Elterngeld, Betreuungsgeld, Landeserziehungsgeld eigenes Einkommen? § 850 c IV ZPO

  • Guten Tag zusammen,
    ich darf seit Jahresbeginn neben Grundbuch auch in der Vollstreckung wühlen und bin bei folgendem Sachverhalt momentan überfragt:

    Pfüb wurde letztes Jahr erlassen - Pfändung bei Arbeitgeber, Finanzamt und Bank - Gläubiger ist ebenfalls eine Bank
    Der Gläubiger stellt gem. § 850 c IV ZPO nun nachträglich den Antrag auf teilweise Nichtberücksichtigung der Ehefrau des Schuldners als Unterhaltsberechtigte.
    Laut VA der Ehefrau erhält diese nämlich 150 € Elterngeld und 150 € Betreuungsgeld.
    Der Gläubiger sagt also, dass die Ehefrau somit eigenes Einkommen in Höhe von 300 € hat.

    Das Problem ist nun, dass ich nicht wirklich was dazu finden kann, ob Elterngeld und Betreuungsgeld als eigenes Einkommen gewertet werden können.

    Laut Schuldnervortrag und mitgeschickten Bescheiden erhält dessen Ehefrau Landeserziehungsgeld in Höhe von 200 € und Betreuungsgeld in Höhe von 150 € erhält. Sprich 350 € "Einkommen". Der Schuldner trägt natürlich vor, dass diese Beträge nicht als Einkommen gewertet werden können.

    Abgesehen von der Schwierigkeit der Begrifflichkeiten Elterngeld, Betreuungsgeld, Landeserziehungsgeld (bin noch nicht in den Genuss eigener Kinder gekommen) werde ich weder aus Kommentaren noch im Kollegenkreis wirklich schlau, ob diese Gelder als eigenes Einkommen iSv § 850 c IV ZPO berücksichtigt werden können.

    Mit dem eigenen Ermessen hapert es bei mir noch etwas (Stichwort Grundbuchtante), sodass ich über Hilfe und Denkanstöße von euch sehr dankbar wäre.

    :confused:

  • Zwar ist das Landeserziehungsgeld unpfändbar, das heißt aber nicht, dass es nicht als Einkommen im Sinne des § 850c Abs. 4 ZPO angesehen werden kann.

    Aber bei den von dem Gläubiger angegebenen Beträgen von insgesamt 300,00 € dürfte es doch etwas schwierig werden, die teilweise Nichtberücksichtigung der Ehefrau zu begründen.

  • Ich würde den Antrag wie folgt zurückweisen (unsere Vorlage, die auch vom LG gehalten wird):

    Der Antrag der Gläubigerin auf Nichtberücksichtigung der Ehefrau des Schuldners, bei der Berechnung der pfändbaren Beträge gemäß § 850c Abs. 4 ZPO, wird zurückgewiesen.
    Die Ehefrau ist bei der Berechnung der pfändbaren Beträge voll zu berücksichtigen.

    Gründe:
    Mit Antrag vom 01.04.2015 auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat der Gläubiger beantragt, dass die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Einkommens unberücksichtigt bleibt, da diese laut Vermögensverzeichnis vom 27.11.2014 Einkommen in Höhe von 342,00 € bezieht.
    Das Vermögensverzeichnis lag als Nachweis bei.
    Auf Antrag der Gläubigerin kann das Vollstreckungsgericht nach billigem Ermessen bestimmen, dass eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen Unterhalt gewährt und die eigene Einkünfte hat, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Schuldnereinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt.
    Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu erwägen, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten, die ihnen für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, dergestalt zu berücksichtigen sind, dass dem Schuldner für den damit bereits gedeckten Bedarf der unterhaltsberechtigten Person ein pfändbarer Einkommensanteil nicht verbleiben muss.
    Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.04.2005 - VII ZB 28/05 - können für die im Haushalt des Schuldners lebenden Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des Freibetrags die nach den sozialrechtlichen Regelungen die Existenzsicherung gewährleistenden Sätze zuzüglich eines Zuschlags von 30-50 % herangezogen werden. Der seit dem 01.01.2015 gültige Eckregelsatz nach dem SGB II beträgt 399,00 € für Alleinstehende/Alleinerziehende.
    Für die Ehefrau/Ehemann beträgt der Eckregelsatz 360,00 €.
    Somit ergibt sich ohne Erhöhung ein Freibetrag des Ehegatten in Höhe von 360,00 €.
    Bei einem Zuschlag von 30 % ergibt sich ein Freibetrag von 468,00 €
    und bei einem Zuschlag von 50% ergibt sich ein Freibetrag von 540,00 €.
    Vorliegend war der Antrag zurückzuweisen. Die Ehefrau verfügt momentan tatsächlich über geringes Einkommen in Höhe von 342,00 €, welches unter dem Eckregelsatz der Grundsicherung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II (ohne Erhöhung) liegt.
    Rechtsbehelfsbelehrung:
    Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 793 ZPO für die Gläubigerin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig. Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen in deutscher Sprache bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Frist beginnt mit Zustellung dieser Entscheidung. Die sofortige Beschwerde ist auch rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Beschwerdefrist bei dem Beschwerdegericht eingeht.


