§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO

  • In meiner Akte ist eine Masse in Höhe von 15.000 EUR vorhanden. Dem IV wurde eine Vergütung i. H. v. 24.000,00 EUR festgesetzt. Gerichtskosten sind angefallen in Höhe von 1.000,00 EUR.

    Da die Masse nun nicht ausreicht, um die Vergütung und die Gerichtskosten zu begleichen, hat eine Einstellung nach § 211 InsO nach angezeigter Verteilung der Masse gemäß § 209 InsO zu erfolgen.

    Dem Schuldner ist im hiesigen Verfahren Kostenstundung bewilligt worden.

    Meine Frage ist nun, wie die Verteilung der Masse zu erfolgen hat.

    Der IV hat in seinem Schreiben aufgeführt, dass er zuerst die Auslagen des Gerichts und des IV begleicht und den dann noch vorhandenen Massebestand auf die Gebühren des Gerichts und des IV quoteln will.

    Einer meiner Kollegen teilte mir mit, dass der IV zunächst seine gesamte Vergütung zu entnehmen hat, da die Stundung bewilligt wurde, und erst wenn dann noch Masse vorhanden ist, würden die Gerichtskosten gezahlt werden.

    Da ich gerne einen Nachweis haben will, wie es hier zu erfolgen hat, habe ich in verschiedenen Kommentaren gelesen und bin nun total verwirrt.

    Aus Uhlenbruck, 14. Auflage, § 209 Rn. 12, entnehme ich, dass grundsätzlich die Verfahrenskosten im vollen Umfang zu befriedigen sind, da andernfalls der Fall der Massearmut i. S. v. § 207 gegeben ist. In Fällen einer Verfahrenskostenstundung nach § §§ 4a - d InsO ist der IV verpflichtet, auch den bis dato unbeglichenen Teil der gestundeten Verfahrenskosten an erster Rangstelle zu bedienen. Die Kosten sind nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen; auf die Gerichtskosten und die festgesetzte Vergütung des IV ist dieselbe Quote (nicht unterteilt nach Auslagen und Gebühren) zu zahlen (BGH, 07.02.2013, IX ZB 175/11). Nach dem Lesen der BGH-Entscheidung war ich noch verwirrter, da ich nicht nachvollziehen kann, warum als vorhandene Masse 5694,00 EUR + 249,00 EUR genommen wurde.

    Aus Braun, 5. Auflage, § 209 Rn. 11, entnehme ich, dass man die gestundeten Verfahrenskosten vollständig aus der Verteilung des § 209 ausklammert (auf die dort angeführten Kommentare kann ich nicht zugreifen) und nur bei vollständiger Deckung aller Masseverbindlichkeiten - mithin vor einer durchzuführenden Schlussverteilung - auch die gestundeten Verfahrenskosten berücksichtigt werden.

    Nun gibt es folgende Möglichkeiten:

    a) Quotelung der IV-Vergütung und GK (erst Auslagen und dann Gebühren)
    b) Entnahme gesamte Masse auf IV-Vergütung und wenn dann noch Masse vorhanden, Begleichung GK
    c) Quotelung der IV-Vergütung und GK nach derselben Quote
    d) Entnahme IV-Vergütung und wenn alle sonstigen Masseverbindlichkeiten gedeckt sind, Berücksichtigung der GK

    Wie handhabt Ihr das?

    Habt Ihr irgendwelche Fundstellen für die entsprechende Handhabung?

    Danke schon einmal im Voraus

  • Das ist aber sehr wirr.

    Die Diskrepanz zwischen vorhandener Masse und Vergütung lässt vermuten, dass die Verteilungsreihenfolge des § 209 InsO nicht eingehalten worden ist. Die Stundung der Kosten ist immer subsidiär.

    Ist dem so, kann der IV aus der Staatskassen nichts fordern, die gesamten Gerichtskosten sind vorab zu bedienen und der IV sollte, schon aus Haftungsgesichtspunkten, auf den nicht gedeckten Teil verzichten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Mh,
    ich würde grds. meinen, dass der IV recht hat mit seiner Qutoelungshandhabe, ich entscheide mich also für Tür a)

    Es ist an sich ja ausdiskutiert, dass die Stundung der Verfahrenskosten nur die Mindestvergütung des Verwalters schützt, da hier genug Masse vorhanden ist, um diese abzudecken (einschl. Auslagen und Mwst), findet keine Auszahlung aus der Staatskasse statt.
    Im übrigen stehen sich Gerichtskosten und Vergütung als Massekosten im Rang gleich und sind demnach (zuerst Auslagen dann der Rest) jeweils anteilig im Verhältnis zu bedienen.
    Wir sind ja auch massekostenarm!
    Die Stundung der Verfahrens bewirkt lediglich, dass das Verfahren nicht wegen der Massekostenarmut eingestellt wird, sondern hier wg. Massunzulänglichkeit (§207 I InsO)
    Die Befriedigungsreihenfolge gem. §209 InsO bleibt beachtlich.

