Reallast ohne schlagwortartige Bezeichnung-Amtslöschung?

  • Guten morgen :)

    Ich habe folgendes Problem:
    Im Grundbuch ist in Abt. II folgende Reallast eingetragen:
    "Reallast zu Gunsten des Herrn X und dessen Rechtsnachfolger nach dem Inhalt des Vertrages; eingetragen am 21.02.1922."

    Der Vertrag ist hier in unserem Archiv nicht mehr auffindbar. Das Grundstück soll veräußert werden, jedoch will keine Bank der evtl. Käufer finanzieren, da keiner den Inhalt der Reallast kennt. Angeblich soll es sich um eine Zaunerhaltung handeln.

    Bei der Eintragung der Reallast muss doch aber auch eine schlagwortartige Bezeichnung eingetragen werden oder? Somit wäre der gesetzliche Inhalt doch hier unzulässig und ich könnte von Amts wegen löschen? Aber was mache ich dann ohne Vertrag? Zumal der Eigentümer schon nach der Eintragung der Reallast gewechselt hat?
    Der Berechtigte der Reallast ist auch schon bereits verstorben. Es gibt Anzeichen von Erbeserben. :gruebel:


    Vielen Dank schon mal im Voraus für eure Beiträge :)

  • Voraussetzung für das wirksame Entstehen der Reallast ist, dass ihr allgemeiner Inhalt schlagwortartig im Grundbuch selbst angegeben wird (s. Joost im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1105 RN 57 (Fußn. 192: „AllgM, vgl. etwa BayObLGZ 1973, 21, 26 („Zaunhaltungspflicht“))“ Die bloße Eintragung der Rechtsnatur (Reallast) und die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung reicht nicht (s. Wegmann im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.05.2013, § 1105 RN 21). Das war auch schon im Jahr 1922 so (vgl. die Nachweise im B. des OLG Köln vom 5. 5. 1957,8 W 91/56, = NJW 1957, 992, der eine Eintragung aus dem Jahr 1921 zum Gegenstand hatte, nämlich: KGJ 49 A 163 [169]; 51, 266 [272] = OLG 39, 244; KG in JFG 6, 282 [287]; JW 36, 3477; OLG Hamm in DNotZ 54, 207 mit Anm. Jansen daselbst; Erman, A 2 b; Palandt, A 3 b; Planck, 5. Aufl., A 4; RGRK, 10. Aufl. A 3; Staudinger-Seufert, 11. Aufl. A 3 - sämtlich zu § 874 BGB; Güthe-Triebel, 6. Aufl. A 10 zu § 49 GBO; Henke-Mönch-Horber, A 2 c Anh. zu § 44 GBO; Hesse-Saage-Fischer, 3. Aufl. A I zu § 49 GBO).

    Da es an der schlagwortartigen Kennzeichnung fehlt, ist die Eintragung inhaltlich unzulässig und von Amts wegen zu löschen, s. hier

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1002686

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort :)

    Zu dem Entschluss wäre ich auch tendiert. Der HRP Rndnr. 426 (15. Auflage) besagt, dass die Eintragung der Amtslöschung dazu führt, dass der der gelöschten Eintragung zugrunde liegende Eintragungsantrag noch unerledigt ist. Hätte zur Folge, dass ich den Antrag nochmals neu nach hiesigem Grundbuchstand bearbeiten müsste oder? Kann ich ja aber nicht, weil der Vertrag nicht auffindbar ist.
    Würdest du/ihr trotzdem von Amts wegen löschen? Und wie verfahre ich dann weiter? Hat sich die weitere Bearbeitung dann erledigt?

  • Von Amts wegen würde ich auf jeden Fall löschen, weil Inhaltlich unzulässige Eintragungen rechtlich unwirksam und auch rechtlich bedeutungslos sind, weil sie kein Recht zum Entstehen bringen können und keine Rangstelle wahren (s. Holzer im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Stand: 01.09.2015, § 53 GBO RN 57 mwN). Die Frage ist nur, wer dazu anzuhören wäre. Da der ursprüngliche Eintragungsantrag nach der Zurückweisung noch unerledigt ist, ergäbe sich aus Anlass der Zurückweisung desselben das gleiche Problem. Diese Zurückweisung wäre vorliegend geboten. Du führst oben aus, dass „der Eigentümer schon nach der Eintragung der Reallast gewechselt hat“. Da die Reallast nicht wirksam entstanden ist, ist aufgrund des Eigentumswechsels von einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb auszugehen. Das OLG Köln führt dazu in dem vorzitierten Beschluss vom 5.5.1957, 8 W 91/56, aus:

    „Er (= der Senat) folgt vielmehr der h.M., wonach bei einer Grunddienstbarkeit eine Eintragung im Rechtssinne nicht vorliegt, wenn im Eintragungsvermerk nur der gesetzliche Name des Rechts angegeben und im übrigen auf die Bewilligung Bezug genommen ist. Nach dieser Auffassung ist eine derartige Eintragung folgerichtig auch inhaltlich unzulässig, da sie selbst ohne weiteres erkennen lässt, dass ihr ein notwendiges gesetzliches Erfordernis fehlt (KG in JW 36, 3477; OLG Hamm, DNotZ 54, 207). Sie muss daher, wie dies denn auch für die hier vorl. Eintragung gilt, gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO von Amts wegen gelöscht werden. Infolge der Löschung wird zwar der Antrag, auf den hin die Eintragung vorgenommen worden ist, zu einem unerledigten werden. Ihm kann jedoch hinsichtlich des hier belasteten Grundstückes nicht mehr durch eine Neueintragung (oder durch eine sowohl Löschung wie Neueintragung ersetzende Vervollständigung des Eintragungsvermerks) entsprochen werden, weil inzwischen ein mehrfacher rechtsgeschäftlicher Eigentümerwechsel stattgefunden hat, so dass es an der Eintragungsvoraussetzung des § 19 GBO fehlt. Die Eintragung ist daher ersatzlos zu löschen.“

