Beratung Verfahren A durch Verfahren B - Interessenkonflikt des Insolvenzverwalters

  • Insolvenzverwalter Tüchtig ist Verwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerinnen A und B.
    Mitarbeiterin Fleißig ist Angestellte in der Kanzlei von RA Tüchtig.

    B berät nun A zur "Unternehmensführung und zum allgemeinen Lauf des Universums" (das ist nicht exakt der Rechnungstext, aber ähnlich konkret) und stellt eine einzige Rechnung über rd. 50.000 EUR. Der Geschäftsführer von B ist anscheinend der Ehemann von Frau Fleißig.

    Frau Fleißig wiederum wurde zusätzlich im Verfahren A angestellt und nicht kleinlich vergütet. Darüber hinaus hat Frau Fleißig eine eigene Gesellschaft, die "Fleißig UG" und mit dieser gegenüber der Insolvenymasse A eine Vermittlungsprovision in ähnlicher Größenordnung wie die obige Beratung abgerechnet.

    In anderen Verfahren, in dem es zu Berührungen zweier Insolvenzverfahren unter dem gleichen Verwalter kam, wurde dies stets dem Insolvenzgericht vorab angezeigt. In manchen Fällen gab es dort dann einen Sonderverwalter, um den Interessenkonflikt zu lösen.

    Eure Meinungen dazu würden mich interessieren, insbesondere wie man aus Sicht der RechtspflegerInnen in der Praxis damit umgehen würde.

  • ...wieso wurde Frau Tüchtig als Angestellte des Fleißig denn im Verfahren A noch zusätzlich angestellt? Welche Expertise liegt denn da vor, die nicht schon von Tüchtig bezahlt würde?

    Ehrlich gesagt....keine Ahnung

  • ...wieso wurde Frau Tüchtig als Angestellte des Fleißig denn im Verfahren A noch zusätzlich angestellt? Welche Expertise liegt denn da vor, die nicht schon von Tüchtig bezahlt würde?

    Ehrlich gesagt....keine Ahnung

    Die Buchhaltung bei A war zuvor an einen StB ausgelagert. Der Insolvenzverwalter hat mit Eröffnung entschieden, diese nun intern bei A zu erledigen und dafür 'seine' Frau Fleißig angestellt.

  • Klingt danach, als wäre ein Verwalter der Versuchung erlegen ...;)

    Aber zum Kern: Gegen die Anstellung von Frau Fleißig beim fortgeführten Unternehmen A zur dortigen Buchführung spricht im Grundsatz nichts - wenn es vom Preis dem Drittvergleich einer sonst intern angestellten Kraft (Umfang der Tätigkeit, dafür bezahlte Entlohnung ...) standhält sowie der Qualifikation von Frau Fleißig entspricht. Sie verbietet sich m.E., wenn das Unternehmen A nicht fortgeführt wird, aber so habe ich den Sachverhalt nicht verstanden.

    Die Tätigkeit des vom Verwalter fortgeführten Unternehmens B für das vom Verwalter fortgeführte Unternehmen A ist ein Problem des Interessenkonflikts, der manifest wird, wenn hohe Rechnungen mit so wolkigem Inhalt (für entsprechend wolkige Tätigkeit?) gestellt werden. Ist vor allem ein Problem im Insolvenzverfahren A, in dem ja die Geldmittel abfließen. Leider sind eine ganze Reihe von Insolvenzgerichten bei der Frage von Interessensgegensätzen noch nicht sehr sensibel (Anwesende natürlich ausgenommen) und einige Verwalter da sogar erstaunlich robust. Was ich da so an Bestellungen und Tätigkeit sehe ...

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Klingt danach, als wäre ein Verwalter der Versuchung erlegen ...;)

    Auch wenn ich mich dagegen wehre, dem IV vorrangig die Wahrnehmung persönlicher Interessen (oder die seiner Angestellten) zu unterstellen, bleibt eine faktische Massemehrung im Verfahren B. Diese wirkt sich möglicherweise auf seine Vergütung im Verfahren B aus.

