheiratungsklausel, die dann auch im Erbschein erfasst sein müsste?
    Ich hoffe, dass waren die Informationen die du wolltest. :)

    5 Mal editiert, zuletzt von IceGarcia (20. Juni 2015 um 15:00)

  • Ich gehe davon aus, dass Zwischenergebnis zunächst war, dass ungeachtet der nachträglichen Unterzeichnung des Testaments durch den Ehemann M von einem wirksamen gemeinschaftlichen Testament auszugehen ist. Denn wenn von einer unwirksamen gemeinschaftlichen Testierung und demzufolge nur von einem einseitigen Testament der Ehefrau auszugehen wäre, stellen sich die rechtlichen Fragen natürlich ganz anders.

    Also unterstelle ich, dass für die weitere Untersuchung zunächst von einem wirksamen gemeinschaftlichen Testament auszugehen war (das wahrscheinlich F und nicht M geschrieben hat, ist aber egal).

    1. Erbfolge nach dem Ehemann M (2006)

    Ehefrau F ist unbeschränkte und unbeschwerte Alleinerbin, weil (a) keine Wiederverheiratungsklausel mit der Folge der Anordnung einer bedingten Nacherbfolge vorliegt und weil (b) rückblickend aufgrund des zweiten Erbfalls (2015) ohnehin feststeht, dass F nicht wieder geheiratet hat. Für den Erbfall F ist die "Klausel" somit nicht mehr von Belang.

    2. Erbfolge nach Ehefrau F (2015)

    Das gemeinschaftliche Testament enthält eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten des Sohnes der Ehefrau F und der Schwester von Ehemann M (zu je 1/2). Da F zugunsten ihrer Freundin F neu testiert hat (F als Alleinerbin), stellt sich die Frage, inwieweit die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich war. Hier könnte - vorbehaltlich einer anderen Lösung wegen eines evtl. "Nahestehens" i. S. des § 2270 Abs. 2 BGB (Stiefkinder können einem genauso nahestehen wie eigene Kinder!) - die sog. einseitige Wechselbezüglichkeit zum Zuge kommen, wonach die Schlusserbeneinsetzung nur wechselbezüglich ist, soweit die Schwester des M bedacht wurde (vgl. § 2270 Abs. 2 Alt. 1 BGB), nicht aber, soweit die Tochter von F bedacht wurde. In diesem Fall sind die Schwester von M und die Freundin F Miterben zu je 1/2, ansonsten (bei Wechselbezüglichkeit auch der Erbeinsetzung des Sohnes von F) bleibt es bei der Erbeinsetzung nach dem gemeinschaftlichen Testament.

    Mir ist aber immer noch nicht klar, wo nun eigentlich das von Dir mitgeteilte Problem liegt. Bist Du sicher, dass im Sachverhalt nicht noch woanders irgendwo ein Hund begraben liegt?

    Was ist denn lt. Dozent insgesamt die "richtige" Lösung bezüglich der Erbfolge nach M und nach F?

  • Erstmal vielen Dank für die ausführliche Antwort, die mir schon sehr geholfen hat.

    Ich hänge mich eben daran auf, dass lt. Ansicht des Dozenten keine Wechselbezüglichkeit zwischen den Verfügungen von F und M gegeben ist (schlichter Vermerk in der Klausur: Nein, das ist falsch, schwerer Fehler.) und dass ich eben der Ansicht bin, dass es in diesem Testament keine Wiederverheiratungsklausel gibt.
    Dazu gab es nur den Vermerk, dass es eine geben würde (Die Auswertung der Klausur ist noch nicht erfolgt, ich kann mich also nur an den raren Vermerken des Korrektor orientieren.).
    Dadurch, dass ich die Klausel hier verneint habe, der Dozent diese aber als zwingend gegeben sieht, ist natürlich auch mein Erbschein nach M "falsch", was natürlich ordentlich Punkte kostet.

    Deshalb wollte ich mal die Meinung von erfahrenen Rechtspflegern hören, bevor ich den Dozenten mal darauf anspreche, dass ich eben anderer Meinung bin.

    Einmal editiert, zuletzt von IceGarcia (20. Juni 2015 um 16:32)

  • Auch wenn man hier - wie ausgeführt - nur von einer sog. einseitigen Wechselbezüglichkeit ausgeht (für den Fall, dass M sein Stiefsohn nicht i. S. des § 2270 Abs. 2, 3. Alternative BGB "nahe steht"), ist nach der Vermutung des § 2270 Abs. 2 BGB nicht nur die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute im Verhältnis zueinander wechselbezüglich (1. Alternative des Abs. 2) , sondern auch die Alleinerbeneinsetzung der Ehefrau F durch M im Verhältnis zur Schlusserbeneinsetzung der Schwester von M durch F (2. Alternative des Abs. 2).

    Das steht völlig außer Frage.

