örtli. Zuständigkeit, letzter Aufenthalt in Hospiz

  • Guten Morgen,

    ich hab eine Frage zur Zuständigkeit.

    Erblasser lebte bis 28.10.2015 in Klinik in Ort X und wurde ab 29.10.2015 bis 06.11.2015 in Hospiz in meinem Zuständigkeitsbereich verbracht, wo er am 06.11.2105 verstarb.

    Amtsgericht X hat deshalb das dort zunächst eingeleitete Verfahren (Antrag auf Nachlasspflegschaft wegen Grundbesitz in X) an das hiesige AG abgegeben, weil gewöhnlicher Aufenthalt zum Todesszeitpunkt das Hospiz gewesen sei und eine Rückkehr nach Ort X ausgeschlossen sei. Ist diese Rechtsauffassung so richtig?

    Danke...

  • Die Dauer des Aufenthaltes vor dem Tod ist alleine gesehen nicht entscheidend.

    Ich kann heute meinen Wohnsitz von Süddeutschland nach Hamburg verlegen, umziehen und übermorgen in HH sterben. Dann hatte ich meinen gewöhnlichen Aufenthalt (im Todeszeitpunkt) dennoch in HH und nicht hier im Süden.

    Papenmeier: In einem Krankenhaus kann man regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Rechtssinne begründen. Das sollte dir aber klar sein.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    2 Mal editiert, zuletzt von TL (9. Dezember 2015 um 11:43)

  • Aus Beck'scher Online-Kommentar FamFG, Hahne/Munzig
    17. Edition, Stand: 01.10.2015
    § 343 Rn 6

    Praxisrelevante Probleme stellt der Aufenthalt in einem Krankenhaus oder einem Sterbehospiz dar: Während bei einem Krankenhausaufenthalt die kurzzeitige ärztliche Versorgung im Vordergrund steht, wird regelmäßig die eigentliche Wohnung den gewöhnlichen Aufenthalt darstellen. Der Aufenthalt in einem Sterbehospiz hingegen ist auf Dauer ausgerichtet, wenn wie im Regelfall die bisherige Wohnung aufgegeben wird (OLG Düsseldorf RPfleger 2002, 314). Gleiches gilt für den Aufenthalt in einem Pflegewohnheim, wenn dauerhaft nicht mit einer Rückkehr in die eigene Wohnung gerechnet werden kann (OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 27 für den Begriff des Wohnsitzes nach § 343 aF, wobei der Gedanke jedoch in gleicher Weise für den Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes herangezogen werden kann).

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  • Bitte!

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  • Einer meiner Fälle ist ebenfalls skurril:
    Hab die Tage einen vom Notar abgelieferten Erbvertrag eröffnet. Nach gesetzlicher Regel ohne Zuladung von Beteiligten. Der melderechtliche Wohnsitz lt. Sterbeurkunde lag in meinem Amtsbezirk. Anhörung der Beteiligten vor Eröffnung des Erbvertrags ist nicht erfolgt. Aufgrund der etwas seltsamen Beurkundung des Erbvertrags benötigen die Erben einen Erbschein. Der den Erbvertrag beurkundende Notar beurkundet auch den Erbscheinsantrag nebst eidesstattlicher Versicherung. Er vergisst die Angaben zum letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Auf Zwischenverfügung kommt die Erklärung, der Erblasser sei die letzten Wochen vor seinem Tod im Hospiz im Nachbarbezirk gewesen.

    Verweisung des Verfahrens nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten wegen örtlicher Unzuständigkeit?

    Eigentlich ja: wer zum Sterben ins Hospiz zieht gibt seinen alten gewöhnlichen Aufenthalt auf. Denn eine Rückkehr an den Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt ist regelmäßig nicht vorgesehen.

    Was meint das Forum?

  • Aus Beitrag #4

    "Der Aufenthalt in einem Sterbehospiz hingegen ist auf Dauer ausgerichtet, wenn wie im Regelfall die bisherige Wohnung aufgegeben wird (OLG Düsseldorf RPfleger 2002, 314)"

    Frage: Wurde denn die bisherige Wohnung aufgegeben, oder gab es sie noch?

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  • Das ist eine gute Frage TL, über die wir hier auch schon diskutiert haben.

    Ein schwerkranker Mensch geht in ein Hospiz um dort zu sterben. Er weiß also, dass er nicht mehr in seine Wohnung zurückkehren kann.

    Würdest du es dann davon abhängig machen, ob dieser Mensch noch Verwandte/Freunde hat, die in Vollmacht die Wohnung kündigen etc. ? Dann letzter gewöhnlicher Aufenthalt Hospiz.

    Ein Mensch der niemanden hat und die Wohnung nicht mehr selbst kündigen kann oder auch keinen mehr beauftragen kann oder gar nicht an eine Kündigung denkt, weil er andere Sorgen hat, hätte dann seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in seiner alten Wohnung.

    Ich würde hier nicht trennen wollen. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf geht in ihren Gründen meines Erachtens auch in diese Richtung.

  • Das ist eine gute Frage TL, über die wir hier auch schon diskutiert haben.

    Ein schwerkranker Mensch geht in ein Hospiz um dort zu sterben. Er weiß also, dass er nicht mehr in seine Wohnung zurückkehren kann.

    Ich sage auch, das dies die schwerwiegendere Aussage sein soll, als das die Wohnung noch nicht gekündigt ist.

    Die Wohnung kann ja auch von den Erben fortgeführt werden. Die Wohnung kann eine Eigentumswohnung sein.

