Erbscheinsantrag und Vollmacht

  • Weil eine Vollmacht ein Innen- und Aussenverhältnis hat und nicht alles was man nach aussen kann auch innen können darf.

    Das stimmt grundsätzlich.

    Im konkreten Fall kann der Wille des Vollmachtgebers letztlich aber nur gewesen sein, dass Emmi die Grundstücke auch auf sich übertragen durfte. Nicht umsonst hat er sie zur freien Verfügung über seine Vermögenswerte ermächtigt.


    Welches Außenverhältnis siehst du hier, was diese Befugnis eingeschränkt haben sollte? :gruebel:

  • Und wie soll das bewirkt worden sein?

    Konstruktive Lösung wäre ja wohl nur eine Schenkung. Einen wirksamen Schenkungsvertrag gibt es mangels notarieller Form nicht. Ein unwirksamer Schenkungsvertrag könnte durch die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch zwar wirksam geworden sein, aber wie soll ein Toter noch eine unwirksame Schenkungserklärung abgeben, die dann durch Eintragung geheilt wird? Und da eine vorherige Schenkungserklärung noch zu Lebzeiten eben unwirksam war, dürfte die Bevollmächtigte diese kaum als Grund für ihr Tätigwerden nach dem Tod des Vollmachtgebers auffassen können.

    Und wäre die Erklärung, die Bevollmächtigte könne frei verfügen, als (unwirksames) Schenkungsversprechen überhaupt bestimmt genug? Es wird ja gerade nicht festgelegt, was "geschenkt" werden soll, das soll sich offenbar nach Willensrichtung der Bevollmächtigten entscheiden - womit dann auch noch ggf. § 181 BGB ins Spiel kommt, der jede Konkretisierung einer zu unbestimmten Schenkungserklärung durch die Bevollmächtigte alleine wohl ausschließen dürfte.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (10. Februar 2016 um 10:14) aus folgendem Grund: Schreibfehler berichtigt

  • In der Sachverhaltsschilderung ist nicht erwähnt, wann der Sohn verstorben ist und Emmi K. die Grundstücke auf sich übertragen hat.

    Könnte hier eventuell auch der Fall des "Ersitzens" von Grundstücken vorliegen? Greift dann nicht § 927 BGB, wenn nicht sie, sondern bei Fehlen von gesetzlichen Erben der Staat Erbe geworden sein könnte?

  • In der Sachverhaltsschilderung ist nicht erwähnt, wann der Sohn verstorben ist und Emmi K. die Grundstücke auf sich übertragen hat.

    Könnte hier eventuell auch der Fall des "Ersitzens" von Grundstücken vorliegen? Greift dann nicht § 927 BGB, wenn nicht sie, sondern bei Fehlen von gesetzlichen Erben der Staat Erbe geworden sein könnte?

    Dieses "Testament und Vollmacht" wurde am 03.12.1964 beglaubigt, am selben Tag starb der Sohn auch, die Übertragung der Grundstücke von Emmi K. an sich selbst erfolgte ca. 2 Wochen später.


  • In der Vollmacht würde ich eine konkludente Befreiung von § 181 BGB sehen. ("bevollmächtige ich Sie über alle Vermögenswerte frei, auch zu ihren Gunsten zu verfügen, auch über den Tod hinaus.")

  • Falls ein Schenkungsversprechen überhaupt gegeben hat - ich bin immer noch der Meinung, dass es zu unbestimmt ist - dann war dieses unter allen Umständen formnichtig, §§ 311b, 518 BGB. Da müssten wir uns noch einig sein.

    Das nichtige Schrnkungsversprechen über ein Grundstück kann durch Eigentumsverschaffung geheilt werden. Das setzt Eintragung voraus. Eintragung setzt dingliche Einigung und Einigsein bei Antragstellung an das GBA voraus. Wo soll hier eine -wirksame- dingliche Einigung herkommen? Gleichzeitige Anwesenheit beider Parteien, § 925 BGB, bei Abgabe ihrer dinglichen Einigungserklärung gab es ja nicht.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Den Vorgang wegzulegen, halte auch ich für gefährlich und nicht richtig.

    Unabhängig davon, wie die Rechtslage bezüglich der Vollmacht und der daraus resultierten Nutzung tatsächlich ist, sollte wegen des vorhandenen Sicherungsbedürfnisses (Erben sind nicht festgestellt, aber möglicher Nachlass ist zu sichern - Ackerflächen) Nachlasspflegschaft angeordnet werden. Im Rahmen dieser Nachlasspflegschaft hätte der Nachlasspfleger zu prüfen, ob die Vollmacht zu widerrufen ist und inwieweit die durch Emmi K. an sich vorgenommene Auflassung wirksam ist.

    Wenn sich dabei herausstellen sollte, dass alles in Ordnung ist, hast du zumindest deine dienstlichen Pflichten erfüllt.

    Alles auf sich beruhen zu lassen und warten, bis einem die Hölle heiß gemacht wird? Das ist sehr mutig.

