Beschlüsse im Urteilsstil?

  • Heute hat mein Direktor zu meiner Kollegin angemerkt (ist wohl aber schon häufiger bei anderen Rpfl passiert), dass ihre Bewertung wohl nicht so gut ausfallen würde, weil sie ihre Beschlüsse nicht im Urteilsstil verfasst. Stichpunkt Subsumtion. Sie hat die Beschlussentwürfe aus unserem System verwendet und das passt ihm nicht. Ich habe dann mit einer anderen Kollegin darüber gesprochen und sie hat mir mitgeteilt, dass das wohl schon häufiger bei anderen Rechtspflegern passiert ist und der Direktor dies auch als negativen Punkt in die Bewertung aufnimmt.

    Mich würde einmal interessieren ob das rechtens ist.

    Wie ist das bei euch?

  • Der Inhalt meiner Beschlüsse darf keinen Einfluss auf meine Beurteilung haben, schließlich bin ich Rechtspfleger.

  • Der Inhalt meiner Beschlüsse darf keinen Einfluss auf meine Beurteilung haben, schließlich bin ich Rechtspfleger.


    Hinsichtlich des Ergebnisses der Entscheidung sehe ich das auch so.

    Bezüglich der Begründung des Ergebnisses bin ich mir nicht so sicher. Es dürfte für die Beurteilung schon eine Rolle spielen, ob ich in Beschlüssen z. B. gar keine bzw. gar eine das Ergebnis nicht tragende oder eine ausführliche, gut nachvollziehbare Begründung liefere.


    Wonach sollte der Direktor ansonsten die Qualität der Arbeit als einen Punkt der Beurteilung einschätzen? :gruebel:

  • Mal als Gegenfrage:

    Warum sollte der Direktor für die Beurteilung nicht darauf abstellen dürfen, ob vom Beurteilten erstellte Texte im Aufbau logisch, in der Sprache klar und in der Argumentation nachvollziehbar sind - im Unterschied zu unlogisch, unnötig verwirrend und nicht nachvollziehbar? Schwierig wird es m.E. erst bei "Stilfragen" im engeren Sinne.

    Jedenfalls finden sich in allen Beurteilungen, die ich kenne, entsprechende Ausführungen. trotz richterlicher Unabhängigkeit.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich kann kann mir auch vorstellen, dass das möglich ist. Schließlich wird nicht der rechtliche Inhalt des Beschlusses bewertet, sondern, ob er nachvollziehbar und logisch aufgebaut ist.

  • Was ist denn mit "Urteilsstil" gemeint? Wenn es dabei um Subsumtion geht, hätte ich als Rpfl damit allerdings auch ein Problem, weil unsere Pensen anders als bei Richtern berechnet werden. Wir haben einfach nicht die Zeit, jeden Beschluss so schön mit Sachverhaltswiedergabe, Prüfung aller möglichen (und unmöglichen) Tatbestandsmerkmale, etc pp zu versehen, so wie es bei einem Urteil gemacht wird. Wenn sowas verlangt würde, müssten die Pebbsy-Berechnungen aber ganz schön massiv angepasst werden....

  • Kommt halt auch ein wenig dran an um welche Beschlüsse es geht.
    Ich fang jetzt sicher nicht an bei jedem 08/15 Zivil-KFB eine seitenweise Begründung zu schreiben warum ich jetzt antragsgemäß und absolut unstreitig festsetze ;)

  • Zur Sache selbst:

    Ich bin auch der Meinung, daß ein Beschluß ordentlich begründet gehört. Und wenn FORUM - Star bei antragsgemäßen Festsetzungen als "Begründung" vorsieht "Der Festsetzung liegt der Antrag vom XY zugrunde" dann hat das mit einer Begründung nichts zu tun. Wenigstens sollte ich schreiben, daß der Antrag vom XY vorliegt, die darin geltend gemachte Vergütung/Kosten erstattungsfähig entstanden und gebührenrechtlich nicht zu beanstanden sind. Der Gegner wurde gehört. Einwände wurden nicht erhoben. etc. pp. Das muß keine seitenlange Begründung werden.

