Freigabe Selbständigkeit

  • Hallo!

    Ich komme gerade nicht weiter.
    Der IV hat die selbständige Tätigkeit des Schuldners freigegeben.
    Es steht nunmehr Berichts- und Prüftermin im schriftlichen Verfahren an. In der Terminsanberaumung steht " ... bis zu dem Stichtag müssen u.a. Anträge über die Wirksamkeit der Verwaltererklärung gem. 35 II InsO eingegangen sein.
    Das Finanzamt stellt nun schriftlichen Antrag auf Unwirksamkeit (Grund: Da das Land sich als Steuergläubiger seiner Gl.stellung nicht entziehen kann und befürchtet wird, dass der Sch. im Rahmen seiner freigegebenen Tätigkeit erneut Abgabenverbindlichkeiten schuldig bleibt.).
    Kann ich das im schriftlichen Verfahren entscheiden? Nein, oder?
    Ich muss doch eine besonderer Gl.Versammlung mit dem Top "Entscheidung über die Wirksamkeit der Verwaltererklärung gem. § 35 II InsO" anberaumen, damit die Gl.Versammlung einen Beschluss fassen kann, oder?
    Mein nächstes Problem wäre dann, wäre das Finanzamt ggfls. von dem Stimmrecht auszuschließen, das es Eigeninteressen verfolgt?

    Danke schon mal

  • Könnte man nicht aufgrund des vorhandenen Tops und des dazu nunmehr fristgerecht allein vorliegenden Antrages des FA nicht gleich die Unwirksamkeit der 35er-Erklärung anordnen, § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO ?

    Nun ja, vielleicht wäre es doch sinnvoll, auch wirklich abstimmen zu lassen - auch wenn es sicher nicht allzu wahrscheinlich ist, dass sich viele Gegenstimmen finden, steht in § 35 Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich "Gläubigerversammlung" und nicht "Gläubiger". Und für eine Willenserklärung der Versammlung reicht ein Einzelantrag dann halt noch nicht aus.

    Zu viel Demokratie kann zwar manchmal lästig sein (findet zumindest die polnische Regierung...) aber manchmal lassen sich Abstimmungen dann halt nicht umgehen :D

  • ... aber es sieht doch so aus, dass die Gl.-Versammlung im schriftlichen Verfahren auch zu diesem Top offenbar mit dem EÖ-Beschluss bereits einberufen wurde ...

    (Also liegt nicht bereits nach Verstreichen der entsprechend gesetzten Ausschlussfrist im schriftlichen Verfahren gar ein endgültiges Abstimmungsergebnis vor ?)

  • ... aber es sieht doch so aus, dass die Gl.-Versammlung im schriftlichen Verfahren auch zu diesem Top offenbar mit dem EÖ-Beschluss bereits einberufen wurde ...

    (Also liegt nicht bereits nach Verstreichen der entsprechend gesetzten Ausschlussfrist im schriftlichen Verfahren gar ein endgültiges Abstimmungsergebnis vor ?)

    Ich hatte das so gelesen, dass Berichts und Prüfungstermin schriftlich abgehalten werden sollen - über die Möglichkeit, eine Gläubigerversammlung schriftlich abzuhalten bzw abstimmen zu lassen wurde doch im Forum schon diverse Male diskutiert...

  • die üblich böse Falle des schriftlichen Verfahrens !

    Ich bleibe dabei: wird mit EÖB das schriftliche Verfahren angeordnet, können bis zum Stichtag nur Stellungnahmen erfolgen, keine Beschlussfassungen.
    Wäre dies anders: Wehe ich wäre in einem Verfahren Gläubiger: ich würde sofort erklären: hiermit wähle ich Herrn xyz zum Insolvenzverwalter (und würde naturalmente einen dem betreffenden Gericht total unangenehmen, aber sachkundigen Verwalter aussuchen - der wäre dann ja - trotz Ablehnung von der Auflistung - bestellt). Eine Nichtbestellung würde ich auf das Übelste durchsetzuen :D

    Nein ! die Äußerung des FA sollte m.E. als Anregung auf Überleitung in das Terminsverfahren zu sehen sein !

