Bestellung Verfahrenspfleger

  • Hallo liebe Forengemeinde, bitte nicht den Kopf abhacken, bin noch ziemlich neu in der betreuungsrechtlichen Materie:D

    Ich habe einen Antrag auf Genehmigung eines Kaufvertrages eines Grundstücks des Betroffenen sowie eine Grundschuldbestellung. Würde hierzu gerne einen Verfahrenspfleger bestellen, damit der prüfen kann, ab dies alles so korrekt verläuft. Da es sich um meine erste Bestellung handelt habe ich einige Fragen:

    1. Schreibe ich den Verfahrenspfleger vorher an und schildere ihm kurz den Fall mit der Frage ob er den " FAll" übernimmt?

    2. Muss ich den Betroffenen dann extra nochmal anhören oder ist das mit der Bestellung des VP abgegolten?

    3. Muss ich die Beteiligten im Voraus schon darüber informieren dass ich beabsichtigte einen VP zu bestellen oder reicht das wenn ich den VP durch Beschluss bestellt hab, dann diesen Beschluss auch an die Beteiligten zuzustellen?

    Ich danke euch vielmals für eure Hilfe.... (Die Praxis läuft halt doch oftmals anders ab

  • Hallo,
    wir rufen "unsere" Verfahrenspfleger vorher kurz an und schildern den Fall kurz mündlich.

    Der VPfl. "prüft" nicht den Kaufvertrag, vielmehr soll er die Interessen des Betroffenen vertreten, wenn sich dieser nicht mehr sachgerecht äußern kann. Die persönliche Anhörung wird durch die Bestellung eines VPfl. jedoch nicht ersetzt. Im Zweifel kannst Du Dich beim Ortstermin mit dem VPfl. treffen und mit ihm gemeinsam zum Betroffenen gehen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • s.o.

  • 1.) Ich rufe die VP regelmäßig vor Bestellung kurz an und Frage, ob Kapazitäten zur Übernahme vorhanden sind und schildere kurz den Sachverhalt. Geht schnell und man spart sich die Schreibarbeit.

    2.) Nach § 299 S. 1 FamFG i.V.m. § 1821 BGB soll das Gericht den Betroffenen grundsätzlich persönlich anhören.
    Wenn der Gesundheitszustand des Betroffenen eine sinnvolle Anhörung allerdings nicht mehr zulässt und dieser seinen Willen nicht mehr "kundtun" kann, kann nach § 34 Abs. 2 FamFG von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden. Meistens ergibt sich das aus den Gutachten in der Akte oder den Anhörungsprotokollen der Richter.

    3.) Ich schreibe die Beteiligten vorher i.d.R. nie an, dass beabsichtigt ist einen VP zu bestellt. Kann man machen, damit die Beteiligten sich darauf einstellen können, dass es bis zu einer Entscheidung länger dauert aber muss man nicht.

    Die Prüfung, "ob alles korrekt ist" obliegt aber eigentlich dem Betreuungsgericht selbst. Sprich die Prüfung des KV und der übrigen Urkunden. Wenn bei Durchsicht der Urkunden schon erhebliche Mängel festgestellt werden, moniere ich das zuerst bevor ich das zur Anhörung geb.


    Edit: Franziska und st679 waren wohl schneller :D

  • Ausgangsfrage ist immer: Was will der Betroffene - auch auf die mögliche Verfahrenspflegerbestellung hin.

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  • Da habe ich nun auch mal eine Frage wie Ihr da an den verschiedenen Betreuungsgerichten vorgeht.
    Das passt zu diesem Thema eigentlich ganz gut.

    Wann (zeitlich) bestellt ihr den Verfahrenspfleger? Hier gibt es verschiedene Meinungen, bzw. eine Art wie es vom Gesetz her wohl richtig ist, und eine wie es in der Praxis läuft.

