BFH, 10.2.2015 – IX R 23/14 - Zwangsverwalter und Einkommensteuer

  • Schöne Entscheidung.

    (Auch wenn ich mich schon lange frage, nach welcher Vorschrift im ZVG die Zwangsverwalter bei gewerblichen Vermietern/Schuldnern die entsprechenden Steuern zahlen. Damit habe ich mich aber noch nicht näher befasst!)

    In der Tat!
    Im ZVG finden wir keine Vorschrift, aber der BFH ist in der AO fündig geworden.
    Und das BMF hatte leider keinen Mumm, diese Einzelentscheidung als solche zu werten.

    Welch kuriose Blüten das treibt, zeigt ein Schreiben eines FiAmtes, sofort nach Anzeige der Beschlagnahme:

    "Bitte teilen Sie mir aber bitte vorab noch mit, wie die Grundstücke genutzt werden und
    ob und in welcher Höhe voraussichtlich Einnahmen erzielt werden. Des Weiteren bitte
    ich um Mitteilung, ob eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung erfolgt."

    Die Grundstücke waren vom Schuldner selber genutzt.
    Mir drängt sich so der Eindruck auf, da wird der Zwangsverwalter als Kollege Außendienst benötigt,
    weil wohl eigene Erkenntnisse fehlen. Das Fi.Amt kann doch auch selbst bei Steuerschulden einen
    Antrag stellen, dann kriegt es einen schönen Übernahmebericht samt Bilder.

    Dann lieber Araya, bis Montag!

  • Tja, zahlen musste der Zwangsverwalter eben doch, wenn auch nur als Sicherheitsleistung.

    Darum geht es doch gar nicht. Glauben Sie mir bitte, dass ich als Zwangsverwalter
    kein Herzblut darüber verliere, wer das Geld bekommt. Wenn die Gläubiger die Pfändung
    der Restmasse verpennen, zahle ich eben, sogar relativ zügig, an den Schuldner aus.

    Ich habe keinerlei Eigeninteresse, wer das Geld erhält.

    Ich habe aber ein grosses rechtliches Interesse, dass das ZVG gesetzestreu ausgeführt wird.
    Das ist hier eben nicht der Fall.
    Es ist die Frage, ob der BFH die Frage dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hätte vorlegen müssen. Zumindest wäre eine Vorlage an den Großen Senat angezeigt gewesen. Es beißt sich hier
    Zivil- mit Finanzrecht.

    Anerkennung verdient das VG, das sich mutig gegen den BFH stellt.
    Meine Anerkennung gilt dem Kollegen, der so der Rechtssprechung eine Möglichkeit gibt,
    die Sache nochmals zu überdenken.

    Aus der Praxis: Das BFH-Urteil war so der letzte Sargnagel für die momentane, völlige
    Bedeutungslosigkeit der Zwangsverwaltung. Die EKSt. verursacht nur Arbeit. In den
    wenigsten Fällen kommt es wegen der Werbungkosten zu Auszahlungen an das Fi.Amt.
    Die Verfahren werden unnütz blockiert.
    Diese "Gejammer" soll die rechtliche Argumentation weder ersetzen noch unterstützen.

  • Es bleibt spannend: AG Gütersloh, B.v. 4.8.2018 - 11a L 8/16 (juris).
    Weisung EKSt. nicht zu zahlen wurde aufgehoben.
    Zwangsver. hat keine Beschwerde gegen Weisungen.

    Wie die Entscheidung des Richters wohl MIT vorheriger Anhörung ausgefallen wäre? Das liest sich irgendwie wie "Formmangel".

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • BFH-Beschluss vom 7.1.2019, IX B 79/18

    Der Zwangsverwalter hat die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt, ungeachtet einer gegenläufige Weisung des AG zu entrichten.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    Einmal editiert, zuletzt von Exec (14. Februar 2019 um 06:46)

  • Ich muss dieses leidige Thema noch einmal herausholen.

    Das hiesige Zwangsverwaltungsverfahren ist aufgrund Antragsrücknahme aufgehoben worden. Der Zwangsverwalter soll nun die Schlussrechnung (und Auszahlung an den Schuldner) vornehmen. Da das Objekt voll vermietet war, ergaben sich auch regelmäßige Einnahmen, auf die grundsätzlich vom Zwangsverwalter entsprechend Einkommenssteuer zu entrichten wäre. Eine Steuererklärung oder -festsetzung ist noch nicht ergangen.

    Der Zwangsverwalter fragt hier nun an, ob er für eventuell künftig drohende Zahlungsverpflichtungen zur Einkommenssteuer eine Rücklage bilden muss/kann? :gruebel:

    Muss dieser denn nach Aufhebung des Verfahrens überhaupt noch eine Steuererklärung abgeben? Ein Bescheid kann nach der Richtlinie des BMF vom 03.05.2017 an den Zwangsverwalter ja offenbar nicht mehr ergehen (dort III.3 Rd.-Nr. 24).

    In der Richtlinie des BMF vom 03.05.2017 heißt es unter III.3 weiter:
    "Der Zwangsverwalter bleibt jedoch nach § 12 Abs. 3 ZwVwV i.V.m. §§ 34, 36 AO weiterhin Entrichtungspflichtiger für die Steuerforderungen, die während des Zwangsverwaltungsverfahrens für die Besteuerungszeiträume des Zwangfsverwaltungsverfahrens gegen ihn festgesetzt und bekannt gegeben worden sind."

  • Zitat

    Der Zwangsverwalter fragt hier nun an, ob er für eventuell künftig drohende Zahlungsverpflichtungen zur Einkommenssteuer eine Rücklage bilden muss/kann?

    Nicht der Zwangsverwalter fragt an, sondern die natürliche Privatperson, die das Verwalteramt bis zur Aufhebung wegen Antragsrücknahme ausgeübt hatte. Die durch das Zwangsvollstreckungsmaßnahme bewirkten massiven Eingriffe in Grundrechte des Schuldners haben mit der Verfahrensaufhebung sofort ihre Rechtfertigung verloren. Das Vollstreckungsgericht ist deshalb auch nicht mehr berechtigt, dem ehemaligen Verwalter irgendwelche verbindlichen Weisungen zu erteilen, die das Vermögen des ehemaligen Schuldners betreffen.

    Der ehemalige Verwalter soll selbst entscheiden, ob er ohne hinreichende Rechtsgrundlage Geld des ehemaligen Schuldners einbehält, um - ebenfalls ohne Rechtsgrundlage und ohne sachliche Notwendigkeit - außerhalb einer Einzelvollstreckungsmaßnahme Steuern für eine fremde Person zu erklären und abzuführen.

    Wäre ich in der Situation des ehemaligen Schuldners, würde ich mir das nicht gefallen lassen und den Verwalter auf Auszahlung der Rücklage verklagen.
    Wäre ich in der Situation des ehemaligen Verwalters, würde ich in Ansehung dieser rechtswidrigen BMF-Verwaltungsvorschrift eine Rücklage bilden, um der Gefahr einer Haftung mit dem eigenen Vermögen zu begegnen.
    Wäre ich in der Situation des Vollstreckungsgerichts, würde ich nichts machen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!