    Von einer Wiederverheiratungsklausel kann ebenfalls keine Rede sein. Mit "Wiederverheiratungsklausel" wird nur die Anordnung bezeichnet, die dazu führt, dass der überlebende Ehegatte im Fall seiner Wiederverheiratung vom Vollerben zum Vorerben (oder jedenfalls zum Vermächtnisschuldner) wird. Wenn irgendetwas geschrieben wird, was mit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten zu tun hat, ist das somit noch lange keine Wiederverheiratungsklausel im beschriebenenen Sinne.

    Zu welchem Ergebnis bist Du denn eigentlich im Hinblick auf die Erbfolge nach M und F gekommen?

  • Danke, genau so denk ich eben auch.
    Nur ist deine Argumentation um einiges besser als meine. :D

    Nach M hat bei mir die F als Alleinerbin geerbt.
    Nach ihrem versterben dann jeweils S und U (Sohn des K) zu 1/2, da ich die Wechselbezüglichkeit ja bejaht hatte.
    Im Teil II ist nämlich K bereits vorverstorben.
    Und ich hab dann gesagt, sie kann auch die Einsetzung ihres verstorbenen Sohnes nicht ändern, da Wechselbezüglichkeit und nach versterben diese nicht einfach geändert werden kann (§2271 II 1 BGB).
    Wobei mir dieses Argument im nachhinein nicht mehr so sinvoll erscheint wie noch im Stress der Klausur. ^^

  • Das Vorversterben des Sohnes der Ehefrau F ist ein wichtiger und bisher noch nicht ins Spiel gebrachter Gesichtspunkt.

    Dazu muss ich jetzt aber ein wenig ausholen:

    Ich hatte gesagt, dass die Schlusserbeneinsetzung des Sohnes K wegen einseitiger Wechselbezüglichkeit unter Umständen von vorneherein nicht wechselbezüglich war. Wenn man nun davon ausgehen würde, dass insoweit doch Wechselbezüglichkeit vorliegt, weil der Sohn der Ehefrau seinem Stiefvater i. S. von § 2270 Abs. 2 Alt. 3 BGB nahe stand und man zu dieser Wechselbezüglichkeit nicht aufgrund individueller Auslegung, sondern nur aufgrund der Vermutung des § 2270 Abs. 2 BGB gelangt, dann würde das Einrücken des Enkels U, das man wiederum nicht auf eine individuelle Auslegung, sondern ebenfalls nur auf eine Auslegungsregel (§ 2069 BGB) stützt (gilt beim gemeinschaftlichen Testament auch, wenn der Abkömmling nur von einem Ehegatten abstammt), zu dem Ergebnis führen, dass U aufgrund der Kumulierung zweiter Auslegungsregeln (§ 2270 Abs. 2 BGB einerseits und § 2069 BGB andererseits) zum Miterben berufen wäre. Dies lehnt die hM ab, so dass man die Wechselbezüglichkeit dann im Ergebnis verneint und wir wieder zu dem Resultat kommen, dass auch bei einseitiger Wechselbezüglichkeit gegolten hätte (Erben S und F zu je 1/2).

    Wenn man hier alternativ lösen muss, sind alle genannten Probleme in "geballter" Weise relevant.

    Wobei ich das mit der Wiederverheiratungsklausel nach wie vor nicht verstehe ...

  • Wiederverheiratungsklausel mit Auswirkung auf die Erbfolge oder andere schuldrechtliche Verfügung (ggf. Vermächtnis),

    Folgende Formulierung im Testament:

    Sollte der Überlebende von uns wieder heiraten, oder vergleichbar zusammenleben, ist er verpflichtet, den gemeinsamen Kindern die Hälfte dessen was er vom Erstversterbenden geerbt hat unverzüglich herauszugeben.

    Beantragt ist ein einfacher Alleinerbschein.

    Ich habe im HRP für Nachlassrecht, 10. Auflage, RN 1.223, einen Absatz gefunden, der eine sogenannte Vermächtnislösung zur Wiederverheiratungsklausel erläutert. Hiernach wäre antragsgemäß zu entscheiden, sofern ich den Absatz richtig interpretiere.
    Schließt ihr euch der Ansicht an? Handelt es sich hier tatsächlich lediglich um eine schuldrechtliche Verfügung ohne Auswirkung auf die Erbfolge? Ich bin mir irgendwie unsicher, vor allem weil nicht alle Kinder als weitere gesetzliche Erben (neben der Ehefrau) vorab schriftlich ihr Einverständnis erklären wollen.

    Vielen Dank im Voraus :)

  • Steht das in einem privatschriftlichen Testament?
    Dann könnte es auch eine bedingte Vor- und Nacherbfolge sein, bei einem notariellen sollte es eigentlich nicht vorkommen, dass nicht klar zwischen Erbe und Vermächtnis getrennt wird.

    Wenn alle Beteiligten der Auslegung "keine" Vor- und Nacherbfolge zustimmen, hätte ich kein Problem, einen Alleinerbschein auszustellen.

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