Testamentsvollstreckung für Nacherben

  • Der Erblasser hat ein notarielles Testament hinterlassen, in dem er seine Mutter zur befreiten Vorerbin einsetzt. Nacherben sollen sein seine "gesetzlichen Erben 1. Ordnung und seine gesetzliche Ehefrau":confused:. Habe zum Nachweis der Nacherben einen Erbschein verlangt, der mir nun auch vorliegt. Danach sind Nacherben die Ehefrau A, der (24-jährige) Sohn S1 und der (14-jährige) Sohn S2. So weit, so klar.
    Das mir vorliegende notarielle Testament enthält allerdings auch noch die Anordnung einer bedingten (und bis zum 22. Lebensjahr befristeten) Testamentsvollstreckung für den Fall, dass einer der Nacherben bei Eintritt des NE-Falls noch nicht 22 Jahre alt ist. Eine solche Anordnung der TV ist lt. Schöner/Stöber, 15. Aufl., Rdnr. 3502 im Grundbuch einzutragen. Nun enthält der mir vorliegende Erbschein jedoch keinen Hinweis auf diese Testamentsvollstreckung für den Nacherben nach Eintritt des NE-Falls. M.E. ist der Erbschein daher insoweit unrichtig und bedarf der Berichtigung, vgl. Palandt, 71. Aufl., Rdnr. 1,2 zu § 2364 BGB. Ich beabsichtige daher, das Nachlassgericht um Überprüfung und Berichtigung des Erbscheins zu bitten, vgl. Schöner/Stöber, Rdnr. 785. Oder kann ich den Vermerk der TV aufgrund des Testaments machen, ohne dass der Erbschein berichtigt wird? M.E. dürfte das unzulässig sein, da ich an den Erbschein gebunden bin, der eine TV nicht ausweist!

  • Wenn Du tatsächlich die Nacherben als Eigentümer eintragen musst, dann hast Du Recht. Andernfalls halte ich sowohl Dein Verlangen nach einem Erbschein als auch den Erbschein für falsch. Für den Nacherbenvermerk hättest Du den Text des Testamentes verwenden können. Nacherben sind m.E. diejenigen Personen, die gesetzliche Erben 1. Ordnung wären, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Eintritts des Todes der Vorerbin verstorben wäre, diese Personen sind also unbekannt und das bringt der Erbschein nicht zum Ausdruck. Für die "gesetzliche" Ehefrau hätte mir eine eidesst. Versicherung genügt. Ein TV-Vermerk hat (noch) nichts im Grundbuch verloren, es sei denn der TV hätte auch die Aufgabe die Rechte der Nacherben zu vertreten (aber da ist nichts aus dem Sachverhalt ersichtlich)

  • Zur Klarstellung: Der NE-Fall ist jetzt noch nicht eingetreten.
    Nach nochmaligem Überdenken tendiere ich jetzt auch dazu, entgegen Schöner/Stöber die TV nicht beim NE-Vermerk einzutragen (so auch Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl., Rdnr. 102 zu § 51 GBO). Derzeit ist der minderjährige NE in seiner Verfügung über sein NE-Recht durch die TV nicht beschränkt, da diese auf jeden Fall erst mit Eintritt des NE-Falls beginnt. So müsste einer Verfügung des Vorerben vor Eintritt des NE-Falles (und damit auch vor Beginn der TV) hier der NE selbst (bzw. bei dessen Minderjährigkeit seine Eltern) und eben nicht der TV (den es dann ja gar nicht gibt) zustimmen. Vor diesem Hintergrund macht die Eintragung der TV beim NE hier tatsächlich keinen Sinn.

  • Ich hänge meine Frage hier mal an:

    Ausgangslage:
    Eingetragene Vormerkungsberechtigte (Ehefrau); diese nunmehr verstorben; nach dem öffentl. Ehegattentestament ist Ehemann befreiter Vorerbe; Nacherbin beim Tode des Vorerben ist ein mdj. Kind. In dem Testament heißt es weiter: Es wird "Dauertestamentsvollstreckung" für den auf das mdj. Kind "entfallenden Erbteil" angeordnet, die enden soll, wenn das Kind die schulische und berufliche Ausbildung abgeschlossen hat, frühestens mit dem 25. Lebensjahr. Die Tatsache, dass es keinen Erbteil geben wird, da nur eine Nacherbin benannt wurde, ist m. E. zu vernachlässigen.

