Festsetzung gegen toten Angeklagten (zivilrechtl. Vergleich im HV-Termin)

  • Moin!

    Ich habe hier einen Sonderfall, zu dem Kommentare, Beck, Juris und das Forum hier nicht allzu viel oder brauchbares ausspucken (oder ich suche falsch?!). Zum SV:

    Im Strafverfahren gegen A und B (A hat B verletzt und umgedreht; es gab jedoch nur ein Verfahren gegen beide gleichzeitig...) wird Pflichtverteidiger für A bestellt. B hat einen Wahlverteidiger. Im Protokoll zum Hauptverhandlungstermin taucht folgender (zivilrechtlicher) Vergleich auf:

    1. A zahlt an B Geld.
    2. A darf in Raten zahlen.
    3. A trägt Kosten des Vergleichs.

    Es gibt keine Widerrufsklausel und der Vergleich ist auch rechtskräftig. Es gab im Vorfeld keinerlei Adhäsionsantrag o. ä..

    Das Verfahren gegen A wird unter Auflage (Ableistung von Arbeitsstunden) gem. 153a StPO vorläufig eingestellt. Das Verfahren gegen B wird gegen Zahlung einer Geldauflage gem. 153a StPO vorläufig eingestellt. B zahlt Geldauflage, Verfahren gegen B wird endgültig eingestellt. Verteidiger des B reicht Kostenrechnung nach dem dritten Teil RVG ein. Ich gebe es nur dem Pflichtverteidiger des A zur Stellungnahme raus. Nach ein paar Wochen bekomme ich die Akte wieder auf den Tisch. Keine Stellungnahme des Pflichtverteidigers, jedoch Todesanzeige des A in der Akte. Nach der Todesanzeige die logische Konsequenz: Endgültige Einstellung bzgl. A gem. 206a StPO. A konnte seine Arbeitsauflage natürlich nicht mehr erfüllen.

    Kann ich unter diesen VSS noch gg. A festsetzen?? :gruebel: Ich frage so dumm, weil...

    ... lt. 239 ZPO ruht das Verfahren, jedoch nur dann, wenn der Verstorbene keinen RA hatte, 246 ZPO. Zöller sagt nun jedoch, dass eine Unterbrechung des Verfahrens erst gehindert wird, wenn dem im PKH Verfahren beigeordneten RA (selbst wenn von der Partei vorgeschlagen) Prozessvollmacht erteilt ist. Weiter steht da, dass 246 ZPO keine Anwendung bei nicht auf einer Prozessvollmacht beruhenden Vertretung findet, da es hier an einer Fortwirkung nach 86 ZPO fehlt.

    Kann ich den Pflichtverteidiger als einen beigeordneten PKH Anwalt ansehen? Können diese Vorschriften gem. 464b StPO überhaupt Anwendung finden?

    Sollten noch Rückfragen sein, einfach posten... Danke an alle für ihre Hilfe!

    VG

  • Ein Pflichtverteidiger ist kein PKH-Anwalt. Die Vorschriften über ein Ruhen des Verfahrens nach ZPO-Vorschriften gelten im Strafverfahren nicht.

    Unabhängig davon, kann für/gegen einen Verstorbenen mangels Parteifähigkeit natürlich keine Festsetzung erfolgen mangels Parteifähigkeit. Zunächst bräuchte man wenigstens die Erben.

    Allerdings frage ich mich, auf welcher grundlage der Verteidiger des B seine Kosten festgesetzt haben möchte. Was hat er denn an Gebühren und Auslagen angemeldet? Außer für die Kosten des Vergleichs scheint es keine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu geben? :gruebel:

  • Sorry, war knapp 2 Wochen krank und darf seit heute endlich wieder ran. :)

    Im 464b StPO steht doch, dass "Auf die Höhe des Zinssatzes, das Verfahren, und auf die Vollstreckung [...] die Vorschriften der ZPO entsprechend anzuwenden sind". Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beruht doch auf einem staatlichen Hoheitsakt, ebenso wie die eines PKH Anwalts. Jedenfalls beruht sie nicht auf einer Beauftragung durch den Mandanten.

    Zitat

    [Die Vorschriften über ein Ruhen des Verfahrens nach ZPO-Vorschriften gelten im Strafverfahren nicht.

    Hast du dafür was greifbares in der Hand (Kommentar, Rechtsprechung, ...) ?? Würde mir schon helfen. Mach zwar schon länger Strafkosten, aber sowas hatte ich noch nie..

