Notwendigkeit Grundstücksverkauf

  • Hallo zusammen,
    Eines der Kriterien für die Genehmigung eines Verkaufs ist dessen Notwendigkeit.
    Nun erreicht mich folgender Fall, den wir dieses Jahr hier übernommen haben:
    Betreuer bittet Im Vorfeld ( was immer gut ist :daumenrau), das Haus der Betreuten verkaufen zu können.
    Dieses steht seit ca. 3 Jahren leer, nachdem die sehr betagte Betreute sich seither im Heim befindet und eine Rückkehr in das Haus ausgeschlossen ist.
    Betreuer ( = ehrenamtlich ) selbst ist inzwischen gehbehindert und kann sich nicht mehr adäquat um das Haus kümmern.
    Eine Vermietung ist seither nicht erfolgt, zumal die Betreute über ausreichend Geldmittel verfügt, um die Heimkosten locker bestreiten zu können.
    Für Vermietung müsste wohl auch einiges investiert werden.
    Wertgutachten liegt vor; allzu große Schäden wegen Leerstand sind nach vorhand. Bildern nicht ersichtlich.
    Begründet wird die Notwendigkeit des Verkaufs des Grundstücks wegen dessen Leerstand und drohendem Verfall des Gebäudezustandes.
    Allerdings gab der Betreuer an , auch das Testament der Betreuten zu kennen, wonach zwei weitläufige Verwandte der Betreuten Erben seien.
    Diese seien sich aber bekanntermaßen spinnefeind.

    Und nun ?
    Nur wegen Leerstand Verkauf genehmigen ? Betreute selbst braucht das Geld derzeit nicht.
    Gutachten gibt aber nur den derzeitigen Zustand wieder.

    Ich habe hier z.B. schon unter #27 hingewiesen, dass mich künftige Testamente nicht interessieren:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post894732

    Die Interessen der späteren Erben haben mich nicht zu interessieren, um denen später die Auseinandersetzung an Konten der Betreuten zu erleichtern.
    Andererseits könnten diese dem Betreuer ( und dem Gericht ? ) zu langen Leerstand vorwerfen.

  • Kann die Betreute hierzu angehört werden?

    Ansonsten: da ja laufend Kosten entstehen (u.a. die eher teure Versicherung bei leerstehenden Gebäuden) und ein Haftungsrisiko bei Schäden besteht, ist die Praxis "meines" Gerichts die Genehmigung, wenn ein angemessener Preis erzielt werden kann und die Rückkehr ausgeschlossen erscheint.

    Die (potentiellen) Erben interessieren in der Tat zu Recht niemanden.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wüsste nicht, dass das Kriterium der "Notwendigkeit" ein Ausschlusskriterium ist. Ein Hausverkauf kann durchaus genehmigungsfähig sein ohne zwingend notwendig zu sein.

    Was die potenziellen Erben angeht, stimme ich mit Steinkaus voll überein.

  • Wie schon zutreffend ausgeführt wurde, ist in einem solchen Fall abzuwägen, womit den Belangen des Betroffenen am Besten gedient ist. Denn zum einen muss ein Leerstand nicht zwingend nicht die Veräußerung des Grundbesitzes nach sich ziehen und zum anderen kann er auch angezeigt sein, weil aufgrund des Leerstands (ebenfalls nicht zwingend) eine Wertminderung zu befürchten ist oder das Objekt aufwendig "überwacht" werden muss. Ob die laufenden Kosten des Objekts einen Grund für die Veräußerung darstellen können, hängt von ihrer Höhe ab. Aber wenn der Betroffene über genügend Geldmittel verfügt, dass er sich dies ohne weiteres leisten kann, ist auch die Kostenfrage kein entscheidendes Argument. Anders aber wiederum, wenn derartiger akuter Renovierungsstau besteht, dass man aktuell Geld in die Hand nehmen muss.

    Der mangels Anhörungsfähigkeit des Betroffenen zu bestellende Verfahrenspfleger kann im Ergebnis auch nichts anders tun als die vorstehende Abwägung vorzunehmen und sich dann eben so oder anders äußern.

    Am Besten wäre es, wenn der Betroffene zumindest noch einen natürlichen Willen äußern könnte, ob er unbedingt an dem Objekt festhalten will oder ob es ihm gleichgültig ist, ob es veräußert wird. Wenn der Zustand des Betroffenen allerdings so ist, dass er schon gar nicht mehr weiß, dass er Grundbesitz hat, hilft natürlich auch dies nicht weiter.

  • Da sich der Betreute die laufenden Kosten für den Erhalt des Hauses und die in Zukunft hinzukommenden Hausmeisterservicekosten spart, sowie die Kosten für eine nunmehr fällige Renovierung und der Betreute nun nach drei Jahren wohl im Heim wird bleiben müssen,ggf. frisches Attest anfordern, sehe ich keinen Grund die Genehmigung zu versagen.

    Ich würde mir ggf. noch nachweisen lassen wie lange das Haus feilgeboten wurde, ggf. darauf hinwirken, das über die Bank des Betreuten oder einen Makler abzuwickeln.

