Fahrtkosten erstattungsfähig?

  • Hallo zusammen,

    der Fall ist wohl so klar, dass sich kein Kommentar darüber auslässt, aber leider sollte ich meine Entscheidung ja mit mehr als nur "is so" begründen ;-)...

    Hier rechnet der RA Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder nach JVEG für seinen Mandanten ab, die für die Besprechungen zwischen Mandant und RA in dessen Kanzlei entstanden sind ab...klar ist mir, dass diese nicht erstattungsfähig sein können, aber leider entbehrt sich mir, woraus sich das ergibt...vielleicht hat jmd. von euch eine Idee bzw. eine Lösung????

  • Wieso soll eine solche Informationsreise nicht nach JVEG erstattbar sein? § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO spricht von "notwendigen Reisen" und verweist für diese Kosten auf das JVEG (§ 19 ff. JVEG). Die Rechtsprechung und Literatur geht wohl mit überwiegender Meinung davon aus, daß pro Instanz min. 1 Informationsreise notwendig und damit erstattbar ist.

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  • Jedenfalls dann, wenn die Angelegenheit nicht so einfach ist, dass dies nicht mit Mitteln der Telekommunikation möglich wäre; vgl. Zöller, § 91 Rn. 13, "Reisekosten", lit. b.

  • Jedenfalls dann, wenn die Angelegenheit nicht so einfach ist, dass dies nicht mit Mitteln der Telekommunikation möglich wäre; vgl. Zöller, § 91 Rn. 13, "Reisekosten", lit. b.


    Richtig, wobei der BGH der (rechtsunkundigen) Partei ein persönliches, eingehendes Mandantengespräch mit einem RA an ihrem Wohnsitz zugesteht (ggf. sogar noch einmal nach Klageerwiderung), so z. B. BGH (Rpfleger 2003, 98 - Rn. 16 f, zitiert nach juris):

    "Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird nämlich in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und in der Annahme tun, daß zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann in aller Regel nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen. Häufig wird zudem nach einer (Klage)Erwiderung der Gegenseite ein zweites Gespräch notwendig sein, weil der Rechtsanwalt ergänzende Informationen seiner Partei benötigt oder weil später entstandene Mißverständnisse auszuräumen sind.


    Die Notwendigkeit eines persönlichen Gespräches zwischen einer auswärtigen Partei und ihrem Rechtsanwalt ist auch in der vor dem 1. Januar 2000 ergangenen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte für den Landgerichtsprozeß anerkannt gewesen und kostenrechtlich berücksichtigt worden, und zwar in der Weise, daß die auswärtige Partei im Regelfall die Kosten für eine Informationsreise zu ihrem Rechtsanwalt am Prozeßgericht sowie, wenn ihr diese Reise ausnahmsweise unzumutbar war, die Kosten eines Verkehrsanwaltes erstattet verlangen konnte (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO, § 91 Rdnr. 67a und 71 f. m.zahlr.Nachw.). Die kostenrechtliche Einengung auf diese beiden Möglichkeiten zum Gespräch mit einem Rechtsanwalt, Informationsreise zum Prozeßbevollmächtigten oder Einschaltung eines Verkehrsanwaltes, war deshalb berechtigt, weil die Partei aufgrund der beschränkten Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten als Prozeßbevollmächtigten einen am Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen mußte. Nachdem jedoch nunmehr jeder an einem Amts- oder Landgericht zugelassene Rechtsanwalt vor jedem Landgericht postulationsfähig ist, kann und darf auch eine ihre Belange vernünftig und kostenbewußt wahrnehmende Partei für das zur Verfolgung ihrer Interessen notwendige persönliche Beratungsgespräch mit einem Rechtsanwalt den für sie einfacheren und naheliegenden Weg wählen, einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten zu beauftragen."

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  • Zur BRAGO-Zeit gab es in aller Regel 2 Info-Reisen für Klage und Replik, weil man (vor allem bei LG-Prozessen) RAe nehmen musste, die beim Gericht zugelassen sind. Das gibt es heute aber nicht mehr. Die Möglichkeit, einen am Wohnort oder in der Nähe des Wohnortes ansässigen RA zu beauftragen, macht diese Info-Reise i.a.R. entbehrlich, da die anwaltlichen Reisekosten in jedem Fall zu erstatten sind. Wird ein RA am dritten Ort beauftragt und dann auf Partei-Info-Reisen gepocht, habe ich allenfalls die Terminsreisekosten eines RA am Wohnort gegeben. Auch bei freier RA-Wahl ist die Gegenseite eben nicht verpflichtet, unnötige Mehrkosten zu tragen (kostrenrechtlicher Grundsatz der ökonomischen Prozessführung). Es gab nie Ärger.

  • Die Möglichkeit, einen am Wohnort oder in der Nähe des Wohnortes ansässigen RA zu beauftragen, macht diese Info-Reise i.a.R. entbehrlich, da die anwaltlichen Reisekosten in jedem Fall zu erstatten sind.