    Natürlich müsste man die seit 1.1.16 geltenden Sätze nehmen, aber so grob kannst du dich daran orientieren.

  • :daumenrau

    Hier kann man u.U. auch noch den letzten Teil der Entscheidung vom 21.12.2004 - IX ZB 142/04 - heranziehen. Zwar ging es da um den Unterhalt eines 11jährigen Kindes, für das i.Ü auch noch Kindergeld gezahlt wurde.

    Aber der BGH hat im letzten Teil der Entscheidung ausgeführt:

    "Auch wenn der Sohn im Haushalt der Mutter lebt und angesichts deren Verschuldung gewisse Abstriche in derLebensführung hinzunehmen hat, reichen eine Unterhaltszahlung von 222 € monatlich und das staatliche Kindergeld ersichtlich nicht für einen angemessenen Lebensunterhalt eines 11jährigen Jungen. Demgegenüber hat das Interesse der Gläubigerin an geringfügig höheren Pfändungsbeträgen zurückzustehen."

    Aus der Entscheidung kann man zwischen den Zeilen auch lesen, dass dem BGH die Entscheidung mit der 25%igen Nichtberücksichtigung nicht gerade gefallen hat. Nur war das nicht Gegenstand der Entscheidung.

    Das zum Unterhalt des Kindes zur Verfügung stehende Geld war also schon vor mehr als 10 Jahren höher als das, was die Ehefrau hier erhält. Berücksichtigen müsste man auch, dass der Unterhaltsbedarf der Ehefrau höher sein dürfte als der eines 11jährigen Kindes.

    Der TE hat aber auch leider nichts zu der Höhe der Einkünfte des Schuldners und den weiteren Unterhaltspflichten vorgetragen, die bei der Ermessensentscheidung durchaus zu berücksichtigen wären.

  • Vielen Dank euch schon mal! :daumenrau

    Der Schuldner hat insgesamt 5 Kinder von 3 verschiedenen Frauen.
    Kind Nr. 5 ist das einzige gemeinsame Kind mit seiner jetzigen Ehefrau, um die es gerade geht.
    Es liegt eine Schwerbehinderung GdB 40 vor und laut Vortrag wird er deshalb seine jetzige Arbeit im Sommer verlieren/beenden.
    Momentan hat er aufgrund der Arbeit noch Einkünfte in Höhe von ca. 2.300-2.900 € netto.
    Nur für sein erstes Kind zahlt er Unterhalt in Höhe von max. 80 €.
    Seine jetzige Ehefrau und das gemeinsame Kind Nr. 5 leben mit ihm in einem Haushalt.

  • Wie #2, 3

    Würde das auch kurz zurückweisen:

    Die eigenen Einkünfte der EF von 350,00 € liegen bereits deutlich unter dem Orientierungskriterium BGH Regelsatz + 30-50 %. Unter weiterer Berücksichtigung des Sch.-Vortrages rechtfertigt dies nicht im Ansatz eine teilweise
    Nicht-Berücksichtigung der EF.

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