    ABER:

    Natürlich hat da ein Direktor seine eigenen Vorstellungen, wie jeder von uns, siehe ich mit meiner Meinung oben. Und ob es uns gefällt oder nicht - die Beurteilung schreibt nun mal der Direktor/Geschäftsleiter. Ob der sich in diese oder jene Frage einmischen darf, ist also nicht relevant - Er macht es einfach. Normative Kraft des Faktischen. Mir hier wurde zB schon vorgeworfen, daß ich in alter Rechtschreibung schreibe.

    FAZIT:

    Angesichts des ohnehin lächerlichen Beurteilungssystems sollte man sich überlegen, ob man seine Kraft in derartige Auseinandersetzungen investieren will oder die Sache eher amüsiert zur Kenntnis nehmen und abheften sollte. Meine Tendenz geht zu Letzterem. Oder eben sich duckmäuserisch anpassen. Das ist eine Frage des jeweiligen Typs.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Interessante Frage, ob das im Spannungfeld zu § 9 RPflG standhalten könnte. Könntest Du den zu diskutierenden Sachverhalt vielleicht zunächst durch ein anonymisiertes/abstrahiertes Zitat der relevanten Beurteilungspassage sowie der Beschlusstexte konkretisieren?

    Letzen Endes muss ein guter Rechtspfleger alle Beschlussformen im Köcher haben, alles was denkbar ist zwischen ausführlicher Subsumtion und beleidigender Kürze, denn schließlich kommt es auf den Einzelfall an. Von daher irritiert mich eine pauschale Aussage des Beurteilenden schon etwas.

  • Wenigstens sollte ich schreiben, daß [...]


    Derartige formularmäßige Sachverhaltswiedergaben sollte eine justizeigene Software aber doch eigentlich standardmäßig zur Verfügung stellen, damit den Entscheidern genug Zeit für ihre Kernaufgaben bleibt.
    Und wenn die Software dies nicht kann, sollte sich die Justizverwaltung dringend darum kümmern, dass der Mangel abgestellt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Buridans Esel (14. Juli 2015 um 14:20)

  • Heute hat mein Direktor zu meiner Kollegin angemerkt (ist wohl aber schon häufiger bei anderen Rpfl passiert), dass ihre Bewertung wohl nicht so gut ausfallen würde, weil sie ihre Beschlüsse nicht im Urteilsstil verfasst. Stichpunkt Subsumtion. Sie hat die Beschlussentwürfe aus unserem System verwendet und das passt ihm nicht. Ich habe dann mit einer anderen Kollegin darüber gesprochen und sie hat mir mitgeteilt, dass das wohl schon häufiger bei anderen Rechtspflegern passiert ist und der Direktor dies auch als negativen Punkt in die Bewertung aufnimmt.

    Mich würde einmal interessieren ob das rechtens ist.

    Wie ist das bei euch?

    Da würde ich mal beim OLG/Ministerium nachfragen, wofür wir teure Programme bekommen, wenn dann verlangt wird, diese nicht zu benutzen. Wären teure Schreibmaschinen!! (Wird ein Direktor, insbesondere, wenn er nicht nur Direktor bleiben will, nicht auch beurteilt? Ob das so gut ankommt?)

    Wäre es dann nicht plausibler (sonst nichts!), nach der Quote der erfolgreichen Beschwerden zu sehen?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Heute hat mein Direktor zu meiner Kollegin angemerkt (ist wohl aber schon häufiger bei anderen Rpfl passiert), dass ihre Bewertung wohl nicht so gut ausfallen würde, weil sie ihre Beschlüsse nicht im Urteilsstil verfasst. Stichpunkt Subsumtion. Sie hat die Beschlussentwürfe aus unserem System verwendet und das passt ihm nicht. Ich habe dann mit einer anderen Kollegin darüber gesprochen und sie hat mir mitgeteilt, dass das wohl schon häufiger bei anderen Rechtspflegern passiert ist und der Direktor dies auch als negativen Punkt in die Bewertung aufnimmt.

    Mich würde einmal interessieren ob das rechtens ist.

    Wie ist das bei euch?

    Ja, die passen mir hier grundsätzlich zwar auch nicht,
    aber klassisch schöne lehrbuchmäßige Beschlüsse mache ich aus Zeitgründen auch nur noch vereinzelt, wenn Sachverhalt, Rechtslage und dazu tatsächlich entscheidungserhebliche (sinnvolle) widerstreitende Partei-Einlassungen dies erfordern.

