vorgerichtlich eingeholtes Sachversetändigengutachten

  • hallo,

    ich hätte ein kleines Problem. Wir sind auf der Beklagtenseite. Der Kläger hat bei unserer Mandantin eine Berufungsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Unsere Mandantin hat außergerichtlich ein Sachverständigengutachten zu Frage der Verletzungen des Klägers in Auftrag gegeben; das Sachverständigengutachten wurde mit der Klageerwiderung in den Rechtsstreit eingeführt und dessen Inhalt zu ihrem Sachvortag gemacht. Sind diese KOsten nun erstattungsfähig?

    Ich weiß, dass von einer Haftpflichtversicherung außergerichtlich eingeholter Sachverständigengutachten zur Überprüfung der Schadenshöhe nicht erstattungsfähig sind.

    Wie sieht es vorliegend aus? Vielen Dank bereits jetzt

  • Unsere Mandantin hat außergerichtlich ein Sachverständigengutachten zu Frage der Verletzungen des Klägers in Auftrag gegeben; das Sachverständigengutachten wurde mit der Klageerwiderung in den Rechtsstreit eingeführt und dessen Inhalt zu ihrem Sachvortag gemacht. Sind diese KOsten nun erstattungsfähig?


    Das hängt davon ab, inwieweit diese Kosten schon als prozeßvorbereitende Kosten bereits zu den Kosten des Rechtsstreites zählen. An die Erstattungsfähigkeit von Kosten insbesondere durch Einholung von Privatgutachten sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 26.11.2009 - 3 U 103/06 - mwN., Volltext und dort Rn. 46 bis 48).

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  • Unsere Mandantin hat außergerichtlich ein Sachverständigengutachten zu Frage der Verletzungen des Klägers in Auftrag gegeben; das Sachverständigengutachten wurde mit der Klageerwiderung in den Rechtsstreit eingeführt und dessen Inhalt zu ihrem Sachvortag gemacht. Sind diese KOsten nun erstattungsfähig?


    Das hängt davon ab, inwieweit diese Kosten schon als prozeßvorbereitende Kosten bereits zu den Kosten des Rechtsstreites zählen. An die Erstattungsfähigkeit von Kosten insbesondere durch Einholung von Privatgutachten sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 26.11.2009 - 3 U 103/06 - mwN., Volltext und dort Rn. 46 bis 48).

    Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht wirklich??

  • Mal ganz platt ausgedrückt:
    Wenn eine Versicherung vorprozessual ein Gutachten einholt um ihre Leistungspflicht zu klären, dann wird das nie zu ersatzfähigen Kosten werden - jedenfalls nicht bei einem vernünftigen Gericht. Die Prüfung der eigenen Leistungspflicht ist Kerngeschäftsaufgabe der Versicherung. Dafür muss die Versicherung intern entsprechendes Know-How vorhalten. Wo kämen wir hin, wenn sie diese Kosten erfolgreich erfolgreich externalisieren könnte und dann im Ergebnis der Versicherungskunde dafür noch blechen müsste. Der muss die Kosten des gerichtlichen Gutachtens zahlen und damit ist es gut.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Beklagtenvertreter beantragt Kosten für Gutachten.

    Vorspiel:
    Das Gutachten wurde vor einem Mahnbescheid beauftragt, komplizierte Energiesache mit Stromunterbrechungskosten, Gewinnausfall des Energiedienstleisters etc.- nachdem der Energiedienstleister die Forderung stellte.

    Versicherung des Beklagten war offensichtlich bei der Gutachterbestellung mit tätig, vertrat diesen in Vollmacht, Kostenschuldner laut Rechnung ist der Beklagte.

    Im streitigen Verfahren wurde unter anderem vom Beklagtenvertreter die fehlerhafte Berechnung der Gewinnausfälle und Schäden vorgetragen. Auch wurde vorgetragen, dass seitens der Klägerin Daten nicht geliefert wurden, die ein vollständiges Gutachten über den Schaden erlaubt hätten.

    Das Verfahren wurde dann seitens des Klägers durch Klagerücknahme beendet- nachdem der dann gerichtliche SV keine Schäden feststellte.


    Meine Frage: Das Gutachten diente dem Beklagten, auch wenn es bereits vor dem Mahnbescheid erfolgte -ohne dieses hätte er keinerlei Verteidigung aufbauen können, da die gesamte Thematik (Feststellung des Stromausfallschadens) sehr speziell ist und äußerst kompliziert und technisch in der Berechnung.


    Können diese Gutachterkosten festsetzbar sein?


    Danke für die Meinungen schon einmal.

  • Können diese Gutachterkosten festsetzbar sein?


