Änderung des Freibetrages?

  • Im Rahmen einer Pfändung + Überweisung nach § 850f Abs. 2 ZPO wurde Renteneinkommen des Schuldners gepfändet. Im Rahmen der Festsetzung des Freibetrages wurde berücksichtigt, daß die Ehefrau des Schuldners im gemeinsamen Haushalt lebt, von diesem Naturalunterhalt erhält und selbst seinerzeit über kein eigenes Einkommen verfügte. Der Freibetrag wurde auf 700 EUR festgesetzt zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages für die unterhaltsberechtigte Frau.

    Nunmehr hat sich aufgrund des Vermögensverzeichnisses der Ehefrau ergeben, daß diese Sozialgeld von rd. 120 EUR bezieht.

    Meine Frage als Gläubiger

    Berechtigt dies nicht zur Abänderung (§ 850g ZPO) der Festsetzung des Freibetrages auf 580 EUR? Wenn ich den BGH (Rpfleger 2013, 221) richtig verstehe, müßte das doch die Folge sein - wenngleich im dort entschiedenen Fall der notwendige Lebensbedarf durch das Einkommen der Ehefrau sogar voll gedeckt war. Ist dafür ein (förmlicher) Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO (auf teilweise Nichtberücksichtigung) notwendig? Wenn ich es richtig verstehe, spielt die (förmliche) Antragstellung nach § 850c Abs. 4 ZPO im Rahmen des § 850f Abs. 2 Hs. 2 ZPO doch keine Rolle, oder?

    Bolleff

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    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (9. Juli 2015 um 16:18)

  • 700 € festgesetzt zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages für die unterhaltsberechtigte Frau.

    Berechtigt dies nicht zur Abänderung der Festsetzung des Freibetrages auf 580 €?

    Zum einen erschließt sich mir schon grundsätzlich nicht wie es da zu einem "zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages" kommen kann...
    Das kenn ich nur von gleichrangigen Unterhaltpflichten, und darum geht es ja gar nicht :gruebel:

    Zum anderen müsste man wissen wie die Unterhaltspflicht der Ehefrau berücksichtigt wurde.
    Scheinbar ja nicht bei den 700 EUR, sondern bei den "zuzügl. 1/2"...

    Eine Änderung des Unterhalts würde dann auch nicht zu einer Änderung der 700 EUR führen, sondern allenfalls zu einer Änderung der "zuzügl 1/2".

    Im Ergebnis: Antrag stellen auf Änderung des Freibetrag und schaun was dabei rauskommt :D

    (wie gesagt, ich halte den bisherigen Freibetrag 700 EUR zuzügl 1/2 schon für nachfragebedürftig ;) )

  • Zum einen erschließt sich mir schon grundsätzlich nicht wie es da zu einem "zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages" kommen kann...
    Das kenn ich nur von gleichrangigen Unterhaltpflichten, und darum geht es ja gar nicht :gruebel:


    Ich weiß es auch nicht. Ist aber schön zu wissen, daß auch Du rätselst:gruebel:.

    Zum anderen müsste man wissen wie die Unterhaltspflicht der Ehefrau berücksichtigt wurde.
    Scheinbar ja nicht bei den 700 EUR, sondern bei den "zuzügl. 1/2"...


    Genau. Die 700 EUR (habe die Beträge jetzt vereinfacht) setzt sich aus dem Sozi-Regelsatz und den Kosten der Wohnung + Heizung zusammen. Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau soll wohl mit diesem "zzgl. 1/2" berücksichtigt werden. Das Gesamteinkommen beträgt 1.400 EUR.

    Was ich aber bei der Unterhaltspflicht nicht verstehe: Die beiden wohnen doch zusammen. Ich dachte, daß nur bei getrenntlebenden Ehegatten ein Anspruch auf Unterhalt besteht. Beim Zusammenleben, so dachte ich, hat der nicht oder nur geringverdienende Ehegatten allenfalls einen Taschengeldanspruch gegen den anderen (hier: Schuldner). Wieso wird die Frau dann überhaupt (vereinfacht ausgedrückt mit 350 EUR) berücksichtigt?

    Eine Änderung des Unterhalts würde dann auch nicht zu einer Änderung der 700 EUR führen, sondern allenfalls zu einer Änderung der "zuzügl 1/2".


    Ja, in die Richtung gingen auch meine Gedanken.