    Beispielsweise im Genehmigungsverfahren für einen Grundstückskaufvertrag. Wir holen erst alle Informationen ein, vom Wertgutachten, Grundbuchauszug, Informationen über die noch bestehenenden Belastungen, etc.. Dann lassen wir uns einen Entwurf des Kaufvertrags vorlegen und bestellen sobald dieser vorliegt den Verfahrenspfleger. Wenn der dem Entwurf auch zustimmt geben wir den Startschuss für die Beurkundung.
    Richtig wäre wohl aber erst die Bestellung des Verfahrenspflegers wenn der Vertrag bereits notariell beurkundet wurde, da sonst kein Rechtsgeschäft zugrunde liegt, welches die Bestellung des Verfahrenspflegers rechtfertigt, bzw. noch kein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung vorliegt.
    Wie macht ihr das?

    Meiner Ansicht nach kann man sich auf letzteren Standpunkt sehr gut stellen, aber wenn später zum Beispiel dem Verfahrenspfleger etwas auffällt, was so nicht beurkundet werden sollte (kann ja sein dass ein Rechtspfleger mal etwas übersieht), ist es doch sinnvoll, dass noch keine Beurkundung stattgefunden hat, damit keine weiteren Kosten für den Fall einer Nachbeurkundung anfallen.
    Das gleiche wäre es doch, wenn der Betroffene noch anhörungsfähig ist. Wann höre ich an? Erst wenn schon beurkundet ist? Und wenn der Betroffene zum Beispiel mit dem Kaufpreis nicht einverstanden ist? Dann ist das Kind doch schon (halb) in den Brunnen gefallen.

  • Bei uns reichen die Betreuer bis auf wenige Ausnahmen keine Entwürfe ein.

    Da die hiesigen Notare in den wenigen vorkommenden Fällen sehr unvollständige Entwürfe erstellen, erfolgt bei uns die Bestellung des Verfahrenspflegers regelmäßig erst nach der Beurkundung.

    Sofern sich aus der Akte ergibt, dass der Betroffene sich zum Kaufvertrag nicht (sinnvoll) äußern können wird, bestellen wir den VerPf nach Vorliegen aller Unterlagen (Urkunde, Gutachten).

  • So auch hier !
    Leider hat sich die TO nach #1 selbst nicht mehr gemeldet.
    Mir scheint , dass die Rolle des Verfahrenspflegers in der Praxis teilweise verkannt wird.

  • Bin mir bewusst, dass so ein langes Posting manchmal die Mitdiskutanten abschreckt. Wäre schade, wenn dem so wäre.

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  • Echelon: Ebenfalls sehr unterschiedlich. Beim Grundstückskaufvertrag gibt es z.B. auch Kollegen, die auf keinen Fall einen Entwurf haben wollen. Die wollen erst den fertigen Vertrag prüfen (und die Arbeit noch etwas aufschieben:teufel:). Ich selbst bespreche den Kaufvertrag und den Gang des Genehmigungsverfahrens vorher sehr gerne mit dem Betreuer.

    VPfl.-Bestellung bzw. Anhörung würde ich erst dann machen, wenn ich das konkrete Rechtsgeschäft vorzuliegen habe.

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  • Mir scheint , dass die Rolle des Verfahrenspflegers in der Praxis teilweise verkannt wird.

    Eben: Der Verfahrenspfleger ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betreuten(!).

    Hier mal ein Zitat aus einer meiner Entscheidungen, in der zuvor die Stellung des Verfahrenspflegers moniert wurde, im Falle einer Nachlasspflegschaft, die im Sinn nicht anders zu beurteilen ist, wie sie in Betreuungsverfahren wieder zu finden sind (wobei sich natürlich die Geister noch immer darüber streiten, ob nicht sogar ein Vertretungsausschluss des Pflegers/Betreuers vorliegt, was jetzt nicht Thema sein soll):

    "Für das Verfahren bedurfte es der Bestellung eines Verfahrenspflegers, um die Interessen der unbekannten Erben [des Betreuten] aus eigenem Recht wahrnehmen zu können. Der um Genehmigung nachsuchende Vertreter, also hier der Nachlasspfleger [Betreuer], kann das rechtliche Gehör für den Vertretenen nicht vermitteln, weil es um die Beurteilung seines eigenen Handelns geht, dessen Ausfluß sich [hier: im Abschluss eines Kaufvertrages] widerspiegelt, und deshalb die erforderliche Objektivität nicht gewährleistet ist (OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2010, Az. 15 W 111/10 in Rpfleger 2011, 87,88).