    In Hinblick auf die BGH Entscheidung gehe ich entweder davon aus, dass hier nur wegen der (jeweiligen) Gebühren diskutiert wurde. (oder schon in den vorinstanzen wurde schon (unzulässigerweise) nicht unterschieden und darüber wurde gar nicht gestritten)

    Der IV hatte die Gerichtskosten vorschussweise gezahlt (deswegen haben die das denk ich am Ende auf die Masse draufgeschlagen, (vorhandenes Kontoguthaben am Ende + den abgeflossenen Kostenvorschuss?!) und möchte den Betrag teilweise zurück haben. Die Kosten sollen also nicht von einem Vorschuss profitieren=> Man schaut ganz am Ende, quotelt und rechnet und wenn die Kasse demnach schon mehr bekommen hat, als sie bekommen sollte, muss zurückerstattet werden
    Das ganze in Abgrenzung zum Insolvenzverwaltervorschuss, bei dem es ja gerade nicht so ist, was der Verwalter als Vorschuss gezogen hat, darf er auch behalten (egal was am ende für eine Quotelung rauskommt)


    Was La Flor sagt ist nat auch wichtig!
    Wenn der Verwalter die Befriedigungsreihenfolge nicht eingehalten und und bei sich abzeichnender massekostenarmut trotzdem stinknormale masseverbindlichkeiten bedient hat, muss er das gegen sich gelten lassen=> ich würde die Beträge für die vorzunehmende Quotelung auf die gesamtmasse draufrechnen, hiernach quoteln und darauf bestehen, dass der Verwalter die erhöhte Quote auf die Gerichtskosten begleicht und insoweit teilweise mit seiner Vergütung ausfällt...

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Danke für die schnellen Antworten.

    JoansDong:
    Du würdest also die Quotelung der IV-Vergütung und der GK, wobei erst die Auslagen des IV und des Gerichts und dann die Gebühren des IV und des Gerichts zu berücksichtigen sind, nehmen? Hast du dafür eine Gerichtsentscheidung, mit der sich diese Vorgehensweise begründen lässt? Aus der BHG-Entscheidung vom 07.02.2013 (IX ZB 175/11) kann ich das ja nicht herleiten.

  • Vor dem Problem standen wir neulich auch. Der BGH hat in seiner diesbezüglichen Entscheidung einfach alles zusammengeworfen, egal, ob Auslagen oder Vergütung. Das ist meines Erachtens systemwidrig, weshalb wir auch zu der Erkenntnis gelangt sind, so zu quoteln wie ohne Stundung üblich. Also erst Auslagen entnehmen sowohl von IV als auch Gericht, dann restliche Kosten und Vergütung quoteln.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Warum die Differenzierung? Sie begünstigt die Insolvenzverwalter, die hohe Auslagen produzieren, obwohl sie bei genügend Weitblick und hinreichender Verfolgung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätten erkennen können, dass es eng wird.
    Der Staatskasse ist es wirtschaftlich egal, ob sie Geld für Auslagenerstattung einnimmt oder für Gerichtsgebühren, es ist nur eine Verschiebung zwischen Töpfen.

    Also m.E.: Alles was der Insolvenzverwalter zu bekommen hat und alles was die Staatskasse zu bekommen hat addieren und jeweils im gleichen Verhältnis quoteln.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wie jetzt?
    Liegt hier eine Einstellung mangels Masse (§ 207 InsO) oder eine Einstellung aufgrund Masseunzulänglichkeit (§§209, 211 InsO) vor?

    Bei Einstellung mangels Masse (Verfahrenskosten nicht gedeckt) wird die Befriedigungsreihenfolge in § 207 Abs. III InsO m.E. eindeutig beschrieben.
    --> Quotelung nach dem Verhältnis der Beträge, zuerst die Auslagen

    Hier dürfte m.E. aufgrund der Höhe der Vergütung ein Verteilungsfehler vorliegen. IV dürfte gar nichts bekommen, sprich er hat die Gerichtskosten vollständig zu bezahlen.

  • Bei einer Vergütung von 24.000 EUR brutto müsste man bei drei Jahren Laufzeit sowie eines Regelsatzes eine Berechnungsmasse von 50.000 EUR haben, bzw. bei einem Zuschlag von 30% immerhin noch 35.000 EUR.

    Da ist aber eine große Lücke zu den noch vorhandenen 15 TEUR:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Warum sollte keine Stundung bewilligt worden sein?

    Wird die Stundung wegen irgendwelcher Einnahmeprognosen abgelehnt, kann das für den Schuldner fatale Folgen haben, wenn ein Verfahren dann auf einmal mit § 207 InsO endet.