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  • [quote='Phil','RE: Änderung des Freibetrages?']
    Was ich aber bei der Unterhaltspflicht nicht verstehe: Die beiden wohnen doch zusammen. Ich dachte, daß nur bei getrenntlebenden Ehegatten ein Anspruch auf Unterhalt besteht. Beim Zusammenleben, so dachte ich, hat der nicht oder nur geringverdienende Ehegatten allenfalls einen Taschengeldanspruch gegen den anderen (hier: Schuldner). Wieso wird die Frau dann überhaupt (vereinfacht ausgedrückt mit 350 EUR) berücksichtigt?

    § 1360, 1360 a BGB. Von irgendwas muss sie schließlich leben, wenn sie keine eigenen Einkünfte hat. Der Taschengeldanspruch ist nur Teil des Anspruches auf gleichmäßige Teilhabe am Gesamteinkommen.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • [quote='Phil','RE: Änderung des Freibetrages?']
    Was ich aber bei der Unterhaltspflicht nicht verstehe: Die beiden wohnen doch zusammen. Ich dachte, daß nur bei getrenntlebenden Ehegatten ein Anspruch auf Unterhalt besteht. Beim Zusammenleben, so dachte ich, hat der nicht oder nur geringverdienende Ehegatten allenfalls einen Taschengeldanspruch gegen den anderen (hier: Schuldner). Wieso wird die Frau dann überhaupt (vereinfacht ausgedrückt mit 350 EUR) berücksichtigt?

    § 1360, 1360 a BGB. Von irgendwas muss sie schließlich leben, wenn sie keine eigenen Einkünfte hat. Der Taschengeldanspruch ist nur Teil des Anspruches auf gleichmäßige Teilhabe am Gesamteinkommen.


    Danke für die Erläuterung :daumenrau

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  • Zum einen erschließt sich mir schon grundsätzlich nicht wie es da zu einem "zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages" kommen kann...
    Das kenn ich nur von gleichrangigen Unterhaltpflichten, und darum geht es ja gar nicht :gruebel:


    Ich weiß es auch nicht. Ist aber schön zu wissen, daß auch Du rätselst:gruebel:.
    .

    Na dann stellen wir doch einfach mal fest das die bisherige "Berechnung" schlicht völlig falsch ist ;)
    Und wenn das Einkommen nun so gering ist das die Frau Sozialhilfe bezieht, den sehr wahrscheinlich zu deinen Gunsten.

    Immerhin zählt dir jetzt der Staat praktisch deine Forderung ;)

  • Zum einen erschließt sich mir schon grundsätzlich nicht wie es da zu einem "zzgl. des hälftigen Nettomehrbetrages" kommen kann...
    Das kenn ich nur von gleichrangigen Unterhaltpflichten, und darum geht es ja gar nicht :gruebel:


    Ich weiß es auch nicht. Ist aber schön zu wissen, daß auch Du rätselst:gruebel:.
    .

    Na dann stellen wir doch einfach mal fest das die bisherige "Berechnung" schlicht völlig falsch ist ;)


    Ich weiß nicht, ob man hier von "richtig" oder "falsch" reden kann. Die Bestimmung des Freibetrages ist ja in das "billige Ermessen" des Gerichtes gestellt. Frage ich anders: In welcher Höhe würdest Du denn den Unterhaltsanspruch in der hiesigen Konstellation bemessen?

    Und wenn das Einkommen nun so gering ist das die Frau Sozialhilfe bezieht, den sehr wahrscheinlich zu deinen Gunsten.


    Nur zur Klarstellung: Sozialgeld


    https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialgeld

    Immerhin zählt dir jetzt der Staat praktisch deine Forderung ;)


    Na, ganz so sehe ich das zwar nicht, aber Du hast mit dieser Bemerkung schon recht. So, wie ich Stöber verstehe, sähe er das wohl auch so, weshalb er sich auch sehr kritisch gegen die eingangs ergangene Entscheidung des BGH in seiner Kommentierung (Forderungspfändung und im Zöller) stellt (mit dem Argument, daß die Ehefrau dann quasi die Schuld des Schuldners zahle).

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  • Na dann stellen wir doch einfach mal fest das die bisherige "Berechnung" schlicht völlig falsch ist ;)


    Ich weiß nicht, ob man hier von "richtig" oder "falsch" reden kann.

