Insolvenz und Autounfall

  • Hallo.

    Eine Privatinsolvenz wurde eröffnet und das Auto als unpfändbar erklärt wird, weil es die Schuldnerin zur Fahrt zur Arbeit braucht
    nun ist jemand der Schuldnerin ins Auto gefahren.
    Wem gebühren die Reparaturkosten? Darf Sie das Autohaus beauftragen für die Reparatur?
    Ich denke das Geld ist der Schuldnerin, da es ja nur den früheren Zustand herstellt...das Auto wie es war( und das war unpfändbar)
    Evtl Verdienstausfall, Schmerzengeld etc. könnte dem Insolvenzverwalter zustehen
    Falls ich richtig liege, gibt es eine Entscheidung dazu?
    Konnte trotz schon umfangreicher Suche nichts finden..
    Vielen Dank einstweilen

  • Ich gehe mal davon aus, dass das Verfahren noch eröffnet ist und wir uns nicht über einen Unfall in der WVP unterhalten. Bezüglich Schmerzensgeld siehe Coverna, eine Einmalzahlung wäre massezugehörig, lediglich bei Schmerzensgeldrenten gilt § 850b ZPO. Ist für den Schuldner als Verletzten zwar oft unverständlich, aber lässt sich nicht ändern. Hinsichtlich des Schadensersatzes würde ich es auch so sehen, dass es sich um ein Surrogat einer unpfändbaren Sache handelt und insofern unpfändbar wäre. Vorausgesetzt natürlich, sie ist auch weiterhin auf das Fahrzeug angewiesen.

  • Ich gehe mal davon aus, dass das Verfahren noch eröffnet ist und wir uns nicht über einen Unfall in der WVP unterhalten. Bezüglich Schmerzensgeld siehe Coverna, eine Einmalzahlung wäre massezugehörig, lediglich bei Schmerzensgeldrenten gilt § 850b ZPO. Ist für den Schuldner als Verletzten zwar oft unverständlich, aber lässt sich nicht ändern. Hinsichtlich des Schadensersatzes würde ich es auch so sehen, dass es sich um ein Surrogat einer unpfändbaren Sache handelt und insofern unpfändbar wäre. Vorausgesetzt natürlich, sie ist auch weiterhin auf das Fahrzeug angewiesen.

    Danke.
    weißt Du vielleicht auch eine Fundstelle?

  • Also Rechtsprechung (Zur Frage der Unpfändbarkeit des Surrogats?) habe ich jetzt nicht. Ich habe nur im Kommentar Jaeger, Großkommentar Bd. 3 Zu § 103 InsO in Randnummer 52 vor §§103ff eine Kommentierung gefunden, aus der ich das e contrario herleite. Jacoby vertritt die Ansicht, dass das Surrogat einer veräusserten insolvenzfreien Sache dem Insolvenzbeschlag unterliegen kann, wenn das Surrogat seinerseits nicht wieder unter § 36 InsO fällt. Wenn nun die Schuldnerin auch weiterhin auf das Fahrzeug angewiesen ist, würde ich insofern die Ersatzleistung als nicht massezugehörig ansehen.

    Vor einiger Zeit hatten wir eine vergleichbare Konstellation. Schuldner war Eigentümer eines unpfändbaren Kfz mit Totalschaden, Versicherungsleistung ging auf dem P-Konto ein. Das Gericht hat dann den entsprechenden Betrag freigegeben, da Surrogat einer unpfändbaren Sache. Wenn Du das entsprechende Aktenzeichen bräuchtest, dann gib Bescheid, kann ich per PM mitteilen.

  • Ich gehe mal davon aus, dass das Verfahren noch eröffnet ist und wir uns nicht über einen Unfall in der WVP unterhalten. Bezüglich Schmerzensgeld siehe Coverna, eine Einmalzahlung wäre massezugehörig, lediglich bei Schmerzensgeldrenten gilt § 850b ZPO. Ist für den Schuldner als Verletzten zwar oft unverständlich, aber lässt sich nicht ändern. Hinsichtlich des Schadensersatzes würde ich es auch so sehen, dass es sich um ein Surrogat einer unpfändbaren Sache handelt und insofern unpfändbar wäre. Vorausgesetzt natürlich, sie ist auch weiterhin auf das Fahrzeug angewiesen.