    Die 3-fach Funktion von Frau Fleißig als Angestellte des IV, des Unternehmens A sowie als Selbständige sehe ich kritisch. Es wird zu prüfen sein, ob die Bezahlung als FiBu-Kraft dem Drittvergleich standhält und wie die Verträge für Beratung/Provision ausgestaltet wurden. Als IV würde ich so etwas grundsätzlich nicht in dieser Konstellation machen. Das hat immer einen Beigeschmack.

    Im Verfahren gab es noch mehr Bemerkenswertes, das für eine sehr entspannte Interpretation von InsO und InsVV spricht. So wurde beispielsweise die Teilungsmasse 7-stellig mit Ausgabenpositionen angereichert und diese als Einnahmen deklariert.

  • Ganz ohne nähere Kenntnis des Falles und daher höchst spekulativ:

    Eine solche Konstellation ergibt Sinn, wenn das Verfahren B massereich - und schlecht kontrolliert, z.B. ohne Gläubigerausschuss - ist und das Verfahren A eher arm. Dann wird durch die Einnahme bei A das Verwalterhonorar kräftig gepuscht, bei B merkt es niemand so recht und Frau Fleißig erledigt für ihr Honorar in Wirklichkeit Tätigkeit aus dem Insolvenzverwalterbüro.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Es berät B doch nicht A, sondern der Verwalter sich selbst. Wie sieht das den mit § 181 BGB aus?


    Wenn sich der IV über Unternehmen B selbst beraten hätte, ergäbe das für mich überhaupt keinen Sinn. Welche Kenntnisse bei Unternehmensführung und Lauf des Universums wollte er sich einkaufen, die er nicht schon selbst gehabt hätte? Ich unterstelle dabei, dass es sich nicht um eine multiple Persönlichkeit handelt. Welche Person die Beratung durchgeführt hat, muss noch geklärt werden. Sicher wird es dazu Tätigkeitsberichte und Arbeitsunterlagen geben, falls die Beratung stattgefunden hat.

    Würde § 181 BGB greifen, hat zwangsläufig bereits eine Pflichtverletzung stattgefunden.

    Das, was Andreas schreibt, trifft ebenfalls zu.

  • sorry, vlt. mag ich ja im falschen Film sein:

    ich würde in beiden Verfahren den Verwalter rauswerfen !
    Aber der Reihe nach:
    wie hat die GLV zu Fortführung der Schuldernin B entschieden ?
    Bedarf die Schuldernin A der Beratungsleistung der B ?
    Wie ht die GLV zum Unternehmen A entschieden ?


    Oki, ich habe fälle, in denen die Holding für die durchliqudierung der untergesellschaften gebraucht wird, da hab ich kein prob mit, die werden auch sauber abgegrenzt.

    Aber die Struktur, dass dann noch angestellte auf rechnung beschäftit würden, sorry "autodelisting" des Verwalters und rauswurf in den gegebenen Verfahren. Akte an die STA !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ausnahmsweise habe ich mich mal mit dem Ruf nach "Delisting" zurückgehalten, ich will ja nicht immer als der Böse dastehen ...:D;)
    Aber es wäre eine zu prüfende Option :daumenrau


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Delisting wirkt sich in der Zukunft aus. Aber wie kann man der Rechtspflegerin helfen, in dem bzw. den betroffenen Verfahren aufzuräumen? Gibt es Alternativen zu einer Sonderverwaltung?