  • Wenn die alte Dame nicht gekommen wäre oder es hätte vorher schon einen gutgläubigen Erwerb gegeben an dem übertragenen Grundbesitz ok. Aber wenn ich mit der Nase auf das Problem gestoßen werde und ich mach gar nichts, das halte ich für gefährlich und für denStoff aus dem Alpträume erwachsen können.
    Besser ist doch es ist abschließend geprüft und geregelt. Der alten Dame nützt doch der ungewisse Zustand auch nichts. Ich würde auf jeden Fall Vollmacht und in dem Zusammenhang den § 900 BGB prüfen (die Dame wurde ja im GB eingetragen in 1964 wenn ich das richtig verstanden habe).
    Damit ist die Frage Haftung und Fahrlässigkeit zumindest vom Tisch.

  • Mahlzeit!

    Ich habe heute, wie von euch geraten -vielen Dank dafür- Nachlasspflegschaft für den Nachlass des Sohnes angeordnet.

    Wie lange kann ich ausgezahlte Vergütung an den Nachlasspfleger aus der Staatskasse aus dem Nachlass zurückfordern, wenn zu einem späteren Zeitpunkt der Nachlass liquide ist (z.B. durch Verkauf der Grundstücke)?

    Würde dem Nachlasspfleger in diesem Fall gern mehr Geld als 33,50 Euro pro Stunde -bei mittellosem Nachlass- festsetzen.

  • Er soll einfach einen Verlängerungsantrag stellen und die Vergütung erst nach Abschluss der NLP beantragen bzw. dann, wenn er Liquidität hat. Anders geht es nicht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Na davon gehe ich mal aus, denn sonst bekäme er ja auch keine 33,50 gegen die Staatskasse und das Gericht will ihm ja mehr geben. :D

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Er soll einfach einen Verlängerungsantrag stellen und die Vergütung erst nach Abschluss der NLP beantragen bzw. dann, wenn er Liquidität hat. Anders geht es nicht.

    Hier möchte ich eine kurze Zwischenfrage anknüpfen:

    Wie sollte denn die Verlängerung aussehen? Bei unserem Gericht kursieren die unterschiedlichsten Verlängerungswünsche:
    - bis zur Aufhebung der Nachlasspflegschaft;
    - bis 2 Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft;
    - Verlängerung der 15 Monatsfrist auf 36 Monate, 60 Monate;
    - bis zur Beendigung der Nachlasspflegschaft.

    Und entsprechend sehen auch die Beschlüsse aus, wenn überhaupt welche gefasst werden (manchen Kollegen genügt die Antragstellung).

    Was heißt 2 Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft? Kann dann kein Antrag mehr gestellt werden? Erlöschen dann alle Ansprüche?

    Ich habe bisher -versucht- die 36-Monatslösung bzw. die 60 Monatslösung den Nachlasspflegern zu vermitteln.

  • Na davon gehe ich mal aus, denn sonst bekäme er ja auch keine 33,50 gegen die Staatskasse und das Gericht will ihm ja mehr geben. :D

    Du weißt aber schon, dass die Feststellung der Berufsmäßigkeit oft versaubeutelt wurde und Pfleger und Gericht daher irrig von der Berufsmäßigkeit der Amtsführung ausgingen, obwohl sie objektiv nicht vorlag, weil es an der entsprechenden - nicht nachholbaren - Feststellung im Bestellungsbeschluss fehlte?

    Und deshalb lasse ich mir in Verfahren, wo es um Vergütungsfragen geht, stets auch den Bestellungsbeschluss vorlegen, weil ich ungerne etwas als gegeben unterstelle, was ich nicht selbst geprüft habe.

    Vgl. meine Abhandlung in FGPrax 2014, 93, wo ich die Konsequenzen der neueren BGH-Rechtsprechung zur Feststellung der Berufsmäßigkeit ausführlich dargelegt habe.

  • Wird unterschiedlich gehandhabt.

    Hier in Bayern ist es wohl üblich, die Frist bis zwei oder drei Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft zu verlängern. Das hat natürlich den Nachteil, dass der Pfleger seiner titulierten Vergütung dann ggf. nachlaufen kann, weil er die Vergütung mangels Pflegeramt nicht mehr aus dem Nachlass entnehmen kann. Andererseits hat es den Vorteil, dass man nicht darauf achten braucht, eine erneute Fristverlängerung zu beantragen, weil einem die Vergütung im Zuge der Aufhebung der Pflegschaft ohnehin "automatisch" einfällt.

    Bei allen Varianten: Der Vergütungsanspruch des Berufspflegers entsteht tageweise. Das bedeutet, dass bereits alles verfristet ist, was im Zeitpunkt der Stellung des Verlängerungsantrags bereits verfristet war und was bereits verfristet ist, kann natürlich schon begrifflich nicht mehr verlängert werden. Andererseits kann von einem Verlängerungsbeschluss nur betroffen sein, was der Verlängerung bedarf. Wenn also die besagten zwei Monate seit Aufhebung der Nachlasspflegschaft verstrichen sind, bedeutet das nicht, dass der Pfleger nicht gleichwohl die Tätigkeiten vergütungsrechtlich gelten, die vom Zeitpunkt seiner Antragstellung rückwirkend noch innerhalb der ursprünglichen (sic!) 15-Monatsfrist liegen.

  • AHA!

    Und jetzt noch für Doofe....
    Wenn der NLP Verlängerungsantrag stellt, schreibe ich dann einfach zurück, dass Fristverlängerung bis dann und dann gewährt wird oder macht man da tatsächlich einen Beschluss? Wie sieht der aus, mit Rechtsmittelbelehrung?

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