Entgegennahmebeschluss bei Ausschlagung

  • Ich habe nunmehr in FGPrax 2016, 93 auch einmal etwas zu dieser Frage geschrieben, nachdem meine hiermit übereinstimmenden Ausführungen beim Nachlasspflegschaftstag im März in München von BaWü-Seite - wen wundert es - nicht mit allgemeiner Begeisterung aufgenommen wurden.

    Hier also ein Teil meiner Anmerkung zu einer Kostenentscheidung des OLG Naumburg:

    Auch wenn es im Zeitgeist liegt, sich in heutiger Zeit nur noch auf den geringsten gemeinsamen qualitativen Nenner zu verständigen, ist es sehr zu bedauern, dass sich das Bundesland Baden-Württemberg unlängst mit äußerst fragwürdiger Begründung von den unbestreitbaren bürgerfreundlichen und zu einer Bereinigung der Grundbücher führenden Vorzügen der jahrzehntelang praktizierten amtlichen Erbenermittlung verabschiedet hat und eine amtliche Erbenermittlung daher nur noch in Bayern stattfindet (Art. 37 BayAGGVG). Dass andere Bundesländer im Grundsatz der amtlichen Erbenermittlung nicht zwingend etwas Erstrebenswertes erblicken, dürfte wohl daran liegen, dass man keine Vorzüge schätzen kann, die man selbst nie kennengelernt hat.

    Zu diesen Vorzügen hat es in Baden-Württemberg allerdings noch nie gehört, bei erfolgenden Erbausschlagungen oder bei Amtsannahmeerklärungen von Testamentsvollstreckern aufgrund eines offensichtlich grob fehlerhaften EDV-Programms (NOAH) sog. "Entgegennahmebeschlüsse" zu erlassen, für die es weder eine Rechtsgrundlage noch eine sachliche Rechtfertigung gibt und die zu Unrecht suggerieren, dass eine erklärte Erbausschlagung oder Amtsannahme ohne eine solche förmliche Entgegennahme nicht wirksam oder für den Ablauf der Ausschlagungsfrist nicht auf den tatsächlichen Eingang der Ausschlagungserklärung, sondern auf den Zeitpunkt dieser förmlichen Entgegennahme abzustellen ist. Zu den seltsamen rechtlichen Blüten dieser Verfahrensweise gehört auch, dass diese mitunter auch in Form von mit Außenwirkung ausgestatteten "Verfügungen" ergehenden Entgegennahmebeschlüsse im Fall der Beurkundung der Erbausschlagung beim Wohnsitzgericht des Ausschlagenden auch vom zuständigen Nachlassgericht und zum Nachweis der Amtsannahme eines Testamentsvollstreckers sogar von Grundbuchämtern gefordert werden, weil ohne einen solchen Beschluss angeblich nicht die erforderlichen Formalien eingehalten worden seien. Letztlich zeigen auch die üblichen Beschlussfolgen im Hinblick auf das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung, dass die besagten Entgegennahmebeschlüsse schlichweg unsinnig sind und auf einer unverzüglich einzustellenden unrichtigen und rechtswidrigen Verfahrensweise beruhen. Wenn man landesrechtliche Angelegenheiten bereinigen möchte, sollte man sich vorrangig auf die Beseitigung offensichtlicher hausgemachter Mängel konzentrieren, anstatt die Abschaffung von jahrzehntelang Bewährtem ins Auge zu fassen.

  • Ich habe nunmehr in FGPrax 2016, 93 auch einmal etwas zu dieser Frage geschrieben, [...] zu einer Kostenentscheidung des OLG Naumburg [...]

    Die Anmerkung finde ich inhaltlich in Bezug auf die hiesige Thematik vollends zutreffend, aber sie passt m.E. nicht in Bezug auf die besprochene Entscheidung des OLG Naumburg, Beschluss vom 5.8.2015 − 12 W 8/15.

    off-topic:

    Zum einen könnte der Leser kurzzeitig denken, Naumburg läge in Ba-Wü, zum anderen ist die vom OLG Naumburg festgestellte Sachlage insoweit nicht völlig eindeutig, als es die altrechtliche Mitteilungskette nach dem Recht der DDR völlig außen vor lässt, mithin überhaupt nicht beleuchtet hat. "Ob sich das Verhalten des Standesamtes als fehlerhaft darstellt, muss hier nicht beurteilt werden. Jedenfalls ist durch dieses Unterlassen kein Vertrauenstatbestand für die Bet. zu 1 entstanden, den sich die Justiz zurechnen lassen müsste", sind die einzigen beiden Sätze hierzu. Ob sich das Staatliche Notariat damals bei der Verwahrung richtig verhalten hat, wird gar nicht erörtert. Insoweit hätte auch in diesem Fall in Sachsen-Anhalt m.E. eine amtliche Erbenermittlung an einer viel späteren Testamentseröffnung nichts geändert, weil selbst in Annahme der Kenntnis vom Tod der Erblasserin bereits im Jahr 1994 nicht auszuschließen gewesen wäre, ob denn überhaupt das Testament ordentlich registriert in der Verwahrung vorgefunden werden konnte. Insoweit wären wohl vielleicht die gesetzlichen Erben bekannt geworden, die "wahren" testamentarischen Erben wären dennoch aufgrund fehlender Eröffnung des Testaments verborgen geblieben. Ob die eigene Registratur des Staatlichen Notariats und die Mitteilung an die zuständige Urkundenstelle beim damaligen Rat des Kreises tatsächlich ordnungsgemäß und ausreichend war (?), ich habe aufgrund Vorliegens ähnlicher Fallgestaltungen in hundertfacher Anzahl so meine Zweifel... Insoweit schade liebes OLG, aber Sachaufklärung sieht m.E. anders aus...aber gut für die Landeskasse in den übrigen Tausenden von Fällen alleine an dem betreffenden Ausgangsgericht, dass die jetzige Eröffnung aufgrund 2. KostRMoG ordentlich Geld einspielt.

  • Der Hauptteil der Anmerkung beschäftigte sich schon mit der besagten Kostenfrage, aber im Kontext des vorliegenden Threads habe ich hier natürlich nur den Teil der Anmerkung eingestellt, der sich mit dem hiesigen Thema beschäftigt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!