    Wegen IX ZB 245/11 ist ein Vergütungsanspruch des IV gegen die Staatskasse auf die fiktive Mindestvergütung begrenzt. Daher kann man letztlich immer stunden.

  • Warum die Differenzierung? Sie begünstigt die Insolvenzverwalter, die hohe Auslagen produzieren, obwohl sie bei genügend Weitblick und hinreichender Verfolgung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätten erkennen können, dass es eng wird.
    Der Staatskasse ist es wirtschaftlich egal, ob sie Geld für Auslagenerstattung einnimmt oder für Gerichtsgebühren, es ist nur eine Verschiebung zwischen Töpfen.

    Also m.E.: Alles was der Insolvenzverwalter zu bekommen hat und alles was die Staatskasse zu bekommen hat addieren und jeweils im gleichen Verhältnis quoteln.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Dieser Argumentation kann ich nicht folgen. Wie soll ein Verwalter hohe Auslagen produzieren? Es gibt ja glücklicherweise die Deckelung auf 30%. Insofern ist halt irgendwann Ende. Bei der Einstellung nach § 207 InsO wird doch auch nach diesem System gequotelt, warum sollte es hier anders sein? Klar geht die Staatskasse bei dieser Rechnung im Zweifel leer aus, wenn keine SV-Kosten entstanden sind. Aber so ist es halt.
    Ich lasse allerdings den IV in knappen Fällen zuerst seine komplette Vergütung inkl. Auslagen entnehmen, damit er die größtmögliche Vorsteuererstattung ziehen kann. Dann reicht es manchmal noch für die Gerichtskosten :D
    Da der Ausgangsfall ein gestundetes Verfahren ist, dürfte es sich vermutlich um einen Einzelunternehmer handeln, bei der geschilderten Sachlage tippe ich auf fortgeführtes Unternehmen. Auch da dürfte noch Vorsteuer aus der Vergütung zu erwarten sein, da muss man dann im schlimmsten Fall 2 Mal quoteln.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Warum sollte keine Stundung bewilligt worden sein?

    Wird die Stundung wegen irgendwelcher Einnahmeprognosen abgelehnt, kann das für den Schuldner fatale Folgen haben, wenn ein Verfahren dann auf einmal mit § 207 InsO endet.

    Wegen IX ZB 245/11 ist ein Vergütungsanspruch des IV gegen die Staatskasse auf die fiktive Mindestvergütung begrenzt. Daher kann man letztlich immer stunden.


    Sorry, bei einer Vergütung von 24.000,00 € ist mir noch nie eine Kostenstundung untergekommen. Der Ausspruch "irgendwelche Einnahmeprognosen" dürfte bei einer Masse von 40.000,00 bis 50.000,00 € nicht angebracht sein. Dem Richter liegt in einem IN-Verfahren nat. Person in der Regel ein Gutachten vor, in welchem die Einnahmen des Verfahrens bewertet werden.
    Im Übrigen bewilligt der Richter bei uns die Kostenstundung auch nur insoweit, als das das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens nicht deckt.
    Bei einer Masse von hier 40.000,00 € bis 50.000,00 € dürften die Kosten des Verfahrens gedeckt sein (Warum die Masse jetzt nur noch 15.000,00 € beträgt, wurde noch nicht geschrieben.).

  • Ich meinte damit dies:

    Sachverständiger schreibt im Gutachten: Ansprüche aus Anfechtung und sonstwas, Kosten dadurch gedeckt. Stundungsantrag wird daher zurückgewiesen. Die Ansprüche können nicht in die Verfahrenskosten deckender Höhe realisiert werden. Das ist dann blöde für den Schuldner.

  • ...
    Dieser Argumentation kann ich nicht folgen. Wie soll ein Verwalter hohe Auslagen produzieren? Es gibt ja glücklicherweise die Deckelung auf 30%. ...


    Gilt doch nur für die pauschalen Auslagen, nicht für die konkreten, oder? § 8 Abs. 3 Satz 3 InsVV.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    ...entweder oder....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Richtig, entweder oder.
    Ausnahme natürlich die Kosten der übertragenen Zustellung. Aber die sind ja so oder so da.

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  • Schon klar, aber das bedeutet doch nur, dass der Insolvenzverwalter, der konkret abrechnet, auch Auslagen von über 30% produzieren kann. Ob er das schafft, ist eine andere Frage, aber könnte. Und was sich manche dabei einfallen lassen, da habt Ihr sicher mehr Erfahrung als ich, aber auch in meinen Sachen konnte ch da schon einiges lesen. IX ZB 48/04 hin oder her. Muss ja schließlich auch jemand prüfen und erkennen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • muss mal ganz blöd nachfragen:

    sind Masseverbindichkeiten im Verfahren gezahlt worden ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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