Erbscheinsantrag und Vollmacht

  • Guten Morgen,
    ich brauche mal euren Rat, es geht um folgenden Fall….

    Die Erblasserin ist bereits 1908 gestorben. Sie ist noch als Eigentümerin verschiedener Ackerflächen im Grundbuch eingetragen. Dieser Umstand soll sich nun ändern….

    Die Erblasserin ist von ihrem Ehemann und ihren 3 Kindern (Sohn + 2 Töchter) gesetzlich beerbt worden.
    Ehemann und die 3 Kindern sind schon lange nachverstorben.

    Von dem Sohn liegt mir ein handschriftlich verfasstes Schriftstück in Kopie vor.

    Darin heißt es:

    Testament und Vollmacht

    In Vollbesitz meiner Kräfte…bla,bla…setze ich Frau Emmi K. zur Alleinerbin ein. Sie steht mir immer zur Seite…bla,bla…außerdem bevollmächtige ich Sie über alle Vermögenswerte frei, auch zu ihren Gunsten zu verfügen, auch über den Tod hinaus.
    Dies ist mein letzter Wille!

    D. den 03.12.1964 -Unterschrift-

    Auf der Rückseite befindet sich eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung des Sohnes mit dem Zusatz, dass das der Testator (Sohn) belehrt wurde, dass das umseitige Testament nicht wirksam ist, weil er es nicht selbst geschrieben hat, sondern das umseitige Schreiben nur als Vollmacht rechtswirksam ist. –Unterschrift Notar, Siegel-

    Und jetzt kommt mein Problem.
    Emmi K. hat dieses Testament und Vollmacht selbst handschriftlich geschrieben. Emmi K. ist nicht mit dem Sohn verwandt. Emmi K. war seinerzeit die Haushälterin und hat sich um die Belange des Sohnes gekümmert. Aufgrund der erteilten Vollmacht auch über den Tod hinaus hatte sie nach dem Tod des Sohnes alles Grundstücksvermögen notariell auf sich selbst übertragen.

    Nach dem Sohn liegt kein nachlassrechtlicher Vorgang vor. Die gesetzlichen Erben des Sohnes (er hatte keine Kinder) sind seine Eltern und seine Geschwister, die seinerzeit vor ihm verstorben waren.

    Meiner Meinung nach ist Emmi K. nicht Erbin nach dem Sohn geworden, sondern war nur Vollmachtnehmerin. Emmi K. hat daher kein Antragsrecht nach der oben genannten Erblasserin.

    Antragsberechtigt wäre aber seinerzeit -unter anderem- der Sohn gewesen und da Emmi K. (sie lebt noch) Vollmacht des Sohnes über dessen Tod hinaus hat, könnte sie daher trotzdem den Erbscheinsantrag stellen?

    Ich bin grad etwas verwirrt, danke fürs Lesen und Antworten!

    Döner

  • Nach dem Sohn liegt kein nachlassrechtlicher Vorgang vor. Die gesetzlichen Erben des Sohnes (er hatte keine Kinder) sind seine Eltern und seine Geschwister, die seinerzeit vor ihm verstorben waren.

    Die vor ihm verstorbenen Eltern und Geschwister sind ganz gewiss nicht gesetzliche Erben des Sohns geworden.

    Was Emmi mit der Vollmacht alles durfte und noch darf, ist eine Frage, die ich nicht zu beantworten wage.

  • Also das mit der Erbfolge kann nicht stimmen, da vorverstorben.

    Mit der Vollmacht würde ich aus dem Bauch heraus sagen Antrag ja aber ev? eher nicht.
    Dazu gab es aber schon ganz viele Hinweise unter den Suchworten Erbschein/ Vorsorgevollmacht oder Generalvollmacht.

  • Bist du das Nachlassgericht, bei dem die Erbfolge geprüft wird, oder das Zivilgericht, bei dem über Vollmachten und Vermögenstransaktionen entschieden wird?

    Die Antwort auf die Frage, hilft dir ggf. schon weiter...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Warum sollte Emmi K. einen Erbschein nach der Erblasserin beantragen, welcher ausweist, dass diese von ihrem Ehemann und den drei Kindern beerbt wurde, wenn sie selbst nicht Erbin oder Erbeserbin dieser vier Personen geworden ist? Ihr selbst bringt dies doch keinen Vorteil.
    Haben die Geschwister des Sohnes Abkömmlinge hinerlassen? Sollte man nicht eher bei diesen ansetzen.
    Oder will Emmi K. jetzt auch den Anteil des Sohnes am Grundbesitz aufgrund der Vollmacht auf sich übertragen?

  • Warum sollte Emmi K. einen Erbschein nach der Erblasserin beantragen, welcher ausweist, dass diese von ihrem Ehemann und den drei Kindern beerbt wurde, wenn sie selbst nicht Erbin oder Erbeserbin dieser vier Personen geworden ist? Ihr selbst bringt dies doch keinen Vorteil.