    Einzelfallproblematik :)

    Ja, sagt der BGH, wenn z. B. der Beklagte bei Beauftragung des Gutachtens davon ausgehen musste, dass eine Klageerhebung durch die Klägerin unmittelbar bevorstand (Rpfleger 2019, 55). In diese Richtung geht auch das KG (Beschl. v. 26.03.2020, 19 W 128/19):

    Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage bzw. Verwendung im Rechtsstreit prozessbezogen (BGH v. 23.5.2006, VI ZB 7/05, Rn. 6). Unmittelbar prozessbezogen sind Gutachterkosten nur dann, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf diesen beauftragt wurde (vgl. BGH v. 4.3.2008, VI ZB 72/06, Rn. 6; OLG Köln v. 4.5.2016, 17 W 216/15, Rn. 7; OLG Zweibrücken v. 31.3.2014, 2 W 14/12). Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig (vgl. BGH v. 4.3.2008 aaO; BGH v. 17.12.2002, VI ZB 56/02 Rn. 7; KG v. 25.2.2019, 19 W 70/18 Rn. 6 m.w.N.). Umgekehrt ist dann, wenn die Gutachtenbeauftragung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Klage bereits angedroht war, naheliegend, dass das Gutachten auch die Position des Auftraggebers im angedrohten Rechtsstreit stützen soll (BGH v. 4.3.2008, VI ZB 72/06, Rn. 8; BGH v. 17.12.2002 aaO Rn. 11). Mit dem Erfordernis der unmittelbaren Prozessbezogenheit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Anspruchsberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen (BGH v. 4.3.2008 aaO Rn. 7).


    Dies korrespondiert mit dem allgemeinen Grundsatz des Kostenrechts, dass der eigene Zeitaufwand einer Partei für die Beschaffung von Informationen und die Durch- und Aufarbeitung des Prozessstoffes zu dem allgemeinen Prozessaufwand einer Partei gehört, der nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig ist (vgl. nur BGH v. 13.11.2014, VII ZB 46/12 Rn. 20 m.w.N.; BGH v. 7.5.2014, XII ZB 630/12, Rn. 10). Wenn die Partei diesen Aufwand auf einen Dritten verlagert, führt dies nicht zu dessen Erstattungsfähigkeit, sondern handelt es sich auch dann nicht um erstattungsfähigen allgemeinen Prozessaufwand. Eine Erstattungsfähigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Partei nicht die erforderliche Sachkunde besitzt (BGH v. 13.11.2014 aaO Rn. 22). Besitzt sie hingegen sachkundiges Personal und kann oder will sie dieses nur aus betriebsinternen oder organisatorischen Gründen hierfür nicht einsetzen, ist dies ihre eigene wirtschaftliche Entscheidung, die jedoch keinen Erstattungstatbestand eröffnet (vgl. beispielhaft KG v. 29.4.2003, 1 W 7886/00, Rn. 6). Dieser Grundsatz ist auch bei der Prüfung der Erstattung von Privatgutachterkosten zu beachten. Das zwingende Erfordernis der fehlenden Sachkunde gilt dabei sowohl für vorprozessual als auch für prozessbegleitend eingeholte Gutachten; nur wenn die Partei aufgrund fehlender Sachkunde ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage ist, kommt ausnahmsweise eine Erstattung der dadurch entstandenen Kosten in Betracht (vgl. BGH v. 12.9.028, VII ZB 56/15, Rn. 23).


    Ja, sagt der BGH, wenn nämlich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs (dort: Verkehrsunfall) sich aufdrängt. Dann käme es auch nicht auf den möglicherweise zeitlich fehlenden Zusammenhangs an, weil sich der Versicherer dann von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen müsse (Rpfleger 2009, 117).

    Ansonsten findest Du in der erstgenannten Entscheidung den Verweis auf seine bisher zu dieser Problematik (Festsetzbarkeit privater Gutachterkosten) ergangenen Rechtsprechung.

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  • Wie Bolleff
    Grundsätzlich sind Privatgutachterkosten nicht erstattungsfähig, aber…
    Es gibt da eine Reihe von Ausnahmen, bei denen die Privatgutachterkosten doch erstattungsfähig sind. Und das muss man immer im Einzelfall prüfen.
    In deinem Fall halte ich die Kosten für erstattungsfähig, da der Beklagte das Privatgutachten benötigte, um sachgerecht vortragen zu können.
    Zu fragen wäre nur, ob der Beklagtenvertreter selbst in der Lage gewesen wäre, sich aufgrund seiner Fachkenntnisse die erforderlichen Informationen selbst zu beschaffen. Wenn du das verneinst, würde ich die Kosten geben.

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