  • Sonderverwalter oder komplette Abberufung und Neubestellung eines Anderen. Mehr sehe ich eigentlich nicht, denn das Insolvenzgericht hat bekanntlich nur die Rechtmäßigkeitskontrolle und kann wirtschaftliche Fragen nur sehr eingeschränkt in diesem Gewande gerade ziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Sonderverwalter oder komplette Abberufung und Neubestellung eines Anderen. Mehr sehe ich eigentlich nicht, denn das Insolvenzgericht hat bekanntlich nur die Rechtmäßigkeitskontrolle und kann wirtschaftliche Fragen nur sehr eingeschränkt in diesem Gewande gerade ziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Die große Keule der Abberufung scheint mir auch für die Gläubiger die schlechtere Wahl zu sein, da
    1) der Verwalter nicht automatisch den Vergütungsanspruch verliert und in Summe höchstwahrscheinlich eine höhere Vergütung für beide IV anfallen wird und
    2) noch wirtschaftliche Sachverhalte aufgeklärt werden müssen, die mir und dem Gericht derzeit verschlossen sind

    Vorteil: Sollte der IV die Einsetzung eines SoIV zu vertreten haben, gehört auch dessen Vergütung zum Schaden, den der IV zu ersetzen hat.

    Ob die Akte noch zur StA geht, kann dann die Rechtspflegerin auf Basis des SV-Gutachtens und der Berichte des SoIV entscheiden. Mir geht es primär darum, die Welt aus Sicht der Gläubiger wieder gerade zu rücken.

  • Die Bestellung eines neuen Verwalters bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Masse mit einer erheblichen Mehrvergütung belastet wird. Der SIV wird in diesem Fall auch nach RVG berechnet.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Bestellung eines neuen Verwalters bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Masse mit einer erheblichen Mehrvergütung belastet wird. Der SIV wird in diesem Fall auch nach RVG berechnet.


    "Nicht zwangsläufig" ist korrekt, aber davon ausgehen muss man schon.

    Für die Vergütung des SoIV wird das RVG ausnahmsweise nur dann herangezogen, wenn es sich lediglich um eine einzelne Aufgabe handelt, wie etwa die Prüfung eines einzelnen Anspruchs. Ansonsten richtet sich die Vergütung nach den Regeln, die auch für den IV gelten (BGH IX ZB 303/05 v. 29.05.2008 und BGH IX ZB 62/13 v. 26.03.2015). Den Gläubigern dürfte das gleich sein, da die Kosten vom IV (evtl. von seiner Versicherung) getragen werden.

  • oki, bin etwas schnell vorgeprescht: (danke AndreasH, ich bin ja nicht ganz alleine was das delisting betrifft)

    was wäre der Rechtspflegerin zu raten in vorliegender Konstellation ?

    1. saubere Analyse (auch dahingehend, ob dem Gericht was durchgegangen sein könnte - nicht schön, aber muss auach sein))
    2. mit der Darstellung des konkreten Sachverhalts und der Analyse desselben die Kollegen zusammenrufen
    3. Richterschaft miteinbeziehen (absolutes "Muss")
    4. gemeinsam überlegen und schnell handeln im konkreten Fall
    5. weiteres Vorgehen jenseits des Falles in Bezug auf den betr. Verwalter beraten

    Zum Rest-Thema:
    Sonderverwalter kostet geld; Verwalter rauswerfen noch mehr; es hängt halt vom Sachverhalt ab, was zu tun ist. Je nach Schwere von Pflichtverstößen käme auch eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs in Betracht.
    Wesentlich ist aber, dass das Gericht nunmehr Schadensbegrenzung betreiben muss, ejal wie !

    Mir ist selber im letzten Jahr das Herz fast ! in die Hose gerutscht, da ein Verwalter, der ausschließlich in meinem Pensum -marginal- bestellt war aus etwas wenig schönen Gründen woanders delistet wurde. Meine - stets ordnungsgemäß von ihm bearbeiten - Verfahren waren z.Glück alle abgeschlossen.
    Es bleibt immer ein blödes Gefühl.... dies aber auch deshalb, warum ist in der Kanzlei nix früher aufgefallen........ Da ließe sich auch über eine Ausstrahlwirkung nachdenken........ aber erstmal den angängigen Fall lösen !