    Oder will Emmi K. jetzt auch den Anteil des Sohnes am Grundbesitz aufgrund der Vollmacht auf sich übertragen?

    Genau das will Sie!

    Haben die Geschwister des Sohnes Abkömmlinge hinerlassen? Sollte man nicht eher bei diesen ansetzen.

    Soweit sind die Ermittlungen noch nicht fortgeschritten.

    Emmi K. war bis gestern der festen Überzeugung, dass Sie Erbin geworden ist.

  • Guten Morgen erstmal,
    mir sind gestern Abend dazu noch weitere Gedanken gekommen....gerade im Hinblick mit der Vollmacht ohne Abgabe der ev.

    Geschickter wäre es vielleicht, wenn einer der tatsächlichen Erbeserben den Erbschein beantragen würde. Diese Personen sind mir aber bis dato unbekannt.

    Möglichkeit 1, ich setze einen Nachlasspfleger ein, der die Berechtigten ermittelt

    Möglichkeit 2, ich ermittle selbst.


    Außerdem legte mir Emmi K das besagte Schriftstück (Testament und Vollmacht) nur in Kopie vor und sagte, sie weiß nicht, wo das Original ist.

    Ich könnte daher auch sagen, ohne Antrag und ohne Originalvollmacht mache ich erstmal nix.

    Emmi K. bekam im Übrigen Wind von den Ackerflächen durch eine konkrete Anfrage der Pächterin zwecks Kauf.

  • Das eigentliche Problem liegt ganz woanders.

    Da das Testament mangels Einhaltung der Form des § 2247 BGB nicht wirksam ist, kann der Sohn nicht von der besagten Haushälterin beerbt worden sein. Für die Übereignung des Grundbesitzes des Sohnes (!) an sich selbst gab es somit keine Rechtsgrundlage. Handeln können heißt nicht, dass man auch handeln darf.

    Im Hinblick auf den ursprünglichen Nachlass der noch im Grundbuch eingetragenen Erblasserin geht es alleine um den Erbanteil des Sohnes an deren Nachlass, der mangels wirksamen Testaments nicht auf die besagte Haushälterin übergegangen sein kann. Ob sie ihn rechtsgeschäftlich kraft Vollmacht auf sich übertragen könnte, steht auf einem anderen Blatt.

    Lösung: Nachlasspflegschaft für den Nachlass des Sohnes und Widerruf der Vollmacht durch den Nachlasspfleger.

    Alles Weitere wird man dann sehen (Rückabwicklung etc.).

  • Das eigentliche Problem liegt ganz woanders.

    Da das Testament mangels Einhaltung der Form des § 2247 BGB nicht wirksam ist, kann der Sohn nicht von der besagten Haushälterin beerbt worden sein. Für die Übereignung des Grundbesitzes des Sohnes (!) an sich selbst gab es somit keine Rechtsgrundlage. Handeln können heißt nicht, dass man auch handeln darf.

    Im Hinblick auf den ursprünglichen Nachlass der noch im Grundbuch eingetragenen Erblasserin geht es alleine um den Erbanteil des Sohnes an deren Nachlass, der mangels wirksamen Testaments nicht auf die besagte Haushälterin übergegangen sein kann. Ob sie ihn rechtsgeschäftlich kraft Vollmacht auf sich übertragen könnte, steht auf einem anderen Blatt.

    Lösung: Nachlasspflegschaft für den Nachlass des Sohnes und Widerruf der Vollmacht durch den Nachlasspfleger.

    Alles Weitere wird man dann sehen (Rückabwicklung etc.).

    Danke für das Posting, aus dieser Sicht hatte ich die Dinge noch gar nicht betrachtet. Du hast vollkommen Recht!
    Ich werde nochmal mit Emmi K. sprechen und ihr sagen, dass Sie hier mit Ihrer Vollmacht nicht weiterkommt und die Akte weglegen. Sollte ein anderer Beteiligter die Sache anschieben, werde ich nicht Drumherum kommen, den von Dir vorgeschlagenen Weg zu gehen, auch wenn der Emmi K nicht gefallen wird. Aktuell habe ich doch gar keine Veranlassung (mehr).

    Dankeschön!

  • Es ist mir unverständlich, wie man die Angelegenheit einfach weglegen und so dem Vergessen anheimgeben kann, wenn doch offensichtlich ist, dass jedenfalls der Nachlass des Sohnes der Sicherung (und ggf. Wiederbeschaffung) bedarf. Die Auskunft, dass man mit der Vollmacht "nicht weiterkommt", ist im Übrigen unzutreffend. Die materiell wirksame Übertragung eines Erbteils hängt nicht davon ab, dass die Erbfolge an dem Nachlass, an welchem der Erbteil besteht, bereits durch Erbschein ausgewiesen ist. Zudem steht eine Tote im Grundbuch, das durch Feststellung der Erbfolge und aller Erbeserbfolgen der Bereinigung bedarf.

  • Womit wir wieder bei meinem Posting #5 sind...