    Danke.
    weißt Du vielleicht auch eine Fundstelle?

    Das klingt für mich so überzeugend, das würd ich auch ohne Fundstelle nehmen.

    Ansonsten müsste das doch eigentlich mit kommentiert sein im 811er oder zur Forderungspfändung vielleicht irgendwo bei § 766 ZPO ?

  • Ich gehe mal davon aus, dass das Verfahren noch eröffnet ist und wir uns nicht über einen Unfall in der WVP unterhalten. Bezüglich Schmerzensgeld siehe Coverna, eine Einmalzahlung wäre massezugehörig, lediglich bei Schmerzensgeldrenten gilt § 850b ZPO. Ist für den Schuldner als Verletzten zwar oft unverständlich, aber lässt sich nicht ändern. Hinsichtlich des Schadensersatzes würde ich es auch so sehen, dass es sich um ein Surrogat einer unpfändbaren Sache handelt und insofern unpfändbar wäre. Vorausgesetzt natürlich, sie ist auch weiterhin auf das Fahrzeug angewiesen.

    Danke.
    weißt Du vielleicht auch eine Fundstelle?

    Das klingt für mich so überzeugend, das würd ich auch ohne Fundstelle nehmen.

    Ich habe hier eine Fundstelle, allerdings geht diese Entscheidung in die andere Richtung, LG Ansbach vom 30.07.2015, 1 S 1317/14.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hehe, nice found LFdC

    ... mit der "nicht vorhandenen ausdrücklichen (!) gesetzlichen Ausnahmeregelung" ist das ja grad' beim 36er im Insolvenzrecht so eine fisselig-diffizile Geschichte, wo kein Schwein mehr durchblickt, bis der BGH halt irgendwann mal den zwölften Einzelfall da- oder dorthin löst (bspw. zur Frage der Zuständigkeit: http://lexetius.com/2009,3840 ).

  • Ich muss ehrlich gestehen, die Argumentation mit § 17 VVG hat mein in Wochenendstimmung befindliches Hirn noch nicht ganz durchstiegen. Muss ich mir mal in Ruhe durchdenken.

  • Nur interessehalber, was ist der Anlass deiner Frage,

    Sch.-Antrag
    Sch.-Anfrage
    TH-Antrag
    TH-Anfrage
    Anfrage der Versicherung
    SR-Prüfung
    ... ?

  • Ich würde das Ausgangsproblem der Autoreparatur im Tatsächlichen einfach so lösen, dass die Versicherung des Gegners die Reparatur direkt bezahlt. Dann geht das Geld nicht ins Vermögen des Schuldners.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich würde das Ausgangsproblem der Autoreparatur im Tatsächlichen einfach so lösen, dass die Versicherung des Gegners die Reparatur direkt bezahlt. Dann geht das Geld nicht ins Vermögen des Schuldners.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Ist dies nicht ein wenig kurz gedacht? Der Schuldner hat einen Anspruch gegen den Verursacher / dessen Versicherung. Wenn dies Insolvenzmasse ist, kann der Schuldner den Anspruch auch nicht an seine Werkstatt zur Bedienung der Reparaturkosten abtreten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (6. Februar 2016 um 09:03)

  • Ich würde das Ausgangsproblem der Autoreparatur im Tatsächlichen einfach so lösen, dass die Versicherung des Gegners die Reparatur direkt bezahlt. Dann geht das Geld nicht ins Vermögen des Schuldners.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Ist dies nicht ein wenig kurz gedacht? Der Schuldner hat einen Anspruch gegen den Verursacher / dessen Versicherung. Wenn dies Insolvenzmasse ist, kann der Schuldner den Anspruch auch nicht an seine Werkstatt zur Bedienung der Reparaturkosten abtreten.