    Aber es dürfte sich ja wohl um eine kleinstselbständigkeit handeln; wäre dies nicht so, dann hätte das Gericht bei der Eröffnung -sorry - scheiße gebaut !

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  • Ich meine, hier sind gesetzlich wohl beide Wege offen. Man könnte sagen, der Antrag zur Beschlussfassung (und gleichzeitig Stimmabgabe) des FA liegt vor (und kann von jedem anderen Gläubiger in der Akte eingesehen werden). Wenn bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist keine gegenteilige Stimme eingeht, hat die Gläubigerversammlung die Unwirksamkeit erklärt.

    Ich tendiere aber eher dazu, in solchen Fällen vom schriftlichen in das "mündliche" Verfahren überzugehen und einen Termin anzuberaumen, in dem dann über den Antrag des FA abgestimmt wird. Ich hatte das schon zweimal und es war eigentlich immer besser so, da der Verwalter seine Beweggründe und die Gefahren einer Fortführung nochmal ausgiebig darlegen konnte, so dass die Anträge zurückgenommen wurden.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich meine, hier sind gesetzlich wohl beide Wege offen. Man könnte sagen, der Antrag zur Beschlussfassung (und gleichzeitig Stimmabgabe) des FA liegt vor (und kann von jedem anderen Gläubiger in der Akte eingesehen werden). Wenn bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist keine gegenteilige Stimme eingeht, hat die Gläubigerversammlung die Unwirksamkeit erklärt.

    Das Fehlen von Widerspruch als Abstimmung zu interpretieren würde aber voraussetzen, dass alle anderen Gläubiger darüber informiert sind, dass ein Beschluss gefasst werden soll. Bevor man das Risiko eingeht, irgendwann darüber zu diskutieren, wer im schriftlichen Verfahren was wann hätte wissen müssen oder können, wäre ein klassischer Termin wahrscheinlich einfacher.

  • Ich meine, hier sind gesetzlich wohl beide Wege offen. Man könnte sagen, der Antrag zur Beschlussfassung (und gleichzeitig Stimmabgabe) des FA liegt vor (und kann von jedem anderen Gläubiger in der Akte eingesehen werden). Wenn bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist keine gegenteilige Stimme eingeht, hat die Gläubigerversammlung die Unwirksamkeit erklärt.

    Ich tendiere aber eher dazu, in solchen Fällen vom schriftlichen in das "mündliche" Verfahren überzugehen und einen Termin anzuberaumen, in dem dann über den Antrag des FA abgestimmt wird. Ich hatte das schon zweimal und es war eigentlich immer besser so, da der Verwalter seine Beweggründe und die Gefahren einer Fortführung nochmal ausgiebig darlegen konnte, so dass die Anträge zurückgenommen wurden.

    Wie ist denn der Beschluss gefasst ? Steht da etwas drin zur Frage der Unwirksamkeit der Freigabe ? Ansonsten hätte vielleicht ein Problem, siehe IX ZB 104/07.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • In dem Beschluss steht " ... bis zu dem Stichtag müssen Anträge über .... und gegebenenfalls über die Wirksamkeit der Verwaltererklärung gem. 35 II InsO eingegangen sein." Ich denke das ist dann kein Fall der zitierten BGH Entscheidung, da der Tagesordnungspunkt bezeichnet ist.

    Hat außer mir jemand Bedenken wegen des evtl. zu großen Eigeninteresses des Finanzamtes (ggfls. Stimmrechtsausschluss)?

  • nö, gegen einen stimmrechtsausschluss spricht nix denk ich; das Finanzamt übt das Stimmrecht aus Gründen aus, die eigennützig sind, womit die Gefahr einer unsachlichen Beschlussfassung gegeben ist (Uhlenbrock InsO §77 RN 9, 10)

    wenn du das aber eh so vorhast, bzw. in erwägung ziehst, könntestes auch gleich im schriftlichen Verfahren belassen und so beschließen

    im Übrigen: wie sehr dominiert das Finanzamt die Gläubigerschaft betragsmäßig?
    wenn das Finanzamt nicht überstark ist, sollte es doch möglich sein, dass der Verwalter für entsprechendes Abstimmungsverhalten wirbt (bspw. bei involvierten Banken)
    dann spräche doch auch nix gegens schriftliche, oder?