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  • Es ist mir unverständlich, wie man die Angelegenheit einfach weglegen und so dem Vergessen anheimgeben kann, wenn doch offensichtlich ist, dass jedenfalls der Nachlass des Sohnes der Sicherung (und ggf. Wiederbeschaffung) bedarf. Die Auskunft, dass man mit der Vollmacht "nicht weiterkommt", ist im Übrigen unzutreffend. Die materiell wirksame Übertragung eines Erbteils hängt nicht davon ab, dass die Erbfolge an dem Nachlass, an welchem der Erbteil besteht, bereits durch Erbschein ausgewiesen ist. Zudem steht eine Tote im Grundbuch, das durch Feststellung der Erbfolge und aller Erbeserbfolgen der Bereinigung bedarf.

    Du hast grundsätzlich Recht, aber ich sehe momentan keine Veranlassung. Emmi K. kann keinen Erbschein beantragen und aus welchem Grund sollte ich jetzt einen Nachlasspfleger bestellen, der die Übertragung der Grundstücke von Emmi rückabwickelt und sie ggf. aus ihrem Haus raus klagt? Die Dame kippt mir hier doch rücklings vom Stuhl. Sie ist über 80, wer will denn da solchen Stress? Bisher hat es 116 Jahre niemanden gestört, dass das GB unrichtig ist. Sollte sich die Pächterin melden oder ein anderer Berechtigter muß ich ja das Verfahren anschieben.

    Was ich aber grad nicht verstehe, wieso ist der Nachlaß des Sohnes sicherungsbedürftig?

  • Was ich aber grad nicht verstehe, wieso ist der Nachlaß des Sohnes sicherungsbedürftig?

    Weil es Emmi offenbar geschafft hat, sich - ohne Erbin zu sein - als Eigentümer im Grundbuch eintragen zu lassen. Gerade angesichts ihres fortgeschrittenen Alters besteht die Gefahr, dass demnächst die Erben von Emmi das Haus verkaufen, das Geld verjubeln und sich auf Entreicherung berufen, der Käufer sich auf gutgläubigen Erwerb beruft und die Erben des Sohns in die Röhre gucken.

  • Was ich aber grad nicht verstehe, wieso ist der Nachlaß des Sohnes sicherungsbedürftig?

    Weil es Emmi offenbar geschafft hat, sich - ohne Erbin zu sein - als Eigentümer im Grundbuch eintragen zu lassen. Gerade angesichts ihres fortgeschrittenen Alters besteht die Gefahr, dass demnächst die Erben von Emmi das Haus verkaufen, das Geld verjubeln und sich auf Entreicherung berufen, der Käufer sich auf gutgläubigen Erwerb beruft und die Erben des Sohns in die Röhre gucken.

    ...und das unter sehenden Auges eines Rechtspflegers...Amtshaftung *schleich*...

    Kommt mir fast so vor, als wolle man sich "keine Arbeit" machen.

    Döner

    Als Gegenbeispiel ziehe ich nur die von Amts wegen "verweigerte" Eröffnung eines in amtlicher Verwahrung befindlichen Testaments nach Bekanntwerden des Todesfalls heran (Abheften der Sterbefallmitteilungen in Leitzordnern). Da hat es auch jahrzehntelang niemanden interessant, ja sogar Erbscheine aufgrund gesetzlicher Erbfolge wurden erteilt und Grundbücher daraufhin berichtigt (vllt. noch schlimmer). Die spätere Eröffnung der Testamente durch Auflösen der Leitzordner und das anschließende Prozedere hat man dann zum Leidwesen aller trotzdem vollzogen. Vielleicht solltest Du Dir diesen Fall, der vielleicht auch an Deinem Gericht einmal vorlag, vor Augen führen, bevor Du tatsächlich zur Überzeugung kommst, die Akte wegzulegen. Nur weil die Frau hohen Alters ist?....was für ein "Totschlagargument"...

  • Wäre die alte Dame eine Schuldnerin , hätte ich ja noch ein gewisses (Un-) Verständnis , weil manche Kollegen einfach ( zu ) schuldnerfreundlich unterwegs sind.
    Aber seit wann wird denn auf einen Erbschaftsbesitzer Rücksicht genommen ?:confused:

  • Das eigentliche Problem liegt ganz woanders.

    Da das Testament mangels Einhaltung der Form des § 2247 BGB nicht wirksam ist, kann der Sohn nicht von der besagten Haushälterin beerbt worden sein. Für die Übereignung des Grundbesitzes des Sohnes (!) an sich selbst gab es somit keine Rechtsgrundlage. Handeln können heißt nicht, dass man auch handeln darf.

    Guten Morgen, ich muss hier nochmal genauer nachfragen...

    Emmi K. hat eine notariell beglaubigte Vollmacht über den Tod hinaus, wieso durfte sie denn nach dem Sohn nicht handeln, indem sie alle Grundstücke auf sich selbst überträgt? :confused:

  • Weil eine Vollmacht ein Innen- und Aussenverhältnis hat und nicht alles was man nach aussen kann auch innen können darf.

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