    Holzer führt in RN 59 aus (Hervorhebung durch mich):

    Der Eintragungsantrag ist folglich nach der Amtslöschung erneut zu verbescheiden, sofern nicht zwischenzeitlich ein gutgläubiger Erwerb stattfand (OLG Hamm Rpfleger 1976, 131, 132; OLG Köln NJW 1957, 992, 993

    Ich könnte mir daher vorstellen, dass von der erneuten Verbescheidung angesichts der von Dir dargestellten Situation auch abgesehen werden kann.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen lieben Dank, dass du dich so ausführlich mit der Thematik beschäftigt hast. Deine Antworten helfen mir wirklich weiter, sodass ich die Akte guten Gewissens vom Tisch bekomme :)

  • Ich häng mich mal hier ran:

    Im Grundbuch ist u.a. eine Reallast zugunsten von A und B als Gesamtberechtigte nach §428 BGB eingetragen.
    B ist verstorben. Nun wurde u.a. die Löschung der Reallast bzgl. B und die Eintragung einer Grundschuld beantragt. Zudem soll der Rangrücktritt der Reallast hinter die Grundschuld eingetragen werden.

    Nun ist mir aufgefallen, dass die Reallast (2003) nur als solche ohne schlagwortige Bezeichnung eingetragen wurde. Insoweit beabsichtige ich jetzt die Löschung v.A.w.

    Sodann würde ich gem. der weitere oben zitierten Rechtsprechung den Antrag neu bescheiden (seit der Eintragung der Reallast wurden keine weiteren Eintragungen vorgenommen).

    Die Frage ist jetzt ob ich einfach die Reallast zugunsten von A allein eintragen kann, weil eine Eintragung zu Gunsten von B ja ausscheidet oder ob ich dazu eine berichtigte Bewilligung benötigen würde.

  • Die Frage ist jetzt ob ich einfach die Reallast zugunsten von A allein eintragen kann, weil ...

    ... das Recht des B nicht mehr besteht bzw. nicht mehr entstehen könnte, das des anderen Gesamtgläubigers A dadurch aber nicht verändert wird (z.B. Schöner/Stöber Rn 261g). Der Sachverhalt läßt allerdings keine Befristung durch den Tod erkennen.

  • Danke.
    Das Recht ist m.E. vererblich und B wurde tatsächlich von A beerbt.
    Nach Anhörung zur Amtslöschung werden ich daher so verfahren.

    Perfektion ist eine Illusion.

    Einmal editiert, zuletzt von jfp (7. Juni 2018 um 09:33) aus folgendem Grund: Schreibfehlerberichtigung

  • Korrektur:
    A ist nur (nicht befreite) Vorerbin des B. Nacherbe ist der Eigentümer.

    Es liegt aber auch ein Löschungsantrag

    der Reallast bzgl. B

    (in Form des §29 GBO) der B und des Eigentümers vor.

    Ich würde weiterhin dazu tendieren die Reallast nur für A neu einzutragen.

    Zudem ist die Reallast im Gleichrang mit einer RückAV eingetragen (gleichzeitiger Antragseingang). Die Neueintragung müsste dann aber im Rang nach der Vormerkung geschehen oder?

  • Sofern B das Recht wirksam aufgegeben hat, gilt das auch für die Erben (§§ 130, 1922 BGB). Und da die Erklärung zu einem bereits eingetragenem, wenn auch nicht wirksam entstandenen Recht abgegeben wurde, wird die Erklärung formgerecht und damit für das Grundbuchamt beachtlich abgegeben worden sein. Die künftige Inhaberschaft des Rechts betrifft nicht dessen Inhalt (z.B. Palandt/Bassenge BGB § 877 Rn 3). Für den Gesamtgläubiger B kann also kein Recht mehr entstehen, für den A bei unverändertem Inhalt dagegen schon. Der Rang ist aber weg. Bei einem nie entstandenem Recht war er aber auch nie wirklich da.

  • Dann hast du ein Problem. Das Ergebnis der Neueintragung würde so aussehen, wie sich die Änderungen beim wirksam eingetragenen Recht ausgewirkt hätten. Hinsichtlich A würde man es löschen und hinsichtlich B könnte man berichtigend die Erbfolge eintragen sowie die Nacherbfolge vermerken. Nur dass A auf die Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich der Reallast keinen Wert legen wird.

  • andersrum. Bezgl. A ist keine Löschung beantragt nur hinsichtlich B (da dieser verstorben ist).

    Wäre das Recht wirksam eingetragen, hätte ich einfach bzgl. B gelöscht. Das Recht soll für A weiterbestehen

    Nun würde ich einfach bzgl. A die Reallast eintragen im Rang nach der Vormerkung und im Rang nach der (neu einzutragenden) Grundschuld. Der diesbezügliche Rangrücktritt wirkt ja auch gegen die Reallast.

    Sorry, wenn ich mich z.T. etwas konfus oder missverständlich ausgedrückt hab und nochmal danke für deine Hilfe.

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