Ermittlungen bei Erbausschlagung

  • Ermittlungen zur Überschuldung des Nachlasses betreffend ein mdj. Kind sind nach § 26 FamFG vom Gericht durchzuführen. Bisher habe ich zwar manchmal lange gebraucht aber immer auf freiwilliger Basis letztlich Auskünfte erhalten.
    Jetzt aber nicht. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, um von Familienmitgliedern, die selbst ausgeschlagen haben , die Vorlage von Unterlagen durchzusetzen?
    Das Kind ist m.E. noch Miterbe, solange die Ausschlagung nicht genehmigt ist. Aber kann das Familiengericht Auskunftsansprüche des Kindes durchsetzen ?
    Es geht hier vor allem um Kontounterlagen vom Zeitraum des Todesfalls. Müsste mir ggf. die Bank Auskünfte erteilen? Aber dazu müsste ich erst mal wissen, welche Bank usw.

  • Man könnte über die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nachdenken, wenn die Eltern an den Ermittlungen nicht mitwirken. Ob da Aufwand und Nutzung im Verhältnis stehen ist aber wohl zweifelhaft. Meist ergibt sich ja aus der Nachlassakte, dass der Rest der Familie auch wegen Überschuldung ausgeschlagen hat. Dann sehe ich eigentlich gar keinen Bedarf mehr für nähere Darlegungen/Ermittlungen.

  • Es sind aber nur Behauptungen, dass eine Überschuldung da gewesen wäre. Durch einen Beteiligten wird das bestritten, ohne dass auch hierfür Beweise vorgelegt werden. Es kann die Genehmigung doch nicht mit der Begründung erfolgen, dass nichts konkretes ermittelt werden konnte

  • Also gegen die Eltern könnte man ggf. vorgehen, indem man ihnen die eSo teilweise entzieht und Ergänzungspflegschaft anordnet.

    Bei anderen Verwandten, die bereits ausgeschlagen haben, sehe ich hier keine Möglichkeit. Manchmal geben aber die Banken Auskunft, wenn ein offizielles Auskunftsersuchen des FamGerichts kommt; hierzu müsste aber irgendwo ein Anhaltspunkt da sein, bei welcher Bank der Erblasser Kunde war. Letzlich wäre auch diese Information lückenhaft, da er bei Bank A sein Vermögen und bei Bank B seine Schulden haben kann, dennoch ist man ja um jeden Strohhalm froh.

    Aber Ausschlagungen genehmigen ohne Anhaltspunkt für Überschuldung halte ich für fahrlässig.

    Habe auch gerade Ausschlagung nach dem Uropa zu genehmigen, der sich erschossen hat. Motivation war aber, "mit dem ganzen nichts zu tun zu haben". Alle übrigen der ersten Ordnung hatten schon ausgeschlagen. Nach meinen Ermittlungen war der Nachlass aber einige zehntausend Euro wert. Der Uropa hatte sich nach Angaben der Kripo erschossen, weil er alt und vereinsamt, depressiv und zuletzt schwer erkrankt war. "Meine" Betroffenen waren dann Alleinerben. Aus dem Reinnachlass konnte dann problemlos Entrümpelungsfirma und Anwalt zur Abwicklung der Nachlassverbindlichkeiten bezahlt werden. Ein hoher fünfstelliger Zustupf, der nahezu anstrengungslos kam.
    Klar ist sowas irgendwie unangenenehm. Aber das Geld haben sie dann doch gerne genommen und haben sich später für meine Ermittlungen und meine Hartnäckigkeit bedankt. Pecunia non olet...

  • schön, dass sich hier Kollegen beteiligen, ich scheine mit dem Problem doch nicht allein zu sein. Kann ich als Fazit mitnehmen, dass die Eltern ein Auskunftsrecht gegenüber dem Erbschaftsbesitzer oder Miterben haben - das Gericht aber nicht . Ich kann dann also die Ermittlungen nur über die Eltern weiterführen, wenn ich selbst nicht mehr weiterkomme?

  • Man könnte über die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nachdenken, wenn die Eltern an den Ermittlungen nicht mitwirken. Ob da Aufwand und Nutzung im Verhältnis stehen ist aber wohl zweifelhaft. Meist ergibt sich ja aus der Nachlassakte, dass der Rest der Familie auch wegen Überschuldung ausgeschlagen hat.


    Häufig ergibt sich aus den Ausschlagungserklärungen - vor allem der Notare - überhaupt nicht, weshalb die Ausschlagung erfolgt.

    Manchmal irren sich die Leute auch (nachvollziehbar), wenn z. B. der Erblasser in ärmlichen Verhältnissen lebte, aber sich 50.000,- € auf seinen Konten befinden, wie ich schon in manchen Ausschlagungsfällen erleben durfte.

