"Doppelte Zuständigkeit" von Nachlassgerichten

  • Aber auch im Hospiz gibt es Leute, die in vollem Bewusstsein dorthin gehen, um dort die letzten Wochen oder Monate zu verbringen.
    Ich wollte mit meinem Beispiel nur klarmachen, dass ich eine pauschale Ablehnung des Hospizes als letzten Aufenthaltsort nicht nachvollziehen kann. Naja, sei es wie es sei.

    Einmal editiert, zuletzt von Kiki (21. Juni 2019 um 13:15)

  • Zur erbrechtlichen Problematik findet sich in Juris auch ein Aufsatz aus der FamRZ. In diesem heißt es u. a.:

    "Eindeutig gelagert sind – zur Abgrenzung – jedenfalls Fälle, in denen der Erblasser gezielt nach seinem freien, demenzfrei selbst gebildeten Willen grenzüberschreitend in ein Hospiz in einem bestimmten Land zieht, um genau dort bis zu seinem Tod zu leben und dort zu sterben. Er verlegt in diesen Fällen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den Staat und an den Ort des Hospizes. Das gilt unabhängig davon, wie lang er anschließend in dem Hospiz noch lebt4 und ob er die Brücken zu seinem bisherigen Leben vollständig abbricht oder nicht."
    (FamRZ 2019, 1010, 1011)

  • Um in Juris fündig zu werden, muss man bloß FamRZ 2019, 1010, 1011 in die Suchmaske eingeben.

    Dann scheinst du ein anderes Juris als ich zu haben.
    Ich konnte den Aufsatz und kann ihn auch weiterhin nicht bei Juris finden.


    Es gibt nur das eine Juris. ;)

    Was meiner Erfahrung nach maximal passieren kann, ist das ein Treffer nicht aufrufbar ist, weil vom Abo nicht umfasst.

    Als Zitiervorschlag gibt Juris an: FamRZ 2019, 1010-1012

    Es handelt sich um Anmerkungen zu einer Entscheidung des Österr. OGH vom 25.09.2018, 2 Nc 23/18g, ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132234

  • Es gibt nur das eine Juris. ;)

    Davon war ich auch ausgegangen ;)

    Was meiner Erfahrung nach maximal passieren kann, ist das ein Treffer nicht aufrufbar ist, weil vom Abo nicht umfasst.

    Als Zitiervorschlag gibt Juris an: FamRZ 2019, 1010-1012

    Es handelt sich um Anmerkungen zu einer Entscheidung des Österr. OGH vom 25.09.2018, 2 Nc 23/18g, ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132234

    Bei mir kommt in der Suche "keine Treffer" raus. Auch bei Verwendung der hier angegebenen Suchvorschlages.
    Das etwas nicht vom Abo umfasst ist kenne ich nur von beck-online. Bei juris hatte ich das noch nie.

    Die Fundstelle habe ich aber mittlerweile bereits außerhalb des Forums erhalten

  • Ich würde mich hier gerne mal anhängen wollen.


    Erblasser E (verheiratet, 1 Sohn S, 1 Tochter T) verstirbt in meinem Bezirk, zuletzt aufenthältig in einem Pflegeheim, der Aufenthalt nicht im Rahmen einer Kurzzeitpflege, sondern auf Dauer.

    Der Sohn S, stellt bei mir einen ES-Antrag, nach welchem er und die Witwe Erben sind, da die Tochter T ausgeschlagen habe.
    Diese Ausschlagung ist allerdings an das AG A gegangen, in dessen Bezirk der Erblasser noch gemeldet war.

    Nach mehrfachen Anfragen meinerseits auf Übersendung der Ausschlagung erhalte ich irgendwann durch AG A die Mitteilung, dass dort ein Testament eröffnet wurde (Witwe ist Alleinerbin).
    Gleichzeitig wird darum gebeten, das Verfahren nach dort abzugeben, da der Erblasser E in meinem Bezirk keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe.

    Der Aufenthalt wurde vielmehr durch den S in dessen Eigenschaft als Betreuer (alle notwendigen Aufgabenkreise) begründet.
    Der Erblasser war aus diversen Gründen nicht mehr in der Lage, sich hierzu selbst zu äußern bzw. einen Willen kundzutun.

    Die Auffassung des AG A fußt darauf, dass es an dem sog. subjektiven Willen des Erblassers fehlte, hier einen Aufenthalt begründen zu wollen. Auch hat die Tochter T in ihrer Ausschlagung angegeben, der Erblasser hätte sich zum Umzug nicht äußern können, bzw. diese Entscheidung selbst treffen können.


    Ich bin bisher immer vom objektiven Niederlassen ausgegangen.
    Allerdings habe ich mir tatsächlich nicht die Mühe gemacht, jeden Verfahrensbeteiligten zu fragen, ob ein Erblasser tatsächlich hier oder dort in ein Heim wollte.
    Wenn ein Erblasser hier in einer Einrichtung verstarb und nicht zur Kurzzeitpflege aufgenommen war, war ich für mein Dafürhalten zuständig und fertig.


    Wenn -wie im vorliegenden Fall- ein Betreuer einen Betreuten in einer Pflegeeinrichtung unterbringt, mach ich mir als Nachlassgericht doch erstmal keine Gedanken, ob das dem Betreuten gefällt.
    Es ist schlichtweg nicht meine Aufgabe, zu beurteilen bzw. zu bewerten, ob der Betreute mit der Unterbringung einverstanden ist bzw. diese billigt.