    MüKo Rn 50 zu § 1821 BGB: "Vorteile, Risiken, Erträge und Aufwendungen sind dabei gegeneinander abzuwägen; es genügt, wenn das Rechtsgeschäft im Ganzen vorteilhaft ist."


    Insgesamt Vorteilhaft dürfte hier der Fall sein und auch ausreichend für die Erteilung der Genehmigung.


  • MüKo Rn 50 zu § 1821 BGB: "Vorteile, Risiken, Erträge und Aufwendungen sind dabei gegeneinander abzuwägen; es genügt, wenn das Rechtsgeschäft im Ganzen vorteilhaft ist."


    Insgesamt Vorteilhaft dürfte hier der Fall sein und auch ausreichend für die Erteilung der Genehmigung.


    Hört sich gut an.:daumenrau


  • Problem: die Verantwortung trägt -ob Verkauf oder Behalten- im Verhältnis zu den Erben letztendlich immer der Betreuer. Ihn kann das Gericht nie von seiner Entscheidungsverantwortung befreien.

  • Hätte hierzu auch gerne eure Meinungen gehört:

    Kaufvertrag (110 % VKW), laut Gutachter ein absoluter Glücksgriff, Objekt verwahrlost langsam. Betroffene im Pflegeheim, kann objektiv nicht mehr zurück. Erlös wird auf keinen Fall (jemals) zur Unterhaltssicherung benötigt, es gäbe auch Mittel zur Sanierung, ist aber wirtschaftlich wohl nicht sinnvoll. Betroffene möchte aber (ist noch anhörungsfähig) aus emotionalen Gründen nicht verkaufen...

    Ich tue mich schwer mit einer Entscheidung, beides lässt sich vertreten. Habt ihr Erfahrungen zu dem Thema?

  • Hier generelle Aussagen zu treffen ist schwierig. Ich würde bei dieser Konstellation auf jeden Fall zeitnah mit der Betroffenen sprechen. Evtl. ist es ratsam, dass der Betreuer im Vorfeld mit der Betroffenen die Sache bespricht. Ich habe schon einmal die Erfahrung gemacht, dass im Laufe des Genehmigungsverfahren die betreute Person, ihre Meinung geändert hat, ohne dass auf sie eingeredet wurde. Aber hier hängt auch vieles von der "geistigen Fitness" ab.

  • Wenn die Betroffene noch in der Lage ist die wirtschaftlichen Folgen zu realisieren, dann würde ich die Genehmigung verweigern.

    Es steht der Betroffenen m.E. ohne weiteres zu wirtschaftlich nicht sinnvolle Entscheidungen aus emotionalen Gründen zu treffen. Vor allem wenn die Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht benötigt werden.

    Aus lediglich wirtschaftlichen Gründen, darf der (freie) Wille der Betroffenen m.E. nicht übergangen werden.

  • Wenn die Betroffene noch in der Lage ist die wirtschaftlichen Folgen zu realisieren, dann würde ich die Genehmigung verweigern.

    Es steht der Betroffenen m.E. ohne weiteres zu wirtschaftlich nicht sinnvolle Entscheidungen aus emotionalen Gründen zu treffen. Vor allem wenn die Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht benötigt werden.

    Aus lediglich wirtschaftlichen Gründen, darf der (freie) Wille der Betroffenen m.E. nicht übergangen werden.


    :daumenrau

  • Wie Frog würde ich es machen, habe es auch schon gemacht und wurde dann auch beim Rechtsmittel gehalten, trotz auch in meinem Verfahren wirtschaftlichen Unsinns. (leicht verwahrloster Hof, keine Mieter gefunden, hohe monatliche Kosten (allein im Winter für die notwendige Ölbeheizung) keine Rückkehrmöglichkeit der Betreuten -nicht einmal die Möglichkeit den Hof je wieder zu sehen, da bettlägerig im Heim- da gingen jährlich einige tausend weg)

    Aber so ist es in der Betreuung, der Wille des Betreuten ist ausschlaggebend. Und sofern er es sich leisten kann, darf er auch wirtschaftlichen Unsinn machen, eine Erziehungsfunktion zu einem wirtschaftlich vernünftig handelnden Menschen ist nicht Ziel einer Betreuung.


  • Ansonsten: da ja laufend Kosten entstehen (u.a. die eher teure Versicherung bei leerstehenden Gebäuden) und ein Haftungsrisiko bei Schäden besteht, ist die Praxis "meines" Gerichts die Genehmigung, wenn ein angemessener Preis erzielt werden kann und die Rückkehr ausgeschlossen erscheint.

    ....was m.E. auch absolut nachvollziehbar ist und grundsätzlich vermutlich dem objektivem Sinne d. Betreuten entspricht.
    Natürlich läge der Fall anders, wenn d. Betreuten in solchen Fällen noch die Option der Rückkehr in die Wohnung hätten.

    mfg

  • Danke für eure Einschätzungen!

    Habe die Betroffene bereits angehört, sie ist absolut in der Lage, ihren Willen zu äußern. Tendiere dann hier tatsächlich dazu, mal zu verweigern, auch wenn es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist...

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