    Und DD sagt ja als Bekräftigung, das der Wechsel angezeigt ist, wenn die Wohnung schon aufgegeben wurde. DD sagt ja nicht, wenn die Wohnung noch nicht gekündigt ist, dann ist der Aufenthaltswechsel nicht erfolgt. Wie immer ein wenig Wortglauberei.

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  • Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist kurz. Der Wohnsitz sei dort, wo der Schwerpunkt des Lebens ist. Und das sei eben in einem Hospiz so. Das Sterben als Lebensschwerpunkt. Dann wird noch danach gefragt, ob eine Rückkehr wahrscheinlich ist. Bei manchen ist auch eine Rückkehr aus dem Krankenhaus nicht wahrscheinlich. Ich halte das alles für ungeeignet. Besser wäre es, den letzten Wohnsitz zu nehmen und Krankenhäuser und Hospize ganz auszunehmen. Bei Pflegeheimen kann man das anders sehen, weil dort ja wirklich "gewohnt" wird.

    PS: Dann argumentiert das OLG Düsseldorf noch, dass im Hospiz ein "weiterer Schwerpunkt des Lebensverhältnisses" bestehe. Nebenwohnsitz Hospiz? Das passt doch alles nicht.

  • Papenmeier: Seit 18.08.15 interessiert der Wohnsitz nicht mehr für die Zuständigkeit als Nachlassgericht, zuständig ist das NG des gewöhnlichen Aufenthalts und hierzu gibt es m.W. noch keine obergerichtlichen Entscheidungen.

  • Papenmeier: Seit 18.08.15 interessiert der Wohnsitz nicht mehr für die Zuständigkeit als Nachlassgericht, zuständig ist das NG des gewöhnlichen Aufenthalts und hierzu gibt es m.W. noch keine obergerichtlichen Entscheidungen.

    Aber der gewöhnliche Aufenthalt ist nun mal der tatsächliche und nicht der gewollte Aufenthalt. Wenn ich tatsächlich nur noch im Hospitz bin, kann ich noch so gewollt in meiner bisherigen und ggf. auch noch vorhandenen Wohnung sein wollen. Mein gewöhnlicher Aufenthalt ist dann doch im Hospitz.

  • TL: Ich hatte gefragt, was gilt, wenn der Erblasser zum Sterben zu seiner Familie (unterstellt in einem anderen Gerichtsbezirk) fährt. Das ist auch endgültig. Aber soll das wirklich reichen?


    Das würde mich auch interessieren. Der (spätere) Erblasser lebte in einer Eigentumswhg. im Gerichtsbezirk X, kam wegen schwerer, nicht heilbarer Erkrankung in ein Krankenhaus und verbrachte die letzte Woche vor dem Tod bei seiner Familie im Gerichtsbezirk Y.

    Ist dann das Gericht in Y zuständig? Oder anders, ab wann wird ein Aufenthalt also zum gewöhnlichen? :gruebel:


    (Vielleicht hätte der Gesetzgeber lieber den konkreten Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes als für die Zuständigkeit entscheidend festlegen sollen?)

    Einmal editiert, zuletzt von Frog (16. Dezember 2015 um 09:30)

  • Papenmeier: Seit 18.08.15 interessiert der Wohnsitz nicht mehr für die Zuständigkeit als Nachlassgericht, zuständig ist das NG des gewöhnlichen Aufenthalts und hierzu gibt es m.W. noch keine obergerichtlichen Entscheidungen.


    Beitrag 7 lässt nicht erkennen, wann der Erbfall eintrat.

    Unabhängig davon kann man auch bzgl. des gewöhnlichen Aufenthaltes diskutieren.


    Das geschah ja auch z. B. bereits hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nia#post1051276

    (Vom Ergebnis des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland für mich allerdings nicht so recht nachvollziehbar, wenn er schon seit Jahren 8 Monate des Jahres in Kenia verbrachte und seit 2011 gar nicht mehr in D weilte, wenn auch krankheitsbedingt.)

  • (Vielleicht hätte der Gesetzgeber lieber den konkreten Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes als für die Zuständigkeit entscheidend festlegen sollen?)

    Interessante Idee. Eine solche Lösung würde allerdings für die Hinterbliebenen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, wenn der Erblasser auf einer Reise fernab der Heimat stirbt.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • (Vielleicht hätte der Gesetzgeber lieber den konkreten Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes als für die Zuständigkeit entscheidend festlegen sollen?)

    Das und auch eine Definierung des Begriffs gewöhnlicher Aufenthalt war nicht gewollt, die EU-ErbVO wäre dann noch immer nicht verabschiedet.

  • Das mit dem letzten Wohnsitz war schon ganz ok. Nun schleudert der Gesetzgeber uns einen Begriff hin ohne konkret abzugrenzen und zu definieren. Naja, wir sind's ja nur, die sich nun damit rumärgern müssen.

    Das mit dem Hospiz ist sehr umstritten, wenn ich mich so umhöre. Als Lebensmittelpunkt finde ich das schon ganz schön makaber. Aber das ist nur meine Ansicht. Eine von vielen Ansichten.

    Bei der Schulung hatten wir auch das Beispiel mit den "Mallorca-Deutschen" Der Dozent meint, wenn sie doch aber hier noch eine Wohnung etc. hatten, kann man evtl. dann doch davon ausgehen, dass sie Deutschland als gewöhnlichern Aufenthalt gesehen haben, auch wenn sie 8-9 Monate im Jahr auf Mallorca leben... Alles sehr, sehr schwammig.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Dr. Julian Emmerich: Der gewöhnliche Aufenthalt als erbrechtliches und subjektives Merkmal - eine Untersuchung an die Regelanknüpfung der EUErbVO
    -ErbR 2016, 122-

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