    Reisekosten der Partei entstehen auch bei einer Inforeise zu einem am Wohnort ansässigen RA, da - im Gegensatz zum RVG - das JVEG keine der Vorb. 7 Abs. 2 VV RVG genannte Einschränkung beinhaltet. ;)

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  • Das Thema hatten wir auch schon - Stichwort: Großstädte. Gleichwohl habe ich nicht einen Fall gehabt, bei dem Parteikosten zum RA geltend gemacht wurden. Ob das nicht bekannt ist oder einfach zu peinlich, 2 km anzumelden - ich weiß es nicht. Ich wäre jedenfalls froh, wenn man genau diese Regelung (in Vorbem. 7 II VV RVG genannte Einschränkung) auch in das JVEG übernommen hätte. Die jetzige Lösung betrachte ich eher als Witz. Zumindest in meinem Beritt hat sich auch keine Partei samt Vertreter einer solchen Blöße gegeben und Parteikosten für den Gang zum PB am eigenen Ort angemeldet.

  • Ob das nicht bekannt ist oder einfach zu peinlich, 2 km anzumelden - ich weiß es nicht.


    Ich glaube (aus meiner Erfahrung), daß es manchmal das eine (den wenigsten ist überhaupt die Vorschrift des § 91 I 2 Hs. 2 ZPO bekannt), manchmal das andere ist. Letztlich kommt es hier bei der Eingangsfrage aber wohl auf das rechtliche Können der Geltendmachung an, was man grds. erst einmal bejahen dürfte.

    Frage ist hier, ob es sich evtl. um keinen rechtlichen Laien handelt, dem man also abverlangen könnte, seinen RA schriftlich/fernmündlich über die der Angelegenheit zugrundeliegenden Tatsachen zu informieren (man denke an die Rspr. des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Steuerberaters, der seinen eigenen Gebührenanspruch mit anwaltlicher Hilfe gerichtlich geltend macht - wobei im vom BGH entschiedenen Fall die Reisekosten in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum Gegenstand (Gebührenanspruch) auch standen; den InsO-Verwalter, der als Volljurist in der Lage ist, einen RA am Gerichtsort zu informieren usw.). Evtl. ist die Angelegenheit auch so einfach gelagert, daß eine Inforeise nicht einmal notwendig erscheint? Oder evtl. ist auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten (Beispiel: 200 € werden eingeklagt, Inforeisekosten sind in etwa gleichhoch bzw. übersteigen diesen Betrag evtl.)? Das alles dann noch aus Sicht ex ante betrachtet - weil man ex post ja sowieso immer schlauer ist ;)

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  • Richtig. Letztendlich landen wir dann wieder bei der alten Klugschieter-Weisheit: Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. :roll:

  • Hallo, ich hänge mich hier mal ran.

    In meinem Fall ist es zu keinem Gerichtstermin gekommen. Nach Zahlung der Hauptforderung nebst Zinsen durch die Beklagte hat der Kläger Erledigungserklärung abgegeben. Kosten wurden der Beklagten auferlegt. Die Klägerin (GmbH, im Handwerksbereich angesiedelt) hat einen RA am dritten Ort beauftragt mit der Geltendmachung einer Forderung aus Handwerkerrechnung.

    Es werden nunmehr Parteireisekosten für das Instruktionsgespräch beim Kläger-RA geltend gemacht. Neben Fahrtkosten (gibt es höchstens für die Entfernung von Geschäftssitz bis PG) wird Zeitenschädigung (3h, Höchstsatz) beantragt.

    Laut Rspr sind die Reisekosten für das erste Informationsgespräch jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn es sich nicht um eine ganz einfache Sache aus ihrem Lebens- und Geschäftsbereich handelt.

    Wenn es sich hier nicht um eine einfache Sache aus dem alltäglichen Geschäftsbereich handelt, wann dann? Oder sehe ich das falsch? (Ich finde immer nur Entscheidungen über Angelegenheiten, die nicht einfach waren.)

  • Ich halte diese nicht für erstattungsfähig, wenn ein Anwalt am dritten Ort genommen wurde. Nur wenn ein Anwalt am Prozessort genommen wurde halte ich diese für erstattungsfähig. Dann würden dessen Reisekosten zu einem etw. Termin gespart. Wenn man einen Anwalt am Wohnort nimmt entstehen keine Reisekosten.
    Ich sehe keinen Grund warum bei diesen Reisekosten andere Grundsätze als bei denen des RA gelten sollten.

  • Ich sehe keinen Grund warum bei diesen Reisekosten andere Grundsätze als bei denen des RA gelten sollten.


    ...weil das JVEG keine Vorschrift wie das RVG enthält, wonach "Reisekosten" nur dann anfallen, wenn die (politische) Gemeinde verlassen wird.

    Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH sind Reisekosten eines RA innerhalb des Gerichtsbezirks grds. erstattungsfähig, weil (dessen Beauftragung) grds. als notwendig i. S. v. § 91 ZPO anzusehen ist. Dann kann für die Informationsreise der Partei zu diesem RA nichts anderes gelten. Soweit der "dritte Ort" außerhalb des Gerichtsbezirks liegt, wären die Kosten auf die Bezirksgrenze gekappt.