    Die Ausschlagungen anderer Angehöriger sind sicher ein Indiz für die Überschuldung, aber nicht allein ausreichend für die Genehmigung.

  • Es geht hier vor allem um Kontounterlagen vom Zeitraum des Todesfalls. Müsste mir ggf. die Bank Auskünfte erteilen? Aber dazu müsste ich erst mal wissen, welche Bank usw.

    Zumindest ergibt eine Anfrage bei Schufa doch meist, bei welcher Bank der Verstorbene Kunde war. Die kann man jedenfalls mal anschreiben und um Auskunft bitten.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ermittlungen zur Überschuldung des Nachlasses betreffend ein mdj. Kind sind nach § 26 FamFG vom Gericht durchzuführen. Bisher habe ich zwar manchmal lange gebraucht aber immer auf freiwilliger Basis letztlich Auskünfte erhalten.
    Jetzt aber nicht. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, um von Familienmitgliedern, die selbst ausgeschlagen haben , die Vorlage von Unterlagen durchzusetzen?
    Das Kind ist m.E. noch Miterbe, solange die Ausschlagung nicht genehmigt ist. Aber kann das Familiengericht Auskunftsansprüche des Kindes durchsetzen ?
    Es geht hier vor allem um Kontounterlagen vom Zeitraum des Todesfalls. Müsste mir ggf. die Bank Auskünfte erteilen? Aber dazu müsste ich erst mal wissen, welche Bank usw.

    Unser AG vertritt den Standpunkt, dass nur die ges. Vertreter des mj Kindes das Recht haben, für dieses den Nachlass zu überprüfen. Wenn sie dieses Recht nicht ausüben, wird eine EP eingerichtet. Wir haben uns darauf verständigt, dass dem JA mitgeteilt wird, wem das Erbe zufallen wird, falls das Kind ausschlägt und der Einblick in die Akte des Nachlassgerichts kurzfristig vermittelt wird. Es ist nicht ungewöhnlich, die in den Räumen des Familiengerichts einzusehen. Zwei RP sprechen ab, welche Ermittlungen das Gericht anstellt und welche der Pfleger, 3 RP lehnen Absprachen hierzu ab.

    Behördenauskünfte einschließlich Finanzamt sowie Bankauskünfte funktionieren übers Amt besser; Auskünfte der Bestatter, Schuldnerverzeichnisse, Grundbücher, Strafvollzugsbehörden, Bewährungshelfer und irgendwelche Anhörungen (ohne Rechtsgrund) gehen besser übers Gericht.

  • Leider gibt es weder für das Bundesamt für Steuern noch für die Banken irgendeine gesetzliche Grundlage, um uns als Familiengericht Auskunft geben zu müssen. Es gibt eben Fälle, da kommt man einfach nicht weiter, das geht dem Familiengericht genauso wie den Elternteilen der betroffenen Kinder selbst.
    Im Zweifel ist ein Nachlass "Null" für mich im Notfall ausreichender Grund für eine Genehmigung. Wenn man nicht weiter kommt, kann einem keiner einen Vorwurf machen. Dann soll man doch die gesetzlichen Bestimmungen so gestalten, dass man weiter kommen kann. Ich habe allerdings auch Kollegen gesehen, die die Genehmigung verweigern, weil "eine Überschuldung nicht nachgewiesen werden konnte". Man bedenke doch mal, wie man sich als Volljähriger verhalten würde: Bevor man Schulden am Halse hat, wird man doch da auch lieber ausschlagen. Und mehr Sorgfalt, als man es bei gewissenhafter Betrachtung gewöhnlich in eigenen Angelegenheiten zu tun pflegt, kann man doch auch nicht gegenüber den Kindern verlangen. Was nicht geht, geht eben nicht. Die Volljährigen müssen sich auch binnen 6 Wochen entscheiden. Und letztlich gibt es bei Irrtümern immer noch gesetzliche Möglichkeiten der Anfechtung.

  • Da ich aktuell mit der Problematik gehäuft seit kurzem beschäftigt bin, würde ich mich über eure Tipps freuen:

    Häufig stellt sich der Fall so dar, dass ein Verwandter des Kindesvaters gestorben ist und die Kindesmutter ausschlägt. KM und KV leben schon lange getrennt. Als Grund (wenn überhaupt) gibt die KM in der Ausschlagung "Nachlass mutmaßlich überschuldet" an. Konkrete Kenntnisse der KM zum Nachlass bestehen natürlich nicht.

    Aus der Nachlassakte ergeben sich bislang nur Ausschlagungen, ein Nachlassverzeichnis liegt nicht vor.