    Hinsichtlich seiner Stellung als Verfahrenspfleger ist zu bemerken, dass dieser nicht als „neutraler Wächter“ über das Verfahren bestellt wurde, sondern er soll aus eigenem Recht heraus die Verfahrensrechte der unbekannten Erben [des Betreuten] aus subjektiver Sicht wahrnehmen. Eine materielle, objektive Sachbehandlung obliegt noch immer dem Gericht (vgl. Kommentar FamFG Prütting / Helms § 277 Rdnr. 12 ff., 15 m.w.N.). Dies steht auch nicht im Widerspruch in der Annahme fehlender Objektivität des Nachlasspflegers [Betreuers], vielmehr gebietet es dem Verfahrenspfleger nicht, ein eigenes Recht zur Ermittlung von weiteren Tatsachen zu verleihen."

    Zur Frage des Verfahrens bei einer Vorab- bzw. Nachgenehmigung - zu welchem Zeitpunkt ist ein Verfahrenspfleger zu bestellen:

    Ich stelle eine Gegenfrage: Macht es denn verfahrensrechtlich zur Erteilung der Genehmigung einen Unterschied, ob nun vorab nach der Genehmigung oder nachträglich nach Abschluss des Rechtsgeschäftes ersucht wird?! Wenn die Antwort nein lautet, hat man auch die Antwort, wann ein Verfahrenspfleger - soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen - zu bestellen ist.

    Sollte allerdings die Ausgangsfrage sein, dass der Betreuer im Sinne des § 1837 BGB das Gericht informiert, ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft beabsichtigt abzuschließen, so befinden wir uns auch nicht im Genehmigungsverfahren.

  • Wow, vielen Dank für die tollen Antworten. Bin zwar noch nicht so lange beim Betreuungsgericht, aber bisher lagen mir immer die Entwürfe eines Kaufvertrages vor. Bei uns scheint dies also so üblich zu sein.:gruebel:

    Der Betroffene ist hier schwerst- behindert und nicht in der Lage sich zu äußern. Daher ziehe ich eine Verfahrenspfleger dazu :)

  • Ich schätze, hier passt mein Sachverhalt gut hin. Also:


    Ich habe einen Betreuten, der bereits in einem Pflegeheim untergebracht ist. Nachdem der Ehegatte, der die gemeinsame Mietwohnung zuletzt noch alleine bewohnte, verstorben ist, möchte der Betreuer das mündlich geschlossene Mietverhältnis durch eine mir bereits als Entwurf vorliegende Auflösungsvereinbarung beenden und die Auflösung der Wohnung veranlassen. Ich prüfe nun diesbezüglich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (§ 1907 I S. 2 BGB).

    Aus dem Bestellungsbeschluss von vor sechs Wochen geht hervor, dass der Betreute nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen kund zu tun. Daher möchte ich von einer persönlichen Anhörung absehen (§§ 276 I, 34 II FamFG).

    Nun dachte ich, sei die Bestellung einen Verfahrenspflegers angebracht (§ 299 S. 2 FamFG).

    Heute ist mir aber die Akte eines Vorgängers in die Hände gefallen, der einen ziemlich ähnlichen gelagerten Fall ohne Anhörung (aus den selben Gründen wie hier) und auch ohne (!) Verfahrenspfleger gelöst hat. Letzteres wurde mit dem Passus begründet, dass 'es offensichtlich sei, dass der Betroffene nicht mehr nach Hause zurück kann und sich selbst versorgen, ohne sich hierbei selbst zu gefährden'.

    Da ich dachte, ich komme um den Verfahrenspfleger nicht drum rum, wenn ich von der Anhörung absehe (zB. auch Bumiller/Harders, Kommentar zum FamFG, § 278 RN. 10), bin ich nun etwas verwirrt. Hat es sich mein Kollege zu leicht gemacht, oder ist das tatsächlich so möglich?