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    :daumenrau


  • 1. saubere Analyse (auch dahingehend, ob dem Gericht was durchgegangen sein könnte - nicht schön, aber muss auach sein)

    Bei Gericht scheint nichts schiefgelaufen zu sein. In einem Zwischenbericht des IV wird zwar die Gesellschaft von Frau Fleißig und die Provisionsvereinbarung kurz genannt. Es erfolgte aber kein Hinweis, dass es sich dabei um die Mitarbeiterin von RA Tüchtig handelt. Im Gegenteil, die Darstellung suggeriert, dass die Fleißig UG über eine regionale M&A-Gesellschaft ins Spiel gebracht wurde. Auf deren Internetseite sind RA Tüchtig und die Insolvenzschuldnerin A als Referenz für erfolgreiche Vermittlung genannt. Die M&A-Gesellschaft wird im Schlussbericht erwähnt und hat ebenfalls mehr als 10.000 EUR bekommen. In den Berichten findet sich auch ein Hinweis, dass der Käufer über das Internet auf die Insolvenzschuldnerin aufmerksam wurde und nicht durch die Bemühungen von Frau Fleißig. Das ist schon ernst.

    Die Beratung durch Unternehmen B wird in den relevanten Zwischenberichten überhaupt nicht erwähnt. Im Schlussbericht erfolgt eine Nennung, aber ohne Hinweis auf die Tätigkeit von RA Tüchtig im dortigen Insolvenzverfahren.

    Das Verfahren hat bei Gericht mehrfach die Bearbeiter gewechselt. Aus meiner Sicht ist weder der aktuellen Rechtspflegerin noch ihren VorgängerInnen ein Versäumnis anzulasten. Die Verflechtungen sind erst durch eine vertiefte Belegprüfung zutage getreten.


  • 1. saubere Analyse (auch dahingehend, ob dem Gericht was durchgegangen sein könnte - nicht schön, aber muss auach sein)

    Bei Gericht scheint nichts schiefgelaufen zu sein. In einem Zwischenbericht des IV wird zwar die Gesellschaft von Frau Fleißig und die Provisionsvereinbarung kurz genannt. Es erfolgte aber kein Hinweis, dass es sich dabei um die Mitarbeiterin von RA Tüchtig handelt. Im Gegenteil, die Darstellung suggeriert, dass die Fleißig UG über eine regionale M&A-Gesellschaft ins Spiel gebracht wurde. Auf deren Internetseite sind RA Tüchtig und die Insolvenzschuldnerin A als Referenz für erfolgreiche Vermittlung genannt. Die M&A-Gesellschaft wird im Schlussbericht erwähnt und hat ebenfalls mehr als 10.000 EUR bekommen. In den Berichten findet sich auch ein Hinweis, dass der Käufer über das Internet auf die Insolvenzschuldnerin aufmerksam wurde und nicht durch die Bemühungen von Frau Fleißig. Das ist schon ernst.

    Die Beratung durch Unternehmen B wird in den relevanten Zwischenberichten überhaupt nicht erwähnt. Im Schlussbericht erfolgt eine Nennung, aber ohne Hinweis auf die Tätigkeit von RA Tüchtig im dortigen Insolvenzverfahren.

    Das Verfahren hat bei Gericht mehrfach die Bearbeiter gewechselt. Aus meiner Sicht ist weder der aktuellen Rechtspflegerin noch ihren VorgängerInnen ein Versäumnis anzulasten. Die Verflechtungen sind erst durch eine vertiefte Belegprüfung zutage getreten.

    schon mal gut zu lesen, dass gerichtlicherseits nichts hätte auffallen müssen: bis jetzt !
    Die Involvierung der Schuldnerin B und dann auch noch Frau Fleißig (und wie immer mal die M&A und dies noch unter Berücksichtigung von Gesellschaft B und Frau Fleißig) gilt es gerichtlicherseits aufzubereiten....

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    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ein bißchen Lebenserfahrung hat man ja in meinem Alter und mir will der Gedanke nicht aus dem Kopf, daß zwischen Tüchtig und Fleißig möglicherweise noch mehr Verbindungen bestehen. Privater Natur, wenn Ihr versteht was ich meine.

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