    Wie umfangreich müssen in diesen Fällen die Ermittlungenn zur Überschuldung sein bzw. was unternehmt ihr alles, ehe ihr genehmigt/entscheidet?

  • Aus meiner Sicht (fachfremde Insolvenzrechtlerin) spricht die Gesetzeslage in dubio pro reo gegen die Genehmigung. Falls sich später herausstellt, dass der Nachlass tatsächlich überschuldet ist, könnte der Erbe immer noch einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen. Selbst wenn eine Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird, stünde dem Erben die Dürftigkeitseinrede zu. Die Haftungsgefahren sind damit deutlich reduziert und im Zweifel ist es den Eltern des Kindes damit möglich, erst einmal eine gründliche Prüfung vorzunehmen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wenn auch andere Erben, nicht nur der Kindsvater, bereits ausgeschlagen hatten, dann habe ich genehmigt.

    Allein die Tatsache, dass bereits andere Erben ausgeschlagen haben, würde mir keinesfalls genügen ("Stille-Post"-Effekt!).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Aus meiner Sicht (fachfremde Insolvenzrechtlerin) spricht die Gesetzeslage in dubio pro reo gegen die Genehmigung. Falls sich später herausstellt, dass der Nachlass tatsächlich überschuldet ist, könnte der Erbe immer noch einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen. Selbst wenn eine Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird, stünde dem Erben die Dürftigkeitseinrede zu. Die Haftungsgefahren sind damit deutlich reduziert und im Zweifel ist es den Eltern des Kindes damit möglich, erst einmal eine gründliche Prüfung vorzunehmen.


    Der letzte Halbsatz scheint mir eher Theorie zu sein.

    Wenn nicht wirklich etwas zum Bestand des Nachlasses zu ermitteln war, brachten spätere Anfragen an die ausschlagende KM (weshalb Überschuldung?) auch meist keine sinnvollen Aussagen zum Vermögen des Verstorbenen.

  • Wenn auch andere Erben, nicht nur der Kindsvater, bereits ausgeschlagen hatten, dann habe ich genehmigt.

    Allein die Tatsache, dass bereits andere Erben ausgeschlagen haben, würde mir keinesfalls genügen ("Stille-Post"-Effekt!).


    Und wie machst du dann weiter, wenn die Nachlassakte nur Ausschlagungen enthält? :gruebel:

    Zwar kann ich die hiesigen Banken anschreiben (die mir häufig nichts verraten), der Verstorbene könnte aber auch Konten bei Direktbanken geführt haben.

  • Neben der Bankenabfrage bliebe noch die Einholung einer SCHUFA-Auskunft. Die kostet zwar 15,00 €, bringt mir aber im Rahmen meiner Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen tatsächlich des Öfteren dann doch noch Anhaltspunkte für Schulden

  • Neben der Bankenabfrage bliebe noch die Einholung einer SCHUFA-Auskunft. Die kostet zwar 15,00 €, bringt mir aber im Rahmen meiner Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen tatsächlich des Öfteren dann doch noch Anhaltspunkte für Schulden

    Genau. Die ist bei mir auch Standard. Dazu noch Anfrage bei den jeweils für den Bezirk der verstorbenen Person zuständigen Betreuungs-, Insolvenz-, Grundbuch- und Zwangsvollsteckungsabteilungen.

    Und wenn DAS alles nix bringt, neige ich dann im Zweifel ZUR Genehmigung.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Neben der Bankenabfrage bliebe noch die Einholung einer SCHUFA-Auskunft. Die kostet zwar 15,00 €, bringt mir aber im Rahmen meiner Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen tatsächlich des Öfteren dann doch noch Anhaltspunkte für Schulden

    Genau. Die ist bei mir auch Standard. Dazu noch Anfrage bei den jeweils für den Bezirk der verstorbenen Person zuständigen Betreuungs-, Insolvenz-, Grundbuch- und Zwangsvollsteckungsabteilungen.

    Und wenn DAS alles nix bringt, neige ich dann im Zweifel ZUR Genehmigung.

    Seit die öffentlichen Vollstrecker besser vernetzt und personell ausgestattet sind, lohnt es sich, die Vollstreckungsstellen der jeweiligen Stadtkasse anzuschreiben. Letzter Treffer: Der Verstorbene schuldete die KFZ-Steuer für einen auf ihn zugelassenen LKW. Das Lastschriftmandat führte zu einem bisher unbekannten Konto mit regem Umsatz. Der Verstorbene hatte neben Hartz IV noch erhebliche Einnahmen aus einer Transportfirma, die er mit seinem Bruder betrieb. Es gab leider nichts zu erben, da die Staatsanwaltschaft alles beschlagnahmt und nach Einstellung des Verfahrens ans Jobcenter gegeben hat.

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