    Notar A legt Auflassungserklärung (der im KV Bevollmächtigten) und öffentliches Test. vor und beantragt Eigentumsumschreibung auf Vorerben + Löschung der AV. Auf Hinweis dass zeitgleich ein NE-Vermerk für das Kind einzutragen sei, wird hierüber Einverständnis erklärt.
    Da die TV erst mit Eintritt des Nacherbfalls greift, dem NE bis dahin ja lediglich ein Anwartschaftsrecht zusteht, war die Testamentsvollstreckung für mich zum jetzigen Zeitpunkt im Grundbuch unbeachtlich.

    Nun - vor Vollzug des o. a Vorgangs des Notars A - tritt Notar B auf. In dessen Urkunde tritt ein Testamentsvollstrecker auf (Ernennung durch Beschluss eines Notars), handelnd sowohl als Testamentsvollstrecker auf Ableben der verstorbenen Erblasserin als auch als Vertreter ohne Vertretungsmacht für den befreiten Vorerben und für die alleinsorgeberechtigte Mutter der mdj. Nacherbin. Nach den Erklärungen in der Urkunde wird die Eigentumsumschreibung auf die Nacherbin unter zeitgleicher Eintragung eines Nießbrauchsrechts zugunsten des Vorerben begehrt. Vorerbe und Kindesmutter genehmigen nachfolgend die Erklärungen des TV in der Urkunde des Notars B.

    Das ist doch Murks oder? Der TV kann doch nur als Vertreter ohne Vertretungsmacht handeln. Und zum Vollzug der beantragten Eintragungen ist doch die Genehmigung des Fam-Gerichts erforderlich. Selbst ich den auftretenden TV als sog Nacherbenvollstrecker ansehe, der bis zum Eintritt des Nacherbfalls die Recht des Nacherben auszuüben hat (§ 2222 BGB), steht diesem eine Verfügungsbefugnis jedoch nicht zu.

    Oder was meint ihr?

  • Ich denke eher, dass es sich um eine nachlassgerichtliche Ernennung nach § 2200 BGB aufgrund einer vormaligen notariellen "nachlassgerichtlichen" Zuständigkeit in BaWü handelt.

    Jedenfalls muss dieser sich auf die Frage der Verfügungsbefugnis auswirkende Punkt vorrangig geklärt werden. Auch kann es nicht dahinstehen, ob nicht nur eine TV zu Lasten des Vorerben, sondern auch eine TV nach § 2222 BGB vorliegt. Denn letzterenfalls wäre bei einem etwaigen Nacherbenvermerk natürlich auch die Testamentsvollstreckung zu vermerken.

  • Ich muss nochmal nachhaken:

    Nach Schöner/Stöber, RdNr. 3433 steht dem Nacherbenvollstecker nach § 2222 BGB aber keine Verfügungsbefugnis zu. Warum sollte der Vermerk hierüber dann zusätzlich zum NE-Vermerk im Grundbuch eingetragen werden??

  • Das hat nichts mit der Verfügungsbefugnis des Vorerben zu tun, sondern betrifft das Handeln für den Nacherben, etwa bei Erteilung einer Zustimmung zu einer Verfügung des Vorerben (oder wenn der Nacherbe anzuhören ist). Man muss beim Nacherbenvermerk daher immer gut unterscheiden, was den Vorerben und was den Nacherben betrifft. Ist der Vorerbe durch eine Testamentsvollstreckung beschränkt, ist der entsprechende TV-Vermerk ohnehin als eigener Vermerk in Abt. II einzutragen. Liegt aber eine Nacherben-TV nach § 2222 BGB vor, so ist dies (nur) Bestandteil des Nacherbenvermerks.

    Man muss die Ausführungen in Kommentaren immer im zutreffenden Kontext lesen.