    Doch, kann man eigentlich ganz eindeutig.
    Die Festsetzung tut so als wäre der § 850f II ZPO-Gläubiger gleichrangig mit der Unterhaltspflicht der Ehefrau.

    Ist er aber schlicht nicht, § 850f II ZPO ist nachrangig, Unterhaltspflicht Ehefrau ist vorrangig.

    Der gesetzlichen Vorrag der Unterhaltspflicht unterliegt erstmal nicht dem "billigem Ermessen"...

    Ich wäre da wohl mal Ansatzweise von dem Sozialhilferechtlichen Regelsätzen ausgegangen, die hier wohl unterschritten worden.

  • Na dann stellen wir doch einfach mal fest das die bisherige "Berechnung" schlicht völlig falsch ist ;)


    Ich weiß nicht, ob man hier von "richtig" oder "falsch" reden kann.

    Doch, kann man eigentlich ganz eindeutig.
    Die Festsetzung tut so als wäre der § 850f II ZPO-Gläubiger gleichrangig mit der Unterhaltspflicht der Ehefrau.

    Ist er aber schlicht nicht, § 850f II ZPO ist nachrangig, Unterhaltspflicht Ehefrau ist vorrangig.

    Der gesetzlichen Vorrag der Unterhaltspflicht unterliegt erstmal nicht dem "billigem Ermessen"...


    Überzeugt mich :daumenrau

    Ich wäre da wohl mal Ansatzweise von dem Sozialhilferechtlichen Regelsätzen ausgegangen, die hier wohl unterschritten worden.


    Aus Gläubigersicht trifft mich das Unterschreiten natürlich weniger ;):D

    Mal mit Zahlen weitergerechnet: Zugrundegelegt beim Freibetrag wurden (bis 31.12.2014) 391 € für Regelbedarf (Stufe 1) des Schuldners sowie 350 € Miete/Heizung + hälftiger Nettomehrbetrag wegen Unterhaltsverpflichtung Ehefrau. Da der Schuldner nicht arbeitet ("rüstiger Rentner" und +75 Jahre), wurde (auf Beschwerde und unter teilweiser Abhilfe) der anfänglich festgesetzte pauschale Mehrbedarfszuschlag von 100 € wieder gestrichen, so daß 741 € + hälftiger Nettomehrbetrag letztlich verblieben.

    Ich will jetzt nicht in allen Einzelheiten die Entscheidung des Beschwerdegerichts breittreten. Nur soviel: Es ist der Meinung gewesen, daß die einseitige Glaubhaftmachung des Schuldners durch Überreichung von (aus Gläubigersicht gefälschten oder im Widerspruch zu in anderen Verfahren vorgelegten) Belegen ausreicht und insoweit die vom Gläubiger "substantiiert dargelegten" Widersprüche sogar stimmen mögen, das ZV-Verfahren aber nicht geeignet sei, eine Beweisaufnahme u. ä. durchzuführen. Quintessenz quasi: Wenn der Schuldner allein die Form der Glaubhaftmachung einhält, schaut der Gläubiger in die Röhre. Ich empfand das als eine sehr seltsame (Einzelrichter-)Entscheidung der Beschwerdekammer.

    Zum Nettomehrbetrag: Dieses betrug rd. 1.370 €. Also entfielen auf den Unterhalt rd. 315 € (= 629 € ./. 2 als Differenz von 1.370 € - 741 €). Nach Deiner Meinung wäre aber für den Unterhaltsanspruch mindestens der Regelbedarf (Stufe 2) zugunsten der Ehefrau (bis 31.12.2014) von 353 € festzusetzen gewesen, so daß der Freibetrag um rd. 40 € zu niedrig festgesetzt wäre? Dann hätte ich ja noch Mal "Glück gehabt" :D

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  • Aus Gläubigersicht trifft mich das Unterschreiten natürlich weniger ;):D

    Verständlich :D
    Den Schuldner wohl letztlich auch nicht: das was er an Rente letztlich zu wenig bekommt, bekommt er (bzw. die Bedarfsgemeinschaft) trotzdem -> nur eben vom Staat im Rahmen des Sozialgeldes.

    Oder weiter gedacht: wenn du jetzt deine Absenkung des Freibetrages bekommen würdest, dann würde die Ehefrau (aufgrund der nun noch geringeren Rente) vermutlich entsprechend noch mehr Sozialgeld bekommen. Dann könntest du nochmal abesenken, und noch mehr Sozialgeld. usw... ;)

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