    Vielen Dank schon mal, auch fürs 'durch den Sachverhalt kämpfen'! :oops:

  • Ich empfehle dem Kollegen die Lektüre der Senatsbeschlusses vom 29.06.2011 - XII ZB 199/11; auf in der FamRZ 2011, 1577 zu finden.

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  • Da ich dachte, ich komme um den Verfahrenspfleger nicht drum rum, wenn ich von der Anhörung absehe (zB. auch Bumiller/Harders, Kommentar zum FamFG, § 278 RN. 10), bin ich nun etwas verwirrt. Hat es sich mein Kollege zu leicht gemacht, oder ist das tatsächlich so möglich?

    M.M.n. hat es sich der Kollege hier etwas zu einfach gemacht. Würde hier definitiv die "sichere" Schiene fahren und einen VP bestellen bzw. der normalen Verfahrensablauf eben.

  • Ich glaube nicht, dass allein das Nichtanhören des Betroffenen den Ausschlag für oder gegen eine Verfahrenspflegschaft machen sollte. Es sind die Rechte des Betroffenen im Genehmigungsverfahren, die dieser nicht selbst wahrnehmen kann. Und es geht bei der Bestellung eines Verfahrenspflegers doch nur um die Kontrolle des Gerichts!

    Bei Ausführungen wie "dass 'es offensichtlich sei, dass der Betroffene nicht mehr nach Hause zurück kann und sich selbst versorgen, ohne sich hierbei selbst zu gefährden'" sträuben sich bei mir alle Nackenhaare. Wer seine Entscheidung so begründet kann m.E. auch jegliche Rechtsmittelbelehrung sein lassen. Ich mag zwar der Meinung sein, dass der Betroffene nicht in seine Wohnung zurück kann, aber auch ich kann irren! Und die Bestellung eines Verfahrenspflegers gehört bei mir in diesen Fällen ganz einfach zur Rechtsstaatlichkeit.

    Mir fallen gerade noch die Worte eines alten Kollegen zu Beginn meiner Tätigkeit ein. Dieser sagte immer: "ich weiß schon, was richtig ist oder nicht!". Dieser Kollege hätte auch nie einen Verfahrenspfleger bestellt. Was hätte der denn schon sagen sollen, wenn die Entscheidung qua Ausspruch durch den Kollegen "richtig ist"?

    Aber die Verfahrenspflegschaft dient meines Erachtens aber auch nicht der Unterstützung des Gerichts bzw. der Vorprüfung des Falles für das Gericht. In meinem Tätigkeitsbezirk schreiben die Verfahrenspfleger keine Vorberichte an das Gericht. Schon gar nicht liefern sie Begründungen für das Gericht. Sie werden bestellt. Ihnen werden Anhörungstermine mitgeteilt. Sie kommen zu den Anhörungen dazu (oder auch nicht). Sie erhalten die Beschlüsse des Gerichts. Sie legen kein Rechtsmittel ein (oder manchmal doch). Sie schreiben aber auch keine Schlussberichte. Hierzu sind sie wohl auch nicht verpflichtet. Und nur um die Akte zu füllen halte ich -ehrlich gesagt- einen Bericht auf nicht für erforderlich. Ich finde die hier gepflegte Vorgehensweise eigentlich ganz in Ordnung.

    Was von den Verfahrenspflegern immer kommt sind die Vergütungsanträge. :)

  • ...
    Heute ist mir aber die Akte eines Vorgängers in die Hände gefallen, der einen ziemlich ähnlichen gelagerten Fall ohne Anhörung (aus den selben Gründen wie hier) und auch ohne (!) Verfahrenspfleger gelöst hat. Letzteres wurde mit dem Passus begründet, dass 'es offensichtlich sei, dass der Betroffene nicht mehr nach Hause zurück kann und sich selbst versorgen, ohne sich hierbei selbst zu gefährden'.

    ... :oops:

    Wenn Du das fett gepostete höchstpersönlich beim Anhörungsversuch feststellst, dann kannst Dir den Verfahrenspfleger sparen.

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