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Das Finanzamt ist leider Hauptgläubiger.

    Darauf kommt es mE aber nicht an.

    Wenn das Ziel des FA ist, Einnahmeverluste durch die weitere selbstständige Tätigkeit des Schulders zu vermeiden und stattdessen die Neuverbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten zu adeln und damit die Quote für die Insolvenzgläubiger zu schmälern. Hierbei wird es nicht darauf ankommen, dass das FA selbst Hauptgläubiger ist.

    Wenn der Schuldner unzuverlässig ist oder aber die erwirtschafteten Beträge nicht ausreichend sind, die Neuverbindlichkeiten komplett zu bedienen, kann dies nicht Motivation sein, hierfür die anderen Insolvenzgläubiger bluten zu lassen. Dann muss man dem schuldner die Gewerbeerlaubnis entziehen.

    Und selbst wenn, sollte der Verwalter einmal verschärft über § 78 InsO nachdenken, schon um aus der eigenen Haftung herauszukommen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • In dem Beschluss steht " ... bis zu dem Stichtag müssen Anträge über .... und gegebenenfalls über die Wirksamkeit der Verwaltererklärung gem. 35 II InsO eingegangen sein." Ich denke das ist dann kein Fall der zitierten BGH Entscheidung, da der Tagesordnungspunkt bezeichnet ist.

    Hat außer mir jemand Bedenken wegen des evtl. zu großen Eigeninteresses des Finanzamtes (ggfls. Stimmrechtsausschluss)?

    Wenn das so formuliert ist, meine ich auch, dass Du einen Termin anberaumen musst. Ein Stimmrechtsausschluss ist meines Erachtens nicht möglich. Dann müsste man ja alle Abstimmungen ausschließen, denn wer stimmt nicht im Eigeninteresse ab ;)?!

    Ich sehe es eher wie nachfolgend La Flor...

    Das Finanzamt ist leider Hauptgläubiger.

    Darauf kommt es mE aber nicht an.

    Wenn das Ziel des FA ist, Einnahmeverluste durch die weitere selbstständige Tätigkeit des Schulders zu vermeiden und stattdessen die Neuverbindlichkeiten zu Masseverbindlichkeiten zu adeln und damit die Quote für die Insolvenzgläubiger zu schmälern. Hierbei wird es nicht darauf ankommen, dass das FA selbst Hauptgläubiger ist.

    Wenn der Schuldner unzuverlässig ist oder aber die erwirtschafteten Beträge nicht ausreichend sind, die Neuverbindlichkeiten komplett zu bedienen, kann dies nicht Motivation sein, hierfür die anderen Insolvenzgläubiger bluten zu lassen. Dann muss man dem schuldner die Gewerbeerlaubnis entziehen.

    Und selbst wenn, sollte der Verwalter einmal verschärft über § 78 InsO nachdenken, schon um aus der eigenen Haftung herauszukommen.


    In meinen Verfahren hat der Insolvenzverwalter auch mit § 78 InsO gedroht. Und natürlich ging es auch um eine etwaige persönliche Haftung des Verwalters im Falle der Fortführung unter Verwalteraufsicht. In den meisten Fällen ist doch eine Fortführung durch den Verwalter gar nicht möglich. Wie soll er denn ganz kleine Betriebe überwachen? Vielleicht muss gar extra jemand eingestellt werden.

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  • Hat das FA mehr als 2/5 der Forderungen in dem Verfahren, kann m. E. nicht einfach im schriftlichen Verfahren unter Ausschluss des Stimmrechts des FA weitergemacht werden (arg. aus § 75 Abs. 1 Nr. 4 InsO).