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  • Wenn es sich hier nicht um eine einfache Sache aus dem alltäglichen Geschäftsbereich handelt, wann dann? Oder sehe ich das falsch? (Ich finde immer nur Entscheidungen über Angelegenheiten, die nicht einfach waren.)


    Kommt drauf an und wirst nur Du beurteilen können, weil das ja Einzelfallentscheidung ist. Ist aus der Verfahrensakte denn ersichtlich, daß es hier "um eine einfache Sache" handelt?

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  • Wenn es sich hier nicht um eine einfache Sache aus dem alltäglichen Geschäftsbereich handelt, wann dann? Oder sehe ich das falsch? (Ich finde immer nur Entscheidungen über Angelegenheiten, die nicht einfach waren.)


    Kommt drauf an und wirst nur Du beurteilen können, weil das ja Einzelfallentscheidung ist. Ist aus der Verfahrensakte denn ersichtlich, daß es hier "um eine einfache Sache" handelt?

    Entschuldige, habe die Antwort gerade erst gesehen. Ich habe den Fall ja oben schon beschrieben: Handwerker wird bei Beklagter tätig, stellt Tätigkeit in Rechnung, diese zahlt nicht und letztendlich wird Klage erhoben.

  • Wenn es sich hier nicht um eine einfache Sache aus dem alltäglichen Geschäftsbereich handelt, wann dann? Oder sehe ich das falsch? (Ich finde immer nur Entscheidungen über Angelegenheiten, die nicht einfach waren.)


    Kommt drauf an und wirst nur Du beurteilen können, weil das ja Einzelfallentscheidung ist. Ist aus der Verfahrensakte denn ersichtlich, daß es hier "um eine einfache Sache" handelt?

    Entschuldige, habe die Antwort gerade erst gesehen. Ich habe den Fall ja oben schon beschrieben: Handwerker wird bei Beklagter tätig, stellt Tätigkeit in Rechnung, diese zahlt nicht und letztendlich wird Klage erhoben.


    Sorry, mich anscheinend nicht richtig ausgedrückt: Wieso soll das "eine einfache Sache" sein - will sagen: Nur, weil die Forderung aus der alltäglichen Arbeit resultiert, muß die Angelegenheit nicht zwangsläufig als "einfach" zu qualifizieren sein. Fand evtl. eine umfangreiche Beweisaufnahme statt oder erging evtl. nur VU, weil sich der Beklagte nicht weiter geäußert hat? Im letzteren Fall würde ich die "einfache Sache" ohne Umschweife bejahen. Soweit es aber z. B. um umfangreiche(re) oder z. B. höchst streitbefangene Einwendungen oder einen komplizierteren Sachverhalt ging, qualifiziert das u. U. eben nicht mehr zu einer "einfachen Sache". Daher meine Äußerung, daß das Einzelfallentscheidung ist und sich Näheres evtl. aus der Akte ergibt?

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  • Ich bin davon ausgegangen, dass das nicht entscheidungserheblich ist, da man das vor dem ersten Informationsgespräch kaum wissen kann. Da es anscheinend doch erheblich ist, bin ich anhand der vom OLG Nürnberg in dem Beschluss vom 06.11.2000, 4 W 3669/00 aufgestellten Kriterien vorgegangen:
    Schriftsätze: a) Klage, nicht umfangreich b) Klageänderung nach Teilerledigung (ein Blatt) c) Erledigterklärung mit Antrag, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
    Klagesumme: unter 2.000,00 €

    Danke für die Antworten, für mich hat sich die Sache damit eindeutig erledigt.

  • Ich bin davon ausgegangen, dass das nicht entscheidungserheblich ist, da man das vor dem ersten Informationsgespräch kaum wissen kann.


    Es geht bei der Frage der Erstattungsfähigkeit einer "Informationsreise" nicht zwingend um das erstmalige persönliche Gespräch des Mandanten mit seinem RA (obgleich das z. B. die Begründung des BGH dafür ist, wieso Reisekosten eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftssitz des Mandanten ansässigen RA grds. erstattungsfähig ist: weil der Mandant i. d. R. ein eingehendes persönliches Gespräch mit einem RA in der Nähe seines Ortes suchen wird). Ein solches Gespräch (und damit die "Informationsreise") kann sich aber auch im Laufe des Rechtsstreites als notwendig erweisen, so daß ggf. auch mehrere solcher "Informationsreisen" als notwendig anerkannt werden können. Zum anderen geht einer Klage i. d. R. doch auch ein vorgerichtlicher Streit voraus, der meist Einzug bereits in der Klage findet und daher Aufschluß darüber geben kann, inwieweit eine "einfache Sache" oder höchst "schwierige Sache" vorliegt. Ich würde das daher immer auch in seiner Gesamtheit betrachten. :)

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