    Ich mag mich daher bislang der Rechtsauffassung des AG A nicht anschließen
    Bevor ich aber auf die -durch den hiesigen Nachlassrichter in mein Ohr geflüsterte- Idee komme, mich im Beschlussweg für zuständig zu erklären und das AG A -sofern die dazu Lust haben- ggfls. in ein Verfahren nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zu zwingen, bitte ich darum, dass mich hier jemand von der Auffassung des AG A zu überzeugen versucht.

    Ich bedanke mich für das Lesen und natürlich für Hinweise und Anregungen.

  • Aufgrund des vorhandenen Testaments zugunsten der Witwe kommt es auf die Wirksamkeit der Ausschlagung der Tochter nicht mehr an.

    Die Frage der Erforderlichkeit eines rechtserheblichen Aufenthaltsbegründungswillens ist umstritten. Die besseren Argumente dürften dafür sprechen, dieses Erfordernis zu bejahen (so auch OLG München ZEV 2017, 333; zum Aufenthalts- und Bleibewillen vgl. auch OLG Hamm openJur 2020, 46834). Das Hauptargument ist, dass es ansonsten zu einer Manipulation im Hinblick auf das anwendbare Erbstatut kommen könnte, indem der Erblasser einfach woanders hin verbracht wird.

    Eine ganz andere Frage ist natürlich, ob der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Erblassers nicht einen wirksamen Aufenthalt begründen konnte.

  • BeckOK zu § 343 FamFG Rdnr. 8 (mit weitern Nachweisen):

    Bei geschäftsunfähigen Betreuten ist auf den Domizilwillen des Betreuers abzustellen, sofern sich dessen Aufgabenkreis auf die Aufenthaltsbestimmung erstreckt.

    ebenso: OLG Celle vom 12.09.2019, Nds. Rpfl, 3/2020 (S. 97)

  • Cromwell:

    Der Sohn hat den ES-Antrag auch zwischenzeitlich zurückgenommen, da durch die Eröffnung des Testamentes sowohl der Antrag falsch wäre, als auch gar nicht notwendig.

    Mir gehts eigentlich hier nur um das Abwickeln der Angelegenheit (Wiederverwahrung des Testamentes, Entscheidung über die Kosten des ES-Antrags, usw.).

    Eine Manipulation ist für mich nicht ersichtlich.
    Die Verbringung des Erblassers (wie auch dessen Ehefrau) in Pflegeheime in meinem Bezirk wird eine rein finanzielle Entscheidung sein; wir sind ein eher ländlicher Bezirk, die Wohnanschriften sind eine Großstadt in der Nähe.

    Weiterhin hat niemand konkret gesagt, dass der Erblasser das Verbringen nicht wollte. Es wird sich seitens des AG A allein auf das Gutachten gestützt, nach welchem der Erblasser mutmaßlich keine Entscheidung treffen konnte.
    Sofern man tatsächlich darauf abstellen würde, dass der Erblasser mutmaßlich gegen seinen Willen verbracht worden ist, bin ich aber genauso nass wie vorher, wenn diese Behauptung durch einen der Beteiligten erhoben wird und ein weiterer Beteiligter dieser Behauptung widerspricht.


    Cromwell und Mata:
    Da der Betreuer nach Einsicht in den Betreuerausweis u.a. den Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung hat, darf er nach meinem Dafürhalten auch einen wirksamen Aufenthalt begründen.

    Sofern ich mich als Nachlassgericht an der Auffassung orientiere, dass es alleine auf den Aufenthaltswillen des Erblassers ankommt, müsste ich also tatsächlich ab sofort in jedem Sterbefall die Angehörigen anschreiben, ob der Erblasser dort eigenen Willens einen Aufenthalt begründet hat oder ob er dorthin (ggfls. durch seinen -mit Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung berechtigten- Betreuer) verbracht worden ist.

    Das kann der Gesetzgeber sowohl nicht gewollt haben, als auch würde das den betreuungsrechtlichen Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung ab absurdum führen.

  • Um die Sache fortzuführen:

    Ich habe vor geraumer Zeit einen -sicherlich wackeligen- Beschluss erlassen, mit welchem ich mich für zuständig erklärt habe.

    Jetzt kommt nunmehr Beschluss des anderen AGs, nach welchem man sich dort für ebenfalls zuständig erklärt und die Sache an -deren- OLG abgibt, da dort die erste Befassung mit der Nachlasssache gewesen ist.
    Die -im Beschluss- angegeben Begründung erschöpft sich in dem Umstand, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Verbringens in meinem Bezirk nicht mehr zur Willensbildung fähig war und insoweit nicht gesichert ist, dass es seinem Willen entsprochen hat, hierher verbracht zu werden.
    Dass der -vor Verbringung!- bestellte Betreuer (mit bekannten Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung) den Erblasser hierher verbracht hat, wird zwar ebenfalls im Beschluss aufgeführt, ändert aber nichts an dem Umstand, dass es auf den Willen des Betreuten hätte ankommen müssen.

    Man darf gespannt sein, wie das angerufene OLG entscheiden wird.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!