Geschäftsausstattung/Freigabe/Gewerbeabmeldung

  • Guten Morgen,Forum, ich brauch euch wieder mal als "Streitschlichter"....;-)

    Also,Regelinsolvenz eröffnet, Schuldner ist Einzelunternehmer und betreibt eine Kfz-Werkstatt. Verwalter gibt nach §35 II InsO frei. Zusammenarbeit mit Schuldner sehr schlecht....dann, eher durch Zufall, wird bekannt, dass er sein Gewerbe eingestellt und abgemeldet und auch seine Werkstatt komplett geräumt hat.....Frage, die diskutiert wird: Klar ist, dass sich die Freigabe zum Zeitpunkt der Erklärung natürlich auch auf die Ausstattung der Werkstatt bezog.Aber wie ist dieses Sachanlagevermögen zu bewerten, wenn der Schuldner seine selbständige Tätigkeit einstellt? Ist die Hebebühne für immer und ewig durch die Freigabe vor dem Verwallter geschützt oder, wie die andere Meinung hier sagt, wirkt die Freigabe umfassend nur, solange der Schuldner auch einzelunternehmerisch tätig ist? Meldet er ab und schließt zu, dann ist er nur ein"normaler" Schuldner, zu dessen Eigentum eben zufällig die -bleiben wir dabei-Hebebühne gehört, die, weil jetzt auch pfändbar, nun wieder zur Insolvenzmasse gehört (natürlich vor allem auch mit der Folge, dass sich der Schuldner hier möglicherweise gem. § 283 Abs.1 Zf. 1 StGB strafbar gemacht hat). Danke für Eure Meinungen, bc

  • HamKo § 35 Rn. 261 mit Verweis auf Rn. 45 führt aus, dass die dann nicht mehr benötigten Betriebsgegenstände wieder in die Masse fallen.

    Dies sehe ich skeptisch, da das betreffende Vermögen nach Freigabe der selbst. Tätigkeit erst einmal Haftungsmasse für ein Zweitverfahren ist, welches den Altgläubigern nicht zugänglich ist.

    Ob mit der Aufgabe der selbständig werbenen Tätigkeit Gegenstände, die nach § 811 ZPO unpfändbar sind, dann für die Masse zugänglich sind, darf bezweifelt werden, da der BGH mit der Entscheidung vom 26.09.2013, IX ZR 3/13, bei dem Tod des Schuldners unpfändbare Vermögensgegenstände nicht der Insolvenzmasse, sondern den Neugläubigern zugeschlagen hat, Rn. 16,17.

    Das Ergebnis ist unbefriedigend, weil es zum Mißbrauch einläd, ich lasse mich gerne hier belehren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Was dann schlechtestenfalls zur Folge haben kann, dass vielleicht kein Neugläubiger da ist bzw. ein solcher warum auch immer kein zweinsolvenzverfahren will,so dass der Schuldner die werkstatt versilbern und-da er ja nur ein Surrogat für die ausstattung ist - den erlös sogar vollständig behalten.kann....richtig?

  • Das wäre die Folge und ist unbefriedigend.

    Ich habe da aber auch keine Universallösung.

    Einzig in den Fällen, bei denen die Kosten des Verfahrens gestundet sind (welchens wegen Betrieb pp wohl selten passiert:gruebel:) wäre zu überlegen, ob die Stundungsvorausetzungen noch gegeben sind. Das ist aber die Rache des kleinen Mannes :troest:

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  • HamKo § 35 Rn. 261 mit Verweis auf Rn. 45 führt aus, dass die dann nicht mehr benötigten Betriebsgegenstände wieder in die Masse fallen.

    Dies sehe ich skeptisch, da das betreffende Vermögen nach Freigabe der selbst. Tätigkeit erst einmal Haftungsmasse für ein Zweitverfahren ist, welches den Altgläubigern nicht zugänglich ist.

    Ob mit der Aufgabe der selbständig werbenen Tätigkeit Gegenstände, die nach § 811 ZPO unpfändbar sind, dann für die Masse zugänglich sind, darf bezweifelt werden, da der BGH mit der Entscheidung vom 26.09.2013, IX ZR 3/13, bei dem Tod des Schuldners unpfändbare Vermögensgegenstände nicht der Insolvenzmasse, sondern den Neugläubigern zugeschlagen hat, Rn. 16,17.

    Das Ergebnis ist unbefriedigend, weil es zum Mißbrauch einläd, ich lasse mich gerne hier belehren.

    Vom Gefühl her, würde ich mich hier die Kommentarmeinung stellen. Freigegeben wird der Betrieb. Wenn der Betrieb nicht mehr besteht, dann fällt das "Betriebsvermögen" dem privaten Vermögen an und gehört in die Masse.

    Wobei ich aber von der Logik her weiterfolgern müsste, dass wenn innerhalb des Betriebes neue Rückstände angefallen sind, dann muss diesen auch ein vorrangiges Befriedigungsrecht zustehen. Passt dann wieder zur BGH Entscheidung.

    Mein Fazit. Wenn keine Neugläubiger mehr da sind, fällte alles in die Masse. Sind Neugläubiger da und bleibt nach deren Befriedigung noch was, fällt es in die Masse.

  • Ich bin der Meinung, dass doch nur der Neuerwerb aus der selbständigen Tätigkeit frei gegeben wird...? Das Geschäftsinventar ist dann wg. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar. Fällt die selbständige Tätigkeit weg, fällt auch die Unpfändbarkeit weg...?

  • Der gewöhnliche Hausrat ist wegen § 36 III InsO i.V.m. § 811 I Nr. 1 ZPO unpfändbar. Fällt der Schuldner tot um, fällt die Unpfändbarkeit, siehe oben, nicht weg.

    Interessanterweise wurde bei der o.g. Entscheidung sehr viele Anleihen aus § 35 II InsO gezogen....

    Wie gesagt, gefallen tut mir das Ergebnis nicht. Wie soll denn hier die Al-Capone-Lösung aussehen?

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  • die Nuefassung des § 35 II InsO fand ich schon immer Mist. Das ist ne Regelung für Köche, denen es in der KÜche zu heiß ist !
    Oki, sie löst auch das ein oder andere Problem.
    Als Fan der strikten Trennung der Vermögensmassen dürfte wohl anzunehmen sein, das infolge der Freigabe auch das Analgevermögen (zunächst - hierzu sogleich) aus der Masse raus ist. Die BGH-Entscheidung zum Nachlass ist da nur konsequent und - bedingt- auf den vorliegenden Fall übertragbar.
    ABER: (wäre ja langweilig, wenn kein aber käme :D) )
    Das Ergebnis stinkt ! Der Schuldner kann sein insolvenzfreies Anlagevermögen vertickern und lacht sich was.
    Gegenstrategien: künftig SiEIG des Anlagevermögens vor Freigabe; sollte der Schuldner keine Neuverbindlichkeiten hinterlassen haben, ließe sich über eine Beschlussfassung der GLV nach § 35 II 3 InsO nachdenken.......

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Mal weiter in die Praxis gedacht: Jeder Neugläubiger braucht Zeit, seine Ansprüche zu titulieren. Und aufs Blaue hinein wird er auch nicht den GV beauftragen, "die Sachpfändung an den ehemaligen Betriebsobjekten vorzunehmen, falls der Schuldner eventuell seine selbstständige Tätigkeit mittlerweile aufgegeben hat.".

    Es ist ein theoretischer Anspruch, dem der Gläubiger da hinterher hechelt. Die Realisierung geht gegen 0.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

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