    Hab ich mir gedacht, dass der Einwand kommt :D. Er beruht m.E. auf einer Verkürzung der Rechtsfolge:

    Der Schuldner (= Geschädigte) hat gegen den Schädiger einen Anspruch auf Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB. Üblicherweise wird dies gleichgesetzt mit einem Anspruch auf Geldleistung, nämlich den Betrag, der zur Wiederherszellung des beschädigten Gegenstandes erforderlich ist. Das wäre (wohl) ein zur Masse gehörender Anspruch, da hast Du recht.

    Wenn man sich § 249 BGB allerdings genau ansieht, dann steht da nichts von Anspruch des Geschädigten auf Geldleistung, sondern von der Pflicht des Schädigers zur Wiederherstellung. Das ist eigentlich etwas ganz anderes. Daraus macht man den Anspruch auf Geldleistung, weil es dem Geschädigten nicht zugemutet werden soll, sein geschädigtes Gut zur Reparatur ausgerechnet in die Hände desjenigen zu geben, der schon die Beschädigung zu verantworten hatte, siehe § 250 BGB.

    Es ist also ein Recht des Geschädigten (= Schuldners), statt der Pflcht zur Wiederherstellung vom Schädiger die Zahlung einer Geldleistung von diesem zu verlangen. Dieses Recht wäre streng genommen verzichtbar, es wäre also möglich, vom Schädiger die Wiederherstellung in natura zu verlangen. Dieses Recht steht m.E. dem Geschädigten und nicht der Masse zu, weil es sich auf einen pfandfreien Gegenstand bezieht.

    Also: Auto aushändigen an Schädiger und von diesem die Reparatur verlangen. Wie der das dann macht und bezahlt, ist dessen Sache. An diesem Vorgang wäre der Insolvenzverwalter m.E. nicht beteiligt, weil das Auto als pfandfrei nicht dessen Verwaltung unterliegt.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Eben ! Anspruch auf Naturalrestitution + 17 VVG damit würde sich der auf Geldzahlung gerichtete Sekundäranspruch der Pfändbarkeit entziehen.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Der TH/IV besteht auf die Forderung.
    Die Überlegung geht dahin gemäß § 100 INSO analog zu agieren.

    :gruebel::gruebel:

    Wenn der TH/IV auf den Anspruch besteht, also für die Masse vereinnahmen will, hat der doch auch, Kraft der eigenen Wassersuppe, kein Interesse, den Betrag wieder loszuwerden, mal abgesehen von der Massekostendeckung.
    Oder geht es nur um den Durchlauferhitzer, d.h. Berechnungsmasserelevanz?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • witzigerweise haben wir bei uns heute abend - so zum Ausklang (ich kam grad aus einem 2 1/2 stündigen informellen Termin mit Schuldner und Verwalter) einen ähnlichen Fall besprochen. Sch wurde PKW als unpfändbar überlassen; crasch, Versicherungsleistung - geht auf P-Konto ein. Freigabeantrag der Sch. bzgl. der Versicherungsleistung. Kostenvoranschlag der Werkstatt liegt vor.
    Kollege hat folgenden Beschluss entworfen: Freigabe der Summe x, Sch. hat binnen Frist die Durchführung der Reparatur nachzuweisen. Darüberhinausgehende Versicherungsleistung verbleibt der Masse. M.E. cleverer Ansatz: der merkantile Minderwert hat nix mit der Unpfändbarkeit zu tun, da das Fahrzeug - lediglich - zur beruflichen Nutzung dient.

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  • Kollege hat folgenden Beschluss entworfen: Freigabe der Summe x, Sch. hat binnen Frist die Durchführung der Reparatur nachzuweisen. Darüberhinausgehende Versicherungsleistung verbleibt der Masse.

    Rechtsgrundlage für eine solche Entscheidung?

    Streitigkeiten über Massezugehörigkeit zwischen IV und Sch sind vor dem Prozessgericht zu klären, das Insolvenzgericht ist nicht zur Entscheidung berufen, es sei denn es handelt sich um eine Entscheidung nach §§ 850 ff. ZPO. In Frage käme hier allenfalls 850 k IV ZPO falls das Geld der Versicherung schon auf dem Konto wäre. Davon sagt der Sachverhalt aber nix.

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