  • Sorry immer noch unklar:

    Kann der NacherbenTV nach §2222 BGB für die mdj Nacherbin den Grundbesitz auflassen unter die Eintragung des Nießbrauchsrecht bewilligen. Ich denke nein....

  • Sorry immer noch unklar:

    Kann der NacherbenTV nach §2222 BGB für die mdj Nacherbin den Grundbesitz auflassen unter die Eintragung des Nießbrauchsrecht bewilligen. Ich denke nein....

    Zunächst einmal müsste feststehen, ob eine Nacherbenvollstreckung vorliegt. Ist dies der Fall, meine ich, dass es keiner weiterer Erklärungen bedarf:

    Der Erwerb von Grundbesitz ist keine Verfügung im Sinne einer Übertragung, Belastung, Aufhebung, Inhalts- und Rangänderung eines subjektiven Rechts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.06. 2015, 11 Wx 29/15 Rz. 11). Rechtsgeschäfte, die der Testamentsvollstrecker für einen geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Erben bzw. Miterben tätig, bedürfen keiner ansonsten notwendigen familien- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigung (s. Gutachten des DNotI, Gutachtennummer: 157089, Gutachten-Datum: 16.03.2018, erschienen im DNotI-Report 05/2018, 33 ff. unter Zitat BGH ZEV 2006, 262; BayObLGZ 1991, 390, 391; BeckOK-BGB/Lange, Std.: 1.11.2017, § 2205 Rn. 15). Der Nacherbenvollstrecker kann daher ohne Beteiligung eines Pflegers und Genehmigung des Familiengerichts für den minderjährigen Nacherben handeln (OLG Karlsruhe, aaO; dort: Alleinerbe). Die Genehmigungsfreiheit gilt allerdings nur für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker bei dem Rechtsgeschäft im Rahmen seiner Verfügungsmacht und damit innerhalb seiner allgemeinen Aufgabenzuweisung und der daraus folgenden allgemeinen Befugnisse handelt (DNotI, aaO).

    Vorliegend geht es um die vorweggenommene Nacherbfolge (s. dazu etwa Hartmann: Nacherbfolge und Grundbuchrecht – insbesondere zur Gestaltung und Abwicklung von Grundstücksverträgen, DNotZ 2017, 28/41 unter IV).

    Die vorweggenommene Erbfolge ist im Gesetz nicht geregelt, ihr Typus ist aber in Rechtsprechung und Literatur herausgebildet und anerkannt. Verträge solcher Art sind in der Regel als Schenkung unter Auflage (§§ 516, 525 ff. BGB) zu qualifizieren (Reimann, „Die vorweggenommene Nacherbfolge“, DNotZ 2007, 579 ff., Hartmann, aaO. (Seite 41) )

    Bedenken aus dem Schenkungsverbot, das für den Vorerben gemäß § 2113 Abs. 2 BGB und für den TV nach § 2205 Satz 3 BGB gilt, ergeben sich nicht, weil der Nacherbe in seinen Rechten nicht beeinträchtigt ist, wenn er der unentgeltlichen Verfügung des Vorerben zustimmt (s. Deppenkemper im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.01.2019, § 2139 RN 8 mwN in Fußn. 17).

    Ich denke daher, dass der Nacherbenvollstrecker (wie bei der Vermächtnisvollstreckung auch, s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…630#post1152630)
    den Minderjährigen bei der Entgegennahme der Auflassungserklärung vertreten kann. Die Bestellung des Nießbrauchs zugunsten der Vorerbin ist Erwerbsmodalität und würde den Minderjährigen auch bei Eintritt des Nacherbfalls nicht belasten, weil der Nießbrauch mit dem Tode der Vorerbin erlischt. Ansonsten siehe zur Erwerbsmodalität etwa das hier
    https://rechtspflegerforum.de/showthread.php…114#post1107114
    zitierte Gutachten des DNotI vom 12. September 2014, Abruf-Nr.: 136640
    http://www.google.de/url?sa=t&rct=j…Mw32iYw&cad=rjt

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (5. Februar 2019 um 11:30)

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