    Hinsichtlich des Ausschlusses würde ich prüfen, ob die Begründung des FA für seinen Antrag insolvenzzweckswidrig ist. Sagt das FA, wir würden uns als Massegläubiger aber wohler fühlen, wäre das m. E. insolvenzzweckswidrig und ein Ausschluss des FA aus diesem Grund (nicht wg. Eigeninteresses) m. E. gerechtfertigt. Sagt das FA aber, die Freigabe des IV sei nicht sachgerecht, weil er sich nur seiner Aufgaben entledigen will. Tatsächlich sei die Tätigkeit des Schuldners für die Masse lohnend und eine Freigabe würde daher die Masse schädigen, dann wäre der Antrag nicht insolvenzzweckwidrig und ein Ausschluss des FA nicht gerechtfertigt.

    Besser finde ich aber die Lösung von LFdC über § 78 InsO.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Hat das FA mehr als 2/5 der Forderungen in dem Verfahren, kann m. E. nicht einfach im schriftlichen Verfahren unter Ausschluss des Stimmrechts des FA weitergemacht werden (arg. aus § 75 Abs. 1 Nr. 4 InsO).

    Die Höhe des Anteils ist auch nicht die Begründung, jedoch kann auch ein Großgläubiger von der Abstimmung ausgeschlossen werden, wenn es in eigener Sache geht.

    Hinsichtlich des Ausschlusses würde ich prüfen, ob die Begründung des FA für seinen Antrag insolvenzzweckswidrig ist. Sagt das FA, wir würden uns als Massegläubiger aber wohler fühlen, wäre das m. E. insolvenzzweckswidrig und ein Ausschluss des FA aus diesem Grund (nicht wg. Eigeninteresses) m. E. gerechtfertigt. Sagt das FA aber, die Freigabe des IV sei nicht sachgerecht, weil er sich nur seiner Aufgaben entledigen will. Tatsächlich sei die Tätigkeit des Schuldners für die Masse lohnend und eine Freigabe würde daher die Masse schädigen, dann wäre der Antrag nicht insolvenzzweckwidrig und ein Ausschluss des FA nicht gerechtfertigt.


    Hier sagt des Ausgangsfred: ..keine Bedienung der Neuverbindlichkeiten...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • M. E. ist aber mit einem Ausschluss nach § 77 InsO, wenn es um eine eigene Sache geht, gemeint, wenn die Gläubigerversammlung z. B. die Anfechtung gegen das FA beschließen soll o. ä. Hier geht es ja um die Freigabe der Tätigkeit und die betrifft das Insolvenzverfahren allgemein und nicht ausschließlich den Gläubiger FA. Das Gläubiger grds. die Motivation haben, im Insolvenzverfahren besser wegzukommen, dürfte wohl kaum für einen Ausschluss ausreichen. Warum sonst sollte ein Gläubiger Anträge stellen?

    Ich würde daher eher auf die Insolvenzzweckwidrigkeit abstellen, wenn der Antrag im Ergebnis auf eine Schädigung der Masse hinausläuft.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • M. E. ist aber mit einem Ausschluss nach § 77 InsO, wenn es um eine eigene Sache geht, gemeint, wenn die Gläubigerversammlung z. B. die Anfechtung gegen das FA beschließen soll o. ä. Hier geht es ja um die Freigabe der Tätigkeit und die betrifft das Insolvenzverfahren allgemein und nicht ausschließlich den Gläubiger FA. Das Gläubiger grds. die Motivation haben, im Insolvenzverfahren besser wegzukommen, dürfte wohl kaum für einen Ausschluss ausreichen. Warum sonst sollte ein Gläubiger Anträge stellen?

    Ich würde daher eher auf die Insolvenzzweckwidrigkeit abstellen, wenn der Antrag im Ergebnis auf eine Schädigung der Masse hinausläuft.

    In diesem Fall wäre das FA aber nicht Gläubiger sondern gekorener Massegläubiger aufgrund eigenen Abstimmungsverhaltens.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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