    Die angemeldeten Gebühren sind nach dem dritten Teil RVG, so wie sie üblicherweise anfallen, erfolgt (also 3100, 3104, ...). Der Anwalt hat doch aufgrund dieser Kostentragungspflicht aus dem Vergleich eine Festsetzungsgrundlage geschaffen bekommen.

    Ich habe einen Anhaltspunkt für die Erben (Todesanzeige ist ja in der Akte), aber ich sehe hier (logischerweise) keine Amtsermittlungspflicht.

  • Richtig. Ich würde den RA nur benachrichtigen und mitteilen, dass das Festsetzungsverfahren fortgesetzt werden kann, wenn er die Erben mitteilt.

  • Hallo,

    wieso denn Gebühren nach Teil 3 VV RVG? Wir sind/waren doch im Strafverfahren. Da kann m.E. nur nach Teil 4 VV RVG abgerechnet werden. In Betracht kommt hier m.E. die Nr. 4143 VV RVG und für den Vergleich eine Nr. 1003, 1000 VV RVG. Die Nr. 4143 VV RVG setzt ein Adhäsionsverfahren nicht voraus: OLG Jena AGS 2009, 587 m. Anm. N.Schneider = RVGprofessionell 2010, 4 = RVGreport 2010, 106 = StRR 2010, 114 = NJW 2010, 455; OLG Nürnberg, RVGreport 2014, 72 = StraFo 2014, 37 = AGS 2014, 18 = NStZ-RR 2014, 64; LG Braunschweig, Beschl. v. 08.03.2012 - 5 Qs 39/12, RVGreport 2012, 299. Ich verweise dann auch auf die Vorbem. 4.3 Abs. 2 VV RVG.

  • Zitat

    Ich wollte damit nur verdeutlichen, dass Strafverfahren bei Tod des Angeklagten natürlich beendet sind und nicht unterbrochen (wie in Zivilverfahren). Es können ja schlecht die Erben anstelle des Verstorbenen verurteilt werden.

    Ja das Strafverfahren, logo. Aber wir sind ja hier schon im Festsetzungsverfahren, welches ja nach ZPO abläuft.

    Zitat

    wieso denn Gebühren nach Teil 3 VV RVG? Wir sind/waren doch im Strafverfahren. Da kann m.E. nur nach Teil 4 VV RVG abgerechnet werden. In Betracht kommt hier m.E. die Nr. 4143 VV RVG und für den Vergleich eine Nr. 1003, 1000 VV RVG. Die Nr. 4143 VV RVG setzt ein Adhäsionsverfahren nicht voraus: OLG Jena AGS 2009, 587 m. Anm. N.Schneider = RVGprofessionell 2010, 4 = RVGreport 2010, 106 = StRR 2010, 114 = NJW 2010, 455; OLG Nürnberg, RVGreport 2014, 72 = StraFo 2014, 37 = AGS 2014, 18 = NStZ-RR 2014, 64; LG Braunschweig, Beschl. v. 08.03.2012 - 5 Qs 39/12, RVGreport 2012, 299. Ich verweise dann auch auf die Vorbem. 4.3 Abs. 2 VV RVG.

    Vorb. 4.3 II RVG sagt ja das der RA die Gebühren Nr. 4143 - 4145 erhält, wenn sich seine Tätigkeit auf die Geltendmachung oder Abwehr eines aus der Straftat erwachsenen Vermögensschadens beschränkt.

    Der RA der seine Gebühren geltend macht war jedoch auch Wahlverteidiger und hat wohlmöglich schon mit seinem Mandanten abgerechnet. Es geht hier um die Kosten eines vor (dem Straf-) Gericht geschlossenen zivilrechtlichen Vergleichs.

  • Es geht mir doch gar nicht, um die Frage der Festsetzung, sondern um die in meinen Augen falschen Gebühren. Dazu heißt es oben: "Die angemeldeten Gebühren sind nach dem dritten Teil RVG, so wie sie üblicherweise anfallen, erfolgt (also 3100, 3104, ...)." Seit wann und wo das denn?

    Der Wahlverteidiger bekommt doch keine Gebühren nach Teil 3 VV RVG. Er rechnet nur die Nrn. 4143, 4144 und ggf. Nrn. 1000 ff. VV RVG ab.

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