    Ist irgendwo absurd:

    "Was, Sie schaffen Ihre Arbeit nicht ? Wir haben doch die tolle pebbsy-immanente Gerichts-Software soundso !"

    "Was machen Sie denn für Schrott-Beschlüsse ? Die zur Verfügung gestellte Software enthebt Sie ja wohl nicht vom eigenständige Denken und Formulieren !"

    Beides passt halt nicht immer zusammen.

    Muss man (s)einen Mittelweg suchen. Den Bewertungseinwand des Direktors kann ich zumindest dann nicht verstehen, falls es ein prinzipieller gewesen sein sollte, aber das weiß man ja nicht.

    N.B.: Wenn ich mir da so die zurückkehrenden Beschwerde-Entscheidungen des Landgerichts so ansehe ... scheinen auch die dortigen Richter begründungsaufbaumäßig häufig in der pensen-oktroyierten Lage zur Prioritätensetzung zu sein. Das muss ja nicht schlecht sein.
    (Oder: geht ja eh nicht höher)

    ;)

  • Ich reiche noch eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 04.03.2015 - RiZ(R) 4/14 (http://www.bundesgerichtshof.de) nach. Demnach berührt es die richterliche Unabhängigkeit nicht, wenn der Dienstvorgesetzte die Urteile eines Amtsrichters z.B. nach "Beherrschung methodischer Standards der Rechtsanwendung" und der Verständlichkeit von Formulierungen etc. für Beurteilungszwecke überprüft. Er kann diese Tätigkeit auch delegieren. Nur eine Einflussnahme auf die inhaltliche Entscheidung wäre unzulässig.

    Wenn man als "Beherrschung methodischer Standards" auch die Verwendung des Urteilsstils sieht, was ich bejahen würde, wäre die Ausgangsfrage damit durch den BGH gelöst.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Verstehe und begrüße ich sogar. Nicht nur, weil jetzt der Staat viel (!!!!) Geld für Software sparen kann.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Oh, hier gibt's es ja viel Feedback. :):daumenrau

    In meiner Sache ging es um schnöde Beratungshilfe. Also ein Massengeschäft. Die Peppsyzahlen sind da eh schon unterirdisch. Da kann ich vom Pensum her einfach nicht stundenlang an einem Beschluss basteln. Stecke derzeit eh in einer Dauerkrankheitsvertretung. Wenn ich etwas Luft habe, könnte ich mir ja Standard-Beschlüsse basteln, die ihm dann auch gefallen. Aber da sich an der Arbeitslast so schnell nichts ändert, wird das wohl nichts werden.

    Einstellen eines Textes geht hier nicht, da es nicht meine Beurteilung ist.

    Aber die Frage hat sich durch die Entscheidung des BGHs im Grunde geklärt.

  • Und ich nehme Beitrag Nr. 2 nach Lektüre der BGH-Entscheidung zähneknirschend zurück.. Gefällt mir nicht..

  • Oh, hier gibt's es ja viel Feedback. :):daumenrau

    In meiner Sache ging es um schnöde Beratungshilfe. Also ein Massengeschäft. Die Peppsyzahlen sind da eh schon unterirdisch. Da kann ich vom Pensum her einfach nicht stundenlang an einem Beschluss basteln. Stecke derzeit eh in einer Dauerkrankheitsvertretung. Wenn ich etwas Luft habe, könnte ich mir ja Standard-Beschlüsse basteln, die ihm dann auch gefallen. Aber da sich an der Arbeitslast so schnell nichts ändert, wird das wohl nichts werden.

    Einstellen eines Textes geht hier nicht, da es nicht meine Beurteilung ist.

    Aber die Frage hat sich durch die Entscheidung des BGHs im Grunde geklärt.

    Ich kann gerade gar nicht so viel essen, wie ich k*tzen möchte...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Der will, dass man bei einem Beratungshilfebeschluss alles schön im Urteilsstil formuliert? Wie stellt der sich das denn vor??? :eek:

    Gerade bei diesen Massedezernaten gibt es doch zur Arbeitserleichterung die entsprechende Software mit Textbausteinen, damit man die Arbeit auch schaffen kann. Eine ausführliche Begründung kommt da doch höchstens mal in Ausnahmefällen vor, aber die Regel kann es nicht sein. Und einem Rpfl das dann als etwas Negatives in der Beurteilung unter die Nase zu reiben, halte ich für nicht ganz korrekt...

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